Acta Pacis Westphalicae I 1 : Instruktionen, Band 1: Frankreich - Schweden - Kaiser / Fritz Dickmann, Kriemhild Goronzy, Emil Schieche, Hans Wagner und Ernst Manfred Wermter
ÜBERSETZUNG DER SCHWEDISCHEN TEXTE VON EMIL SCHIECHE : 16a Memorial für Johan Adler Salvius Stockholm 1637 September 14/24
Memorial für Johan Adler Salvius
Stockholm 1637 September 14/24
Herrn Hofkanzler Johan Salvius von Ihrer Königl. Maj:t ausgefertigtes Memorial,
wie er die Friedensverhandlungen mit den Kaiserlichen anzustellen und auszurichten
hat, falls sich irgendein Ernst wahrnehmen läßt.
1.
Herzog Franz Albrecht von Sachsen-Lauenburg hat zu verstehen gegeben, daß
er den Wunsch hat und imstande zu sein hofft, den Kaiser für Friedensverhandlungen
und einen Vergleich mit Ihrer Königl. Maj:t und der Krone Schweden geneigt zu
machen, und hat merken lassen, daß seine Reise nach Wien unter diesem Gesichts-
winkel betrachtet werden sollte. Sein Rat und Minister Miethof scheint dies durch
einige Schreiben seiner Korrespondenten aus Wien bekräftigen zu wollen. Obwohl
mehrere Zeichen vorliegen, daß dem Herzog wenig zu glauben ist, daß er in diesem
Werke weniger vermag, daß die Pläne des Kaisers und seiner Geheimen Räte ein
anderes Aussehen und eine andere Grundtendenz haben und daß diejenigen, welche
sie betreiben, sich selbst geringe Hoffnungen machen, und außerdem die Angelegenheit
von solcher Wichtigkeit ist, daß sie kaum auf diese Weise durchgezerrt werden kann
und will, kann es wenig schaden, wenn es auch nichts nützt, wenn man die Sache
betreibt, soweit sie vernünftig betrieben wird, weswegen Herr Salvius das Werk auf
folgende Weise ausführen möge.
2.
Zuallererst soll er Gewißheit darüber erlangen, ob es dem Kaiser damit Ernst ist,
dann soll er Herzog Franz Albrecht oder jemanden anderen von Würde und Vertrauen
mit hinreichender Vollmacht nach Hamburg schicken, der dort mit Herrn Salvius
im geheimen verhandele. Andere Orte als Hamburg oder Lübeck sind weder für uns
noch für den Kaiser bequem, und anders als im geheimen dies Werk zu betreiben,
liegt nicht im Sinne dieses Plans. Denn sollte dieses Vorhaben des Herzogs von
Lauenburg nur eine Vorbereitung für einen Haupt- oder einen solennen Vertrag sein,
dann müßte es anders betrieben werden. Aber die Art und Weise, wie es bislang
begonnen und betrieben wurde, hat samt und sonders den Anschein erweckt, einen
Frieden zu schließen und alle Streitigkeiten zu bereinigen, bevor jemand hiervon
Kenntnis erhielte; das müßte entweder so bewerkstelligt werden, oder die Sache
müßte auf andere Weise durchgeführt werden. Sofern die Gegenpartei versucht, die
Verhandlungen nach einem anderen Ort wie Braunschweig oder sonst irgendwohin
zu ziehen oder die Verhandlungen anders als geheim vor sich gehen zu lassen, dann
müßte sich Herr Salvius entschuldigen, deren Unbequemlichkeit als Einwand
vorbringen und hierin nicht weiterverhandeln, sondern alles nur in Gang halten und
zur Berichterstattung entgegennehmen.
3.
So soll er auch nicht seine Vollmacht vorzeigen (es sei denn, daß es schon geschehen
ist), bevor auch gleicherweise die Gegenpartei ihre Vollmacht vorzeigt, weil zu
befürchten ist, daß sie bloß versuchen, uns die Zunge hervorzulocken und hernach
unsere Friedensgeneigtheit zu unserer Verleumdung und unserem Nachteil bei unseren
Verbündeten und Genossen zu mißbrauchen, da sie nichts weniger im Sinn haben als
irgendwelche Friedens- und Vergleichsverhandlungen.
4.
Dies Vorhergesagte ist im allgemeinen zu beachten. Bevor jedoch Herr Salvius
weiter auf Einzelheiten eingeht, ist darauf zu achten, ob mit dem französischen
Botschafter d’ Avaux über die Ratifizierung der Allianz etwas abgeschlossen wird
oder nicht. Denn sofern sie sich einigen, darf Herr Salvius nichts anderes tun als
hören, nichts sagen, auch nichts beschließen, sondern vielmehr alles auf allgemeine
und gemeinsame Verhandlungen ankommen lassen und dahin alle seine Ratschläge und
Mahnungen ausrichten, höchstens daß er daneben Ihrer Kön. M:t Geneigtheit zu
freundschaftlichen Verhandlungen bezeugt und die Ratifikation der Allianz mit
Frankreich wegen der Notwendigkeit und der Ausflüchte des Feindes entschuldigt.
