Acta Pacis Westphalicae I 1 : Instruktionen, Band 1: Frankreich - Schweden - Kaiser / Fritz Dickmann, Kriemhild Goronzy, Emil Schieche, Hans Wagner und Ernst Manfred Wermter
ÜBERSETZUNG DER SCHWEDISCHEN TEXTE VON EMIL SCHIECHE : 20a Nebenmemorial II Stockholm 1641 Oktober 5/15
Nebenmemorial II
Stockholm
1641 Oktober 5/15
Nebenmemorial, nach dem sich gemäß dem Willen Ihrer K. M:t die zu den
Friedensverhandlungen in Deutschland verordneten Kommissare Herr Johan Oxen-
stierna , Herr Ture Bielke und Herr Johan Salvius bei ihren Verhandlungen mit dem
Kurfürsten von Brandenburg und dessen Verordneten zu verhalten haben.
1.
Die verordneten Kommissare Ihrer K. M:t sollen wissen und wohl beachten,
daß die Satisfaktion Ihrer K. M:t und der Krone Schweden an keinem Ort mit
Land vollzogen und geleistet werden kann außer mit Pommern, weil alle anderen
Länder entlegen und mit der Krone Schweden durch Seefahrt und Flotten nicht besser
zusammengefügt werden können als Pommern und Mecklenburg, dessen regierende
Herren Feinde Ihrer K. M:t sind.
2.
Soll nun die Satisfaktion vermittels Pommerns geschehen, ist vonnöten, daß der Kur-
fürst von Brandenburg, auf den das Lehen gefallen ist, seine Einwilligung hierzu erteilt,
weswegen Ihre K. M:t für ratsam erachtet, daß die Kommissare Ihrer K. M:t,
sobald man sich über den Waffenstillstand geeinigt hat und der Kurfürst einige Ge-
neigtheit zeigt, jede Gelegenheit aufgreifen, um mit den Räten und Kommissaren des
Kurfürsten über Pommerns Abtretung in Gespräche und Beratungen einzutreten, und
zwar aus folgenden Gründen: 1. es muß doch mit ihnen verhandelt werden, und dann
ist es gut, die Absichten des Kurfürsten vorher zu wissen denn nachher; 2. kommt
man mit ihm überein, ist die ganze Sache gewonnen und jede Schwierigkeit aufgehoben;
kommt man nicht überein, kann man nachher so wie vorher darüber durch andere
verhandeln; 3. nirgends ist die dänische Vermittlung gefährlicher und für uns wider-
wärtiger als in der pommerschen Frage, weswegen es besser ist, über sie eher unter
Ausschluß von Schiedsrichtern als feierlich zu verhandeln. 4. So kann man auch ver-
traulicher über den Gegenwert Vereinbarungen treffen.
3.
Wird von kurfürstlicher Seite Gelegenheit zu einer Beratung über Pommern ge-
boten , ist diese begründeterweise anzunehmen und zu nutzen; wird sie nicht geboten,
mögen die Kommissare Ihrer Kön. Maj:t selbst eine solche veranlassen, und wenn sie
besonders ein solches gelegentliches Gespräch dann veranstalten könnten, wenn der
Kurfürst von Brandenburg und der Kurfürst von Mainz vom Kurfürstenkollegium
abgeordnet sind, um bei den Friedensverhandlungen zugegen zu sein, und wenn sie bei
diesen Gesprächen niemanden außer ihm hätten, wäre dies Ihrer K. M:t sehr lieb;
es besteht kein Zweifel, daß bei einer solchen Gelegenheit die Kurbrandenburgischen
mittelbar näherkommen und sich zur Förderung der Verhandlungen anbieten würden
und sogar, wenn ihr Herr von den Wünschen Ihrer K. M:t unterrichtet würde,
behilflich sein möchten, damit die Angelegenheiten zu einem guten und friedlichen
Abschied gelangen.
Eine solche oder eine ähnliche Gelegenheit müssen die Kommissare Ihrer K. M:t
vorsichtig wahrnehmen und bei dem Bestreben, für die obenerwähnten strittigen Punkte,
nämlich 1. die Erklärung und Ausdehnung der Amnestie, 2. die Satisfaktion der
Krone Schweden und 3. das Contentement der Soldateska, Abhilfe zu schaffen, auf dem
Wege fortschreiten zum Punkt der Satisfaktion der Krone; dessen Billigheit wäre zu
erweisen 1. durch die ausgestandenen Unkosten, das Ungemach, die erlittenen Unglücke
und Schäden, 2. durch Beispiele und 3. durch die Versprechen der Stände in Heilbronn
und bei allen Bündnissen und 4. dadurch, daß ihn niemand mißbilligt hat, daß auch
der Kurfürst von Sachsen und andere ihn stets grundsätzlich gebilligt und eine wenn
auch unproportionierte Geldsumme angeboten haben.
