Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
22. 5. Sitzung des Städterats Osnabrück 1646 Januar 30 15 Uhr
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Osnabrück 1646 Januar 30 15 Uhr
Nürnberg S I L 203 Nr. 19 fol. 10’–13’ = Druckvorlage; Strassburg AA 1144 fol.
15–18’; Ulm A 1560 o. F.; Isny Büschel 868 o. F.; Esslingen „tomi actorum“ Bd. IV fol.
18–22’; Lübeck Senatsakten Reichsfriedensschlüsse 24 o. F.; vgl. ferner Bremen 2 – X. 8. m.
Rechte der Stände, Gravamina, Handelsfragen.
Anwesend: Straßburg, Lübeck, Kolmar, Dortmund, Bremen auf der Rheinischen, Nürnberg,
Eßlingen, Memmingen, Lindau auf der Schwäbischen Bank.
Das Straßburgische Directorium zeiget an, es seye für dißmal darumb zu
thun, daß ein jeder unter denen herrn abgesanden über jüngstverlesenen und
inmittels dictirten auffsaz in puncto amnistiae sich vernehmen laße; verhoffe,
es werde ein jeder solchen zu hauß durchgangen haben und anzeigen, was
bey einem oder dem andern zu erinnern .
Lübeck. Entschuldigt sich und sagt, er habe die zeit, solchen zu überlesen,
nicht und darzu posttag gehabt, den vormittag aber im fürstenrath zuge-
bracht , auch ein memorial in puncto commerciorum aufgesezt. Meine nicht,
daß er was dabey zu erinnern haben werde.
Nürnberg. Habe wenig dabey zu erinnern. Stellt dahin, ob man die umbfrag
biß morgen versparen wollte? Dabey es auch verblieben.
Straßburg. Proponirt ferner, es folge in der ordnung der Schwedischen
replic der andere punct, nemlich die jura et privilegia statuum. Was nun
dabey zu erinnern, werde zu vernehmen stehen.
Lübeck. Man habe heut im fürstenraht
FR Osnabrück vom 30. Januar 1646 in Meiern II S. 318 –327.
morem ab antiquo receptum“, 2. „de foederibus“ und beym 1. dafür gehal-
ten , es können die wort „ab antiquo“ außgelaßen und dagegen die verba
hinzugesezt werden „constitutionibus imperii conformem“. Mit dem ande-
ren puncten seye man etwas kaltsinnig im fürstenraht verfahren. Etliche
haben dafür gehalten, man solle es dabey, wie es die herren Schwedische
gesezt, bewenden laßen, andere aber, es werde selbige distinctio zu allerhand
offension anlaß geben, bedörffe keiner confoederation, man könne den
Kayser, wann er exorbitiren wolle, in seinen schranken wol continiren; er
halte davor, man könte stehen laßen, wie im bedenken gesezt.
Hierauf seye zwar punctus gravaminum im fürstenraht in consideration
kommen, aber nichts davon geredt worden, weiln sie absonderlich gefast.
Dieweiln aber noch mehr vorhanden, so sicco pede praeterirt, alß wolle er
sich versehen, man werde auch von demselben reden und ihnen zugleich
abhelfliche maas ertheilen, sonderlich was das privilegium de non appel-
lando anlange.
In puncto commerciorum seye geschloßen worden, daß die fürsten nichts
dabey zu erinnern, sondern der cron Schweden und der stätte erklärung zu
erwarten haben. Der anseestätte seye auch gedacht worden, daß derselben
foedera Hanseatica de novo confirmirt werden sollen, sed salvo jure super-
ioritatis . Stellt zum nachdenken, ob man des puncti commerciorum allein im
nahmen der anseestätte gedenken oder communi nomine der gesambten
stätte den bericht eingeben wolle?
Habe was, doch unvorgreifflich, aufgesezt; wanns beliebt, woll ers ablesen,
so geschehen. Stellt darauf zu fernerem nachdenken, ob es also einzurichten
sein möchte.
Nürnberg. Obzwar heut das Österreichische directorium die wort „juxta
morem ab antiquo receptum“ also außgedeutet, daß sie juxta statum moder-
num zu verstehen seyn, weiln sie doch dubios, seye sicherer, selbige ganz
außzulaßen und dagegen zu sezen: „Secundum consuetudines et leges
imperii fundamentales“.
Was die foedera anlange, könne man sich mit denen fürstlichen wol verglei-
chen , weiln sie außdrücklich auf den Kayser und das reich conjunctim
gestellt worden, im übrigen were es bey denen cancellis der gesez, damit der
Imperator umbschrenket zu laßen.
Punctus gravaminum seye zwar stillschweigend vorbey gegangen worden;
Altenburg aber habe gesagt, es seye noch zeit genug, davon zu reden. Wolle
daran sein, daß die übrige auch vorkommen. Wegen des interims remedii,
wie die betrükte stände im Fränk- und Schwäbischen crayß vor endlichem
untergang zu retten, repetire er seine vormalige bitt, so dem bedenken ein-
geruckt . Im fürstenraht habe man eines theils dafür gehalten, es dependire
vom frieden, andere aber, man solle es nicht vergeßen.
