Acta Pacis Westphalicae III A 4,1 : Die Beratungen der katholischen Stände, 1. Teil: 1645 - 1647 / Fritz Wolff unter Mitwirkung von Hildburg Schmidt-von Essen
23. Plenarkonferenz der katholischen Stände Münster 1646 Februar 19
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Münster 1646 Februar 19
Köln ( Stadt ) A I p. 227–242 = Druckvorlage; damit identisch Bamberg A I fol. 108’–114’,
Bamberg B p. 250–256, Fulda I fol. 192’–194, Konstanz ,
bayern A II fol. 164–175 und Aall; Österreich B I p. 513–522, B a II und B b I; Warten-
berg / Augsburg II fol. 17–24 ( damit identisch Wartenberg / Register I fol. 63–79 und I a ).
Ablehnung der protestantischen Forderung, über die Gravamina in Osnabrück zu verhandeln.
Das Verfahren bei der Zusammenstellung der media compositionis.
Im Kurfürstenratszimmer des Bischofshofs. Vertreten: Aachen, Augsburg, Augsburg (Stadt),
Baden-Baden, Bamberg, Basel, Bayern-Hg., Berchtesgaden, Burgund, Chur, Corvey, Deutschmei-
ster , Eichstätt, Ellwangen, Freising, Fulda, Hersfeld, Hildesheim, Johanniterorden, Kempten,
Köln (Stadt), Konstanz, Kurbayern, Kurköln, Kurmainz, Kurtrier, Leuchtenberg, Lüders,
Lüttich, Minden, Münster, Murbach, Österreich, Osnabrück, Paderborn, Passau, Prälaten, Prüm,
Salzburg, Schwäbische Grafen, Speyer, Stablo, Straßburg, Verden, Weißenburg, Würzburg.
Kurmainz.
ßerlichen plenipotentiarios alhier gethanen vortrag und stellete zur umbfrag:
1. Ob auß dießen sowol von den Kayßerlichen alß Augspurgischer confes-
sion anverwandten ständten eingeführten ursachen eine deputation nacher
Oßnabruck zu thun und alda in puncto gravaminum mit denselben tractiren
solten.
2. Wan diese frag affirmative resolviret, wer dahin zu deputirn ex tribus
collegiis, wie weit auch dieselbe zu instruirn, ob auch nicht derentwegen
alhier eines gewißen zu vergleichen.
3. Da aber 1 ma quaestio negative resolviret werden solte, stünde zu be-
dencken , wie solches mit guter maniere und glimpflich an die protestirende
zu bringen und ob nicht vorhero media compositionis zu begeren, auf daß
die catholische sich darauf eines gewießen vergleichen und die deputandos
instruirn.
4. Ob dießes vor gut befindendes expediens durch die Kayßerlichen oder
vermittelß des directorii den protestirenden anzubringen.
Dabey daß Churmaintzische directorium erinnerte, alldeweiln der votanten
viel, ob sich diejenige, so nichts neues in ihren votis anzubringen, kurtze
halben uf die vorstimmende bezihen wolten, iedoch ohne eintzige hierdurch
vorhabende benehmung der freyheitt in votirn.
Kurtrier. Repetendo propositionem ad 1. mögte wüntschen, tractatus
könten alhier angestellet werden, in erwegung, quasi totum corpus catholi-
corum alhier beysammen, so alles wol berathschlagen und resolvirn könte,
auch ieweiln des herrn nuncii und der Frantzößischen rath und assistentz
gebrauchen.
Kurtrier ist jedoch der Meinung, daß man trotzdem nach Osnabrück deputieren muß.
Hierfür werden im einzelnen die Argumente wiederholt, die in der Konferenz der
kfl. Gesandten 1646 Februar 17 vorgebracht worden sind . Ferner wird bemerkt,
beim Admissionsstreit sei es ähnlich zugegangen, man solle also jetzt lieber gleich nach-
geben . Und sintemaln man beyderseits annoch in den extremiteten bestündte,
man auch noch zur zeitt aigentlich nicht wißen könte, warauff die deputan-
di zu instruirn, weilen die protestirende uf dißeitige replic noch nicht geant-
worttet , als hielten darvor, den Kayßerlichen an die handt zu geben, die ca-
tholische wolten sich zur abordtnung verstehen, da anders vorhero die
protestirende mit eröffnung der compositionsvorschläg sich vernehmen
laßen wolten, warauff sodan man zu dißeitiger erclärung und tractation
erbietig were […].
Ad 2 um : qui deputandi, könte davon in tribus collegiis absonderlich geredt
werden […].
