Acta Pacis Westphalicae III D 1 : Stadtmünsterische Akten und Vermischtes / Helmut Lahrkamp
99. Protokoll des Rates der Stadt Münster Münster 1645 September 9
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Münster 1645 September 9
Ausfertigung: A II 20 Bd. 76 fol. 86–87’. Druck: H. Lahrkamp, Friedenskongreß S. 232ff.
Rencontre des Obristen Stechenberg mit seinem Kapitänleutnant.
Als sich gestrigs abends, wie herr burgermeister Ploniß in hac congregatio-
ne referirt, zugetragen, daß herr Dietrich von Steckenberg, gewesener
Kayserlicher obrister, jetzo seinem angeben nach in königlich Hispanischer
bestallung (wiewol er sich auch Kayserlicher bestallung berühmet und da-
für ausgeben) sich verhaltend, gestrigs abends spät in Stapelbergs behau-
sung einen, seinen capitein-leutenant N., gröblich ins haupt verwundet
und wie deswegen an ihne, herrn burgermeister, klag kommen und er daruff
Diterich Vorberg, reytenden diener, sampt dem adjutanten angeschickt
und in arrest nehmen und sagen lassen, er mögte sich alda in der herberg
inhalten, der obrister druff frevenlich geantwortet haben solte, er hette die
brüe von den herrn, were inen nit underworfen, so ward zuvorderst des
adjutanten Petern [ Fischer] bericht erfordert.
Daruff referirt vorerst Peter … adjutant, daß er gesterabends in namen des
rhats dem herrn obristen Steckenberg angemeldet, es were den herrn des
rhats clagend anbracht, daß er einen ins haupt zu todte verwundet hette,
deswegen were er befellicht, ime anzumelden, daß er hiemit in arrest ge-
nommen sein solte biß zu weiterem bescheide. Druff Steckenberg geant-
wortet, er were ein Kayserlicher obrister, dem rhat nit underworfen, hette
die brüe von der statt, das solte er nur sagen, hette auch sein degen ime lan-
gen lassen.
Henrich Höcker, reytender diener, berichtet uff selbige meinung wie der
adjutant.
Dieterich Vorberg, reytender diener, berichtet uff selbige meinung und daß
herr obrister Steckenberg sich starckmütig dörfen vernehmen lassen, nach-
dem der adjutant ime den befelch des rhats oben ufm gemach angedeutet
ghabt, den er druff der frawen angedeutet, umb des obristen pferd und guet
in arrest zu behalten, welchs der obrister hörend gsagt: Ihr hundsfütter,
langt mir meinen degen! Ob er, der obrister, damit seine oder des rhats die-
ner gemeint, könne er nit sagen, were weggangen.
Meister Johan Hölscher, barbirer, vocatus et interrogatus super vulnere,
berichtet, daß der verwundter captein-leutenant drey schwere und gefehr-
liche wunden ins haupt, auch eine im arm empfangen, also daß die hirn-
pfand ausstünde, oben ein stück vom hirnpfand ab und weg, und dazu zwei
wunden ins haupt gehawen, also daß es seines ermessens fast gefehrlich,
hab derwegen meister Berndten Bödding, barbirer, mit zur cur adhibirt.
Demnechst erscheint Susanna, als Matthiae Westphalens vulnerati hausfraw,
repetirt ihre gestrigs abends an herrn burgermeister gethane clag und sagt
nochmaln, wie daß der herr obrister Steckenberg gesterabend seinen diener an
ihren man geschickt und gütlich begeren lassen, er mögte ime zu sprechen,
dan er hette mit ime zu reden. Wie aber ihr man ins haus kommen, hette er
sovort seinem diener befolen, die thür zuzusperren, hette daruff sovort iren
man mit dem degen überfallen und so starck und groblich verwundet, daß
er am leben befahret. Ihr man were dessen, was der obrister der diffamation
oder schmehung halben ime vorghalten, geleugnet und gesagt, daß er an
den sachen unschuldig, dan vielmehr, daß die geworbene Soldaten sich ge-
gen iren man vernehmen lassen, der herr obrister hette bei inen wie ein
schelm ghandelt, dan er sie uff Kayserliche bestallung angenommen, solten
aber königlich Spanischen dienst thun. Ihr man hette auch kein gelt emp-
fangen.
Als nun bei wehrender versamblung sich einer sistirte mit angeben, daß er
des herrn obristen secretarius und von demselben befellicht, eine clag
oder articulirte schrifft, die er übergab, pro justificatione facti senatui zu
praesentiren und den arrest des vulnerati zu begeren, ward bei verlesung
selbiger schrifft in vermerckung, daß darunder kein nahme exhibentis neque
rei denunciati befindlich, die selbig schrifft ime angegebenen secretario per
herrn Meinertz zuruckgeben, umb dieselbig subscribiren zu lassen.
Resolutio senatus:
Dweil des verwundten capitein-leutenants hausfraw über die grosse gefahr
der schweren verwundung und welchergestalt ihr man bei nachtlicher weil
vermittelst versperrung der thür so eylendt und plötzlich überfallen, fast
starck geclagt, umb arrest und handbietung instendig angerufen, aus der
barbirer bericht auch vernommen worden, daß die verwundung fast am
leben gefehrlich und dan dergleichen thätlichkeit in dieser neutralisirten
statt sich nit thun noch verantworten lassen wolle, so muß es ein erbarer
rhat noch zur zeit bey dem arrest bewenden lassen; was aber des herrn
obristen von Steckenberg eingewendte clag betrifft, wofern er, herr obrister,
sich der Carolinschen constitution conformiren würde, solle geschehen,
was sich rechtswegen gebürt.