Acta Pacis Westphalicae III A 4,1 : Die Beratungen der katholischen Stände, 1. Teil: 1645 - 1647 / Fritz Wolff unter Mitwirkung von Hildburg Schmidt-von Essen
54. Plenarkonferenz der katholischen Stände Münster 1646 Juni 27
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Münster 1646 Juni 27
Köln ( Stadt ) A I p. 762–795 = Druckvorlage; damit identisch Bamberg A I fol. 346–362’,
Konstanz , Kurmainz B. Vgl. ferner Kurbayern A III fol. 133–150; Kurmainz A
Fasz. 14; Österreich B I p. 891–910, Ba II und Bb I; Wartenberg / Augsburg II
fol. 909–918’ ( damit identisch Wartenberg / Register I fol. 250–266 und I a ).
Bericht über die Verhandlungen zwischen kaiserlichen und kursächsischen Gesandten in Osnabrück.
Die protestantische Forderung nach Fortsetzung der direkten Verhandlungen zwischen den Ständen.
Zurückweisung der protestantischen Erklärung in puncto gravaminum vom 19. Juni 1646.
[Im Kurfürstenratszimmer des Bischofshofs]. Vertreten: Aachen, Augsburg, Augsburg (Stadt),
Baden-Baden, Bamberg, Basel, Bayern-Hg., Berchtesgaden, Besançon, Besançon (Stadt), Brixen,
Burgund, Chur, Corvey, Deutschmeister, Eichstätt, Ellwangen, Freising, Fulda, Halberstadt,
Hersfeld, Hildesheim, Johanniterorden, Kempten, Köln (Stadt), Konstanz, Kurbayern, Kurköln,
Kurmainz, Kurtrier, Leuchtenberg, Lüders, Lüttich, Minden, Münster, Murbach, Österreich,
Osnabrück, Paderborn, Passau, Pfalz-Neuburg, Prälaten, Prüm, Regensburg, Salzburg, Schwä
bische Grafen, Speyer, Stablo, Straßburg, Trient, Verden, Verdun, Weißenburg, Worms, Würzburg.
Kurmainz. Rekapituliert die Verhandlungen der letzten Wochen und berichtet,
daß die Protestanten nicht mit der ursprünglich von ihnen geforderten Interposition
der ksl. Gesandten zufrieden sind, sondern die Fortsetzung der direkten Besprechungen
zwischen den Ständen wünschen . Wan nun zu besorgen, eß möchte auß ver
änderung dieses gut befundenen modi weitlauffigkeit entstehen und man
sich catholischerseits ab ferner deputation beschweren, alß ist dieses plenum
angestelt worden, gestalt zu entschließen, ob mann nochmahls deputiren
solle, wehm (newe oder die vorige), und 2. weiln die protestirende mit
denen von grafen von Trautmansdorf erofneten mediis nit zufrieden, son-
dern darauff eine fernere erclärungh, auß 55 puncten bestehent, außgehän
diget , ob in materia ipsa ihnen zu deferiren und wie weit zu gehen. Wan
legati ihre gedancken werden offenbahret haben, will man Churmeintzi
schentheilß auch an tagh thuen, waß sie noch neulich circa modum et formam
vor expreßen befelch empfangen. Es werden zuvor aber die heren deputirte
nacher Oßnabruck gebuhrent ersuchet, daß sie den heren gesandten insge-
sambt referendo communiciren wollen, wie in particulari die handtlungh
abgeloffen und warin sie endtlich bestanden .
Deputati. Wissen nit viell zu referiren, weiln sie keine handlung gepflogen,
sondern seye alles von heren grafen von Trautmansdorpf tractirt und durch
sie anhero communicirt worden. Stehet kurtzlich darin: der Keyserliche
abgesandter Cran habe sie zu sich beschieden und ihnen die ad extrahendum
acatholicis auffgesetzet puncta vorgelesen, dabey sey eß gelaeßen und be-
dinget , daß sie sich passive halten muißen, werden allein hinuber geschickt,
falß circa media proposita einig dubium vorfallen mochte, daruber erlaute-
rungh zu thuen, allermaßen sie auch, weiln die puncta nit eben bedencklich
und mit dißeitigen vorschläg einig gewesen, verschiedene erinderungen zu
nutzen deß catholischen wesen gethan, daran her graf von Trautmansdorf
gefallens gehabt. Alß nun diese puncta außgeanthwortet worden, seindt die
protestirende etliche tag zu rath gangen,
sie hettens hoch empfunden, daß der punctus amnistiae nit annectirt worden
Nach Meiern III S. 156f. wendeten sich die evangelischen Stände in der Konferenz am 14. Juni
1646 vielmehr dagegen, daß in dieser Erklärung die Frage der Amnestie, die den Kollegial-
beratungen vorbehalten geblieben war, berührt wurde.
darauf sie ihnen zu verstehen geben, daß rührete von den catholischen nit
her, sondern stunde bey Kayserlicher Mayestät, pardon zu ertheillen, wie
dan hierauf die puncten auch separirt verpliben.
