Acta Pacis Westphalicae I 1 : Instruktionen, Band 1: Frankreich - Schweden - Kaiser / Fritz Dickmann, Kriemhild Goronzy, Emil Schieche, Hans Wagner und Ernst Manfred Wermter
EINLEITUNG

[p. 193] [scan. 227]


1
EINLEITUNG


2
Als der schwedische Reichsrat am 5./15. Oktober 1641 die umfangreiche Haupt-
3
instruktion
mit zwei Nebenmemorialen und einer geheimen Nebeninstruktion für die
4
Legaten zum künftigen Friedenskongreß ausfertigte, hatte man sich auf schwedischer
5
Seite schon fast zehn Jahre lang mehr oder weniger ernsthaft mit dem Problem des
6
Friedens beschäftigt und auseinandergesetzt. Freilich hatten in diesem Zeitraum sich
7
wandelnden Kriegsglückes die schwedischen Friedenspläne sich vielfältig geändert,
8
fortentwickelt und verfeinert

25
Übersicht über die schwedischen Friedenspläne und -bestrebungen bei C. Th. Odhner und
26
im Zusammenhang mit der gesamten schwedischen Außenpolitik bei W. Tham S. 203ff. Zu
27
den ständigen Vermittlungsversuchen Dänemarks vgl. J. A. Fridericia ; dieser bietet auf
28
Grund von Archivalien aus Kopenhagen, Stockholm, Paris, Wien und Dresden mehr als eine
29
Geschichte der dänischen Außenpolitik. Die neueste Übersicht über alle Friedensbestrebungen
30
bei F. Dickmann S. 59ff.
. Es waren aber zwei Hauptforderungen, die schon in
9
der Zeit Gustav Adolfs feststanden und in veränderter Form ständig wiederkehrten:
10
1. Erwerbung Pommerns oder wenigstens einiger Teile der pommerschen Küste als
11
Satisfaktion für die schwedische Krone und 2. Restitution der vertriebenen prote-
12
stantischen
Reichsfürsten, insbesondere des Kurfürsten von der Pfalz.

13
Doch gingen die schwedischen Forderungen jener Jahre

31
Zu Gustav Adolf vgl. M. Roberts II S. 655ff., 748ff., J. Pekař I S. 226ff., II 98. Texte
32
der Friedenspläne: G. Irmer I Nr. 51 S. 139f., Nr. 73 S. 199f., Nr. 93 S. 265f.; Arkiv
33
1 ( 1854 ) S. 529, 2 ( 1860 ) S. 391ff.; AOSB I 1 S. 540ff.
, als Gustav Adolf auf den
14
Höhen seiner Siege stand, sehr viel weiter. In den Friedensbedingungen, die vor
15
Nürnberg ( Sept. 1632 ) dem kaiserlichen Generalissimus Wallenstein übergeben
16
wurden, hatte der schwedische Reichskanzler Axel Oxenstierna in Übereinstimmung
17
mit seinem König umfangreiche territoriale Forderungen für die verbündeten Reichs-
18
fürsten
auf Kosten der geistlichen Fürstentümer in Süddeutschland aufgestellt. Den
19
Höhepunkt aller schwedischen Friedenspläne bildete zweifellos der Gedanke Gustav
20
Adolfs, sich an die Spitze eines ständigen, nicht allein auf die Kriegszeit befristeten
21
»corpus formatum« der protestantischen Reichsstände zu setzen. Diesen hochfliegenden
22
Plänen machte aber der Tod auf dem Schlachtfeld zu Lützen ein Ende.

23
Oxenstierna

34
Über Oxenstiernas Politik bis 1636 vgl. besonders J. Kretzschmar und S. Arnoldsson .
35
Quellen: HSH enthalten die Korrespondenz Oxenstiernas mit der Regierung in Stockholm; die
36
Briefe O. s bis Juni 1636 sind jetzt zugänglich in AOSB außer für die Monate April–
37
Dez. 1634. Besonders wichtig: Memorial für Lars Grubbe an Reichsrat 1632 Dez. 5/15
38
Art. 24–29 und 1633 Febr. 2/12 ( AOSB I 7 S. 711ff. Nr. 651, I 11, 1 S. 170f. Nr. 113;
39
letzteres übersetzt von E. Schieche S. 111–132; Reichsrat an O. 1634 Jan. 17/27 und
40
1634 März 11/21 (( HSH 28 (1847) S. 6–10 und 29 (1848) S. 232–237.
betrachtete die Situation sehr viel nüchterner. Er sah, wie schwierig
24
schon zu Lebzeiten des Königs das Verhältnis zu den deutschen Verbündeten und den

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1
deutschen Truppen der schwedischen Armee gewesen war; man halte alles nur mit
2
spitzen Fingern, schrieb er einmal an den Reichsrat. Wie schwer seine eigene Stellung
3
ohne die Autorität des Königs zu wahren war, sollte er bald deutlich genug erfahren!

4
Zudem überstieg der Krieg auf dem Festlande im Grunde die wirtschaftlichen
5
Kräfte Schwedens. Dieser Sachverhalt fand später in der Opposition innerhalb des
6
Reichsrates seinen Ausdruck. – Andere sehr wichtige finanzielle Hilfsquellen
7
waren – wie die französischen Subsidien – von den schwankenden Beziehungen zu
8
Frankreich abhängig oder mußten – wie die Lizenten aus den preußischen Häfen
9
( 1535 ) – aufgegeben werden.

