Acta Pacis Westphalicae III A 4,1 : Die Beratungen der katholischen Stände, 1. Teil: 1645 - 1647 / Fritz Wolff unter Mitwirkung von Hildburg Schmidt-von Essen
3. Plenarkonferenz der katholischen Stände Münster 1645 November 16
3
Plenarkonferenz der katholischen Stände
Münster 1645 November 16
Köln ( Stadt ) A I p. 42–60 = Druckvorlage; damit identisch Bamberg A I fol. 18’–29,
Bamberg B p. 43–49, Fulda I fol. 95–96’, Kurmainz B. Vgl. ferner Konstanz ; Kur-
bayern A II fol. 1–14’, A a I; Kurmainz A Fasz. 9; Österreich B I a p. 407–418,
B a II, B b I; Wartenberg / Augsburg I ( damit identisch: Wartenberg / Hildesheim fol.
163’–172, Wartenberg /[ Kurköln ] I fol. 111’–117, Wartenberg / Register III fol.
220’–236 ).
Behandlung der Gravamina auf dem Friedenskongreß. Admission Magdeburgs.
Im Kapuzinerkloster. Vertreten: Augsburg, Baden-Baden, Bamberg, Bayern-Hg., Berchtesgaden,
Corvey, Eichstätt, Fulda, Hildesheim, Kempten, Konstanz, Kurbayern, Kurköln, Kurmainz,
Kurtrier, Leuchtenberg, Lüttich, Minden, Münster, Österreich, Osnabrück, Paderborn, Prälaten,
Regensburg, Stablo, Verden, Würzburg.
1–12 Kurmainz – gehörig] In Kurmainz B ist dieser Teil der Proposition etwas genauer
wiedergegeben: Ölhafens Forderungen (admissio exclusorum, Behandlung der gravamina
religionis, Geleitsbriefe für Mediatstände ) werden kurz referiert; es wird darauf hingewiesen,
daß die ksl. Gesandten noch keine Entscheidung in der Admissionsfrage wünschen, da die
Antwort auf das ksl. Abmahnungsschreiben
position Contarinis wegen der Admission Hessen-Kassels abgewartet werden müssen. Schließlich
wird erwähnt, daß Ölhafen gedroht habe, die Protestanten würden die gemeinsamen Beratungen
mit den katholischen Ständen nicht antreten, wenn Magdeburg nicht zugelassen wird. Der
folgende, hier als Regest wiedergegebene Teil der Proposition ist in Kurmainz B ganz knapp.
Mit Kurmainz B stimmen sachlich überein Kurbayern A II, Österreich B I und die
Wartenberg - Protokolle, mit Köln ( Stadt ) Konstanz . Die zur Umfrage gestellten
Punkte sind in allen Protokollen gleich.
gesandte ab der per dictaturam beschehenen communication vernommen
haben, waß der Nurnbergische abgeordtneter Dr. Öelhafen bey dem Kayser-
lichen plenipotentiario herrn Volmar vor- und angebracht
umbfrag gestellet würde, ob bey dießen friedentractaten der punctus grava-
minum religionis vorzunehmen und derentwegen sich gegen die protesti-
rende zu erclären, dan wie balden, auch quomodo solche vorzunehmen,
item ob man der außhandigung beyderseits pari passu, iedoch solches mit
dem reservat thun solle, indeme man ihnen (protestirenden) hierinn zu will-
fahren gemeint, daß hingegen die praetendirende Magdeburgische admis-
sionsach beyseits- und zurucksetzen solten, in ansehung ohnedaß dieses
werck zu bedeuten puncto gravaminum gehörig.
Dr. Ölhafen habe ferner den kurmainzischen Gesandten mitgeteilt, daß die Prote-
stanten einen Revers annehmen würden, wonach der Inhaber des Erzstifts Magdeburg
nicht in qualitate administratoris, sonderen alß ein geborner weltlicher fürst
zuzulassen sei.
weilen punctus gravaminum von großer consideration, denselben, biß dahin
andere sachen verglichen, iuxta pacem Pragensem , si ita fieri possit, auß-
stellen zu helffen, wurde diß aber nicht zu erheben sein, müße man auff
mittel gedencken, wie die gravamina ohne wenigstes nachtheil der catho-
lischen religion zu erledigen. Ob man sich bey gegenwertiger handtlung
einlaßen solle, auff welche manier und zu welcher zeit: Die gravamina haben
in Kayserlicher responsion ihre ordtnung
Die ksl. Responsion ad art. 7 der Propositionen der Kronen bewilligte die Behandlung der
Gravamina auf dem Friedenskongreß (vgl. Meiern I S. 616 , 621).
gesandter zu bescheiden, quo praevio müßen catholische sich vergleichen,
waß alßdan den protestirenden uber ihre ubergebende zu andtwordten,
davon noch gute nachricht in den Franckfurtischen compositionsacten
vorhanden.
