Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
4. Sitzung der städtischen Gesandten Osnabrück 1645 September 17
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Osnabrück 1645 September 17
Ulm A 1560 o. F. = Druckvorlage; Isny Büschel 865, Strassburg zu AA. 1144; vgl. ferner
Bremen 2 – X. 10. b. ( eigenständiges Protokoll ).
Ausschließung von Ständen bei Verlesung der kaiserlichen Resolution, Frage ihrer Veröffentlichung.
Re- und Correlationen. Präzedenz zwischen Hamburg und Kolmar.
Im Quartier des straßburgischen Gesandten. Anwesend: Straßburg, Lübeck, Kolmar, Bremen auf
der Rheinischen, Nürnberg auf der Schwäbischen Bank.
Der Lübeckische abgesandte referirt, es habe das erzbischöflich Magdebur-
gische directorium im fürstenrath gestrigen morgen vor- und angebracht
Sitzung des FR vom 16. September 1645 in Nürnberg 15 fol. 136–141’, Druck ( anderer
Wortlaut ): Meiern I S. 651–654.
obwoln die aliirten cronen sich ihrer dergestalt angenommen haben, daß sie
ehender die friedens tractaten abrumpieren als geschehen lassen wollen, daß
sie von anhörung der Kayserlichen resolution auf der cronen propositiones
excludirt und ausgeschlossen werden sollen , so hetten sie sich doch der offe-
rirten assistenz dazumahl guthwillig begeben und es noch zur zeit bey ein-
gewandter protestation bewenden lassen. Dieweil aber keineswegs zu zweif-
len , es werde das Österreichische directorium zu seiner anherokunfft bey
einmal vorgangener exclusion, ohngehindert der darwider beschehenen
bedingung, bestehen wollen, hingegen sie von ihren gnädigen herrn aus-
trucklichen befelch, sich von den consiliis nicht absondern zu lassen, so
hetten sie eine nothwendigkeit zu sein ermessen, mit den ständen hierüber zu
communicieren, und derselben hochvernünftige gedancken einzuholen, wie
sie sich uff dennselben fall gedencken zu verhalten.
Nechst diesem hette Saxen Altenburg
Sachsen-Altenburgische Gesandte waren: Wolfgang Konrad von Thumbshirn ( 1604–1667 ),
sachsen-altenburgischer Hof- und Justizrat, Schwiegersohn des sachsen-altenburgischen Kanzlers und
Reichsstaatsrechtlers Bernhard Bertram (J. L. Walther S. 54–57; F. Dickmann S. 344)
sowie Dr. August Carpzow ( 1612–1683 ), sachsen-altenburgischer Hofrat, Sohn des bekannten
Reichsjuristen Benedikt Carpzow (J. L. Walther S. 57–59; ADB IV S. 10 ; NDB III
S. 156f.; F. Dickmann S. 344; APW [ II C 2 S. 57 Anm. 1 ] ).
weiln die zu Münster subsistirende chur- und fürstliche gesandten ein con-
clusum gemacht, wie es circa modum publicationis der Kayserlichen antwort
zu halten sein werde, und dasselbe ihme durch den Churmaintzischen secre-
tarium am verschienenen sambstag mit der anzaig einantworten lassen, man
hette dies orths weiter nichts darbey zu thun, sondern es werde allerdings
sein bewenden damit haben . Und aber dieses etwas neues, als stünde dahin,
ob mans ohngeandet auf sich ersizen lassen wolte?
Über dieß seye zum dritten auch erinnert worden, weiln man mit den chur
fürstlichen , solang der excellenzstreitt in dem weeg stehe, zu keiner re- und
correlation gelangen könne, als hette man zu resolviren, durch was mittel
demselben abzuhelffen ?
