Acta Pacis Westphalicae III A 4,1 : Die Beratungen der katholischen Stände, 1. Teil: 1645 - 1647 / Fritz Wolff unter Mitwirkung von Hildburg Schmidt-von Essen
73. Plenarkonferenz der katholischen Stände Osnabrück 1647 Februar 11

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Plenarkonferenz der katholischen Stände


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Osnabrück 1647 Februar 11

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Bamberg A I fol. 821–827 = Druckvorlage. Vgl. ferner Bamberg B fol. 418–420’; Kur-
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bayern
B II; Kurmainz A Fasz. 19, Fasz. 20, Fasz. 22; Österreich A III WFr
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XXXVII fol. 63–69; Österreich B II p. 201–205, B a I und B b II.

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Neue Forderungen der Protestanten. Hilfegesuch an d’Avaux.

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Im kurmainzischen Quartier. Vertreten: Bamberg, Bayern-Hg., Deutschmeister, Konstanz, Kur-
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bayern , Kurköln, Kurmainz, Österreich, Pfalz-Neuburg, Salzburg, Würzburg.

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Kurmainz . Trauttmansdorff ersucht die katholischen Stände, sich zu den in den
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letzten Verhandlungen

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Nachdem der Versuch, die Gravamina durch direkte Beratungen der Deputationen beider Corpora
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beizulegen, im November 1646 endgültig gescheitert war (vgl. oben Nr. 66, 67 und 68), waren die
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Verhandlungen für einige Wochen unterbrochen worden (vgl. hierzu F. Wolff S. 166ff.). Sie
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wurden am 7. Februar 1647 wiederaufgenommen und am 9. Februar fortgesetzt. Es nahmen
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daran teil: für die Protestanten Salvius, Thumshirn (Sachsen-Altenburg), Langenbeck und
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Lampadius (Braunschweig-Lüneburg), Geißel (Fränkische Grafen) und Ölhafen (Nürnberg);
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für die katholischen Stände (von denen jedoch keiner unmittelbar zu den Konferenzen zugezogen
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wurde) die ksl. Gesandten Trauttmansdorff und Volmar. Die Verhandlungsprotokolle bei
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Meiern IV S. 39 ff. Im Diarium Volmar fehlen entsprechende Hinweise.
vorgebrachten Forderungen der Protestanten zu äußern:

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1. Die Protestanten verlangen Osnabrück und Minden, da diese Bistümer 1624
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faktisch in ihrem Besitz gewesen seien

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Vgl. oben S. 129 Anm. 3.
; 2. daß zwischen Saltzburg und Magde-
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burg ratione directorii ein alternation zu constituirn; 3. die inhaber wegen
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dern ihnen uberlaßenden stifftern nicht loco 3 tio , sondern ordinariam sessio-
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nem nehmen; 4. bey erfolgender ablößung der pfandschaften die catholische

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1
keine reformationem religionis vornehmen, noch auch 5. dießelbe in acatho-
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licorum territoriis gelegene, mit ordenspersonen annoch besetzte closter zu
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reformirn befugt sein solten […].

4
6. Ferners coincidire, daß die im hertzogthumb Wirtemberg geseßene prae-
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laten umb mögliche handbietung und assistentz die catholische ständt an-
6
langenten .

7
Stundte demnach zu deliberirn, alldieweiln den protestirenden die cron
8
Schweden assistirte und der eine Frantzößische plenipotentiarius monsieur
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conte d’Avaux anietzo bey der stell begriffen

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D’Avaux befand sich seit dem 15. Januar 1647 in Osnabrück ( vgl. Nég. secr. IV S. 3 ).
, an per deputatos catholicorum
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derselbe anzuersuchen pro assistentia vel interpositione

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Der Vorschlag, daß die katholischen Stände die Franzosen um Unterstützung ersuchen sollten,
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war diesmal von den ksl. Gesandten gemacht worden (vgl. Diarium Volmar S. 411).
, 2. quid et 3. per
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quos, 4. quando. Proponendum sit, ob in generalibus bey der proposition
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zu verbleiben oder solche in specie uff vorbemelte beyde stifter und Wirtem-
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bergische closter zu richten. Bey der quaestion quando könten sie (die
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Maintzische) nicht verhalten, daß sie anheut einen postag hetten, stelleten
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es demnach dahin, an in crastinum differendum.

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Kurköln . Repetit factam propositionem, in quaestione an hielte darvor,
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daß die deputation zu thun; wan dieselbe nichts fruchtet, schadet solche
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nicht. Per quos dieselbe zu verrichten, vermeint durch Maintz, Bayern,
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Osterreich, Saltzburg undt Bamberg. In dem Vortrag vor d’Avaux sei dessen
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bekannter Eifer für die katholische Sache zu rühmen und zu betonen, daß die katho-
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lischen
Stände jetzt vor allem ihm zutrauten, die Protestanten zum Nachgeben zu
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bewegen.