Soviell aber dieselbe betrifft, hette herr graf den protestirenden bedeutet,
falß sie bey den ihrigen 55 puncten verpleiben wolten, daß sie den tractat
aufstoßen wurden, der habe auch solche ihnen zugestelt, umb deren größe
unfuigh den protestirenden zu remonstriren, insonderheit durch mich
(cantzlaren Buschman) den Sachßischen gesandten
Trauttmansdorffs Entgegnung auf die evangelische Erklärung vom 19. Juni 1646 wurde den kursäch
sischen Gesandten bereits am folgenden Tage, dem 20. Juni, übergeben. Text: Meiern III S. 187f.
sultation nit gewesen noch sich zu den punctis bekenneten, welche sich in
der geringen zimblich erklärt
Text der kursächsischen Kompositionsvorschläge vom 23. Juni 1646: Meiern III S. 188.
gehalten.
Sie bestreiten die Gültigkeit des Geistlichen Vorbehalts, verlangen 200 Jahre als
terminus ad quem und setzen den terminus a quo auf 1624, allerdings mit Aus-
nahme der Stifter Halberstadt, Osnabrück und Minden. Für die Erblande, insbe-
sondere für Schlesien, verlangen sie die Autonomie und wollen den Emigrationszwang
für lutherische Untertanen andersgläubiger Landesherren aufheben lassen. Im Justiz-
wesen fordern sie die Parität, wünschen jedoch keine Vermehrung der höchsten Reichs-
gerichte .
Welches alleß er (Buschman) Ihrer Excellenz von Trautmanßdorpf referirt,
darauf sie sich entschloßen, mit den
und die puncta weiterß zu urgiren.
Ein Hinweis auf die Verhandlungen Trauttmansdorffs mit Salvius über die Gravamina in
Osnabrück im Diarium Volmar S. 325. Eingehendere Beratungen fanden dann zwischen
Trauttmansdorff und Oxenstierna nach beider Ankunft in Münster im Juli statt (vgl. Diarium
Volmar S. 328ff.; Meiern III S. 87ff. , 189ff.).
proponirten puncta dictirt, daß sie also nichts weiterß zu referiren haben.
Kurtrier. Agit dominis deputatis pro suscepto labore gratias et ad primum
propositionis membrum tractandi, modum concernens, erindert sich, auß
waß trifftigen ursachen die heren catholischen den von den protestirenden
gethanen vorschlag amplectirt, daß nemblich beßer die handlung den heren
Keyserlichen zu ubertragen, alß daß sich catholici, welche sich nur passive
halten wollen, einlaeßen, wie sie dan auch darauf nit instruirt gewesen.
Churtrierischentheilß hete mann befelch, auß dißen modo nit zu weichen,
deme dieses zusetzet, daß deputati zu ersüchen, sie wollen furtershin bieß zum
end wegen der etwa furfallender dubiorum der handlungh beywohnen.
Ad 2. Da Trauttmansdorff zur Zeit in Münster ist
Deputation hierher schicken.
Quoad ipsa materialia haben noch bey voriger post außtrucklichen befelch
empfangen, ex primis mediis nit zu weichen. Ihre Churfurstliche Durch-
laucht haben daß werck mit ihren theologis consultirt und befinden in
conscientia, daß sie nit weiter gehen können, muißen derowegen ihre den
14. und 15. Maii abgelegte vota anhero wiederholen , mit dem bedinck-
lichen anhang gleichwoln, daß Ihre Churfurstliche Durchlaucht nit gemeint,
waß zwischen Caesareis et protestantibus geschloßen werden mochte, zu
hintern, sondern begnugen sich daran, daß sie ihren dissensum ad proto-
collum geben.