Ad 3 um : quoad materiam ipsam konten sich noch nicht erclären vor ver-
nehmung der protestirenden vorschläg, mögte nicht undiensamb sein, zu
befurderung der sach durch einen geringen außschuß das werck in delibe-
ration zu zihen, was vor gradus zu machen und wie weit hierinnen zu gehen
sein mögte. Ihrerseits weren hierinn noch nicht instruiret, sondern allererst
befelchs gewertig.
Kurköln. Erinnert sich erstlich, was nähermals hievon in consultation
kommen, würde disreputirlich sein, wan catholici den protestirenden nach-
zihen , ihren schaden nacheilen und folgen solten; finde auch die gegen-
motiven nicht erheblich. Das Argument, daß die Protestanten in corpore in
Osnabrück versammelt sind, verfinge nicht, da hingegen fast alle catholici und
deren gesambtes corpus alhier in loco.
10–17 Dieser – außzuantwortten] In Konstanz durch Marginal von Köberlins Hand
ersetzt: Diese considerationen alle in negativam waeren wohl zu condoniern,
wan nur hofnung gemacht werden khöndte, das dardurch die sachen acceleriert
wurden und nicht vielmehr contrarius effectus unnd verlängerung darauß zu befahren,
sintemahlen niemand genugsamb instruiert werden khöndte […]. Das Folgende in
andern Formulierungen wie in Köln ( Stadt ).
unerachtet mögte dem bono publico soweit nachgesehen und fernere mora
verhütet werden, wan nur die deputirte gnugsamb instruirt werden könten,
so noch zur zeitt zu fruezeitig und dieselbe nur vergebentlich hin- und
widerreißen würden. Daher die protestirende zu ersuchen, mit der frag
ratione loci sich nicht ufzuhalten, sondern media compositionis zu handen
ihren sich alhier befindenden religionsverwanthen oder der Kayßerlichen
herren plenipotentiariorum außzuantwortten, worauff sodan man sich eil-
fertig zu erclären resolviret […].
Ad 2. Die deputation nacher Ößnabruck
Kayßerlichen anzubringen, könte per deputatos ordinarios beschehen. Den
Protestanten sei mitzuteilen, daß man aus den unter 1. angegebenen Gründen keine
mündlichen Verhandlungen beginnen könne, man erwarte aber schriftliche Vorschläge
zur Beilegung der Gravamina. Sonsten, da sich hernegst finden solte, daß
solcher weeg nicht vorträglich, könte man sich eines anderen expedientis
vereinbahren.
selben die gravamina religionis annoch nicht solemniter außgehändigt […],
alß mögte davon ein exemplar den Kayßerlichen, herren mediatoribus und
Frantzößischen herren plenipotentiariis per deputatos ordinarios uberreichet
werden.
Kurbayern. Erinnert sich des verlittenen sambstags in concilio catholico-
rum electorum dahin abgelegten voti, daß Ihrer Churfürstlichen Durch-
laucht beständige meinung seye, mit erledigung der gravaminum religionis
nicht fortzueilen, sondern den punctum satisfactionis an die hand zu neh-
men , wardurch viel ungelegenheiten verhütet und die zeitt nützlicher in
tractatu cum coronis exteris angewendet würde, welche unter den ständten
allein zanckeißen einwerfeten, inzwischen würden deren waffen fortgesetzet,
daß reich vollents enerviret und bey deßen gantzlich abgehendten gegen
verfaß- und rettungsmitteln subiugirn.
Durch die Erledigung der Gravamina würden die Verhandlungen mit den Kronen
keineswegs erleichtert. So betreffen auch solche interesse Dei et religionis,
dahero desto beschwehrlicher sein würde, diese seit 100 iahren unerledigt
bestandene irrungen vor deßen feinden zu debattirn.
Der punctus satisfactionis soll zuerst
passu zu verfahren.
Sonsten weren die von den protestirenden ratione loci eingewendte motiven
gar wol zu retorquirn, hielte darvor, das media compositionis zu erwartten.
Österreich. Die Churmaintzischgethane proposition were der Kayßerlichen
vortrag gemees, concludiret, das 1 ma classis replicarum, worunter die grava-
mina begriffen, vorzunehmen und in diesem werck keine zeitt zu verlieren,
damit die obstacula removiret werden.
Im übrigen wie Kurtrier.
Bayern-Hg. wie Churbayeren
Burgund. Amore pacis et tranquillitatis publicae postulatis condescendum
et, quod Sueci causam hanc tanquam propriam in se suscipiant, ante omnia
media compositionis aperienda. Über die Zusammensetzung der Deputation soll
später beraten werden.
Baden-Baden wie Cöllen
Salzburg. Hetten in hac materia kein information, seyen dahero auch
specialiter nicht, in genere aber dahin instruiret, die notturfft zur erreichung
des lieben friedens helfen abzuhandelen.
Zur 1. Frage: Über die Gravamina soll nochmals in der Deputation beraten werden.
