Acta Pacis Westphalicae III A 4,1 : Die Beratungen der katholischen Stände, 1. Teil: 1645 - 1647 / Fritz Wolff unter Mitwirkung von Hildburg Schmidt-von Essen
69. Die Deputation der katholischen Stände bei den kaiserlichen Gesandten Münster 1646 November 24
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Die Deputation der katholischen Stände bei den kaiserlichen Gesandten
Münster 1646 November 24
Köln ( Stadt ) A I p. 1131–1137 = Druckvorlage; damit identisch Bamberg A I fol. 523–528,
Bamberg B fol. 374–376’, Konstanz . Vgl. ferner Kurmainz A Fasz. 13; Österreich B I
p. 1323–1324, Ba I und Bb II.
Mitteilung des Conclusums vom Vortage. Die kaiserlichen Gesandten kündigen neue Konzessionen
für die Religionsverhandlungen mit den Protestanten an.
[In Trauttmansdorffs Quartier]. Vertreten: Bamberg, Köln (Stadt), Kurbayern, Kurmainz,
Österreich, Prälaten, Salzburg, Schwäbische Grafen und die kaiserlichen Gesandten ( Trauttmans-
dorff , Volmar, Lamberg).
Kurmainz ( Raigersperger ). Der Verlauf der direkten Verhandlungen mit
den Protestanten habe ergeben, daß solchergestaldt daß werck nit zu erheben,
ia die fortsezung der conferenz mehr schädtlich dan beforderlich sein werde.
Die katholischen Stände hätten daher beschlossen, daß diese mundtliche conferenz
abzustellen und sie (herrn Kayserliche plenipotentiarii) ferners mit den prote-
stirenden zu handtlen und daß werck in die enge zu bringen zu ersuchen
seien. Weilen aber benebens die nothuerfft vor sich selbsten erforderet, daß
uber der herrn Kayserlichen am 12. Iulii negsthin extradirte compositions
vorschläg eine endtliche resolutio geschöpfft wurde, alß hetten die catho-
lische ständt solchen hauptpuncten ebenmeßig wol erwogen und fast ein-
helliglich die besagte vorschläg acceptirt und guetgeheischen, außer etwan
8 oder 10, welche zum theil nit instruirt gewesen, theilß auß habender con-
trari instruction selbige nit annehmen können .
Die acceptatio gleichwoll seie derogestaldt beschehen, daß solche der catho-
lischen lezte und endtliche erklärung sein, annoch in geheim behalten und
den protestirenden nit eroffnet, sonderen von ihnen begehret werden solle,
daß sie uber annehmung gedachter vorschläg sich cathegorice erklären
wolten; 2 do , sofern in solchen vorschlägen ender- oder erlauterung, darin
daß hauptwesen underlauffe, zu thuen, daß Ihre Excellenz selbiges vorhin
den catholischen communicirten und sonderlich die interessirte deßwegen
zu vernehmen geruheten; 3 io , weil terminus ad quem ratione normae iudicii
besorglich auff eine perpetuitet außlauffen mögte, daß die sach deßenthal
ben auff die verordtnung deß Pragerischen schlueß gerichtet werden mögte;
4. sind die res iudicatae, transactae, pacta, conventa und dergleichen, so
von diesem krieg keine dependentiam haben (darahn auch der abgelebten
Romischen Kaiserlichen Mayestät allerchristmiltesten andenckens ehr und
glimpff nit wenig gelegen), billig nach möglichkeit zu erhalten. 5. Die
Partikularerinnerungen einiger Stände sollen den kaiserlichen Gesandten schriftlich
zugestellt werden; auch hierfür werden sie um Unterstützung gebeten.
Endtlich wehre von etlichen vor rathsam angesehen, sowoll die herren
Französische alß Schwedische gesandte pro interpositione et cooperatione
zu ersuechen.
Thäten demnach in nahmen sambtlicher catholischer chuer-, fursten und
ständt die anwesende deputirte Ihre Excellenz gebhuerendt bitten, diese
tractaten ferners zu ubernehmen und zu dem langgewunschten fridenßzwek
zu bringen.
Herr graff Trautmanßdorff. Sagte dank vor beschehene communication
deß gestrigen conclusi, deßen sie vorhin etwaß nachricht gehabt und dar-
uber sich schon miteinander underredet hetten. Befunden, daß eß sich also
und wan derogestaldt die sachen aretirt werden wolten nit thuen laße;
aileß zu conserviren seie eine unmöglichkeit, et postea promiscue tum Sua
Excellentia tum dominus condelegatus Volmar dixerunt, die Kayserliche
Mayestät hette daß negotium durch underschiedtliche vornehme theologos
examiniren und uberlegen laßen, welche in hoc notoriae necessitatis casu
die vorschläg guetgeheischen. Man köndte doch die amissa ( menschlicher
weiß darvon zu reden) nit recuperiren, durch verlängeren wurde die erhal-
tung deß ubrigen in noch mehrere gefahr außgestellet. Sie (Kayserliche)
hetten zwey der Chuermaynzischer theologorum bedenken auch gelesen, so
circa normam post lapsum termini ad quem instituendam discrepant wehren,
solte nuhn dißfals anregung beschehen, wurden gewißlich die protestirende
anderwertig und solche sachen in medium bringen, darauß endtlich gar nit
werde zu kommen sein. Auff eine perpetual uberlaß zu gehen hielten sie
(Kayserliche) rebus sic stantibus ahm aller vorträglichsten zu sein, dardurch
machte man sich deß geistlichen vorbehalts und der restirender stiffter ver-
sicheret ; eß wehren doch die vornehmlichste occupirte stiffter entweder zu
cammergueteren gar verwendet oder von altershero zu derselben recupera-
tion keine hoffnung mehr, also daß eß fast nuhr umb Magdenburg und
Luebeck zu thuen, derenthalben den krieg zu continuiren und keinen friden
zu schließen nit rhatsam sein werde, hierbey gleichmäßig in acht zu nehmen,
daß doch der cron Schweden daß erzstifft Bremen und daß stifft Verden in
perpetuum uberlaßen wurden, dergleichen wurde mit Chuerbrandenburg
wegen deß stiffts Halberstadt beschehen mueßen, perpetuitate belli occasio-
nem impediri, catholicos assecurari, et protestantes in caeteris ad aequiores
conditiones adduci posse.