Kurköln. Ad 1 m quaestionem ist im Trierischen voto gnugsamb erwehnet,
warumb catholici Caesareis et Suecis die handlungh ubertragen, sonderlich
weiln mann bey vorigen tractaten verspuhret, daß mit dem viellfeltigen
recessirn hinc inde nichts gerichtet und nur mehrere alienation erwecket
wurde, 2. weiln der mehrer theill abgesanden sich nit instruirt befunden,
dahero sie sich passive halten muißen. Nachdemahl dan eß ihrerseitß annoch
in selbigen terminis beruhet, so muißen bey solchem concluso bewenden
laeßen, zumahln vergeblich sein wirde und nur zeitverlust, die tractaten
zweyfach anzustellen. Es weren gleichwohl die heren Keyserlichen zu er-
suchen , sie wollen bey der handlungh also provide und genau verfahren,
damit einigen standt, soviell immer moglich, kein nachtheil zugezogen
werde, und mit denen, so eß treffen mögte, darauß vor allem schluß commu-
nicirn .
Nachdeme mann auch gute nachricht hat, welchergestaldt die protestirende
sich ganß steiff auf die cron Franckreich verlaeßen, gestaltsamb dero resident
zu Oßnabruck la Barte
anerbottenen 100 iahren der sachen nit geholffen
Dies wird von Longueville ebenfalls berichtet ( vgl. Meiern III S. 182 ).
Keyserliche anleitung geben, da sonsten die protestirende mit 70 iahren
wohl zufrieden heten sein können), alß wurde nit undienlich sein, wan
dieses den heren plenipotentiariis remonstrirt wurde, durch welche aber
stunde zu consultirn. Die materi betreffendt, nachdemahln die zeitt ver
floßen , köndte ad proximum differirt werden.
Kurbayern. Bedancket sich gegen deputatos wegen der ubernommener
muhewaltungh, und ist ad primum kundbahr, wie daß protestirende den
modum furgeschlagen und darauf alß nutzlich von catholicis acceptirt
worden, weiln sich die ständt untereinander schwerlich wurden vergleichen
können, were derowegen zu inhaeriren.
Materiam ipsam anreichent, haben auß protestirenden responsis bekundet,
daß extrema et impossibilia sein, dardurch in 50 iahren die catholische reli-
gion gantz diminuirt muste werden, und falß sie darbey beharren, were
ihnen die schrifft wiederzugeben, umb sich congrue auf die per Trautmans-
dorf ihnen zugestehe media zu erclären; mann muiste sonsten die sach Gott
befohlen sein laßen und die noch ubrige mittel ergreifen.
Dan vermercket mann auch, daß protestirende unter sich nit einß, muiße
derowegen sehen, welche auf den extremis bestehen und ob sie maiora
constituirn.
Die von den heren Keyserlichen aufgesetzte 14 puncta seint der catho-
lischen religion zwar nachtheilig, sie stehen aber an, ob deßwegen der fried
länger aufzuzihen, hielten darfur, sie weren bälder einzugehen. In zwei
Punkten sind Ergänzungen nötig: Ad 2. Hier müssen die Rechte der katholischen
Bischöfe in den protestantischen Territorien ( Visitationsrecht usw. ) besser geschützt
werden
Gemeint ist der in Trauttmansdorffs Erklärung unter 3. genannte Vorschlag, was die Catho-
lischen in ihren Landen befugt, soll den Evangelischen auch nachgelassen seyn ( vgl.
Meiern III S. 187 ).
werden
Die katholischen media compositionis ( Art. 1, vgl. Meiern II S. 579) forderten die strikte
Aufrechterhaltung des Geistlichen Vorbehalts zugunsten der Katholiken, Trauttmansdorff wollte
ihn dagegen auch auf die protestantischen Stifter ausdehnen.
Die von den Chursachßischen legatis auffgesetzte puncta seint alle der
catholischen religion abbruchig und reserviren noch darbenebens handlung
pro reliquis, hielten alßo darfur, daß den Keyßerlichen vorschlägen pure
zu inhaeriren.
Österreich. Ad 1. weren die tractaten nach vorigen votis per Caesareos
et deputatos fortzusetzen.
Ad 2. will alhie haereticorum naturam nit disputiren, daß sie nichts
halten; eß seint gleichwohll bey ietzigen convent unterschiedtliche delibe-
rationes furgangen, so nit verfangen wollen, wie dan auch gradus ge-
setzet , aber dardurch nur die zeitt verlohren worden und die sach schwerer
gemacht.
Wie wenig die Protestanten ihre Versprechungen zu halten pflegen, sieht man aus
den Vorgängen um die Admission Magdeburgs und Hessen-Kassels. Auch der
Verlauf der Konferenzen in Osnabrück hat gezeigt, daß die Protestanten nicht bereit
sind, in irgendeiner Frage nachzugeben. Zudem wirft auch Schweden jetzt neue
Truppen ins Reich.