10
Daher setzte sich Oxenstierna zum Ziel, Schweden ehrenvoll aus dem Kriege
11
herauszuziehen. Allerdings knüpfte er daran eine Bedingung, von der er auch während
12
der dunkelsten Stunden nicht abgegangen ist, und an der er gegen alle inneren und
13
äußeren Hemmnisse festgehalten hat: Das war die ausreichende Satisfaktion für
14
Schweden! Aber allein Pommern oder Teile von Pommern konnten nach seiner
15
Ansicht in Frage kommen; nur damit konnte Schweden ausreichend »contentiert«
16
werden, weil die Satisfaktion für ihn nicht nur eine Frage der »Reputation«, sondern
17
auch eine Frage der Sicherheit Schwedens gegenüber Dänemark und Polen dar-
18
stellte
. Deshalb gedachte er den Krieg so lange fortzuführen, bis wenigstens dieses
19
Ziel erreicht sein würde.

20
Mit diesem Ziel für einen künftigen Frieden geriet Oxenstierna aber in ein
21
Dilemma, aus dem sich zu befreien, ihm – besonders seitdem sich die Situation
22
( 1634/35 ) für Schweden verschärfte – nie recht gelingen wollte. Denn es gab für ihn
23
nur zwei Möglichkeiten, den Krieg in seinem Sinne zu Ende zu führen. Entweder
24
stützte er sich auf Frankreich und dessen Subsidien; dann band er sich an die vielfach
25
anders gearteten französischen Interessen. Oder er versuchte allein aus den eigenen
26
beschränkten Kräften nur mit Hilfe einer immer kleiner werdenden Gruppe von
27
verbündeten deutschen Reichsständen die Satisfaktion zu erkämpfen. Es hat in den
28
folgenden Jahren nicht an Versuchen gefehlt, diesen Weg zu gehen und einen Separat-
29
frieden
mit dem Kaiser zu schließen. Zum Erfolge geführt haben schließlich nicht
30
diese Versuche, sondern der gemeinsame Weg mit Frankreich; der Friede allerdings
31
wurde dadurch zunächst immer weiter hinausgezögert.

32
Nach dem Tode Gustav Adolfs entschied sich Oxenstierna dafür, die Hilfe
33
Frankreichs in Anspruch zu nehmen; er erneuerte den schwedisch-französischen
34
Vertrag von Bärwalde ( 1631 Jan. 13/23 ). Zugleich vereinigte er aber auch die
35
protestantischen Reichsstände der süddeutschen Kreise im Heilbronner Bund und ließ
36
sich von ihnen, wenn auch in allgemeiner Form, Satisfaktionsgarantien geben. Der
37
Versuch, Kursachsen und Kurbrandenburg sowie die übrigen Stände der ober- und
38
niedersächsischen Reichskreise zum Abschluß zu bewegen ( 1634 ), scheiterte; denn
39
Kursachsen erstrebte einen baldigen Frieden mit dem Kaiser und Brandenburg
40
machte einen engeren Anschluß an Schweden von der Abtretung Pommerns abhängig.
41
Dazu kamen die Schwierigkeiten mit den süddeutschen Reichsständen, so daß der
42
Heilbronner Bund auf dem Frankfurter Konvent ( Sommer 1634 ) in eine schwere
43
Krise geriet.

[p. 195] [scan. 229]


1
Zu dieser diplomatischen Niederlage gesellte sich die militärische, als die schwedische
2
Hauptarmee eine vernichtende Niederlage bei Nördlingen ( 4.–5. September 1634 )
3
erlitt. Die Folge davon war, daß sich der Heilbronner Bund in den folgenden Monaten
4
völlig auflöste.

5
Als nun noch am 20./30. Mai 1635 Kaiser Ferdinand II. und Kursachsen den Prager
6
Frieden

39
Zum Prager Frieden grundlegend K. G. Helbig , zuletzt A. Wandruszka ; Textdrucke vgl.
40
S. 234 f. Anm. 4.
abschlossen und die verbündeten deutschen Reichsfürsten, soweit sie nicht
7
namentlich von der kaiserlichen Amnestie ausgenommen waren, sich dem Frieden
8
anschlossen, ging Oxenstierna entgegen den Abmachungen mit Frankreich auf die
9
Friedensvermittlungen Kursachsens ein; das geschah vermutlich jedoch mehr in der
10
Absicht, Zeit zu gewinnen, als jetzt in einem Augenblick, in dem er nur sehr schlechte
11
Friedensbedingungen erwarten konnte, wirklich Frieden zu schließen.

12
In den Projekten dieser Verhandlungen

41
Zu den Verhandlungen im Winter 1635/36 vgl. S. Arnoldsson S. 144 Anm. 4, wo die ältere
42
Literatur angegeben ist, und vor allem E. Dürbeck .
tauchte zum ersten Mal die Dreizahl
13
der schwedischen Forderungen auf: Satisfaktion, Amnestie der aus dem Prager
14
Frieden ausgeschlossenen Reichsstände bzw. deren Restitution und Contentement der
15
schwedischen Armee.

16
Es war jetzt freilich nur noch von einer finanziellen Satisfaktion mit entsprechender
17
hypothekarischer Sicherung an der Ostseeküste die Rede; der Gedanke, sich notfalls
18
Pommerns oder eines Teiles der Küste in der Form des Pfandbesitzes zu bemächtigen,
19
war bei Oxenstierna allerdings schon zu Beginn des Jahres 1634 aufgetaucht.

20
Die schwedisch-sächsischen Verhandlungen zerschlugen sich im September 1635,
21
weil Kursachsen auf der Vorbedingung bestand, daß Schweden sofort das Reich zu
22
räumen und sich dem Prager Frieden anzuschließen habe.