Bey der ersten frag seye das conclusum dahingangen, fürsten und stände
sollen sich der exclusorum annemmen und ehender zu keiner deliberation
verstehen, diese finden sich dan dabey; und soviel den modum anlange, solte
ein beweglich und außführlich schreiben an die zu Münster des inhalts abge-
lassen werden, demnach beede cronen in diesem passu also einig, daß, da man
diese exclusos zu den consiliis nicht admittiren solte, sie nicht allein extreme
offendirt, sondern auch veranlaßt werden dörfften, die friedens tractaten
miteinander auffzustoßen, als wolte man sich zu ihnen versehen, sie werden
sich hierinnen nicht gedencken zu opponiren, sondern vielmehr einer mei-
nung mit den hiesigen zu vergleichen. Auf den widrigen, doch ohnver-
hofften fall, da durch ihren auffenthalt einig ohnheyl entstehen solte, wolte
man dies orths entschuldigt sein. Dasselbe schreiben solte man nicht allein
den Kayserlichen herrn commissariis alhie communiciren und, damit das
werck zu Münster auch bey ihren herren collegiis
Ksl. Gesandter in Münster war in dieser Zeit neben Volmar ( vgl. oben [ S. 2 Anm. 8 ] ) Johann
Ludwig Graf Nassau-Hadamar ( 1590–1653 ), 1636 Reichshofrat, seit 1638 ksl. Gesandter bei
dem in Köln vorgesehenen Friedenskongreß, 1645 Geheimer Rat, 1650 Reichsfürst (ADB XIV
S. 258–260; O. v. Gschliesser S. 233f.; H. F. Schwarz S. 312f. und K. Wolf ).
in bester form recommendiren, sondern auch dem Österreichischen direc-
torio
Prinzipalgesandter des Erzhauses war Georg Ulrich von Wolkenstein (1584–1663), aus Tiroler
Adel stammend, Kanoniker in Brixen, Reichsgraf seit 1630 und Reichshofrat 1629–1634,
Reichshofratsvizepräsident 1651 (G. Bucelinus II, 3; C. v. Wurzbach LVIII S. 54f.; O. v.
Gschliesser S. 222f.). Seine Mitgesandten waren Dr. Leonhard Richtersberger, niederöster
reichischer Regimentsrat (APW [ III A 1,1 S. 126 Anm. 2 ] ), der zur Wahrnehmung der öster
reichischen Interessen am 9. November nach Osnabrück zog ( Gärtner VI S. 677; Meiern I
S. 787 ), und Hans Wilhelm (von) Goll (1598–1672), 1632 Bürgermeister von Schlettstadt,
1633–1637 Kriegszahlmeister in Breisach, 1642 Oberkriegskommissar in Mähren, 1646–1649
am Kongreß, 1650/1 am Exekutionstag in Nürnberg, 1651 vorderösterreichischer Kammerpräsi
dent in Freiburg i. Br., ksl. Rat, 1647 geadelt, Herr zu Kienzheim und Heimbach (frdl. Aus-
kunft des Frhrn. v. Elverfeldt-Ulm).
mission der exclusorum zu keinen ratgängen verstehen werde. In dessen
hette man bey dem Magdeburgischen directorio zu verbleiben und mit den
propositionen ohnerwartet des Österreichischen directorii einen anfang zu
machen, und in jeztangedeutem schreiben solte man zugleich auch anden,
was zu Münster in puncto sollennium et ceremoniarum vorgangen, mit der
anzaig, daß man sich dessen zu ihnen nicht verstehen hette, noch inskünfftig
dergleichen mehr geschehen lassen köndte.
Bey der dritten frag habe man es auff eine interposition gestellt und erstlich
die stätt darzue in vorschlag gebracht. Nach dem aber der Pommerische
abgesandte
Vgl. Votum Pommerns im FR Osnabrück vom 18. September 1645 ( Meiern I S. 657 f.).
Pommersche Abgesandte waren zu dieser Zeit Matthäus Wesenbeck (1600–1659), kurbranden-
burgischer Regierungs- und Kammergerichtsrat, wirklicher Geheimer Rat und Kanzler des
Fürstentums Minden, erhielt 1650 vom Kaiser den Titel von Wesenbeck nach dem Stammgut der
Familie in Brabant und Bestätigung des Ritterdiploms ( Zeiz S. 50f., 30), und Dr. Peter Fritze
(vgl. S. 1 Anm. 4). Zur Vertretung Pommerns vgl. W. Becker S. 168 Anm. 144.
und dieselben, daß sie ihre gesuch gutwillig fallen lassen, nach müglichkeit
zu disponiren, alß seye ihme hierinnen deferirt und das geschäfft überlassen
worden; dieweil nun das directorium begehrt, man wolte von beeden ersten
puncten auch im stättrath consultiren und ihme als Saxen Lauenburgi-
schen
Sachsen-lauenburgischer Vertreter war Dr. David Gloxin ( 1597–1671 ), hgl. holsteinischer
Rat, lübeckischer Syndikus, Gesandter der Stadt am Kongreß, ksl. Rat, 1666 Bürgermeister (J.