Per gradus wird die sach auffgehalten und der cron Franckreich mehrerer
vortheil in die hand gespielt, die gibt gute wortt, aber ohne werck, und
wird niemmer etwaß cräfftiges pro religione praestirn; were derowegen den
protestanten einß mit einer heroischen resolution zu begegnen, damitt man
einmahl auß der sachen kommen moge. Wan solches nit operirt, so kan
mann sich doch die außwerttige catholische entschuldigen, daß man nichts
erwinden laßen, sogahr auch gegen Franckreich, so ratione religionis nit
wenig
lici wollen sie untertrucken, so ihnen durch diese handtlungh benohmmen
wirdt. Zudeme seint sie einer meinung nicht, wie von Beyeren angeregt,
und mochten sie sich etwa separiren; ihre extremiteten mochten auch den
uberigen catholicis in Europa etwaß nachdencken causirn.
Proxime könnte circa materialia von puncten zu puncten gangen und ein
ieder in particulari deliberirt werden.
Ihre Keyserliche Mayestät laßen sich daß werck eiferich angelegen sein und,
damitt durch diese religionsstreittigh- und mißhelligkeiten der fried nit
mehrereß verzöget werde, geben sie in den erblanden viel nach. Will sich
mitt den maioribus gern vergleichen.
Bayern-Hg. wie Churbeyeren
Burgund. Ad 1. wie die Vorstimmenden.
Ad 2. Non esse recedendum a mediis Caesareorum salva religione catholica
ac ideo materialibus nuper conclusis insistendum. Burgundia nullis obnoxia
est gravaminibus, prout rex catholicus semper se subduxit; reliqui principes
statuant, quod bonum iis videbitur.
Pfalz-Neuburg. Praemittit salutationem seines genedigsten herens
apprecatione felicis successus, de reliquo, weiln von dieser materi annoch
keine communication gehabt und dannenhero nit weiß, woran sie bestehe,
petit eandem und will sich alßdan vernehmen laeßen.
Salzburg. Agit gratias pro salutatione Neoburgica uti et deputatis, daß sie
dieße nochmahlige muhewaltung uber sich genohmmen.
Ad 1. wie die Vorstimmenden, daß die ksl. Gesandten die Verhandlungen mit den
Protestanten fortsetzen sollen, mit der erinderungh, daß zu praeiuditz der
catholischen ihrer ungehört nichts moge resolvirt werden.
Ad 2 dm . Aldieweiln vorstimmente ad dilationem gehen, so thut deßgleichen
in proximam deliberationem.
Baden-Baden. Agit similiter gratias; quoad modum inhaerendum concluso,
addendo cum antecedentibus et deputati Caesareis assistent. Ad materiam
ipsam vergleichet sich allerdinghs mit Beyeren.
Osnabrück. Actis quoque gratiis conformire sich Ihre Furstliche Durch
laucht, weiln es spat wirdt, mit vorstimmenten, sonderlich Coln und Beyren
und haben iungst ad punctum istud speciale ihre rationes allegirt, warumb
darbey
angezogen, daß protestirende bey dießen tractaten nur glatte wortt geben
und alles dernach umbgestoßen, so ex ultimo acta am meisten erscheinet,
da sie den modum tractandi furgeschlagen und, weiln catholici denselben
eingangen, fallen sie darvon ab und suchen zu verlängerung der zeitt ein
neueß, so wohl arguirt, daß sie ihr absehen auf den waffen haben, umb,
wan sie ihnen favorisiren, ein mehreres zu begehren. Dies soll, wie Kurköln
vorgeschlagen hat, den Franzosen vorgetragen werden. Es ist zu erwarten, daß sie
dann ihre Hilfe nicht versagen.
Bey diesem passu sagen Ihre Furstliche Gnaden den deputirten vor ihre
bemuhungh und erzeigten eifer gebuhrenten danck, sie requirirendt, sie
wollen sich fernerß gebrauchen laeßen, Gott wird gluck geben, wan man
beständigh bleibt und außaget, daß dieß ultima media seyn, daruber mann
catholischentheilß nit schreiten köne noch zu schreiten gedencke, eß gehe
auch wie eß nun wolle, wie mit mehren von Osterreich erindert, darmit
sich allerdinghs conformirend.
Ad materialia quod attinet, seindt sehr wichtige sachen, erstlich der prote-
stirende 55 puncten, die Sachßische media, Keyserliche erclärungh und
satisfactio Suecorum, soviel dieselbe beede ertz- und stiffter Bremen und
Verden betrifft, und weilen matura deliberatione opus, remittiren sich Ihre
Furstliche Gnaden ad aliud tempus; summariter aber von der sach zu
reden, wollen Ihre Furstliche Gnaden dero considerationes wolmeinentlich
angedeutet haben, damit die herren gesandte ihre reflection drauff machen
mögen.