23
Die Erneuerung des Waffenstillstandes mit Polen zu Stuhmsdorf ( 1635 Sept. 2/12 )
24
und der schwedische Sieg bei Dömitz ( 1635 Okt. 22/Nov. 1 ) stärkten die Verhand-
25
lungsposition
Oxenstiernas wieder. In den unter Vermittlung Herzog Adolf
26
Friedrichs von Mecklenburg-Schwerin mit Kur sachsen wieder aufgenommenen Verhand-
27
lungen
im November 1635 einigte man sich schon auf einen besonderen Friedensvertrag
28
zwischen Schweden und dem Kaiser.

29
Zu Anfang des Jahres 1636 ließ Oxenstierna jedoch die Verhandlungsfäden ab-
30
reißen
und näherte sich wieder Frankreich. Seit dem Vertrag von Compiègne ( 1635
31
April 18/28 ) hatte sich das Verhältnis zu Frankreich zwar stark abgekühlt. Nun
32
ging Oxenstierna aber auf die wiederholten Vorstellungen des französischen Ge-
33
sandten
St. Chamont ein, Verhandlungen aufzunehmen, die von französischer Seite her
34
gesehen das Ziel hatten, Schweden wieder enger an Frankreich zu binden und auf jeden
35
Fall einen Separatfrieden Schwedens mit Kursachsen und dem Kaiser zu verhindern.

36
Das Ergebnis dieser Wendung war der Vertrag von Wismar ( 1636 März 20/30 ),
37
in dem man sich darauf einigte, daß Schweden den Krieg mit Hilfe französischer
38
Subsidien weiter führen sollte. Für Oxenstierna war dabei maßgebend, gegen den

[p. 196] [scan. 230]


1
Kaiser noch größere militärische Erfolge zu erzielen und damit günstigere Friedens-
2
bedingungen
zu erlangen. Allerdings mußte er entsprechend ähnlichen Bestimmungen
3
früh erer Verträge sich verpflichten, nur gemeinsam mit Frankreich Frieden zu schlie-
4
ßen
. Das bedeutete, daß Schweden an das Zustandekommen eines Universalfriedens-
5
kongresses
, wie ihn Frankreich wünschte, und damit an die Interessen der französischen
6
Politik gebunden wurde.

7
Die Ratifikation dieses Vertrages wurde von schwedischer Seite zwei Jahre lang
8
hinausgezögert, da Oxenstierna von anderer Seite in verstärktem Maße gedrängt
9
wurde, möglichst schnell den Krieg in Deutschland zu beenden. Es war der schwedische
10
Reichsrat, der die Verhandlungen auf ein kursächsisches Angebot hin wieder aufnehmen
11
lassen wollte; die Friedenssehnsucht scheint so groß gewesen zu sein, daß man in
12
Stockholm bereit gewesen ist, selbst unter den ungünstigsten Bedingungen einen
13
Separatfrieden abzuschließen. Das Memorial

37
Text: Nr. 13 S. 205 ff.
, mit dem Salvius – ein Anhänger
14
der unbedingten Friedenspolitik – im Mai 1636 nach Deutschland geschickt wurde,
15
ging für den äußersten Notfall sogar so weit, allein auf dem Contentement für die
16
nichtschwedischen Truppenteile der schwedischen Armee zu bestehen. Es war freilich
17
ausgeschlossen, daß Oxenstierna jemals von dieser Ermächtigung Gebrauch machen
18
und sich nach dieser Direktive richten würde. Er ergänzte und änderte diese An-
19
weisung
im Sinne seiner Politik, kurz bevor er seine Heimreise nach Stockholm
20
antrat. So enthielt das Memorial ( 1636 Juni 22/Juli 2)

38
Text: AOSB I 15 Nr. 310 S. 557–563.
, das er dem neuen General-
21
legaten
der schwedischen Krone in Deutschland Sten Bielke und dessen Beigeordneten
22
Johan Adler Salvius hinterließ, sehr eingehende Empfehlungen darüber, welche
23
Küstengebiete in Pommern als Pfandbesitz zu fordern seien, wenn man sich schon
24
auf eine finanzielle Satisfaktion einlassen müsse.

25
In Stockholm überzeugte Oxenstierna allmählich den Reichsrat von seiner Politik,
26
den Krieg weiterzuführen und nur auf günstige Bedingungen hin eben um der Sicherheit
27
Schwedens willen einen Frieden zu schließen

39
Für die folgenden Abschnitte vgl. C. Th. Odhner S. 49ff. und als schwedische Quellen besonders
40
SRP, die zugleich Ersatz für die von Sommer 1636 ab noch nicht veröffentlichten Briefe Oxen-
41
stiernas
bilden. Wichtigste ungedruckte Quelle ist der Briefwechsel zwischen Axel Oxenstierna
42
bzw der schwedischen Regierung und Salvius im Riksarkiv Stockholm ( Salvius Samling
43
vol. 1, 7, 8, 9, 10; Axel Oxenstierna Samling B I; Riksregistraturet ).
.

28
Der glänzende Sieg Banérs über die Kursachsen bei Wittstock ( 1636 Sept.
29
24/Okt. 4 ) scheint ihn bestärkt zu haben, zunächst doch noch auf die Hilfe Frank-
30
reichs
zu verzichten und auf separate Friedensverhandlungen mit dem Kaiser einzu-
31
gehen
. Daher erklärt sich wohl auch die Abneigung, am Kölner Kongreß teilzunehmen,
32
selbst als man sich an einer päpstlichen Vermittlung nicht mehr zu stören brauchte,
33
weil sich die Republik Venedig auf französische Initiative hin bereit erklärt hatte,
34
die Vermittlung zwischen dem Kaiser und Schweden zu übernehmen.