Weiterhin ist von seiten der Kommissare Ihrer K. M:t darzulegen, daß eine
solche Satisfaktion nicht in Geld vollzogen werden kann, weil dies 1. einer Krone
unwürdig ist, weil sich 2. vieles ereignet hat, das mit Geld nicht eingeschätzt werden
kann, weil 3. eine proportionierte Geldsumme nicht aufgebracht und auch nicht ge-
nannt werden kann und weil 4. dies Ursache zu ewigen Mißhelligkeiten und zu erneu-
tem Verdruß wäre; man würde demnach nach einer von Gesprächen und Beratungen
erfüllten Zeit zu guter Letzt doch zur Satisfaktion in der Gestalt von Ländern ge-
langen .
4.
Falls andere Orte vorgeschlagen würden, wie es Magdeburg, Osnabrück, Minden
oder einige Fürstentümer in Schlesien oder etwas anderes Derartiges sein könnten, wie
insonderheit Bremen und Verden, die der Herzog von Braunschweigfrüher vorgeschla-
gen hatte, müßten die Kommissare Ihrer K. M:t die Entlegenheit jener Gebiete
sowie die Unbequemlichkeit darstellen, sie von hier aus zu regieren; und in Anbetracht
dessen, daß Bremen und Verden allzusehr in Dänemarks Augen liegen werden, haben
die Kommissare einzuwenden, daß es nicht leicht wäre, den Sohn des Königs, der sie
als dänischen Besitz innehat, von dort wegzubekommen; auch erstrebe Ihre K.
M:t mit diesen Verhandlungen nichts anderes als die Aufrichtung freundschaft-
licher Beziehungen zu Dänemark.
5.
Sollte nun der kurfürstlich brandenburgische Gesandte als Einwand das Projekt
vorbringen, das der Reichskanzler zu Frankfurt gegenüber dem kurfürstlichen Kanzler
Götze geäußert hatte, nämlich Magdeburg, [Halberstadt, Osnabrück] und einen Ha-
fen in Pommern, dann sollen die Kommissare Ihrer K. M:t fürs erste einwenden, um
diesen Handel nichts zu wissen, 2. daß dieses Projekt in keiner Weise ausgearbeitet
worden sei und daher nicht einmal für Verhandlungen als Unterlage dienen könne, und
daß 3. vielmehr dieses Projekt damals zur Sprache kam, um die Freundschaft zwi-
schen Ihrer K. M:t und dem kurfürstlichen Hause aufrechtzuerhalten und
Weiterungen und größerem Übel zuvorzukommen; aber inzwischen hätte das branden-
burgische Haus mit der Krone gebrochen, und diese lange Reihe von Fehden und Kriegs-
läuften haben die Länder des Kurfürsten und das ganze Römische Reich erschüttert
und entvölkert und die Krone Schweden über alle Maßen schwer betroffen, so daß somit
4. die Dinge selbst und die erörterten Planungen durch und durch verändert sind.
6.
Wenn schließlich die Kommissare auf Pommern zu sprechen kommen, müssen sie
sagen, daß es kein anderes Land oder Herzogtum gibt, daß irgendwie als Satisfaktion
der Krone Schweden in Betracht käme, und zwar auf Grund der in der Hauptin-
struktion angeführten Ursachen. Es besteht kein Zweifel, daß der Kurfürstliche
seinerseits das Recht des Kurfürsten von Brandenburg auf das Herzogtum Pommern
herleiten wird von kaiserlichen Belehnungen, Familienverträgen mit Pommern, dessen
Eiden und Huldigungen, seit Jahren geführtem Titel und dergleichen mehr; die
Kommissare haben solche Rechte und Ansprüche nicht zu bestreiten, ihnen ihren
Wert zu belassen und zu erklären, daß Ihre K. M:t deswegen bisher den Mark-
grafen den Titel weder streitig gemacht noch verweigert habe. Aber all dieses gründet
sich auf den Friedensvertrag und auf die Vereinbarungen, daß der selige König Gustav
Adolf vom Kaiser zu seiner eigenen und der Ostsee Verteidigung gezwungen wurde,
daß sowohl bei der seligen K. M:t selbst als auch bei verschiedenen anderen
deutschen Fürsten vom Kurfürsten von Brandenburg die Bitte erhoben wurde, sich der
Rettung und Befreiung der Unterdrückten anzunehmen, wobei Unterstützung ver-
sprochen wurde, so im Jahr 1624 durch Bellin, hernach 1625 durch Götze, und dann
durch Knesebecks Intervention beim Reichskanzler in Preußen, Deutschlands Sache zu
befürworten und Seine K. M:t zu bitten, sich ihrer anzunehmen. Als dann Seine
K. M:t eingegriffen hatte und sich außer mit anderen mit dem Herzog und dem
Herzogtum Pommern vereinigt und verbündet hatte, da wurde er vom größten Teil,
insonderheit vom Kurfürsten von Brandenburg, im Stich gelassen und so in große
Schwierigkeiten und Gefahren für seinen eigenen Status und für das ganze Wesen
versetzt.