Die 55 puncta seint enormia, impossibilia und viel zu scharff eingestellet,
were derowegen den protestirenden widerzugeben, maßen von Bayern votirt
und man auch neulich in churfürstlichem rhat der meinung gewesen ,
darumben unnötig, dieselbe viel zu bedencken, weilen sie alle dahin zielen,
wie die catholische religion eliminirt werde, wie Bayern und Osterreich
angezeigt und hernegst weiters remonstrirt werden könne.
Die der protestantischen Erklärung angefügte Liste, die die katholischen und prote-
stantischen Immediatstifter spezifiziert
Diese Liste bei Meiern III S. 168.
auch die Suffragane Salzburgs und die von den Calvinisten und Schweizern eingezo-
genen Bistümer enthält. Zwar werden auch Maulbronn und Königsbronn zu den
katholischen Reichsabteien gerechnet, aber hiergegen hat Württemberg bereits pro-
testiert
Text der württembergischen Protestation: Meiern III S. 171 ; vgl. auch C. F. Sattler VIII
S. 143.
Gnaden stiffter Oßnabruck, Minden und Verden, dargegen sie in solem-
nissima forma protestiren und wollen es weiter in schrifften zum directorio
einlieffern.
Under den Sächßischen puncten seindt viel, welche in conscientia nit passir-
lich , alß in specie in puncto secundo ratione iuris catholicorum in ihren
landen, so von Bayern gar wohl in acht genohmmen worden; dan ratione
termini von 100 iahren zu 100 iahren; theologi halten darfur, daß nit uber
60 oder ad summum 80 iahr die ecclesiastica zu uberlaßen; dawider doch
die herrn Kayserlichen 100 iahr eingewilliget, daß tempus müße iuxta con-
cilium perpetuo nit gleich sein, so doch daß 100 iährige ist, und wan dieß
kein platz hat, so habens noch viel weniger die 200 iahr.
Daß auch der geistliche vorbehalt kein pars essentialis deß religionfriedens
sein solle, können Ihre Fürstliche Gnaden nit eingehen, seint allezeit anderer
meinung gewesen.
Also seint sie auch ad 6. circa declarationem Ferdinandaeam gesinnet, das
sie nit zu passiren, quia conscientiae est contraria.
7 mo . Pertinet ad Caesarem, welcher sich der erblanden halber alschon
ercläret.
8. Können bona conscientia nit zulaßen, das emigratio voluntaria sein
solle.
In politicis ziehlen der 4., 5. und 9. puncten auch ad eversionem status
politici und seint dannenhero ebensowenig alß vorige zu passirn.
Waß nun die Kayserliche erinnerung anlanget, repetiren Ihre Fürstliche
Gnaden dero votum vom 18. Aprilis , wie auch alle declarationes und
protestationes, so deßwegen nach und nach in votis abgelegt worden, und
weilen sine praescitu et consensu viel vorgangen, so mußen sie sich darab
nit allein beschwehren, sonderen es auch contradicirn, laßet sich wenigers
nit alß andere gefallen, daß die herren Kayserlichen zu ersuchen, furtershin
zu tractiren, communicato tarnen consilio cum iis, quorum interesse potest.
Die disposition uber die erbkönigreich und -landten stehet bey Kayserlicher
Mayestät, iedoch ohne praeiuditz der reichsständt.
Ratione iuris emigrandi wie Bayern, daß beßer specificirt und die closter,
so under uncatholischen und in reichsstätten gelegen, excipirt werden.
4. Aus dem bloßen ius gladii kann das Reformationsrecht nicht abgeleitet werden.
In 6. ratione exercitii laßen es Ihre Fürstliche Gnaden wegen der reichs-
ritterschafft bey den catholischen mediis bewenden, soviel aber die statt
Augsburg betrifft, weilen volmacht ab Augustano episcopo haben, contra-
diciren sie, daß eine kirch den Lutherischen wider solle eingeraumet werden,
und wird kein theologus rathen, das man den uncatholischen kirchen ein-
geben solle, quia ita concurritur ad actum positive malum.
Ad 9. ist von Bayeren wol allegirt, es unverandtwortlich seye, einig reser-
vatum zu gestatten, welche das catholische so hefftig bestreiten, viel weniger
aber können sie ihrestheilß darin gehehlen, das in den 100 iahren kein
catholischer auff die uberlaßende ertz- und stifft solle admittirt werden,
requirendo omnes et singulos, sie wollen sich ihrer stiffter mit einem rechten
eiffer annehmen.