Eß seie schwer, daß man nach dem Prager friden, nach dem Regenßburgi
schen allgemeinen reichsschlueß die Wurtenbergische praelaturen, clöster
und andere mediatgueter izo (der status temporum viel mehr veränderet)
von ihnnen (Kayserlichen) wolte salvirt haben
Ein Nebenrezeß des Prager Friedens schloß Württemberg von dem Restitutionstermin 1627 aus
und forderte statt dessen die Beibehaltung des für die Katholiken günstigen Status quo. Im RA
1641 wurde für alle Stände, grundsätzlich auch für Württemberg, die Amnestie nach dem Stand
des Jahres 1627 festgesetzt. Zu den Verhandlungen des Reichstags 1640/41 vgl. H. Günter
S. 307ff.; K. Repgen , Papst, Kaiser und Reich 1 S. 428ff., 469ff.
und daß hochlobliche hauß Osterreich hetten auff iungsterem reichstag nichts
davon hingeben, sonderen eß wehre von den catholischen ständten selbsten
daß conclusum gemacht und der Kayserlichen Mayestät uberantwortet;
illo tempore hette Chuercollen, so 9 stimmen gehabt, wie auch Chuer-
bayeren darzue gerathen
Die mit den Stimmen der katholischen Majorität zustande gekommenen Gutachten des Kurfürsten
rates und des Fürstenrates traten für die Restitution der Klöster an den Herzog von Württemberg
ein. Zur Haltung Bayerns und Kurkölns, die zu diesem Ergebnis geführt hatte, vgl. K. Repgen ,
Papst, Kaiser und Reich 1 S. 472f. Bei den obengenannten neun kurkölnischen Stimmen sind
offenbar die Stifter Wartenbergs mitgezählt worden (vgl. K. Repgen a. a. O. Anm. 296).
Wegen der statt Augßburg wolten sie (herren Kayserlichen) ihr bestes thuen,
hielten darvor, wurde ein grosses sein, dafern man den catholicum magistra-
tum in suo esse erhalten köndte; den evangelischen aber mueßen 2 kirchen
pro excercitio eingeraumet werden, sie hetten verstandten, daß selbige
zwarn bey lezterer occasion die arma nit ergriffen, doch 600 man auff eignen
costen zu halten sich erbotten, wie auch beschehen wehre .
Der freystellung halben vermeinten sie, wan den Lutherischen, so under
catholischen obrigkeiten geseßen, der terminus emigrandi ad 15 iahr gese-
zet , wurden die protestirende von diesem puncto abstehen.
Straßburg betreffendt hette doch die erzfurstliche durchlaucht ihnnen selbsten
geschrieben, daß sie in Gotteß nahmen schließen solten, warumb dan dero
gesandter solche händel hier anfange; offerunt, daß theologische guetachten
den chuerfürstlichen zu communiciren.
Kurmainz. Repetit priora, ersuechet nachmahlen, mit den interessirten zu
conferiren, und gienge catholicorum intentio nit ad impossibilia, sonderen
daß soviel mensch- und möglich conservirt werde .
Illi. Darzue seien sie selbst gnugsam geneigt, würden ahn ihnnen nichts
ermangelen laßen, daß hochlobliche hauß Osterreich aber wolte und mueste
friden haben, und welcher mit demselben nit zufriden, mögten seinestheilß
den krieg gegen Schweden weiters fuhren.
Dominus legatus praelatorum. Dicebat, er wolte hoffen, daß ia dieienige
Wurtembergische clöster, welche daß hauß Osterreich ohnedem praetendirt,
alß immediat leicht mögten excipiirt werden.
Illi. Gesezet, daß solches zu erhalten, so wurden die praelaten eo modo
in ihrer vermeinter exemption gesterket und gleich darauß daß argumentum
machen wollen, daß sie unmittelbahr und der Osterreichischen herrschafft
nit underworffen seien.
Legatus praelatorum. Die quaestio medietatis aut immedietatis wurde
hernechst ihre erörterung woll finden.
Herr Volmar. Gehören die clöster under Osterreich, wurde sich deren
erretung halben selbiges bestergestaldt bemuhen, wolten sie frey und dem
hauß Osterreich nit subiect sein, hette Osterreich sich ihrer auch allein nit
anzunehmen.
Schließlich vermeldeten die herrn Kayserlichen, daß sie in nomine domini
nachmahlen zu dem werk schreiten wolten, und ihnnen nit entgegen seie,
daß Franckreich, Schweden und Venetus mit darzu gebrauchet werden.