Ad alterum. Reverendissimus bestehet bey admission exclusorum excepto
Magdeburg auß den vor diesen angefuhrten motivis, und ist zu hoffen,
administrator werde sich auff die Kayserlichen schreiben eines anderen
erclären. Admissio aliorum, salvo tarnen das Heßen Caßel in sich betref-
fenden sachen abtrette, sey darumb nötig, ne status dissipentur; der punctus
seye weitaußehendt, halte die tractatus auff und werde satisfactionem coro-
narum sehr schwer machen, auß welcher consideration Trier außtrücklich
schließe auff die admission, und wan die ständt zeitlicher weren dieses streits
halben vereinbaret geweßen, wurden dergleichen gefehrliche conclusa wie
ietzt nit entstanden sein.
Kurköln . Ob gravamina vorzunehmmen, were zu wunschen, man könte
diesen scopulum evitirn, weilen tractatus retardirt werden, und wan exteri
die ständt discrepant verspüren, werden sie sich deren zu ihrem vortheil
gebrauchen. Sey
zu laßen, sonderen anderwerts zu componiren, wollen eß gern dabey laßen,
wan protestirende aber nit darzu zu bewegen, müste man auff andere weeg
bedacht sein, iuxta responsiones Caesaris, under dem temperament gleich-
wol , daß zuvor die replicae zu urgiren, darauß alßdan erscheinen wirdt, quid
coronae de pace intendant.
De modo: Catholici sunt gravati, protestirende haben den Paußaurischen
vertrag vielfaltig infringirt, dannenhero iene ihre beschwehrdten billig zu
proponirn hetten. Notfalls müsse man pari passu verfahren.
Pro 2 do kan sich nicht ex tempore resolviren, pittendt außstandt zu weiterer
nachsinnung, und könne resolutio des ersten puncti, auch diese bewandtnuß
zu contentirung des Nürnbergischen abgesandten angedeutet werden.
Kurbayern . Referirt sich auff voriges votum circa gravamina, das sie auff
ein andere zeit außzusetzen, iuxta conclusa Francofurtensia et Ratisbonen-
sia
alhier auch solten vorgenohmmen werden, so seye de modo et tempore zu
reden: separanda inprimis a tractatu pacis et erogandae coronae, ihre replicas
herauszugeben. Stehe demnegst bey den protestirenden, ihre gravamina zu
ediren, darauff alßdan catholici zu resolviren, ob materia pacis et gravaminum
pari passu vorzunehmen.
In der Admissionssache soll das Ergebnis der ksl. Abmahnungsschreiben und der
Interposition Contarinis abgewartet werden.
fürtischen schluß, dan hierdurch werden die tractaten schwehrer gemacht.
Caesar hat placidirt, daß die gravamina alhier vorzunehmen, darbey es
gelaßen wirdt, wan kein anderß zu erhandtlen. Eß hetten protestirende
erstens ihre gravamina zu ediren, widrigens submittit se cum maioribus,
ne separatio fiat.
Zur Admissionsfrage wie Kurbayern.
Bayern-Hg. wie Kurbayern
Bamberg . Nach Wiederholung der Proposition: Nun muste man a parte Bam-
berg vermercken, das des Nurnbergischen abgesandtens anbringen bey dem
Kayßerlichen plenipotentiario fast ungleich verstanden worden, indeme
dieselbe principaliter uff richtigmachung und außwurckung einer erclärung
in den admissionstreitigkeiten gerichtet, gar aber nicht dahin gemeint ge-
weßen , an, quam cito et quomodo der punctus gravaminum vorzunehmen
eine gewiße erclarung von den catholischen dißortts zu begeren, allermaßen
er gestrigen und noch heutiges tags gegen ihnen erwehnet. Zumaln auch
in quaestione an die protestirende praesupponirten, nachdem die cron
Schweden die erörterung obbemelten puncti in proposition gebracht
Art. 7 der schwedischen Proposition vom 11. Juni 1645. Text: Meiern I S. 437 .
gleichsamb pro causa belli allegiret, offtbesagte protestirende auch deßen
vornehmung pro ipsorum principali scopo et fine hielten, so trugen keinen
zweyfel, a parte catholicorum, allermaßen eß von Ihrer Kayserlichen Maye-
stät placidirt, man an deren erledigung kein einiges bedencken, da man
anderß lust zum frieden, haben oder tragen wurde. Die Art der Verhandlungs-
führung ( schriftlich oder durch Deputationen ) sei den Protestanten gleichgültig.