11. Wegen der ritterschafft zu Oßnabruck: davon ist Ihrer Fürstlichen
Gnaden nichts wißig, konnen auch darzu nit verstehen, weilen es die herrn
Kayserlichen selbsten gesetzt
Nach Art. 11 in Trauttmansdorffs Vorschlägen vom 20. Juni 1646 sollte dem evangelischen
Adel in den Stiftern Minden und Osnabrück die freie Religionsausübung gestattet werden (vgl.
Meiern III S. 187 ). Angaben über die Stellung der osnabrückischen Ritterschaft bei K. Stüve II
S. 70, über die sie betreffenden Verhandlungen auf dem Friedenskongreß: J. L. Walther S. 433.
sowoll in utilibus alß onerosis gelten. Dan müßen die maiora nicht allein
in puncto collectarum platz haben, sonderen auch in allen anderen sachen
exceptis causis religiosis.
Zu 1. wird ergänzt, daß auch in den schlesischen Fürstentümern die Entscheidung
über das exercitium religionis vom Kaiser zu treffen ist.
Den punctum satisfactionis belangendt repetiren Ihre Fürstliche Gnaden
die vorhin underschiedtlich abgelegte vota, das sie in ewigkeit nit verwilli-
gen werden, das Bremen und Verden consideratis circumstantiis der cron
Schweden eingeraumbt werden sollen, dan alle theologi, sonderlich die
Lintzischen, resolvirt, das die stiffter certo quidem modo, sed non in perpe-
tuum begeben werden können .
Verden nun in specie betreffendt haben die theologi niemahlen geschloßen,
das, wo ein herr vorhanden, das bischthumb bona conscientia cedirt werden
könne, dieienige aber, welche sich in uncatholischen händten befinden,
mögten ad tempus können gelaßen werden. Nun hatt Halberstadt wie auch
Verden ihre herrn, außerhalb das sie durch die waffen vertrungen worden,
so muß non quid sit facti, sed iuris angesehen werden. Dabey dieses sonder-
lich zu considerirn, und bitten Ihre Fürstliche Gnaden es wol in acht zu
nehmen, dan die cron Schweden ohne Churbrandeburgs consens nicht
haben will, die stiffter Bremen und Verden understehet man aber contra-
dicentibus episcopis et capitulis zu ubergeben, inmaßen der ertzstifft Bremen
per legatos Caesareis bedeuten laßen, sie können oder wollen zur alienation
nit verstehen
Text der Protestation des Erzstifts Bremen (vom 17. April 1646): C. W. Gärtner IX
Nr. 31 S. 138; Halberstadts (vom 16. Mai 1646): ebd. Nr. 138 S. 785. Zur Protestation
Verdens, die im Juli 1646 vor die Reichsstände gebracht wurde, vgl. Meiern III S. 647ff.
hre Fürstliche Gnaden zu Oßnabruck alß bischoff zu Verden contradiciren
nd zweiffelen nicht, Ihre Ertzherzogliche Durchlaucht Leopold Wilhelm
Iu Osterreich alß bischoff zu Halberstatt werden desgleichen thun.
Besançon. Circa modum nil omnino mutandum rogandique domini Cae-
sarei , ut in rebus status concernentibus cum iis communicent.
2. Remittantur protestantibus extradita puncta iuxta vota Bavaricum et
Austriacum cum aliis.
Deutschmeister. Eß scheinet wol, protestirende haben keine lust zu hand-
len , sonderen wollen leges vorschreiben ad eliminandam catholicam religio-
nem , darumb kurtz abrumpiren und ihre schrifft zu remittiren, dan man nit
verspüren kan, das sie zum frieden geneigt; wan doch die maiora ein anders
wollen, conformirt sich, das iuxta vota praecedentia dem eligirten modo
inhaerirt und Caesarei ersucht werden, zu praeiuditz der ständt das geringste
nit zu passiren. Ob wegen der in vorigen votis erinnerter remonstrance an
die Gallos zu schicken, stehet an, halte vor beßer, das es bey herren nuncio
beschehe, damit er ihnen zu verstehen gebe, wie wenig sie pro religione
operiren. Quoad materialia, könne wol biß hernegst ein anstandt haben.
Bamberg. Die Verhandlungen mit den Protestanten sollen fortgesetzt werden. Dv
Trauttmansdorff sich in Münster befindet, mögen sie eine Deputation hierher schicken.
Die katholischen Gesandten sollen sich ebenfalls an diesen Verhandlungen beteiligen.
Ratione materialium acceptat dilationem ut alii.