L. Walther S. 90; L. Heller , Der Lübecker Bürgermeister D. Gloxin. In: Neue Lübische
Blätter ( 1837 ), S. 81ff.; A. Matthäi , Dr. David Gloxin. In: Familiennachrichten für das
Geschlecht der Niemeyer 9. Stück. Halle 1927; Bildnisse II S. 4; ADB IX S. 241–244 ;
APK 9490f.; J. Asch S. 98, 131f., 162, 164, 167, Abb. 7 nach S. 136 ).
demselben hiemit statt thun wollen.
Straßburg. Ad primum: Es stehe nicht in der stände willcur, sich der
exclusorum anzunemmen oder nicht, sondern sie seyen darzu ex pacto obli-
girt , weiln des herrn Oxenstierns excellenz
Johan Axelson Oxenstierna ( 1612–1657 ), Reichsrat ( 1640 ), schwedischer Gesandter zusammen
mit Johan Salvius ( 1590–1652 ), 1629 nobilitiert: Adler, schwedischer Hofkanzler ( 1634 ) ( über
sie C. F. Odhner S. 111ff.; M. Braubach S. 33f.; F. Dickmann S. 197f.; über Oxenstierna
zusammenfassend SMK V S. 695f., zu Salvius S. Lundgren ; SMK I ( unter Adler ) S. 17f.;
APW [ II C 2 S. 1 Anm. 3 ] ).
actum publicationis nicht würde haben lassen vorgehen. Seye also nunmehr
die schuldigkeit, demselben nachzukommen, zweiffele auch an gutem auß
gang destoweniger, weiln herr Cran
Zu Krane vgl. [ S. 3 Anm. 4 ] .
versicherung des herrn Oxenstierns excellenz beguetigt worden seye, ange-
zeigt , sich rundt vernemmen lassen, ob es wohl ein hartes, so stünde es doch
zu den ständen.
Wann nun die zu Münster vernemmen werden, daß man entweder die exclu-
sos ad consilia admittiren, oder gewärtig sein müsse, daß die friedenstrac-
taten sich zerschlagen, seye nicht vermuthlich, daß sie es zu diser extremitet
und daraus entspringenden schwären verantworttung ankommen lassen
werden. Köndte man sich also mit dem fürstlichen concluso desto leichter
conformiren. Doch soviel den modum anlange, möchte nicht ohnrathsam
sein, wann neben dem schreiben auch jemanden mündliche underbauung
und remonstrationes an dienlichen orthen einzuwenden committirt und auff-
getragen würde. Weiln aber bericht darauff geschehen, daß deswegen an den
Culmbachischen und Württembergischen
Württembergische Gesandte waren Dr. Andreas Burckhardt ( 1594–1651 ), württembergischer
Vizekanzler, später Kanzler ( J. L. Walther S. 74–78; Pfeilsticker I §§ 1104, 1110,
1208 ) und Johann Konrad Varnbüler von und zu Hemmingen ( 1594–1657) (ADB XXXIX
S. 496 ; Pfeilsticker I § 1117; WVJH NF 9 [ 1900 ]; R. Philippe , passim ).
ben werden solle, ist diese erinnerung weiter nicht vonnöten gewest.
Ad secundum: Weiln, was die chur- und fürstliche zu Münster circa modum
publicationis gethan, eine solche neuerung, die zu schädtlicher consequenz
leichtlich gezogen werden köndte, als werde es damit heissen, principiis
obsta. Vergleichte sich also auch in diesem stuckh mit der für guth angesehe-
nen andung und wiederholte dieses votum auch wegen Speyer, Weissenburg
und Landau an gebührenden orthen und sessionen.
Nürnberg. Es werde zwar zu Münster hart damit hergehen, weiln er bereits
nachricht erlangt, auß was ursachen die catholischen dafür halten, daß die
Magdeburgischen zur session und stimm bey den deliberationibus nicht zu
verstatten seyen, so er im vertrauen communiciren wolle. Besorge auch, es
dörffte diser streitt eine verzögerung des friedens sein und zu separation der
stände außlaufen. Dessen aber ohngeacht, seye res nicht mehr integra, son-
dern die ständt per modum pacti darzu obligirt und bey Schweden die end-
liche resolution gefaßt, ehender die tractaten gänzlich auffzustossen, als in
diesem stuck zu weichen. Wann nun Franckreich gleicher meinung, werden
sich die catholischen wohl eines anderen und besseren bedencken müssen.