35
Zudem boten sich gerade im Winter 1636/37 verschiedene Möglichkeiten an,
36
auf anderen Wegen zu separaten Verhandlungen mit dem Kaiser zu kommen.

[p. 197] [scan. 231]


1
Bielke und Salvius erhielten deshalb im Frühjahr 1637 eine neue Instruktion

40
Text: Nr. 14 S. 210 ff.
, in
2
der die drei Kernforderungen Schwedens, Amnestie, Satisfaktion und Contentement,
3
klar herausgearbeitet waren und in ihrem Umfange und ihren möglichen Abstufungen
4
bereits ungefähr der Hauptinstruktion von 1641 entsprachen.

5
Das Scheitern der Verhandlungen und die militärischen Ereignisse – der kaiser-
6
liche
General Gallas war bis Pommern vorgedrungen – bewogen Oxenstierna nach
7
langen Beratungen im Reichsrat dazu, dem Drängen Frankreichs nachzugeben und
8
über die Ratifikation des Wismarer Vertrages verhandeln zu lassen. Salvius bekam
9
Ende des jahres eine neue Instruktion, die jedoch durch ein Memorial über die
10
schwedischen Friedensbedingungen ergänzt wurde

41
Texte: Nr. 15 S. 217 ff., Nr. 16 S. 226 ff.
. Demnach bestand offensichtlich
11
die Absicht, immer noch gleichzeitig mit Frankreich Allianzverhandlungen und mit
12
dem Kaiser Friedensverhandlungen zu führen. Oxenstierna wollte damit den Kaiser
13
und Frankreich wechselseitig unter Druck setzen, um entweder den einen den
14
eigenen Friedensforderungen gefügig zu machen oder den anderen zu besseren Allianz-
15
bedingungen
zu nötigen.

16
Das erwähnte Memorial enthielt in veränderter Form wiederum die drei Haupt-
17
punkte
der schwedischen Friedensbedingungen und kann somit neben der Frühjahrs-
18
instruktion
als eine Vorform der Hauptinstruktion von 1641 gelten.

19
Im folgenden Jahre band sich Schweden allerdings doch mit dem Hamburger
20
Allianzvertrag ( 1638 Febr. 24/März 6 ) für die nächsten drei Jahre an Frankreich.
21
Trotz der Verpflichtungen Schwedens, nur gemeinsam mit seinem Verbündeten
22
Frieden zu schließen, ließ sich Salvius auf Weisung aus Stockholm nicht nur auf die
23
öffentlichen Präliminarienverhandlungen, sondern auch auf geheime Verhandlungen
24
mit dem kaiserlichen Gesandten in Hamburg, dem Grafen Kurz, ein. Da aber
25
Kurz auf einen Separatfrieden hinarbeitete, Salvius jedoch auf einem Universal-
26
friedenskongreß
bestand, gelangte man zu keinem Ergebnis

42
Zu diesem Vermittlungsversuch vgl. J. A. Fridericia II S. 56ff., C. Th. Odhner S. 59ff.
.

27
Beide hatten übrigens einer Vermittlung König Christians IV. von Dänemark
28
auf einem Kongreß, der in Lübeck stattfinden sollte, zugestimmt. Dieser Versuch
29
König Christians IV., die Vermittlerrolle zu spielen, mißglückte aber; denn die
30
schwedische Regierung konnte die dänischen Vermittlungsversuche nur mit Mißtrauen
31
aufnehmen und suchte – trotz allgemein gehaltener Zustimmung – zu vermeiden,
32
daß der dänische König die Vermittlung auch wirklich übernahm, weil dieser als
33
Vermittler nur Einfluß auf die Friedensverhandlungen zu gewinnen trachtete, um
34
Schweden daran zu hindern, sich an der deutschen Ostseeküste festzusetzen

43
Zum Kampf um das dominium maris Baltici vgl. unter anderem U. Voges .
.

35
In der zweiten Hälfte des Jahres 1639 wurden von kaiserlicher Seite nochmals
36
Verhandlungen für einen separaten Friedensvertrag angeboten, da Ferdinand III.
37
in einen Krieg mit den Türken verwickelt zu werden drohte. Beinahe war nicht nur
38
Salvius, sondern auch Oxenstierna geneigt, Frankreich den Rücken zu kehren, zumal
39
man darüber verärgert war, daß Frankreich nach dem Tode Herzog Bernhards

[p. 198] [scan. 232]


1
von Weimar dessen Truppen übernommen hatte. Aber bald überwog das Mißtrauen
2
gegen die Ernsthaftigkeit des kaiserlichen Angebotes, und man ließ die Fäden
3
wieder abreißen.

4
Doch schon zu Beginn des Jahres 1640 machte Ferdinand III. einen neuen Ver-
5
such
, mit Schweden zu einer separaten Einigung zu kommen, und sandte den
6
Hofrat Konrad von Lützow nach Hamburg. Im Dezember 1640 ermächtigte er
7
ihn sogar zu sehr weitgehenden Zugeständnissen bezüglich Pommerns. Salvius
8
war zwar sehr geneigt, darauf einzugehen; Oxenstierna dagegen war den neuen
9
Anerbietungen gegenüber äußerst mißtrauisch und zweifelte an dem guten Willen der
10
kaiserlichen Seite, ernstlich auf einen Frieden eingehen zu wollen. Er blieb bei seiner
11
Befürchtung, daß die neuen Angebote Schweden nur von Frankreich trennen sollten.

