Acta Pacis Westphalicae II A 1 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 1: 1643 - 1644 / Elfriede Merla
296. Nassau und Volmar an Ferdinand III Münster 1644 Juni 24
Münster 1644 Juni 24
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 47a, Konv. B fol. 220–224’, 231–232, praes. 1644 Juli 5 =
Druckvorlage – Konzept: ebenda Fasz. 92 II nr. 310b fol. 652–659’.
Weitere Verhandlungen wegen der französischen Vollmacht. Zuziehung Dänemarks zum Kongreß.
Französisch-schwedische Konferenz. Ablehnung der Vermittlung der Mediatoren zwischen Kaiser
und Reichsständen, in specie Hessen-Kassel. Schreiben wegen Austauschs hessischer Völker gegen
holländische in Ostfriesland. Brandenburgische Anfrage über den Zeitpunkt für die Absendung der
kurfürstlichen Gesandten und wegen des Präeminenzstreites mit Venedig. PS: Abreise d’Avaux’
nach Harkotten.
Wir haben Rezepisse vom 6. Juni
Konzept: RK , FrA Fasz. 47b fol. 94 – Kopie: ebenda Fasz. 92 II nr. 309 fol. 650.
Auf [ nr. 267 ] und [ nr. 273 ] .
gleichergstalt nichts haubtsächliches zu referieren, dieweil uns biß daher uf
dasihenig, was wir den 5. diß wider die Franzößische vollmacht crafft von
Eur Kayserlichen Mayestät uns angefüegten bevelchs denn herren media-
toren in schrifften vorgetragen
Siehe [ nr. 283 ] .
denn Franzößischen plenipotentiariis selbst einige antwort oder erclärung
angefüegt worden. Es hat aber der Spannische abgesandte don Diego
Saavedra uns durch einen negstverwichenen sambstag, den 18. huius, an
mich, Vollmarn, eingeschickhten zetul zu wissen gemacht, das denselben
tag der Venetianische ambassator bey ime gewesen und neben anderen vilen
discursibus sich dahin vernemmen lassen, die Franzosen begerten sich einmal
wegen enderung irer vollmacht zu accommodieren. Sie und die Schweeden
weren auch zufriden, das der könig von Dennemarkh zu den universal-
fridenstractaten , doch nur als herzog zu Holstein und nit als könig in
Dennemarkh, wegen seines reichs interesse contra Schweeden admittiert
werde. Hierauf möchte die accommodation der vollmachten vor die handt
genommen werden, und solten zu solchem ende vorderist Eur Mayestät
gesandten zu Oßnabrugg sich erclären, das ire vollmacht hievor schon
quoad formam et materiam durch herrn graf Kurzen mit dem Salvio aggiu-
stiert und verglichen worden, dann es nit genueg sey, das wir uns dessen
in unserer contradictionsschrifft heten vernemmen lassen.
Auf welchen zetl ich, Volmar, alsogleich ime, damit er nit etwan auf prae-
iudicierliche einbildungen fallen thete, widerumb durch einen zetl geant-
worttet , ich könte fürs erste wol glauben, das den Franzosen wol ernst seye,
ire plenipotenzen zu emendieren, dann die convenientia sey clar und erfordere
es auch ir ieziger status. Zum andern könte ich nit verstehen, was der
Venedische ambassator mit begerter declaration von den Kayserlichen ge-
sandten zu Oßnabrugg vermeine, ob sie solche ime, mediatoren, oder denn
Franzosen oder Schweeden thuen sollen. Dann so es die mainung, das dise
declaration gegen ime als mediatoren zu beschechen, so were es sonder
zweifel dahin angesechen, das er, ambassator, sich mit disem actu in posses-
sionem mediationis auch bey denn Schweedischen handlungen sezen wolte,
derentwegen man hierzu ohne neüen Kayserlichen bevelch nit verstehen
könte. Gegen denn Franzosen aber dise declaration zu thuen, were nit
weniger ein ungereimbtes zuemuethen, weiln die tractaten zwischen Schwee-
den und Eur Kayserlichen Mayestät von den alhießigen ganz und gar
abgesöndert, die Kayserlichen gesandten zu Oßnabrugg auch in wenig oder
vil mit denn Franzosen sich einzulassen ganz nit instruiert. Gegen denn
Schweeden aber were dißorts einiger weiterer erclärung nit vonnöten, weil
es bereits beschechen und von inen über disen puncten nichts repliciert
worden. Das dann die königliche würde in Dennemarkh allein wegen deß
herzogthumbs Holstein und nit wegen seines als königs in Dennemarkh
interesse contra Schweeden zu disen universaltractaten admittiert werden
wellen, das seye ein sach, darzue sein königliche würde ebensowenig als
Eur Kayserliche Mayestät selbst verstehen werden; dann es sey dißorts
deß königreichs Dennemarkh interesse mit deß heiligen Römischen reichs
interesse dermassen verwandt, das es sich von disen universaltractaten nit
separieren lasse. Und seye gleichwol verwunderlich zu hören, nachdem die
Franzosen und Schweeden selbst die alhießige und Oßnabruggische con-
gressus für ein universalfridenshandlung getaufft und von meniglich ge-
glaubt haben wellen, darbey ein universalfriden durch die ganze christenheit
gehandlet und geschlossen werden soll, das sie aniezt den könig in Denne-
markh davon außzuschliessen und zu anderwertigen irem belieben nach
anstellenden particulartractaten dringen und nötigen wellen. Wann demnach
der Venedische potschäffter mit keinen besseren propositionibus aufgezogen
kommen wolt, könte er mit disen auch wol zu haus bleiben.