Weiln dies orths nur diese beede weeg obhanden, entweder die exclusos sine
praejudicio causae principalis und mit gewissem reservat ad consilia zu ad-
mittiren oder zur dissolution ursach zu geben und die daher entstehende ver-
antwortung zu übernehmen. Lasse es also bey dem fürstlichen wohlbedach-
ten concluso auch bewenden. Halte aber dafür, man werde auch beym Chur-
mainzischen directorio zu erinnern haben, daß es mit dem ansagen so lang
inhalte, biß eine bessere resolution von Münster einlangt, weiln sonsten sein
bemühung ohn effect sein würde. Indessen möchte nicht schaden, wann die
evangelischen sich praeparatorie unterredten, wie sie das werck angreiffen
wolten, damit kein discrepanz oder confusion zwischen denselben, wann die
divisio geschehen, vorgehe, und villeicht auch dieses ein mittel sein zu bey-
legung dises streits, ratione directorii sessionis et voti, wann man, wie die
Kayserliche proposition selbsten an handt gebe, den punctum gravaminum
vornemmen thete. Dann solcher gestalt bliben die evangelischen beysammen
und haupt und glieder miteinander widerumb vereinigt.
Lübeck. Seye mit dem fürstlichen concluso in allem einig, möchte nicht
schaden, daß man beym Churmainzischen directorio dergleichen einwen-
dung thue und die evangelischen sich indessen miteinander bereden, doch in
geheim und ohnvermerckt, damit es kein ohngleich ansehen gewinne.
Den cronen were vielleicht an handt zu geben, daß sie sich vorhin einer mei-
nung miteinander vergleichen und nachmahlen durch die herren mediatores
zu Münster den catholischen die nothwendigkeit ihres beyfals wohl remon-
striren lassen, damit sie sehen und verspüren, daß es mehr der cronen ernst-
licher will als der evangelischen anstifftung seye. Beliebt das von Nürnberg
vorgeschlagene medium, weiln alle übrige bemühungen umbsonst weren,
wann man im hauptwerck different verbleibe.
Ad secundum: Die consequenz seye groß, ergo dieser actus hier und zu
Münster zu anden, were zwar res meri arbitrii gewesen, wo sie selbige nicht
in berathschlagung gezogen hetten. Man müsse ihnen zu verstehen geben,
daß Osnabrück kein locus accessorius, sondern aeque principalis als Münster
seye. Die cron Schweden habe sich bereits darab formalisirt und werde, da es
mehr geschehen solte, ohne große offension nicht abgehen. Repetirte dieses
votum auch nomine Hamburg, competenti ordine et loco.
Zeigte darneben an, es habe sich der Hamburgische
Dr. Johann Christoph Meurer ( 1598–1652 ), Syndikus und Bevollmächtigter der Stadt Ham-
burgs am Kongreß ( Johann Moller : Cimbria literata I. Kopenhagen 1744 S. 412; N. Wil-
chens : Hamburger Ehrentempel. Hamburg 1770 S. 94ff.; F. G. Buek S. 96f.; J. L. Walther
S. 89; Bildnisse II S. 4; Heimatchronik der Freien und Hansestadt Hamburg
S. 104; APW [ II C 2 S. 272 Anm. 1 ] ; APW [ II C 3 S. 543 Anm. 2 ] ).
under anderem auch darumb enthalten, weiln zwischen ihme und dem Col-
marischen
Johann Balthasar Schneider (1612–1658), Syndikus und Gesandter der Stadt Kolmar (E. Sitz -
mann , Dictionnaire des hommes célèbres d’Alsace II. Rixheim 1910, S. 702; J. B. Eller -
bach , Geschichte des 30jährigen Krieges im Elsaß III (bearbeitet von A. Scherlen). Mülhausen
1928; Chr. Wolff , Une famille bourgeoise d’Alsace: Les Schneider de Colmar … (Ms. Ab
schlußarbeit der Ecole des Chartes). Paris 1955; Leichenpredigt von W. Weber (Straßburg 1658)
und Portrait erhalten (Stadtarchiv Kolmar ); APK 23251f.
Hamburg billicher zu praeferiren und Colmar vorzuzihen seye, weiln es 500
jahr älter, von welcher antiquitet der reichsstättische respect billich zu nem-
men seye. Er seye 2. hier nicht allein wegen der statt Hamburg, sondern
auch nomine hanseatico, duo vincula autem fortius ligare uno. Fürs dritte
seye man alhie auff keinem reichs-, sondern pacificationtag, deßwegen
Colmar desto leichter weichen könne. Inmassen er das guthe vertrauen
zu dem abgesandten trage, er werde seiner beywohnenden discretion nach
sich solcher moderation hierin gebrauchen, damit das stättcollegium nicht
zerstreut werde. Bremen hab sich zwar erbotten, salvo jure competente
et citra praejudicium dem Colmarischen nachzusizen, Hamburg aber woll es
nicht thun, sondern lieber seiner herren resolution erwarten .