23
Sonsten würde ungezweifelt der herr conte d’Avaux nach abgelegter pro-
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position und seiner antwortt in discurs gerathen, warbey beyder stifter

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Minden und Osnabrück.

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wie auch anderer angelegenheiten merita ipsa angeführt werden könten.
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Hochwolbemelter herr graff seye vorhero wegen berürter stifter gnugsamb
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informiret, warbey zu remonstrirn, quantumvis foedus inter Galliae et
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Sueciae coronas eo pacto contractum sit, ut omnia in eum statum, qua
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anno 1618 fuerunt, restituantur, attamen pariter conventum esse, ut catholici
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in possessione eorum bonorum permaneant et tueantur, in qua fuerunt
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tempore occupationis unius aut alterius loci

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So in Art. V des Wismarer Vertrags zwischen Frankreich und Schweden 1636 März 20
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( DuMont VI 1 S. 123). Vgl. hierzu auch oben S. 211.
[…].

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Sonsten weren die Wirtembergische clöster dem herrn graffen von Avaux
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auch zu recommendirn und derselbe pro patrocinio zu ersuchen.

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Die pfandtschaften betreffent, were der Augspurgischen confessionsver-
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wandten postulatum gantz ungereimbt, indeme dem vero domino ius refor-
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mandi abgestricket werden wolte, deßen sich doch der vorige possessor,
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so nicht verus dominus, sed usufructuarius geweßen, angemaßet. Die refor-
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mationes der clöster, warinnen noch ordenspersonen begriffen, dießelbe aber

[p. 498] [scan. 566]


1
in territoriis acatholicorum gelegen, zu entzihen, seye dahin einzig und allein
2
angesehen, in solchen clostern dissolutam vitam und gefolgig die widerige
3
religion einzuführen.

4
Kurbayern . Praevia repetitione propositionis resolviret sich in quaestione
5
an affirmative, welche aber zu deputirn, an ordinarii vel extraordinarii, were
6
indifferent.

7
Wie Kurköln, daß Frankreich an sein Versprechen, die katholische Religion zu
8
schützen, erinnert werden soll. Weiln nun anietzo das rechte tempo obhanden,
9
solches im werck zu bezeigen, alß wurde der conte d’Avaux hierunter
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eiferigst und beweglichst ersuchet, mit deßen realisir- und demonstrirung
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wurde die cron und er ein ewige obligation, glori und nachruhmb bey den
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catholischen erwerben und gleichsamb salvator religionis sein, zumaln hier-
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durch bey Got ein unschätzbahres meritum in hac causa Dei et religionis
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assistendo et patrocinando erwerben.

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Die stifter Oßnabruck und Minden betreffent, erinnerten sich die Bayerische,
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welchergestalt verntigen jahrs der herzog von Longeville, alß er von hinnen
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uff Münster kommen, Ihrer Fürstlichen Gnaden zu Oßnabruck, Minden
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und Verdten congratuliret und bedeutet, daß durch sein embsige negotiation
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das werck bey den herrn Schwedischen plenipotentiarien so weit gebracht,
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daß beyde stifter Seiner Fürstlichen Gnaden unansprüchig hinwider abge-
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tretten werden solten. Eben zu selbiger zeit hette der conte d’Avaux den
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Churbayerischen ein gleichmäßiges bedeutet.

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Wegen der württembergischen Klöster und der Pfandschaften wie Kurköln. Der
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Anspruch Magdeburgs auf das Fürstenratdirektorium ist

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24 abzulehnen ] Nach Kurbayern B II wird ferner gefordert, daß die protestantischen Stifts-
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inhaber
die Session in loco tertio nehmen sollen.
abzulehnen.

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Österreich. Quaestionem an affirmative resolvit ac ob certos respectus a
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deputatione se excusat. Sonsten mögte der herr graf von Trautmansdorf
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wol erleiden, daß gleichwie dem herrn Salvio bey den congressibus etliche
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protestirende in puncto gravaminum assistirten, daß von dem herrn graffen
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von Avaux und den catholischen ein ebenmäßiges beschehe.

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Bayern-Hg. Wie Churbayern. Falls eine extraordinari deputation vorge-
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nommen werden solt, thut seinen gnädigsten herrn competentia iura vorbe-
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halten . Ob herr conte d’Avaux ad assistendum conferentiae zu ersuchen,
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hielte darvor, daß vorhero zu vernehmen, wohin sich der herr graf ercläret,
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alßdan weiters hievon geredt werden mögte.