12
Schließlich war die schwedische Stellung nicht stark genug, um der kaiserlichen
13
Seite gegenüber allein die eigenen Forderungen mit Nachdruck vertreten zu können.
14
Banér hatte sich ja nach einem kühnen Vorstoß bis kurz vor Regensburg über Nord-
15
westböhmen
vor den nachrückenden kaiserlichen Truppen zurückziehen müssen. Nach
16
dem Tode Banérs drohten in der schwedischen Armee außerdem Meutereien, deren
17
Quelle tatsächlich erst mit dem Eintreffen der neuen französischen Subsidien verstopft
18
werden konnte.

19
Deshalb ließ Oxenstierna trotz der Bedenken des Reichsrates den Vertrag mit
20
Frankreich am 20./30. Juni 1641 durch Salvius in Hamburg ohne einschränkende
21
Frist bis zu einem Universalfrieden verlängern. Als Kongreßorte wurden in diesem
22
Vertrage nicht mehr Köln für die französisch-kaiserlichen und Lübeck bzw. Hamburg
23
für die schwedisch-kaiserlichen Verhandlungen, sondern Münster und Osnabrück
24
vorgesehen.

25
Von jetzt an kamen die Präliminarienverhandlungen, die schon eine Zeit lang in
26
Hamburg im Gange waren, vorwärts. Kaiser Ferdinand III. hatte sich schließlich
27
im Herbst 1640 auf dem Regensburger Reichstag

39
Dazu vgl. M. C. Londorp IV, V; W. Langenbeck S. 128ff. und M. Ritter , Rezension;
40
F. Dickmann , bes. S. 100ff., 178ff.; K. Repgen , Papst, Kaiser und Reich, 1 S. 407ff.
entschlossen, Schweden und
28
Frankreich Geleitbriefe, die nicht nur die »nondum reconciliati«, sondern alle ihre
29
»foederati« und »adhaerentes« einschlossen, zu erteilen und somit von den Grundlagen
30
des Prager Friedens abzugehen.

31
Mit Unterstützung der Reichsstände hatte Ferdinand III. im Dezember 1640
32
durch seinen Hamburger Residenten Konrad von Lützow König Christian IV. von
33
Dänemark in Glückstadt um dessen schon im Februar 1640 angebotene Vermittlung
34
bitten lassen. Im Januar 1641 hatte dann der dänische Gesandte Georg Wind das
35
kaiserliche Angebot mit den Kopien der Geleitbriefe nach Stockholm gebracht. Die
36
schwedische Regierung hatte dieses Angebot zwar grundsätzlich angenommen, im
37
übrigen aber darauf hingewiesen, daß die Verhandlungen über die Präliminarien in
38
Hamburg nicht ohne den Vertreter Frankreichs, d’Avaux, stattfinden könnten

41
Die Resolution der schwedischen Regierung vom 27 Jan./6. Febr. 1641 an den dänischen Gesandten
42
Georg Wind bei M. C. Londorp V S. 196f., über die Beratungen des Reichsrates vgl. SRP
43
VIII S. 469–98, besonders S. 484, außerdem J. A. Fridericia II S. 148f.
.

[p. 199] [scan. 233]


1
Ferdinand III. scheint nun um so eher dazu geneigt gewesen zu sein, auf einem
2
Universalfriedenskongreß – also gleichzeitig mit Schweden und Frankreich –
3
Friedensverhandlungen aufzunehmen, als die oben erwähnten Separatverhandlungen
4
Zwischen Lützow und Salvius gescheitert waren, und sich Schweden und Frankreich
5
bis zum Abschluß eines Universalfriedens verbündet hatten. Das hinderte ihn freilich
6
nicht, trotz der Präliminarienverhandlungen den Versuch zu machen, sein militäri-
7
sches
Gewicht während des Regensburger Reichstages mit Hilfe der Reichsstände zu
8
vergrößern.

9
Lützow in Hamburg wurde jedenfalls instruiert, mit d’Avaux und Salvius über
10
die Orte eines gemeinsamen Friedenskongresses zu verhandeln

39
Kaiserliche Instruktion, Regensburg 1641 Juni 19: M. C. Londorp V S. 377. – Über die
40
Präliminarienverhandlungen am ausführlichsten J. A. Fridericia II S. 172ff.
. Im September erhielt
11
er außerdem die von d’Avaux gewünschte Garantie über die Teilnahme Spaniens
12
an dem Kongreß. Nach mancherlei Schwierigkeiten, durch die die kaiserliche und
13
französische Seite den Abschluß der Präliminarienverhandlungen hinauszuzögern suchte,
14
kam schließlich doch am 15./25. Dezember 1641 der Hamburger Präliminarien-
15
vertrag
zustande, durch den der Weg zu einem Universalfriedenskongreß frei zu sein
16
schien

41
Text: Sverges traktater V, 2 Nr. 57 S. 501ff. und J. G. Meiern I S. 8ff.
. König Christian IV. von Dänemark war es dabei erneut gelungen, seine
17
Vermittlung ins Spiel zu bringen, und sein Gesandter Langermann hatte die ent-
18
scheidenden
Schwierigkeiten überwunden, indem er auf Verlangen von d’Avaux eine
19
dänische Garantie für die Zustimmung des Kaisers und Spaniens abgegeben hatte.
20
Nur Salvius war von den drei Hauptverhandlungspartnern der Einzige gewesen,
21
der auf Weisung seiner Regierung am meisten auf Abschluß der Präliminarien ge-
22
drängt
hatte.