5.
Aber sollte es sich zutragen, daß er sich mit dem französischen Botschafter nicht
einigen könnte und die Ratifikationen nicht vollzogen werden, es sei dies aus Vorbedacht
oder irgendwelchen neu aufgetauchten Umständen geschehen, dann soll Herr Salvius
nicht nur in Gesprächen und vertraulichen Konferenzen die Absicht des Feindes zu
erfahren versuchen und die Verhandlungen in Gang halten, sondern seinen Fleiß darauf
verwenden, einen Frieden auszuhandeln und abzuschließen, sofern er eine gewisse
Ernsthaftigkeit bemerkt, was er mit Gewandtheit wohl zu beurteilen wissen wird.
6.
Wie weit er auf diese Weise zu gehen hat, das wird er zu einem großen Teil
erschöpfend dem Memorial entnehmen können, das ihm der Reichskanzler in Deutsch-
land hinterlassen hat; in der Art des Vorgehens möge er ihm folgen, soweit es sich
irgend machen läßt. Das folgende soll jedoch in den drei Streitpunkten das äußerste sein.
7.
Zuallererst soll er beachten, daß in erster Linie die zwei Punkte, die Satisfaktion
der Krone Schweden und das Contentement der Soldateska, erörtert und behandelt
werden, und so die Ausdehnung der Amnestie auf alle Stände bis zum Schluß
zurückbehalten und sie mäßigen und anpassen, je nachdem wie über die anderen
Punkte beschlossen wird; und so auch den Haß der nicht berücksichtigten Freunde
vermeiden, wenn man da zu keinem Abschluß kommt und der Krone doch Satis-
faktion geschieht, um nicht wegen anderer, die das wenig anzuerkennen wissen, in
einen ewigen Krieg verstrickt zu werden.
8.
Die Satisfaktion der Krone soll festgesetzt werden auf das ganze Herzogtum
Pommern mit dem Stift Cammin und auch auf Wismar und ein Stück Land meist
um Poel und Warnemünde, um für ewige Zeiten unter der Krone Schweden zu verbleiben,
als ein Lehen vom Reich anerkannt zu werden und Stimme und Rechte im Reich und
im Obersächsischen Kreis zu behalten. Könnte dies nicht angehen, so müßte man von
Wismar und Warnemünde auf das ganze Herzogtum Pommern zurückgehen; könnte
auch dies nicht erreicht werden, müßte man es auf Vorpommern ankommen lassen
einschließlich die Inseln Rügen, Usedom, Wollin sowie Kolberg Stadt und Hafen.
Sollte schließlich auch eine solche Abtretung nicht zu erreichen sein, so müßten
ganz Pommern, Wismar und Warnemünde nach hypothekarischem Recht für eine
zu gewissen Zeiten und Terminen auszuhändigende und zu bezahlende beträchtliche
Summe Geldes und die Lizenten zum Unterhalt der Garnisonen, solange die Gelder
nicht bezahlt sind, zu Händen der Krone Schweden überlassen werden. Die Summe
selbst müßte, so hoch wie möglich, auf viele Millionen veranschlagt werden, doch
zuletzt lasse man es auf 3 Millionen Speziesreichstaler ankommen, binnen 10 bis
15 Jahren zu erlegen, unter der Bedingung, daß, wenn die Summe nicht zur rechten
Zeit erlegt wird, die Länder unter den Königen und der Krone Schweden zu Lehnrecht
unter Anerkennung von seiten des Reichs verbleiben sollen. Kann auch dies nicht er-
reicht werden, soll Herr Salvius nicht abschließen, aber die äußerste Meinung der
Gegenpartei erkunden, die Verhandlungen in Gang halten und sie bloß solange
verzögern, bis hierher berichtet und von hier ein Beschluß erlangt werden kann.
9.
Auf dem Contentement der Soldateska soll man streng bestehen, um der Krone
Schweden diese Last zu nehmen; auch soll darauf gehalten werden, daß alle bezahlt
werden, entweder rechnet man mit ihnen nach Billigkeit ab oder vereinbart man bestimmte
Monatssolde. Sollten die schwedischen Streitkräfte das alleinige Hindernis ausmachen,
könnte mit ihnen vertraglich die Krone Schweden belastet werden, allerdings müßten
die Fremden bezahlt werden wie auch die Schweden, die geworbene und fremde
Regimenter befehligt haben, und die Generalspersonen, so daß den schwedischen
Offizieren als eine Entschädigung eine oder anderthalb Tonnen Gold Reichstaler
zugeteilt wird. Kann nun dies nicht erreicht werden, halte man die Unterhandlungen
auf und warte auf den erstatteten Bericht hernach eine weitere Erklärung ab.
10.