Worms. Quoad formam tractatuum vergleichet sich, das derselben inhaerirt
werde.
Ad 2. differt.
Würzburg wie Cöllen
Eichstätt. Kurtze halben wie Cöllen, das den herren Kayserlichen das
werck also an handt gegeben werde, damit in particularibus interessati
gehört werden. De reliquo differt ut praecedentes.
Speyer. Agit ut alii gratias Newburg et deputatis seque conformat voto
Trevirensi.
Straßburg wie Teutschmeister
Konstanz. Wie die Vorstimmenden, insbesondere wie Kurköln, daß die Verhand-
lungen in der bisher beliebten Form zu führen sind. Im übrigen werden die eben vor-
gebrachten Vorschläge Bambergs unterstützt.
Approbavit Bavari sententiam, das die protestirende zu separiren under-
standen werde, weilen sie sich gegen herren graffen Trautmansdorff erclärt,
daß sie mit den mediis secundum quid nicht alle zufrieden.
Daß Franckreich uber die handtlung eine remonstratio geschehe, haltet
nützlich und nötig, maßen auch herrn nuncio et Veneto, weilen sich die
protestirende der Frantzößischen hilff berühmet.
Augsburg. Ihre Fürstliche Gnaden zu Oßnabruck haben schon angezeigt,
das Caesareis nicht absolute auffzutragen, quod Papae competit. Ubriges
und soviel die materialia betrifft will bey negster session vorbringen.
Von den Nachstimmenden stimmen wie Kurtrier: Prüm und Weißenburg ; wie
Kurköln: Berchtesgaden, Chur, Hildesheim, Lüttich, Münster,
Paderborn, Verdun und Stablo; wie Salzburg: Freising; wie Osnabrück:
Minden, Regensburg und Verden; wie Deutschmeister: Halberstadt,
Hersfeld, Johanniterorden, Lüders, Murbach und Passau; wie Bam-
berg : Fulda; wie Konstanz: Kempten und Basel; wie Augsburg: Ellwan-
gen . Brixen stimmt wie Trient, das lediglich auf sein Votum vom 21. Mai 1646
verweist.
Corvey. Ad 1. wie die Vorstimmenden. Dan sollen auch die herrn Kayser-
lichen ersucht werden, alle tractaten bey ihrer integritet zu laßen und durch
die geschwindte verheischungen nicht zu vulneriren.
Materialia anbelangendt, weren die puncta, wie Osterreich erinnert, ut
materia non tractabilis widerzugeben, dan solle man sich catholischentheilß
standthafftig halten und die sach Gott und dem gluck heimbstellen. De
reliquo behaltet sich fernere notturfft bevor.
Prälaten. Wie Corvey; gegen den Anspruch Württembergs auf die Klöster in
Schwaben wird protestiert
Text der Protestation der Prälaten gegen die württembergischen Ansprüche auf Maulbronn und
Königsbronn (vom 26. Juni 1646): Meiern III S. 171.
Schwäbische Grafen. Es habe die meinung niemalen gehabt, das Caesare-
anis der last allein solle auffgeladen werden, läst es dabey wie auch dem
Trierischen voto, daß auß den ersten vorschlägen nicht zu schreiten; ver-
stehet wenigers nicht darzu cum aliis, daß den protestirenden ständten die
itzt außgehendigte puncta zuruckzugeben, und wan man solte ferners trac-
tiren , were es alhier zu thun, da es aber dahin nit zu bringen, conformirt
sich mit Cöllen, Saltzburg, Oßnabruck, Bisantz und anderen gleichstim-
menden votis, daß die herren Kayserlichen in ihren resolutionen keinen
standt praeiudiciren, sondern mit den interessirten darauß communiciren
sollen. Vor seine person entschültiget sich in eventum ob ferner deputation,
weilen doch nichts damit gerichtet wirdt, habe dabey so viel vermercket,
das die protestirende ut singuli gute wort geben, wan sie aber collegialiter
zusammenkommen, ist es alles nichts.
Im ubrigen vergleichet sich mit Osterreich außerhalb deme, so in punctis
Caesareanorum zu praeiuditz der catholischen religion gereichet und in
conscientia nit verandtwörtlich ist. Ferners were zu versuchen, ob nicht die
protestirende mögten separirt, wie vorhin erinnert, und die puncta pro
varietate materiarum voneinander getheilet werden. Quoad deputatione ad
Gallos, nuncium et Venetum wie Cöllen et alii. Daß closter Maulbron und
andere werden zu den reichscontributionibus gezogen, zu den tägen be-
schrieben , und soll die eingewendte und noch ferners ad dictaturam ein-
gebene protestation wol beobachtet werden.