Sintemalen des gegentheils gravamina mit guten grundt und fundament
abgeleinet, also würden hoffentlich die protestirende ihre augen aufthun
und ihren unfug erkennen.
Im ubrigen wie Cölln.
Leuchtenberg wie Cöln
Deutschmeister. Zur ersten und zweiten Frage wie Kurtrier. Im übrigen sollen
zunächst die media compositionis der Protestanten erwartet werden.
Bamberg. Wie Kurtrier; wegen Auslieferung der katholischen Gegengravamina an
die kaiserlichen und französischen Gesandten und an die Mediatoren wie Kurköln.
Im ubrigen würden weder die Kayserliche noch protestirende die anbe-
gerte außhändigung der vorschläg im widrigen vermercken, weiln vermög
erlangter nachricht der herr graff von Trautschmansdorpff den protestiren-
den bey der an Seine Excellentz gethane deputation angedeutet, uff media
compositionis zum könftigen vergleich zu gedencken, womit dieselbe bereits
gefast sein mögten.
Von den folgenden Ständen schließen sich Corvey und Würzburg der Mehrheit
an, Augsburg verlangt, den punctum gravaminum zu verschieben; wie Kurtrier
stimmen: Prüm, Speyer, Weißenburg; wie Kurköln: Basel, Berchtes-
gaden , Chur, Eichstätt, Ellwangen, Hildesheim, Kempten, Kon-
stanz , Lüttich, Minden, Münster, Osnabrück, Paderborn, Stablo
und Verden; wie Salzburg: Freising; wie Deutschmeister: Hersfeld, Johan-
niterorden , Lüders, Murbach, Passau und Straßburg; wie Bamberg:
Fulda.
Prälaten. Der Constantzische zeigt an, daß er biß dato vermög von herrn
praelaten zu Weingarten
nachdem aber seithero ein anderer von dem gesambten praelatenstandt
gewalt empfangen,
obliegen
Durch einen Beschluß der Schwäbischen Reichsprälaten vom 5. Januar 1646 war das prälatische
Votum an P. Adam Adami OSB, der bisher nur die nicht reichsunmittelbaren württembergischen
Klöster und dazu seit Ende des Jahres 1645 den Fürstabt von Corvey vertreten hatte, übertragen
worden (vgl. hierzu F. Israel S. 29f.).
Schwäbische Grafen. Obwoln er ihm die handlung nicht gar entgegen
sein laßet, so könte dannoch nicht räthlich die hinüberreiß derzeit befinden,
weiln 1. die gravati gravantibus folgen solten, 2. die Schwedischen hielten
es pro causa propria, also würde es in anwesenheit deroselben keine libera
consilia abgeben, zumaln
konten, so sich schwehr berühmeten de restituenda libertate Germanorum;
so were 5. locus nicht einzurathen, ubi tam potens assistens removere non
potest. So weren auch 6. alhier die mehrere und vornehmere ständt, und
pflegten 7. die weldtliche den geistlichen zu folgen und nicht vice versa;
8. protestantes certare de lucro faciendo, catholici vero de damno vitando
allegatis totidem aliis pluribus rationibus. Im ubrigen wie Bayeren […].
Köln (Stadt) . Ermangele ihnen in hac materia specialbefelch, würden sich
gleichwohl andern ständten accomodirn […].
ubrigen nicht einzulassen wie Cöln […].
Augsburg (Stadt) wie Schwäbische graffen und herren
Kurmainz. Befinde quoad ipsa substantialia in votis keine discrepantz,
weiln die deputation einzustellen und media compositionis durch die Kay
ßerlichen oder sonsten zu erförderen, und gleichwie solches von ihnen in
der proposition auch dergestalt angeführt, also concludirten auch dahin,
daß dieser der bequembliche weeg seye, bey deren einlangung man sich
catholischerseiten zusammenzuthun und eines gewießen zu vergleichen
hette. De deputandis et instructione mochte nachgehents zu reden sein […],
immittelst aber ad materialia ipsa zu schreitten und sich daruber vernehmen
laßen könte.
Dabey aber die erinnerung beschehe, alles im hochster geheimb zu halten,
sintemaln da man dißeits per gradus gehen wolte und die protestirende
solches erfahren solten, würden sie lieber den ersten alß letzten amplectirn.
Wie dießes conclusum an die protestirende wie auch die replicae in puncto
gravaminum an die Kayßerlichen, dominos mediatores et Gallicos pleni-
potentiarios gelangen zu laßen, were Churcölnischer vorschlag zu amplec-
tirn .
Zweyte umbfrag.
Ob de mediis compositionis in pleno oder per deputatos eventualiter zu
deliberirn.
Conclusum, zu erwarten der uncatholischen vorschläg.