35
Salzburg. Conformirn sich mit den vorstimmenden und recommendirn
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des ertzstifts befugnuß wider die Magdeburgische unbegründte anmaßung.
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Der beyder stifter Oßnabruck und Minden wie andere in der proposition
38
vermelde particular interesse weren dem herrn graffen bestens zu recom-
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mendirn .

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1
Pfalz-Neuburg. Ad quaestiones propositas wie die vorstimmende, pittet
2
die Pfaltz Neuburgische reformationsach wider Sultzbach gleichergestalt,
3
allermaßen von ihnen in particulari auch beschehen, dem herrn graffen von
4
Avaux zu recommendirn. Alß sie dießer tagen bey demselben geweßen und
5
incidenter des stifts Minden meldung beschehen, respondisse dominum
6
comitem: „Minden iamais nous quitterons.“

7
Deutschmeister. Wie die vorstimmende, recommendirt zugleich seines
8
gnädigsten herrn particularinteresse wegen Straßburg, item des Teutschen
9
ordens commenden.

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Bamberg. In quaestione an affirmative, quomodo haltet darvor, omni
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meliori modo seye doch anbringen zu thun.

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De ingredientiis propositionis were in Churcolnischen und Bayerischen votis
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bereits meldung geschehen. Die Partikularinteressen der einzelnen Stände sollen
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ebenfalls erwähnt werden.

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Da sonsten der herr graff von Trautmansdorf des conte d’Avaux adjunction
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bey den congressibus leiden, dießer auch sich darzu behandlen laßen thette,
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werde es nicht unrathlich sein; wil man aber seine erclarung uf gegen-
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wertiges anbringen vorhero erwartten und nachgehents weiters davon reden,
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laßet man es auch dahingestelt sein.

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Würzburg. Ad 1. et 2. affirmative und daß das anbringen omni meliori
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modo zu thun, ratione postulatorum negative. Die deputation könte propter
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postam morgen vorgenommen werden. Qui deputandi, seye indifferent.

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23–33 Konstanz – werden] Das konstanzische Votum von zweiter Hand in die vorher frei-
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gelassene Spalte nachgetragen.
Konstanz . Sich uf die beschehene proposition kürzlich zu ercleren, gienge
24
in quaestione an in affirmativam, circa modum wie Churcölln. Quoad quae-
25
stionem quando, hette davorgehalten, ie bälder ie besser, also noch heit
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unnd durch dieiehnige, welche mit der post am wenigsten behindert. Nach-
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dem aber die maiora uf morgen gefallen unnd khein periculum in mora
28
[sein] solle, so liesse es auch dahingestelt sein. In quaestione qui deputandi
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were indifferent, circa 1 m et 2 m wie die vorstimmende, circa tertium wie
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Bayern.

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Wegen der Pfandschaften und der württembergischen Klöster wie die Vorstimmenden.
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In omnem eventum aber mochte nit schaden, daß die res iudicatae auch in
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specie recommendirt werden.

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Kurmainz . Befindte auß denen abgelegten votis, daß man in quaestione
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an et quomodo allerdings einig und das anbringen pro assistentia vel inter-
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positione zu thun und zu begeren, ratione temporis uf morgen (weiln anheut
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postag, ohnedas auch in puncto gravaminum nicht, sondern satisfactionis
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heut und morgen negotiirt würde) die deputation zu verschieben.

[p. 500] [scan. 568]


1
Ob aber der herr graff von Avaux bey den congressibus sich pro assistente
2
gebrauchen laßen, herr graff von Trautmansdorf auch desiderirn mögte,
3
davon hetten von Seiner Excellenz nichts vernommen.

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Im übrigen seyen auch die particular interesse, alß wegen beyder stifter
5
Oßnabruck und Mindten, dan was in Saltzburgischen ratione directorii a
6
Magdeburgicis praetensi, im Pfaltz Neuburgischen votis wegen der refor-
7
mation , vom Teutschmeisterischen der Straßburgischen sachen und Teut-
8
schen ordens commenden, im Constantzischen auch ratione iurisdictionis
9
ecclesiasticae conservandae erinnert und begert worden, wurden a parte
10
directorii gebuhrlich beobachten.

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Weiln aber de personis deputandis die vota mehrertheils indifferentia, alß
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ist nach gehaltener kurtzer umbfrag per maiora geschloßen, daß Maintz,
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Bayern, Saltzburg, Bamberg und Würtzburg dieße deputation uf sich zu
14
nehmen hetten

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Vgl. unten Nr. 74. Salzburg beteiligte sich jedoch nicht an der Deputation.
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