Schließlichen sollen die herren Kayserlichen sine praescitu statuum ins
künfftig nichts eingehen, cui sententiae per omnia subscribit, excepto das
vasalli ius reformandi haben.
Köln ( Stadt ). Legatus Tridentinus zeigt an, die abgeordtnete dieser statt
haben auß bewegenden ursachen gehöriger orthen ihren abschiedt genohm-
men und sich bey dem directorio substituiret
maiora, und ad 2. behaltet sich die notturfft bevor.
Aachen. Schließt sich der Mehrheit an.
Augsburg ( Stadt ). Caesar habe sich im außschreiben erclärt, er wolle
keinem standt ichtwaß begeben, deßgleichen haben sich die herren Kayser-
lichen gesandten vernehmen laßen, wie dan zu solchem endt die deputirte
adiungirt worden, deme doch unangesehen haben sie newe media an die
handt geben und darin gegen die verträg und urtheil den protestirenden
eine kirch zu Augsburg offerirt
In Punkt 6 der Erklärung Trauttmansdorffs vom 20. Juni 1646 (vgl. Meiern III S. 187 ).
befelch bedingen, die verandtwortung gegen Gott, seine liebe heyligen und
die gottseligen fundatoren anderen heimlaßendt, auch sein und seiner oberen
gewißen deßhalben exonerirendt. Beßer were es und dem religionfrieden
gemeeß, wan die stäit, in welchen tempore erectae pacis die catholische
religion in vigore gewesen, den catholischen die kirchen restituirten.
Besançon ( Stadt ). Habet gratias Newburg seque cum maioribus con-
format .
Kurmainz. Befindet ad 1., das alle dahin zielen, man solle bey dem new-
lichen concluso unaußgesetzt beharrn, mit dem zusatz, das Caesarei et
deputati zu ersuchen, sie wollen die abhandtlung fortsetzen und ohne prae-
iuditz communicato verfahrn; dan weren protestirende eins anhero zu
vermögen, weilen catholici schon dreimal zu ihnen geschickt, wie auch 3 tio
der cron Franckreich plenipotentiariis die in votis erwehnte remonstration zu
thun und denselben ein rechter calor und eiffer zu machen.
Ad 2. aber weren die materialia uff etliche tag zu verschieben und außzu
stellen , damit man denselben desto beßer nachdencken könne.
Nun Reverendissimi meinung und gedancken zu eröffnen, saget vorderist
danck Newburgischer Fürstlicher Durchlaucht wegen des endtbottenen
gnädigsten gruß, wie auch den herren deputatis wegen der ubernohmmener
muhe.
Ad 1. Haben bey negster post expressen befelch erlangt, bey dem beliebten
modo zu verharren und ihr votum dahin nicht zu geben, das ein anderwerte
deputation ad tractandum inter status geschehe, doch mögen vorige depu-
tatis den herrn Kayserlichen assistiren.
Die Partikularerinnerungen sollen beachtet werden.
Placet deßgleichen, das ein versuch gethan werde, die protestirende anhero
zu ziehen, item wegen der erinnerung bey den herren Frantzößischen, das
solche viam ordinaria geschehe und Kayserliche ersucht werden, solche ad
mediatores zu werck zu richten, nit zweiffelendt, sie werdens gern uber-
nehmen .
Die Beratung der einzelnen Punkte der Erklärung wird auf die nächste Sitzung
verschoben.
Stehet sonsten bey dem vorschlag, daß protestirenden ihre 55 puncta so
crude zu remittiren, in etwaß an, weilen es inconvenientia gebären mögte;
vermeinte beßer und glimpflicher zu sein, gleich wie sie per Caesareos
catholicis zugestellet worden, das sie auch könten zuruckgegeben werden
mit notturfftiger remonstration, waß catholicos darzu bewogen.
Sehet auch nit, wie protestirende zu separiren, sonderen ist anders nicht,
alß wie von statt Augsburgischem legato erwehnet, das sie in privato
favorable reden fuhren, wan sie aber collegialiter zusammenkommen, seints
gleich einer meinung.
Die abtheilung der puncten wirdt unnötig sein, weilen darauff ein mehrers
nit alß vordem votirt wirdt, außer das noch einig weitere erinnerungen
mögten einzubringen sein.
Auff den unverhoffenden fall aber man sich in der güte nicht vereinbarn
könte, wirdt zu reden stehen, wie von Osterreich wol erinnert, waß man
endtlich vor mittel zu ergreiffen, damit das ubrige an geistlichkeit conservirt
werde.