Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
2. Sitzung der städtischen Gesandten Osnabrück 1645 August 11
Osnabrück 1645 August 11
Bremen 2 – X. 8. n. = Druckvorlage.
Verhandlungsmodus. Wechsel nach Münster.
Nürnberg. Alß welcher wegen der Fränkischen graven mit im fürstenrath
gewesen, referieret, wie das vonn Magdeburgischen directorio were ange-
zeiget , daß im fürstlichen collegio man die antwortt auff des Culmbachi-
schen
Johann Müller (gest. 16. Januar 1646 in Osnabrück), kulmbachischer Geheimer Rat, Kammer-
meister und Gesandter am Kongreß (J. L. Walther S. 65–66; H. Dietz S. 126 Anm. 25).
Müller war von den in Osnabrück versammelten Gesandten am 25. Juli nach Münster deputiert
worden, um die Bedenken der Osnabrücker Stände gegen die Aufrechterhaltung der Reichsdeputa-
tion und über den Beginn der Reichsberatungen in Münster zu überbringen sowie die Meinung der
münsterischen Gesandten über den Verhandlungsmodus zu erfahren (Osnabrücker Conclusum in
Nürnberg 15 fol. 66–69’, Druck: Meiern I S. 521 –523. Beratung über Müllers Anbringen
im FR Münster in Nürnberg 15 fol. 87–91’, Druck: Meiern I S. 541–546; Müllers
Bericht über seine Reise ebd. S. 547–551; vgl. auch W. Becker S. 216ff.).
selben hinüber zu kommen, auff Dr. Krebß
Dr. Johann Adam Krebs, kurmainzischer Hofrat und Sekundargesandter am Kongreß, stand noch
1641 auf dem Reichstag zu Regensburg in den Diensten des Markgrafen Wilhelm von Baden-
Baden (dazu MEA RTA 161 [1]; H. v. Egloffstein S. 7; Nég. secr. IV S. 65; APW [ III A 1,1 S. LXXXII Anm. 1 ] ; M. Braubach S. 43). Krebs übermittelte am 17. Juli 1645 den
osnabrückischen Gesandten den Inhalt der kurfürstlichen Beratungen zu Lengerich ( Meiern I
S. 508–511 ; zur Konferenz der Kurfürsten APW III A 1,1 S. 159–194; vgl. auch W. Becker
S. 202–208); am 6. August erhielt er vom Kurfürstenrat den Auftrag, wiederum nach Osnabrück
zu reisen und die dortigen Stände für kollegiale Beratungen in Münster zu gewinnen. Er vermied es
allerdings, sein Anliegen vorzubringen (dazu W. Becker S. 218–220).
men , anbringen verschoben.
Nachdehme nun solche anbringen durch die hiesige Kayserliche plenipoten-
tiarios den ständen entdecket, wehre im fürstenrath proponiret:
1. Obß beim jüngsten concluso ratione divisionis collegiorum zu laßen.
2. Ob man sich nach Münster zu den anwesenden verfüegen wollte.
3. Wie man sich auff den vortragh der Kayserlichen zu resolvieren
Kaiserliche Gesandte in Osnabrück waren Johann Maximilian Gf. von Lamberg ( 1608–1682 ),
Reichshofrat (ADB XVII S. 538f. ; O. v. Gschliesser passim; M. Braubach S. 23f.;
H. F. Schwarz S. 274–276; H. Sturmberger ; C. v. Wurzbach XIV S. 30; J. H.
Zedler XVI S. 268; APK 14437–14441 ) und Johann Baptist Krane ( um 1600–1672 ),
Lizentiat, Reichshofrat (W. Rave , Krane S. 120–122; Bildnisse I S. 4f.; O. v. Gschlies-
ser S. 230f.; NDB III S. 400 ; APK 5366–5368; M. Braubach S. 23f. ). Am 11. August
empfingen die Kaiserlichen einige Stände ( Sachsen-Altenburg, Sachsen-Weimar, Brandenburg-
Kulmbach, Braunschweig-Lüneburg, Fränkische Grafen, Nürnberg und Lübeck ), um für eine
gemeinsame Ständekonferenz zu werben; die Ortswahl stellten sie frei ( vgl. dazu Gärtner V
S. 842ff., Meiern I S. 551 ). Sofort anschließend fand eine Sitzung des FR statt ( Protokoll in
Nürnberg 15 fol. 93–105, Druck ( anderer Wortlaut ): Meiern I S. 552–558 ; Niederschrift
für Kaiser und münsterische Stände ebd. S. 558–560; ksl. Protokoll über die Antwort der
Stände ebd. S. 564f., Gärtner V S. 845–848 ).