Je nachdem ob nun diese zwei Punkte verabredet und vereinbart worden sind oder
nicht, müßte man nachher den dritten Punkt behandeln: die Amnestie. Denn einigt
man sich nicht über die anderen, so müßte man streng auf der Restitution aller Stände
und auf einer Universalausdehnung der Amnestie beharren. Aber wenn sie sich günstig
zu den zwei Punkten erklären und der Krone Schweden und der Soldateska gegen-
über sich gut und gefällig erweisen, lasse man zuvörderst die Restitution des Kurhauses
Pfalz fallen und tue hierin nicht mehr, als was auf dem Wege der Empfehlung
geschehen kann; dann die Restitution aller derjenigen fallenlassen, die vor 1630 um
ihre Güter und Lebensbedingungen gekommen sind. Aber für die anderen müßte man
sich einsetzen, wie für den Herzog von Württemberg, den Markgrafen von Baden,
die Pfalzgrafen von Zweibrücken, Lautereck usw., die Wetterauischen Grafen wie
auch die Grafen von Saarbrücken, die Rheingrafen, die von Eberstein, Hanau- Lichten-
berg , die Grafen von Hohenlohe, Erbach, die Herren von Freiberg, Limburg usw.
wie auch für die Städte, insonderheit Augsburg, Straßburg, dann Osnabrück, Magde-
burg ; unter anderen müßte besonders des Herzogs Bernhard von Sachsen und des
Landgrafen Wilhelm von Hessen gedacht werden. Dieser Punkt muß scharf voran-
getrieben werden. Falls man über das andere vollkommen einig wird und bei diesem
nichts zu erreichen ist, soll Herr Salvius bei dieser Sache vorsichtig vorgehen, indem
er ihnen eindringlich darlegt, wie die Krone Schweden deren Wohlfahrt nicht gut unbe-
achtet lassen könne. Aber damit der Krieg, wenn er fortgesetzt würde, nicht alles
übrige vernichte, setze sich Herr Salvius vor allem ein für die Pfalzgrafen von
Zweibrücken und Lautereck, für den Herzog von Württemberg, den Markgrafen von
Baden-Durlach, den Landgrafen Wilhelm von Hessen, die Rheingrafen und die
Grafen von Nassau-Saarbrücken wie auch für die oben genannten Städte, und em-
pfehle die anderen der Gunst des Kaisers. Aber wenn auch so kein Weiterkommen
wäre, könnte Salvius, damit diesem blutdürstigen Kriege einmal ein Ende bereitet
werde und nachdem den Interessen und der Satisfaktion der Krone Schweden Genüge
geleistet worden ist, zustimmen und geschehen lassen, daß die vorgenannten Stände aus
dem Akkord ausgelassen werden, jedoch mit dem Vorbehalt, daß der Kaiser sich
bereit erklärt, die vorgenannten Stände auf die Interzession Ihrer Königl. Maj:t
hin zu begünstigen und diese zuzulassen, so daß des Kaisers die Gunst und der Krone
Schweden das Vorrecht der wohlmeinenden Vermittlung wäre. Und wenn diese nicht
allen zugute kommen könnte, so müßte man zusehen, daß sie dem größten Teil zugute
käme.
11.
Will es so gehen, so ist es gut und möge es zum Abschluß kommen, will es nicht,
ergründe man die Absicht, breche, so viel wie möglich, allen Extremen die Spitze ab,
halte die Verhandlungen in Gang und warte weiteren Bescheid ab.
12.
Außer diesen Punkten bleibt es hierbei bei den Abreden über Freundschaft,
Handel, die Restitution der Kriegsoffiziere, die Entlassung des Kriegsvolks und der-
gleichen mehr, die zwischen dem Reichskanzler und dem Kurfürsten von Sachsen
projektiert und vereinbart worden sind, wenn auch nicht in Worten und Formalien, so
doch dem Sinne nach.
13.
Sofern die Krone Schweden die Seeküste behält, braucht irgendeine Flotte nicht zur
Sprache zu kommen. Wenn jedoch Wismar oder etwas mehr abgetreten werden
müßte, dann müßte darüber gesprochen und verhandelt werden, daß nicht irgendeine
Flotte im Namen des Kaisers oder von ihm selbst, vom König von Spanien oder von
anderen dort aufgerichtet wird, weil solches nicht ohne Unsicherheit und Nachteil des
Reichs geschehen kann, und es wäre angezeigt, sich jetzt geradeso darum zu schlagen
wie ein anderes Mal.
14.
Dies diene nun als Unterweisung für die vorgeschlagenen Friedensverhandlungen
mit dem Herzog von Lüneburg oder anderen kaiserlichen Kommissaren. Es ist der
Wille Ihrer Kön. M:t, daß Herr Salvius dies alles vorsichtig handhabe und daß
alle seine Vorhaben auf dieses Ziel zustreben. Er schließe dann ab, wenn das, wie
oben erwähnt, zu erreichen ist. Sollten sich jedoch dagegen Beschwerlichkeiten ein-
stellen , dann sind die Verhandlungen nicht abzubrechen, sondern bis zu einem
besseren und genaueren Beschluß aufrechtzuerhalten und dabei darauf zu achten, daß
alle Einzelheiten fleißig und genau hierher berichtet werden und der Bescheid hierauf
abgewartet wird.
Geschehen zu Stockholm den 14. September des Jahres 1637.