Der Kurfürst wollte auch nachher nicht in ein Bündnis mit Seiner K. M:t ein-
treten , weswegen der 14. Artikel in der Allianz betreffend die Sequestration und die
Wiedererstattung der Kosten ohne Hilfe der pommerschen Lande weiterhin in Geltung
blieb. Um so mehr war er erfreut, als der Prager Frieden dazwischenkam und
Ihre K. M:t und die Krone Schweden ohne allen Grund zum Feind erklärt
und seither vom Kurfürsten wider alles Verdienst feindlich behandelt wurden, ja
Pommern selbst mit Krieg überzogen und verödet wurde, so daß jetzt nichts anderes
übrigbleibt, als sich mit Waffen oder mit Verträgen herauszuwinden. So wurde die
Krone Schweden wohl oder übel diejenigen los, denen sie zu helfen kam, vor allem dem
Kurfürsten von Brandenburg; sie wurde zuerst nicht unterstützt, dann im Stich ge-
lassen , sodann zum Feind erklärt und schließlich verfolgt; unter diesen Umständen
braucht man nicht allzuviel auf das alte Recht des kurfürstlichen Hauses auf Pom-
mern zu bauen, man hat vielmehr das zu betrachten, was nachher vorgefallen, und
darauf zu achten, wie man mit guten Gründen und ohne allzuviel Ungemach all dies
wiederum gerade macht.
7.
Mit den vorher erwähnten und anderen einschlägigen Beweisgründen sind die Ange-
legenheit Ihrer K. M:t und der Krone zu rechtfertigen und die Billigkeit ihrer
Forderung zu unterbauen. Aber daneben muß dargestellt und gezeigt werden, daß
die Abtretung Pommerns an Ihre K. M:t und die Krone Schweden dem Kur-
fürsten gar nicht so sehr bedenklich zu erscheinen braucht, wenn ihm 1. Gleichwertiges in
Ländern und Zinsen gegeben wird entweder in der Gestalt von Magdeburg oder eines
Teils von Schlesien oder anderer Gebiete; denn solche Gebiete sind für den Kurfürsten
und sein Haus geradeso gut gelegen wie Pommern. 2. Auch könnte das Kurfürstentum
auf diese Weise die Gewogenheit der Krone erwerben und durch ein gutes Bündnis eine
beachtliche Stütze von seiten der Krone wider seine Gegner und außerdem festen
Beistand in allen Reichs- und Kreisangelegenheiten erhalten.
8.
Ist man so weit gekommen, daß die Abtretung Pommerns bejaht wird, muß
über den Gegenwert beraten werden, und dabei haben die Kommissare Ihrer K. M:t
in einem solchen Fall allen Beistand beim Kaiser und den anderen Ständen zu ver-
sprechen und sich aufs höchste angelegen sein zu lassen, daß in einem solchen Fall die
Entschädigung und Vergeltung des kurfürstlichen Hauses Brandenburg im Haupt-
vertrag verankert wird; hierbei ist den eigenen Wünschen Brandenburgs zu folgen und
einzig und allein zu beachten, daß sie nicht durch Erörterungen fehlgeleitet werden.
9.
Wenn jedoch der kurfürstliche Verordnete so weit kommt, daß er wohl Vor-
pommern mit Rügen der Krone Schweden abtreten, aber Hinterpommern sich vorbe-
halten will, müssen die Kommissare hören, was die anderen sagen, und deren Absichten
ergründen, aber nicht zustimmen, sondern anhaltend darlegen, daß eine solche Zer-
stückelung und Aufteilung für die Krone Schweden untragbar und gefahrvoll wäre, vor
allem deswegen, weil die Last, die man der einen Hälfte Pommerns aufbürdete, zu
groß wäre und weil obendrein in Vorpommern Stralsund mit seinen bedeutsamen
Privilegien liegt, was Ihrer K. M:t nicht besonders empfehlenswert erscheint.