Conclusum. Seye beim concluso hiesiger stände
Vgl. Osnabrücker Conclusum vom 18. Juli 1645 ( Druck: Meiern I S. 521–523 ), erneute
Beratung am 21. Juli 1645 ( ebd. S. 523–528 ).
laßen, weiln 1. alhier bey 30 vota und mehr alß zu Münster, 3. diese hetten
dazu Münster nichts zu
Ad 2: Man solle nichtt nach Münster, dan etzliche, auch die Magdeburgi-
sche
Dem evangelischen Administrator von Magdeburg wurde das Sessionsrecht bei Reichsversamm-
lungen seit dem Reichstag von 1582 von den katholischen Ständen bestritten (M. Ritter I
S. 580f. ); der Prager Friede schloß Magdeburg von Session und Votum auf reichs-, deputations-
und cammergerichtlichen revisionstägen, nicht aber von den niedersächsischen Kreistagen aus
( Friedenspacten S. 93f. ). Hessen-Kassel, Baden-Durlach und Nassau-Saarbrücken als Ver
bündete Frankreichs sowie die Stadt Straßburg, die dem Prager Frieden nicht beigetreten war,
sollten von den reichsständischen Beratungen ausgeschlossen bleiben ( zum Stimmrecht der Exclusi
W. Becker S. 224ff. ).
medius were nicht capabel zuer bey einkunfft.
Ad 3. Wehre demnach das creditiff glimpfflich zu beantworten schrifftlich.
Und konte man sich nicht resolviren, hinüber zu kommen. Wollen die
Münstersche anherokommen, oder aber ihren beßeren modum hiesigen ent-
deken , stünde davon zu deliberieren, oder auch da sie wollen schrifftlich
ihnen beßeren vohrschlagk anhero entdecken, stünde zu vernehmen. Doch
konte man sich erbieten, inßkünfftige pro
geschaffet werden könte, auff den wegk einmahll zusammenkommen. Undt
solte man bey den Kayserlichen sowohll zu Münster alß alhie anhalten, daß
sie die proposition den ständen zur consultation übergeben, woltens einmahl
versuchen, ob der von hiesigen stenden vorgeschlagener modus consultandi
zu practiciren oder nichtt. Hinüberzuziehen hielten sie verdächtigk. Dörffte
in die hinüberreisende gedrungen werden, das sie da blieben.
Conclusum. Man solte bey dem vorigen concluso verpleiben und nichtt hin
über reisen, dan sie wurden daselbst viele evangelische außmuustern, undt
weiln sich Culmbach von der mündtlichen relation entschuldiget, ist also
schrifftlich die antwortt hinüberzuschicken, hierüber geschloßen.
Nürnberg votiert, alßbalt alß ein reichsstatt, beim ersten concluso ist es zu
laßen, biß ein beßer modus vorgeschlagen würde, tum autem in melius
mutatio laudabilis.
2. Auff die Culmbachische
concluso zu verbleiben, aber hinüberzuziehen und hiesigen modum consul-
tandi denen zu Münster anwesenden auß den stenden weiter zu recommen-
dieren . 2. Quoad formam et in locum seye beßer, dannoch in intermedio loco
alß gantz nicht zusammen zu kommen, item beßer in ploeno alß per deputa-
tos . Dan man könte sich aldah, wan die sämbtlichen stende beysammen, ver-
glichen , wie man sich bey den haubttractaten künfft in re- und correlatione
verhalten und bey zertheilunge der collegiorum und diffidentiae inter ponti-
ficios et evangelicos, sonderlich in initio zu verhüeten, doch dan man da-
selbst vor allen voraußbedunge und sich versicheren ließe, de futura pro-
catione , adventus ad hunc locum, deren
ultimo, das die hiesiger hinüberkunfft in intermedio loco auff gewiße tage
alleine angesehenn. 3. Daß man sich alhie vereinbahrete, die excludendos mit
macht vorhüeteten. 4. Daß eß mit der crohn Schweden belieben geschehe.
Hierauff ist an dem Bremischen abgesandten begeret worden, sein votum
abzulegen, weiln Nürnbergk auff der Schwäbischen banck ratione der voll-
machten gesessen. Und Bremen bey dieser session der erste auff der Reini-
schen banck war.