Punctum commerciorum betreffend habe er hiebevor auch was auffgesezt, so
von ihme gleicher gestalt verlesen. Stellts, obs weitleufftiger oder auf solche
weis einzurichten sein möchte?
Kolmar. Bedankt sich der vorsizenden relation, lästs allerdings dabey
bewenden.
Die wort „ab antiquo“ seyn etwas obscur, könnten auf eine gewiese zeit erleu-
tertund nach denen constitutionibus imperii declarirt werden. Was die foedera
und jura statuum betrifft, laße ers beym aufsaz allerdings bewenden. Der
übrigen gravaminum könne wol gedacht werden. Was den punctum com-
merciorum anlange, könne man mit Cöllen communiciren, verlaße sich auf
der übrigen gutachten.
Eßlingen. Conformirt sich mit dem Nürnbergischen voto. Seyen vor
diesem dapfere leges in imperio gemacht, wie aber darob gehalten worden,
seye nur zuviel bekannt. Man habe zu lang zugesehen, seye in diesen frieden
schluß zu bringen, daß alles, was biß auff diesen tag contra leges imperii
gehandelt worden, allerdings cassirt und aufgehoben werden solle.
Dortmund. Bedankt sich der communication, sagt, könnten die wort „juxta
morem ab antiquo“ wol umb etwas erleutert und der contributionen und
einquartirungen, damit ein- und andere statt erleichtert werde, gedacht
werden.
In puncto commerciorum haben bereits die herren abgesande ihre arbeit
erwiesen. Die amnistia solle nicht nur auf das, so ratione belli, sondern auf
alles, so seit anno 1618 sowol in ecclesiasticis als politicis vorgangen, gesezt
werden; würde sonsten inskünfftig gewaltige disputat erweken, wann iezo
nicht praecavirt würde.
Memmingen. Vergleicht sich auch mit Nürnberg in puncto der interims
hülff , habe ein schreiben von seinen herrn bekommen, darinnen vermeldet,
daß sie abermals 120 römerzug erlegen sollen, darob sich schon ein und
anderer stand in Schwaben beschwert.
Quoad punctum commerciorum sagt er, daß man sich in Schwaben über
Österreich sehr zu beschweren habe, verfahre nach belieben.
Bremen. Bedankt sich der relation deßen, so im fürstenraht vorgangen.
Repetirte, loco voti, alles, was im aufsaz begriffen. Die monita belangend,
conformire er sich mit Nürnberg und Lübekh. Betreffend das memorial, so
nomine civitatum Hanseaticarum abgelesen, laße er ihme den Lübekhischen
aufsaz gefallen, doch daß beyde concept deutlich zusammengezogen
werden.
Lindau. Bedankt sich der abgelegten relation, laße ihme, daß etliche wörter
heraußen bleiben und anstatt derselben andere hineingesezt werden sollen,
wol belieben.
Der übrigen gravaminum halber solle gebührende andung geschehen, wann
man iezo derselben nicht gedenke, werde es das ansehen gewinnen, ob hette
man verzüg darauf gethan. Bey dem puncto commerciorum sollen diejenige
zöll excipirt werden, welche mit consens der churfürsten angeordnet. Man
habe sich über Österreich, sonderlich wegen der zollanordnung zu beschwe-
ren ; gebe vor, habe darinnen zu disponiren, wie es wolle. Stellts, ob nicht
deßelben in specie zu gedenken?
Eßlingen berichtet incidenter, die erzherzogin
auf einen wagen mit wein 9 bis
Straßburgisches Directorium. Seye von übrigen dreyen puncten classis
primae weitleufftig geredt, in der cron Schwedische replic von erwehlung
eines Römischen königs und den juribus statuum gar wenig gedacht, son-
dern das meiste mit stillschweigen übergangen worden, deßwegen die stände
desto mehr darauf zu sehen und mit dankh zu acceptiren haben, weßen sich
Ihre Kayserliche Majestät darinnen erkläret. Stellt zu fernerem nachdenken,
wohin der stätte jura, sonderlich soviel derselben votum decisivum und
freyen stand betrifft, zu bringen sein möchten? Wann derselben nicht beym
andern membro gedacht werde, müse es doch beym 3. geschehen und dahin
versparet werden, zumahlen weiln nicht vermuhtlich, daß die fürstlichen
sich groß darumb bemühen werden.
2. Ob nicht der Churmainzischen neuerlichen taxerhöhung zu gedenken?
Besonders, weiln die höheren stände nichts davon wißen wollen und daher
vermuhtlich, daß es
Des puncti commerciorum seye bereits in genere erinnerung geschehen, daß
sie nemblich wieder aufgerichtet und in vorigen gang gebracht werden
sollen. Der cronen intention aber gehe dahin, von denen stätten mehrere
specialia zu vernehmen. Beliebt derowegen das Bremische votum, daß
nehmlich die concept zusammengezogen werden sollen, vorab weiln in dem
verlesenen der zollerhöhung ganz nicht gedacht.