Dannenhero man sich super quaestione an derzeitt keineswegs und umb so
wenigers auffzuhalten hette, sintemaln da die quaestio praedicta admissio-
num nicht resolvirt oder gar zu lang differiret, würde diese frag von sich
selbsten fallen, nachdem die protestirende gesinnet, ihr bereits uber alle in
der cronen propositionibus begriffenen articulis und darauff erfolgte Kayßer-
liche resolutionen
Die erste Fassung dieses Gutachtens war bereits am 6. November 1645 fertiggestellt worden.
Text: Meiern I S. 740 ff.
punctus gravaminum inseriret, allernegstens den catholicis anstatt eines
gutachtens zu ubergeben. Dannenhero man Bambergischentheilß darvor-
hielte , daß vor allen dingen der punctus admissionis in umbfrag zu stellen
und zu erörteren. Man sollte vielleicht nicht, wie die ksl. Gesandten vorschlagen,
erst die Antwort auf das Abmahnungsschreiben an Magdeburg erwarten, sondern die
Admissionsfrage ein für allemal lösen. Selbst wenn Magdeburg diesmal nachgeben
sollte, könnten doch die Schweden neue Schwierigkeiten verursachen, indem sie für
andere protestantische Stiftsinhaber ( wie Lübeck ) Sitz und Stimme bei den reichs-
ständischen Beratungen fordern.
Da sonsten pro 2. von den plenipotentiariis Caesareis vorgeschutzet wird,
daß die herren mediatores uf sich genohmmen, die vertröste außhandigung
[der cronen] resolutionen ad Caesareas replicas inständig zu urgirn, also
were solches zu erwartten und in dem admissionstritt sich nit zu praecipitirn:
da hette man dießeits soviel nachricht, daß gestrigen tags zwar der Veneti-
anische ambasciador bey den Frantzoßen geweßen und solche mit sehr
beweglichen und triftigen ursachen urgiret, warauf sich die Frantzößen
hierzu nicht ungeneigt, iedoch uf vorhergehente communication mit den
Schwedischen erclaren, hingegen hette man dißeits ebenmäßig vernohmmen,
daß der Schwedische resident alhir sich gestern vermercken laßen, wel-
chergestalt diese cron ein- fur allemal vor oftbemelter admissionspuncten
erledigung sich zu der extradition der responsionum nicht verstehen wolte,
wie dan auch die herren mediatores selbsten erkenneten, das, da man inner-
halb 6 oder 8 wochen daß friedenswerck nicht mit beßeren und rechten
ernst angreife, daß nachgehents den gantzen kunftigen fruheling und
sommer uber keine hoffnung mehr zu einem erspreißlichen effect und fort-
gang zu machen, sintemal die Frantzößen anietzo in volliger bereitschaft
begriffen, geldt zu den kriegspraeparatoriis zusammenzubringen. Wan sie
es nun beyhanden hetten, wurden es bey der campagnien anwenden und
des progress abermalen, wie nunmehr ins 2. iahr beschehen, erwartten,
zumalen bey diesem werck vornehmblich zu erwegen, daß bey den Oßna-
bruckischen die separation albereits formirt […], und dieser separation
kein anderer effectus alß contrariantia consilia et conclusa und darauß
gefolgige ruptur und auffstoßung der tractaten, neüe, und zwar in exter-
minium der catholischen, welches gleichwohl Gott verhuten wolle, gerichtete
confoederationes, wie man dißeits zimblich praegusto und nachricht hette,
umb so mehrers zu erwartten sein, sintemaln dero Schwedischen force sich
von tag zu tag vermehrete. Das Reichsdirektorium wird also dringend ersucht,
den punctum admissionis in hauptsachliche deliberation und umbfrag zu
stellen, wie man den a parte Bamberg in denselben punctis specialiter
instruirt […].
Baden-Baden wie Bayeren
mina , sondern daß sich nur catholici darauff praeparirn, wie protestirende
alschon gethan. Von diesem puncto solle zu seiner zeitt in ordine geredet
werden, man habe sich nicht verbintlich einzulaßen, dan protestirende alleß
in plenissimo sensu aufnehmen. Replicae vorhin zu sehen, ut appareat de
pace, si eo autem non vergant und aliquid circa gravamina ercläret sein
mögte, wurde eß catholicis nachtheilig sein. Widrigens conformirt sich, daß
gravamina per deputatos praeparirt werden, replicae dabunt modum et
ordinem.