Infolgedessen muß bei diesem Punkt sehr behutsam und vorsichtig vorgegangen werden,
und wenn man bei diesen Erörterungen sonst keinen Nutzen hat, so wenigstens den,
eine Richtschnur zu haben für die Absichten der Gegenpartei.
10.
Ist man über Pommern einig geworden, daß es hernach Ihrer K. M:t und der
Krone Schweden folgen soll, und kommt zum Schluß die Rede auf Wappen und Titel,
die der Kurfürst behalten wollte, dann muß voll und ganz dagegen gesprochen werden;
denn derjenige, der die Sache selbst abtritt, darf nicht wegen Titel oder Wappen
betrübt sein, da ja das, was ihm als Entgelt gegeben wird, wiederum ihm mit seinem
Wappen und Titel zukommt; es muß also darauf bestanden werden, daß Pommerns
Titel und Wappen abgelegt werden. Aber sofern sich alles allein daran stoßen sollte,
könnte man darin einen Ausweg suchen, daß der Kurfürst sie nur zu seinen Lebzeiten
führte und sie hernach abgelegt würden und daß den anderen, die das Entgelt abträten,
auch gestattet würde, sie unter den gleichen Bedingungen zu führen; allerdings müßte
der ausdrückliche Vorbehalt statuiert werden, daß sich das Haus Brandenburg hier-
aus hernach kein Recht auf Pommern zueignen darf und daß es aus der Huldigung
der pommerschen Stände ausgelassen wird, so wie die Untertanen Ihrer K. M:t
und der Krone Schweden nicht verpflichtet sein sollen, einen solchen Titel den Mark-
grafen zu geben; so etwas könne man nicht durchgehen lassen, ohne ein maßgebendes
Beispiel zu schaffen.
11.
Sollte man bei den brandenburgischen Rezessen irgendwie auf einen Anspruch auf
Pommern nach dem Absterben Ihrer K. M:t sowie ihrer Nachkommen hin-
arbeiten , muß das in der Hauptinstruktion Erwähnte darauf geantwortet werden, daß
Pommerns Abtretung nicht nur auf Ihre K. M:t und ihre Nachkommen aus-
gerichtet sein muß, sondern vielmehr auf die Krone Schweden und die Nachfolger der
K. M:t in der Krone, eben wegen der bereits vermeldeten Gründe.
12.
Sollte nun geschehen, daß man hierüber mit den Verordneten des Kurfürsten von
Brandenburg irgendeine Absprache über Pommern zustande bringen könnte, um mit
Willen und Beschluß versichert zu sein, wäre es gut, wenn man solches irgendwie
schriftlich festlegen könnte, wenn schon nicht durch die Abfassung eines Vertrages, so
wenigstens durch eine schriftliche Resolution, damit man etwas hätte, worauf man fußen
könnte und was die Grundlage abgäbe für eine Zusammenarbeit zu beider Partner
Behagen und Sicherheit.
13.
Dies haben die Kommissare Ihrer K. M:t insgesamt zu beachten; wenn sich
ihnen jedoch keine Gelegenheit bietet, gemeinsam darüber zu verhandeln, wenn vielmehr
Herr Johan Oxenstierna mit einem der Geheimen Räte des Kurfürsten bei anderer
Gelegenheit ins Gespräch kommt oder sich dem Hofkanzler Herrn Salvius in Ham-
burg eine Gelegenheit bietet, hierüber mit einem Vertrauten und Bevollmächtigten
des Kurfürsten ins Gespräch zu kommen, dann soll jeder für sich die vorgeschriebenen
Beratungen vornehmen und sie so ausrichten, wie gesagt worden ist. Nur ist dabei zu
beachten und zu betonen, daß, wenn bei den Brandenburgischen keine Neigung dazu
vorliegen sollte, diese Gespräche bloß als partikuläre und nicht bindende anzusehen sind
und nicht den Gesamtverhandlungen vorgreifen dürfen. Was bei solchen Gesprächen vor
sich gehen könnte, müssen die Kommissare unter dem Siegel des Stillschweigens und
der Vertraulichkeit einander mitteilen. Geschehen wie oben.