Verlißt hierauf ein schreiben, so von Lyon abgangen
kauff- und handelsleuthe privilegien, so sie in Frankreich haben, so schlechte
hoffnung geben, daß bey dem Französischen hof noch zur zeit etwas ge
würiges zu erhalten, unangesehen herr Herwart
Vermutlich der Bankier Bartholomäus Herwart, der aus Augsburg stammte und zunächst in
Lyon tätig war; besaß in Paris das Vertrauen Mazarins (W. Zorn S. 219; J. Gauss S. 298).
Sein Bruder Johann Heinrich finanzierte im Namen der französischen Krone die Armeen Bern-
hards von Weimar und erhielt dafür die Kriegsdonation Hüningen und Landseramt.
vermeine, daß es bey diesen tractaten in acht zu nehmen, auch bey denen
Franzosen zu Münster zu unterbauen seye, damit die Teutschen bey ihren
freyheiten maintenirt werden.
Lübeck. Die drey fragen belangend, wann die fürstlichen der stätt jura bey
dem 3. membro nicht beobachten wollten, müsten sie ihrer natur nach ad
secundum membrum gebracht werden. Man könnte doch von denen hinter-
bliebenen gravaminibus weiter mit einander reden.
Die neue taxordnung sey nicht außer acht zu laßen, sondern billich zu anden.
Daß der Teutschen privilegia in Frankreich intacta et inviolata erhalten
werden, seye billich dahin zu laboriren; vermeine aber doch, man könnte das
werck in generalitate comprehendiren und begreifen.
Nürnberg. Gleich wie er praesupponire, daß die evangelischen stände, in
puncto der hinterbliebenen gravaminum nichts zurukh laßen werden, also
haben die stätte der höhern assistenz billich zu erwarten, sollte es aber von
jenen nicht geschehen, würde diesen nichts dadurch benommen seyn.
Die neue taxordnung belangend, seyn alle stände dabey interessirt, halte, daß
es denen höhern zu überlaßen und zu warten, was selbige dabey thun wollen,
zumahln weiln sie in punctum justitiae einlaufe, unterdeßen könne man
beßern bericht einziehen, wie weit die bewilligung zu Frankfurt geschehen
seye.
Die Französischen privilegien der kaufleuthe sollen billich in gebührende
obacht gezogen, aber doch in der generalität gelaßen werden.
Kolmar. Jura statuum können hier eingebracht oder ad tertium membrum
versparet werden.
Die taxordnung solle man nicht ungeandet vorbey gehen laßen, weiln Mainz
pro libitu damit disponire.
Wegen der Teutschen kauffleuth privilegien in Frankreich erinnere er sich,
daß bei absterbung eines jeden königs herkommens seye, daß die confirma-
tiones de novo gesucht werden müsen, sonsten, wann eine neue auflag in
Frankreich gemacht werde und die Teutsche nicht vorhin praecaviren,
müsen sie, wie andere, die beschwerden tragen.
Eßlingen. Repetirt das Nürnbergische votum und placitirts in allem.
Dortmund. Die jura civitatum imperialium seyen suo loco einzubringen.
Der taxordnung halber vergleiche er sich mit vorgehenden votis, ut etiam in
puncto commerciorum.
Memmingen. Man habe zu sehen, was die höhere thun werden, seye billich,
daß wegen der taxordnung gebührende andung geschehe.
Bremen. Seye nicht uneben wegen der hinterbliebenen gravaminum politi-
corum von directorio erinnert worden. Weiln nun die fürstliche den punc-
tum gravaminum absolvirt und derselben nicht gedacht, seyen sie hier nicht
vorbeyzugehen, sondern in alle wege beyzusezen, weiln
hupfet , man künfftig
favorem civitatum gereiche, einzubringen und gehöre ad jura statuum.
Lindau. Was die jura statuum anlangt, laße er ihme das Bremische votum
wolgefallen.
Der taxordnung solle billich gedacht und selbige geandet werden. Wann der
zöll nur in genere gedacht werden sollte, würde Österreich dafür halten, es
gehe sie wegen ihres privilegii nicht an. Der kauffleuthe privilegien seye
alle in in genere zu gedenken.
Directorium. Man seye in effectu miteinander einig und nichts daran gele-
gen , an welchem ort der hinterbliebenen gravaminum gedacht werde. Seye
allein dahin zu sehen, daß sie nicht gar zurukh bleiben. Österreich wiße
nichts davon und die fürstlichen habens nicht erinnert, stehe also dahin, ob
man derselben weiter gedenken werde. Die neuerliche taxerhöhung betreffe
zwar alle ständ, find aber, daß die höhere noch keine wißenschafft davon
haben. Halte, es seye vornemlich auf die stätt angesehen. Die fürsten achtens
nicht groß, gehöre eigentlich ad punctum justitiae, dahin es auch bereits
gebracht.
Der kaufleuthe privilegien halben könne man wol in der generalitet ver-
bleiben , besonders, weil sie nicht begehrt, daß derselben in specie gedacht
oder bey denen Französischen herren plenipotentiariis etwas angebracht
werden solle.