Admission anlangent, wan kein periculum in mora undt landt und leuth
daruber nicht leyden müßen, wehre dieselbe woll außzuesetzen, weiln aber
protestirente sich separirn wollen, und obschon Magdeburg weichen wolte,
dennoch coronae ihre meinung behaupten werden, so wehre dieser punct
nochmals und nützlich zu deliberirn. Catholici haben umb so mehr ursach,
daß werck zu befurtteren, weiln sie sich vor diesen vernehmen laßen .
Leuchtenberg wie Bayeren
Eichstätt. Befindet punctum gravaminum sehr bedencklich, halte den
frieden auf; desto weniger doch nicht, weiln Caesar darvon meltet und pro-
testirente daruf starck gehen, so wehren dieselbe in ein absonderliche
deputation zu bringen, insonderheit weiln protestirente nicht eben darauf
tringen, will sich gleichwohl nicht separiren. Zunächst müssen jedoch die Reso-
lutionen der Kronen auf die ksl. Responsion erwartet werden. Die Protestanten
sollen ihre Gravamina zuerst veröffentlichen.
Admissiones stehen auf der resolution und interposition, weiln aber auß
der verzögerung große gefahr zu besorgen, so könte hieruber ein ander-
wehrte consultation angestellet werden.
Venetus bescheiden, Schweden werden vor deren erledigung nichts weiterß
tractirn; referendo se in reliquis ad votum Herbipolense.
Augsburg wie Aichstatt
Hildesheim und Paderborn wie Cöln
Regensburg wie Aichstatt
Münster . Weiln ex dilatione admissionis periculum bevorstehet, Caesar
aber deßwegen geschrieben, müse nichtsdestoweniger pro evitanda confu-
sione resolution darauff erwarttet werden, will sich gleichwol conformirn.
Lüttich wie Münster
Franz Wilhelm von Wartenberg, Bischof von Osnabrück, Minden und Verden, kurkölnischer
Prinzipalgesandter und Vertreter von 12 weiteren Reichsständen (zur Biographie: NDB V
S. 635 ; über die Zahl seiner Stimmen vgl. unten S. 57). Wie in Münster verlautete, hatte er
sich Anfang November 1645 auf einen Jagdausflug begeben, doch wurde vermutet, er sei Trautt-
mansdorff nach Bonn entgegengereist, um ihn zu veranlassen, seine Verhandlungen nicht in Osna-
brück , sondern in Münster zu beginnen (vgl. den Bericht des schwedischen Residenten in Münster,
Schering Rosenhane, an Oxenstierna 1645 November 10, APW III C 1 Nr. 429, dazu dem-
nächst die Ausgabe des Diarium Wartenberg in APW III B).
to excludendorum bescheidts gewerttig sein.
Minden und Verden wie Cöln
in Wurtzburgischen voto angehengten vorschlags, das der Nurmbergische
in puncto gravaminum nicht ratione temporis et modi zu beantwortten,
insonderheit weiln er ohnedaß hirunder uf die resolution nicht urgiret.
Bittet im übrigen nochmals um schleunige Beilegung des Admissionsstreits, in anse-
hung mora causaret conditiones non meliores, sed deteriores dießeits
macheten.
Kempten wie Bamberg, Wurtzburg, Costantz
Berchtesgaden und Stablo wie Munster
Corvey wie Aichstatt
Prälaten wie vor Kempten
maiora dahin, daß Nurmbergischer deputatus nicht eben darauff treibet,
darumben mit ihme derentwegen nicht einzulaßen, exspectandae replicae,
darauß zu ersehen sein wird, quid de pace sperandum, alßdan wird man
auch de modo, ordine et tempore, die gravamina vorzunehmen, reden
können.
Secundo, wehre guet, gravamina könnten iuxta conclusa absonterlich trac-
tirt werden, quia vero Caesar aliud respondit und protestirende nit wohl
weichen werden, muß man sich derentwegen gefast machen.
Tertio, wan dan solchergestalt muste gehandlet werden, so söllen protesti-
rende ihre gravamina erstlich edirn, weiln sie sich im Prager frieden be-
schwehrt zu sein ermeßen, damit sich Maintz allerdingss vergleichet.
In puncto admissionis aber, weiln vota diversa und meistentheils auff eine
abermahlige consultation schließen, so wird eß dahingestellet und zue
solchem endt sontag umb 9 uhren vormittag bestimbet.
Obwoln in dieser conclusion nicht angedeutet, daß die gravamina non
acceptatis replicis solten catholischentheilß zuesammengetragen werden, so
seindt doch maiora dahin gerichtet, und wird man sich dannach zu ver-
halten haben.