23
Schweden war auch die einzige Macht, die schon sehr frühzeitig ernsthafte Vor-
24
bereitungen
für die Teilnahme an den Friedensverhandlungen machte. Bereits am 20./
25
30. August 1641 ernannte die schwedische Regierung ihre Legaten ( Johan Axelsson
26
Oxenstierna, Ture Bielke u. Johan Adler Salvius ), und in der zweiten Oktober-
27
hälfte
, lange bevor die Verhandlungen in Hamburg beendet werden konnten, reiste
28
Johann Oxenstierna mit der Hauptinstruktion, über die der Reichsrat seit dem 13./23.
29
August beraten hatte

42
Vgl. dazu SRP VIII S. 690, 718, 722, 725.
, hinüber nach Deutschland. Diese Hauptinstruktion, die
30
noch durch zwei Nebenmemoriale und eine geheime Nebeninstruktion ergänzt und
31
erläutert wurde, übertraf mit ihren 54 Artikeln die früheren Instruktionen erheblich
32
an Umfang.

33
Sie gliedert sich in zwei Teile:

34
In den Artikeln 1–27 gab die schwedische Regierung ihren Gesandten im wesent-
35
lichen
Vorschriften darüber, wie sie sich gegenüber den Vertretern all derjenigen
36
Mächte, die für die Durchsetzung der schwedischen Friedensbedingungen von beson-
37
derem
Interesse werden konnten, verhalten sollten. Die früheren Instruktionen hatten
38
sich in dieser Hinsicht kürzer fassen können, da sie ja nicht für einen Universal-

[p. 200] [scan. 234]


1
friedenskongreß
, sondern nur für zweiseitige Verhandlungen zwischen Schweden und
2
dem Kaiser allenfalls unter Beteiligung eines Vermittlers bestimmt gewesen waren.

3
Besonders wichtig waren mehrere Artikel ( 11, 12, 22 ) über die enge Zusammenarbeit
4
mit den französischen Gesandten in Münster und dem französischen Residenten in
5
Osnabrück; denn von dem Zusammengehen mit Frankreich hingen das Gelingen und
6
der Erfolg des künftigen Kongresses ab. – So unangenehm die dänische Vermittlung
7
auf schwedischer Seite empfunden wurde, man mußte zunächst noch mit ihr rechnen
8
und auf sie Rücksicht nehmen ( Art. 4, 21 ). – Nicht übergangen werden durften die
9
verbündeten und neutralen protestantischen Reichsstände ( Art. 5 u. 6 ).

10
Drei eingehende Artikel ( 9–11 ) widmete die schwedische Regierung dem Ver-
11
hältnis
zu Brandenburg, mit dem eben ( 1641 Juli 14/24 ) ein Waffenstillstand
12
vereinbart worden war. Diese drei Artikel wurden zudem ergänzt durch ein Memorial
13
( II ) für diejenigen Verhandlungen, die neben dem Haupttraktat mit den branden-
14
burgischen
Gesandten über Pommern geführt werden sollten.

15
Eigens erwähnt wurde auch das pfälzische Kurhaus ( Art. 7 u. 25 ) und damit im Zu-
16
sammenhang
England, das sich ja ständig um dessen Restitution bemühte ( Art. 17 u. 25 ).

17
Auch Kursachsen fand Berücksichtigung, weil die Gesandten den Versuch machen
18
sollten, es trotz seiner schwedenfeindlichen Politik zu gewinnen ( Art. 8 ).

19
Von anderen Mächten wurden in der Instruktion noch Polen, die Schweiz und
20
Venedig genannt ( Art. 16 u. 25 ); eine Vermittlung des Königs von Polen, sofern
21
dieser sich dazu anbieten würde, sollte abgelehnt werden. Außerdem fanden noch die
22
Niederlande und Portugal, mit denen Schweden vor kurzem Verträge über die Schiff-
23
fahrt
und zur gegenseitigen Unterstützung abgeschlossen hatte, Erwähnung ( Art. 25 ).

24
Der zweite Teil der Hauptinstruktion ( Art. 28–54 ) beschäftigt sich mit den
25
Friedensbedingungen Schwedens, den drei Hauptforderungen: Amnestie für alle
26
Reichsstände ( Art. 31–32 ), Satisfaktion für die schwedische Krone ( Art. 33–42 )
27
und Contentement für die schwedische Armee ( Art. 43–47 ). Mit Vorrang sollten
28
jedoch Satisfaktion und Contentement ausgehandelt werden.

29
Als Satisfaktion sollte, wie schon früher, das gesamte Herzogtum Pommern
30
verlangt werden. In einer geheimen Nebeninstruktion ermächtigte die schwedische
31
Regierung ihre Gesandten, in dieser Frage notfalls doch Zugeständnisse zu machen;
32
diese waren im einzelnen scharf umrissen und durften nur in aufeinander folgenden
33
Abstufungen gemacht werden. Im äußersten Notfall war die schwedische Regierung
34
zwar bereit, auf Pommern oder auf Teile von Pommern als Lehensbesitz zu verzichten,
35
aber sie hielt daran fest, sich an der deutschen Ostseeküste festzusetzen; denn nur
36
unter der Voraussetzung, daß die Krone Schweden das gesamte Herzogtum oder
37
wenigstens wichtige Teile davon an der Küste als Pfandbesitz bekäme, wollte die
38
Regierung sich mit einer Satisfaktion in Geld abfinden lassen.

39
Der Hauptinstruktion hatte die Regierung außerdem ein weiteres, kurzes Memo-
40
rial
(I) beigefügt über den Einschluß Spaniens in den Friedensvertrag, über die Rückgabe
41
besetzter Plätze und Festungen, über die Notwendigkeit, Brandenburg freiwillig zum
42
Verzicht auf Pommern zu bewegen, und über die Verpflichtung, den Friedensvertrag
43
zur gleichen Zeit wie die französischen Gesandten in Münster abzuschließen.