Kolmar. Conformirt sich in beeden fragen mit vorgehenden suffragiis. An-
geregten praecedenzstreitt betreffendt, möchte er wünschen, daß er under-
bliben und es der session halben bey dem alten herkommen gelaßen worden
were. Besonders weiln angeführte rationes von geringer importanz, dann die
sessiones werden nicht nach dem alter oder vermögen einer statt, sondern
von zeit genommener possession im stättrath regulirt und geachtet. Dieweil
nun Colmar von 150 jahren hero seine stell diß orths gehabt, wie ex subscrip-
tionibus der reichsabschiedt notorium, Hamburg aber nicht, so köndte er
von seiner instruction nicht weichen. Man seye 2. in diesem collegio beysam-
men nicht als ansee- sondern als reichsstätt, lasse sich derowegen keinen
anderen respectum irre machen. Wann 3. Hamburg mit Colmar in ordinario
conventu concurrirte, were auff diesem extraordinari congress wohl etwas
pro discretione nachzugeben, solcher gestalt aber nicht, welches er doch
citra praejudicium seiner herren geredt haben und sich im übrigen versehen
wolle, man werde ihn deßwegen nicht verdencken, sondern sich erinnern,
daß es diß orths heisse: Quod tibi non vis fieri, alteri ne feceris, und daß
ihme sein gemessener gewalt die hände binde. Daß etwa auch gedacht wor-
den , Mülhausen in Thüringen gehe Colmar vor und Bremen Mühlhausen,
damit habe es die beschaffenheit, daß Mülhausen an und vor sich selbsten
Colmar niemahlen vorgangen oder vorgesezt worden seye, sondern allein in
denen fällen, da es in der Franckfortischen oder einer anderen vorsizenden
statt vertrettung gewesen seye. Hingegen seye bekandt, daß Colmar Bisanz
und Dortmundt vorgehe, dieweil nun Bremen denselben in anno 1641 nach-
gesezt worden, so heisse es dies orths: Si vinco vincentem te, multo magis
te vinco.
Es habe aber Colmar die praecedenz vor Bisanz in anno 1613 in contradic-
torio erhalten, massen er die damahlen wider Bisanz gebrauchte fundamenta
zu communiciren erbietig seye. Wolle demnach hoffen, Bremen und Ham-
burg werden ihr gesuch lassen fallen und ein löblicher stättrath ihn bey
seinem hergebrachten rechten manuteniren, massen er umb deroselben hülff
auf allen fall gebetten haben wolle.
Bremen. Weiln keine discrepanz in votis, vergleiche er sich damit in allem.
Weiln auch diser convent in formalibus eines reichstags nicht bestehen
könne, hoffe er, die catholischen zu Münster werden amore pacis et salvis
juribus imperii wohl umb etwas weichen.
Die statt Colmar belangend habe er kein belieben, über andere zu sein, son-
dern sehe mehr auff die realia als ceremonalia, gestalt er dan, nach deme ihme
von dem stättischen directorio am vergangenen sontag auff alle vorge-
brachte rationes dubitandi solche information gegeben worden, die er zu
widerlegen nicht vermöcht, seinen herren ohnpraejudicirlich mit protesta-
tion und vorbehalt cedirt, sonderlich weiln der Colmarische sich dagegen
offerirt, daß er ihn sonsten gebührlich respectiren und mit allem guthen
meinen wolle. Könne zwar dem Hamburger dadurch nichts praejudiciren,
hab sich aber auch nach demselben nicht zu reguliren und auff allen fall des-
selben fundamenten, so sie gültig, noch viel mehr zu genüssen.
Conclusum. Man solle sich stättischen theils mit dem fürstlichen concluso
conformiren, daneben aber auch zum nachdencken stellen, ob es nicht durch
thunliche mittel dahin zu richten were, daß 1. die cronen zu Münster remon-
striren liessen, daß dises ihr endtlicher will und meinung seye, 2. punctus
gravaminum am ersten vorgenommen, und dan 3. ein behutsame conferenz
under den evangelischen ständen über den propositionen praeparatorie vor-
genommen werde, alle discrepantien dadurch zu praecaviren, übrigen prae-
cedenzstreitt aber noch zur zeit auff sich ersizen lassen.