Bremen. Wan er nochmahlß die sache in sich selbst considerierte, lieffe diese
consultation auff diese 4 fragen auß: 1. Ob den Kayserlichen herren pleni-
potentiariis so mißfallen möchtte, wan die hiesige stände die hinüberkunfft
nach Münster oder in loco intermedio abschlagen. 2. Ob die crohn Schwe-
den ohne empfindunge eines despects die hinüberkunfft geschehen laßen
wurde. 3. Ob die im fürstenrath auch wurden auff die hinüberkunft schlagen
undt 4. ob dan die zu Münster anwesende fürstliche eß den hiesigen konten
zum unglimpff beymeßen, wan sie ihr gesuch bonis rationibus glimpfflich
Kayserliche so vollig plenipotentiiret gewesen alß die zu Münster anwe-
sende , sie würden sich der dieser seits vorgeschlagenen modum consultandi
gefallen laßen und die hinüber reiße für unnöhtig und zur remora alleine
gedeyendt halten. Quoad 2. kerne nunmehr von allen, so deßwegen nachfrage
getahn, bericht ein, das die Schwedische plenipotentiarii die hinüberreise
nach Münster sich schimpfflich, den hiesigen ständen auch disreputierlich
und gefährlich zu sein erachten, auch keinen anderen modum consultandi
bey den haubttractaten leiden wolten, alß den hiesige stende vohrgeschla-
gen . Quoad 3. tähte er sich gegen den Nürnbergischen herren bedancken,
daß er so außführlich, waß im fürstenrath vorgegangen und geschloßen,
referiret; alß er aber darauß vermercket, das derselbe dahin geschlagen, daß
man bey dem vorigen schluß und erwenetem modo consultandi bleiben solte
und nicht hinüberreisen, sondern dürch eine höffliche, iedoch außführliche
schrifft die Münstersche beandtwortet, sehge er nicht, wie die stettische,
welche doch aldah zu Münster mit niemandt zu reden hetten, weiln keine
auß dem stetterath daselbst wehre, sich konten in diesem passu von dem
fürstlichen abthun und dissentiiren, sondern betten deroselben concluso zu
inhaeriren. Das 4. würde durch diese erhebliche motiven und ein außfüerlich
glimpfflich schreiben wohl verhüetet werden, und daß man sich erböhte, auff
ein ander zeitt hinüberzukommen.
Ulm. Quod 1. Man soll bey dem ersten modo verbleiben, biß fürsten und
stende zue Münster ein beßeren vohrschlagk thuen und das derselbe also
beschaffen, daß die frembden cronen damit friedtlich. 2. Daß man solche
erclerunge schrifftlich von ihnen begehren solle, und da man solche erlangen
konte, wolte man alßdan, da nötig, per deputatos in intermedio loco zusam-
menkommen . 3. Läßet sich gefallen, das man bey den Kayserlichen anhalte,
die proposition zur consultation zu bringen, wurden die stende sehr dadurch
animieret werden und durch solche willfährigkeitt zur haubtsache mit desto
beßerm fleiß tretten.
Straßburg. Die 1. und 2. frage beantwortet er, daß man bey vörigem con-
cluso verbleibe, und das man auch nicht nach Münster ziehe, ebenfalß auch
nicht in loco tertio.
Dan die cronen Schweden wollen die hinüberkunffte der stende nicht ge-
schehen laßen, welche nicht zu offendieren. Sollen demnach die hiesige
schrifftlich sich resolvieren. Dan obschon die Münsterische möchten alle
hoffnung machen zu admittieren, so hetten sie dannoch sich biß dato nicht
dahin ercleret, daß sie eß thuen wollen, und mit den fürstlichen Hessischen
herren abgesandten, herrn Croseik
Adolf Wilhelm von Krosigk, hessen-kasselischer Gesandter am Kongreß (J. L. Walther
S. 67f.). Die hessen-kasselischen Gesandten waren zur Verkündigung des kurfürstlichen Schlusses
von Lengerich nicht geladen worden (vgl. Meiern I S. 508 ).
fang gemacht und denselben nicht ad consilia zuelaßen wollen, der eß denn
Frantzoisischen plenipotentiariis
Französische Gesandte waren Henri II d’Orleans, duc de Longueville et d’Estouteville, prince de
Neuchâtel ( 1595–1663 ), 1619 Gouverneur der Normandie, seit 1639 im Elsaß und in Burgund,
seit 1642 in Italien Feldherr bei französischen Armeen, französischer Prinzipalgesandter am
Kongreß, 1650 in die Fronde verstrickt und gefangengesetzt, 1651 wieder auf freiem Fuß (J. L.
Walther S. 13; NBG XXXI Sp. 586ff.; F. v. Isenburg II T. 35; P. Guillaume ;
Bildnisse I S. 11; APK 15494–15498; APW [ III A 1,1 S. 32 Anm. 2 ] ); Claude de Mesmes,
comte d’Avaux ( 1595–1650) (NBG III Sp. 815f.; DBF IV Sp. 832–837; APK 856–858;
M. Braubach S. 28ff.; APW [ III A 1,1 S. 2 Anm. 4 ] ) und Abel Servien, Marquis de Sablé et de
Boisdauphin, comte de la Roche-Servien (1593–1659) (NBG XLIII Sp. 814–817; M. Brau-
bach S. 28ff.; F. Dickmann S. 196f.; APW III A 1,1 S. Anm. 4 ).
antwortt geben, wann er solte a consiliis abbleiben, so müsten Maintz,
Bayern und Cöln, alß welche auch im krige begriffen, sich dehren auch ent-
haltten .
Habe er nachrichtunge, das die hiesige gewarnet worden, wan sie hinüber
kommen , würde man von den punctum religionis den anfang machen und so
alda ein richtigkeit zu treffen, wolten sie von den übrigen gravaminibus
nicht mehr hören.