[p. 201] [scan. 235]


1
Überschaut man noch einmal die hier vorgelegten Anweisungen des Jahres 1641, so
2
bietet sich ein umfassendes, wenn auch nicht vollständiges Bild von den Absichten,
3
Tendenzen, Gesichtspunkten und Motiven der schwedischen Außenpolitik jenes
4
Jahres. Viele wichtige Seiten der schwedischen Außenpolitik werden eingehend und
5
ausführlich behandelt und begründet; manches wird dagegen nur flüchtig berührt; zu-
6
mindest
werden damit aber häufig Ansatzpunkte gegeben, dem Verhältnis Schwe-
7
dens
zu dieser oder jener Macht im einzelnen weiter nachzugehen. Fast alle europäischen
8
Mächte jener Tage erscheinen in irgendwelchem Zusammenhang dieser Anweisungen,
9
und es gibt nur wenige, die nicht unmittelbar in den Gesichtskreis der Hauptinstruk-
10
tion
von 1641 getreten sind ( Papst, Rußland, Türkei ).

11
*

12
Sämtliche im Textteil abgedruckten Instruktionen und Memoriale sind in der
13
schwedischen Kanzlei

39
Über die Kanzlei vgl. N. Forssell S. 19ff.
, die erst von Axel Oxenstierna zu einer Behörde mit einer
14
festen Geschäftsordnung ausgebaut wurde, entstanden. Nach den ursprünglichen
15
Plänen sollte sie kollegial von dem Reichskanzler und zwei Kanzleiräten geleitet
16
werden; die Kanzleiräte sind in jener Zeit jedoch kaum in Funktion getreten. Während
17
der langjährigen Abwesenheit Oxenstiernas hatte als Vizekanzler der Reichsrat
18
Per Banér die Leitung der Kanzlei inne. Wegen seiner Kränklichkeit war aber in den
19
Jahren 1634–36 praktisch die Leitung an den neu ernannten Hofkanzler Johan
20
Adler Salvius übergegangen. Erst nach seiner Rückkehr im Juli 1636 nahm Oxen-
21
stierna
die Leitung der Kanzlei wieder selbst in die Hand. Das untergeordnete Per-
22
sonal
der Kanzlei umfaßte drei Sekretäre und eine größere Anzahl von Schreibern
23
und Kopisten. Die Sekretäre hatten die Aufgabe, die Konzepte zu den hinausgehen-
24
den
Briefen aufzusetzen. Der Kanzler sah sie im allgemeinen durch und entwarf in
25
besonders wichtigen Fällen Briefe und Instruktionen selbst. – Jeder der drei Sekretäre
26
besaß ein eigenes Arbeitsgebiet; den Schriftverkehr mit Deutschland und West-
27
europa
bearbeitete seit 1635 der ehemalige Upsalenser Universitätsprofessor Andreas
28
Gyldenklou. Die Schriftstücke, die während unseres Zeitraumes aus der Kanzlei
29
hinausgingen, wurden im Namen der noch unmündigen Königin Christine ( bis De-
30
zember
1644 ) von den fünf Mitgliedern der Vormundschaftsregierung, die sich
31
gemäß der sogenannten »Regierungsform« vom Jahre 1634 aus den rangältesten Mit-
32
gliedern
des Reichsrates, d. h. den Inhabern der höchsten Reichsämter ( Reichsdrost,
33
Reichskanzler, Reichsmarschall, Reichsadmiral und Reichsschatzmeister ) zusam-
34
mensetzte
, oder ihren Stellvertretern ausgefertigt und unterschrieben

40
Vgl. C. T. Odhner , Statsförvaltningens organisation S. 7, 23ff.; E. Hildebrand S. 274ff.;
41
I. Andersson S. 223f.
.

35
Da wir nun von keinem der unten veröffentlichten Schriftstücke die Konzepte
36
besitzen, wird man die Kanzleigepflogenheiten zu berücksichtigen haben und das
37
»Riksrådets Protokoll« hinzuziehen müssen, um Näheres über ihre Enstehung und
38
Abfassung auszumachen.

[p. 202] [scan. 236]


1
Das Memorial vom 28. April/8. Mai 1636 ( Nr. 000 ) hat Salvius selbst im Auf-
2
trag
des Reichsrates entworfen, wie aus dem »Riksrådets Protokoll« hervorgeht, und
3
wie es der damaligen Stellung von Salvius entsprach

40
Vgl. S. Lundgren S. 87.
.

4
Über die Instruktionen des Jahres 1637 erwähnt das »Riksrådets Protokoll«
5
nichts; es bringt nur die langen Diskussionen, die in den davor liegenden Monaten im
6
Reichsrat über die in den Instruktionen angeschnittenen Probleme stattgefunden haben.

7
Dem Inhalt der Anweisungen von 1637 nach zu urteilen und entsprechend der
8
Übung der schwedischen Kanzlei dürften die Entwürfe dazu auf Axel Oxenstierna
9
als Leiter der damaligen Politik Schwedens zurückgehen; zumindest aber werden
10
die Konzepte unter seiner unmittelbaren Aufsicht von dem Sekretär Andreas Gylden-
11
klou
aufgesetzt worden sein.

12
Die Hauptinstruktion von 1641 ( Nr. 17 ) ist ganz sicher von Oxenstierna selbst
13
abgefaßt worden. Am 13./23. August erscheint sie als Punkt 3 von 14 Propositions-
14
punkten
, die Oxenstierna an jenem Tage dem Reichsrat vorgetragen hat; am 18./28.
15
und 25. September/5. Oktober wurde – so heißt es – das »Projekt des Reichs-
16
kanzlers
über die Instruktion für die Friedensverhandlungen« im Reichsrat verlesen.
17
Vermutlich hatte Oxenstierna seinen Entwurf nach der ersten Beratung über eine
18
Instruktion für die Friedensverhandlungen ausgearbeitet.

19
Am 5./15. Oktober wurde die ganze Instruktion nochmals vorgelesen, und am
20
gleichen Tage ist sie vom Reichsrat gebilligt und zugleich ausgefertigt worden. Von
21
einer Diskussion über den Inhalt hören wir nichts; nur Per Banér machte einen
22
Einwand wegen Dänemark, den aber Oxenstierna zu entkräften wußte

41
Vgl. S. 199 Anm. 3.
.

23
Die zwei Nebenmemoriale ( Nr. 18, 20 ) und die geheime Nebeninstruktion ( Nr.
24
19 ), die im »Riksrädets Protokoll« nicht erwähnt werden, werden wohl ebenfalls Oxen-
25
stierna
zum Verfasser haben, zumal da es in ihnen, besonders in der geheimen
26
Nebeninstruktion, um äußerst wichtige Dinge ging.

27
*

28
Alle Vorlagen dieser Publikation werden im Riksarkiv zu Stockholm aufbe-
29
wahrt
. – Die Textüberlieferung ist jedoch nicht so, wie man es sich – gemessen an
30
der Wichtigkeit – wünschen möchte. Konzepte sind überhaupt nicht erhalten.
31
Originalausfertigungen besitzt das Riksarkiv nur noch von dem Memorial vom
32
28. April/8. Mai 1636 ( Nr. 13 ) und den Instruktionen vom 23. März/2. April
33
( Nr. 14 ) und vom 13./23. September 1637 ( Nr. 15 ). Es fehlen die Originalaus-
34
fertigungen
des Memorials vom 14./24. September 1637 ( Nr. 16 ) und der Haupt-
35
instruktion
von 1641 einschließlich aller beigefügten Schriftstücke ( Nr. 17–20 ).
36
Vermutlich sind diese Originalausfertigungen zusammen mit den ebenfalls nicht mehr
37
erhaltenen Instruktionen und Briefen, die die schwedische Regierung während der
38
Friedensverhandlungen in Osnabrück an Johan Oxenstierna und Salvius gesandt hat,
39
verloren gegangen.

[p. 203] [scan. 237]


1
Der Text sämtlicher hier veröffentlichten Schriftstücke ist aber als Kopie in den
2
Briefregistranden der Riksregistratur überliefert, die ersten 27 Artikel der
3
Hauptinstruktion ( Nr. 17 ) und das Memorial vom 14./24. September 1637 (Nr. 16)
4
überdies in je einer weiteren Abschrift in den Kungl . Concepter .

5
Die Textüberlieferung in der Riksregistraturet ist zum Teil etwas eigenartig
6
und bedarf deshalb einer näheren Erläuterung.

7
Die auch als Originalausfertigung erhaltenen Instruktionen vom 28. April/8. Mai
8
1636 ( Nr. 13 ) und vom 13./23. September 1637 ( Nr. 15 ) sind offensichtlich im
9
normalen Geschäftsgang in die Briefregistranden eingetragen worden. Am Schluß hat
10
der Abschreiber – wie üblich – die Initialen derjenigen Reichsräte, die die Aus-
11
fertigung
unterschrieben haben, hinzugefügt. Außerdem stammen die vorhergehenden
12
und nachfolgenden Abschriften von Briefen außenpolitischer Art jeweils von der glei-
13
chen
Hand wie die eben erwähnten Schriftstücke.

14
Alle übrigen Stücke sind von ein und derselben Hand, die sonst bei den normalen
15
Briefkopien nicht vorkommt, offenbar erst nachträglich in die Registranden geschrieben
16
worden. Die ersten zwölf Artikel der Instruktion vom 23. März/2. April 1637
17
( Nr. 14 ), die außerdem noch als Originalausfertigung erhalten ist, folgen einem
18
Brief gleichen Datums, jedoch ohne daß die Seitenzählung des Registranden fortge-
19
führt
wird. Auf die normale Eintragung der Instruktion vom 13./23. September
20
1637 ( Nr. 15 ) folgen die Artikel 12–19 der Märzinstruktion 1637 und das
21
Memorial vom 14./24. September 1637 ( Nr. 16 ). Die Hauptinstruktion von
22
1641 mit ihren Nebenmemorialen und der Geheiminstruktion ( Nr. 19 ) findet sich
23
zwar in dem betreffenden Registranden zeitlich an der richtigen Stelle; es fehlt aber
24
wieder die Seitenzählung. Daß diese nicht fortgeführt worden ist, deutet mit darauf
25
hin, daß diese Kopien erst später an solchen Stellen, an denen gerade noch Platz war,
26
nachgetragen worden sind. Außerdem ist der Text der vermutlich erst später einge-
27
tragenen
Instruktionen und Memoriale mangelhaft und offensichtlich ohne tiefer
28
gehendes Verständnis abgeschrieben worden. Deshalb darf man wohl annehmen, daß
29
der Kopist kaum an der Herstellung der Originalausfertigungen beteiligt gewesen ist,
30
sondern erst später ohne Sachkenntnis, die er wohl nicht mehr haben konnte, die Ab-
31
schriften
angefertigt hat. Sicher hat der Kopist die ihm zur Verfügung stehenden
32
Vorlagen, etwa das Konzept von der als schwer lesbar bekannten Hand des Kanzlers
33
selbst, nicht mehr überall lesen können.

34
Vorläufig wird man jedenfalls für die zuletzt besprochene Gruppe von Kopien als
35
frühesten terminus post quem das Jahr 1641 ansehen müssen.

[p. 204] [scan. 238]

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