Folgenden sontag ist ermelter Don Diego selbst zu mir kommen und hat
sich uf weitere von mir empfangene erleüterung vernemmen lassen, das er
gedachtem Venedischem pottschäffter über disen seinen vorschlag und anzeig
kein antwort geben, sondern allein die andeüttung thuen lassen wolte, er
möchte ime belieben lassen, mit uns sambtlich zu reden.
Erhtag abendts aber gibt er mir, Vollmarn, widerumb durch einen zetl
bericht, das er selbigen tag den Venetianischen besuecht, und were bey
diser conferenz allein haubtsächlich sovil fürgangen, das der Venedische
ambassator erzehlet, waßgestalten der conte d’Avaux den tag zuvor ime
und herrn nuncio zu wissen gethan, waßgestalten sie, Franzößische, mit den
Schweedischen gesandten zwischen hier und Oßnabrugg sich zuesamen-
zuthuen und ein conferenz zu halten, dabey aber sonderlich zu consultieren
vorhabens weren, wie und durch was mitel die fridenstractaten in rechten
fortgang zu bringen; dabey er sich dann verlauten lassen, das sich in Eur
Kayserlichen Mayestät gesandten zu Oßnabrugg vollmachten noch wol vil
sachen befinden würden, darüber man einiger accommodation vonnötten
hete. Man seche wol, das Eur Kayserlichen Mayestät zum friden nit sehr
ernst, weil sie verhofften, das der kriegslast von iren erbländeren nunmehr
abgewendet und uf die reichsständt gewalzet werden könte. Eur Kayser-
liche Mayestät heten der reichsdeputation zu Franckfurt eine formb für-
geschriben
Schreiben Ferdinands III. vom 17. Mai 1644. Vgl. [ S. 426 Anm. 4 ] .
zu beantworten. Es werden aber die ständt ire freyheit nichtsdestoweniger
in acht nemmen. Endtlich hab offtbemelter Venetianischer ambassator von
ime zu wissen begert, durch was mitel doch dise fridenstractaten ohne
lengeren ufhalt zum fortgang gerichtet werden möchten. Darauf habe er
geantworttet, kein anders zu sein, als das Dennemarkh ohne undterschid
wegen seines interesse insgemain zu disen fridenstractaten von denn Fran-
zosen und Schweeden zuegelassen und alßdann seiner königlichen würden
zuegeschriben werde, ire gevollmächtigte abgesandten unverzüglich ad loca
tractatuum einzuschicken.
Und dieweil dann er, nuncius apostolicus, uns ebenmesßig am montag zuvor
der Franzößischen gesandten vorhabende abraiß zu denn Schweeden fast
mit gleichem fürwort (das dise conferenz zu beförderung der fridenstractaten
angesechen sein soll) andeüten und dabey begeren lassen, das sie an dem
paß über die Embs zu Töllicht
Siehe [ S. 480 Anm. 2 ] .
werden möchten, verordnung zu thuen, also ist nit zu zweiflen, das diser
beeden feindtlichen cronen plenipotentiarii sich daraufhin gegen uns alhie
und denen zu Oßnabrugg einer resolution werden vernemmen lassen. Und
berichtet uns sonderlich obgedachter Spanischer gesandter vorgestern abents
weiter, das herr nuncius selbigen tags auch ine besuecht und sovil außge-
schlagen hette, das die Franzosen mit gedancken umbgiengen, bey denn
herren mediatoren ein protestationschrifft wegen verzägerung der fridens-
tractaten einzugeben.
Sodann als Eur Kayserliche Mayestät aus unser vorigen relation neben
andern deß Hessen-Casßlischen deputierten ankonfft alhie genedigist werden
vermörckht haben, sollen wir hiemit weiters in underthenigkeit anzuzaigen
nit undterlassen, das zwar er bis dahero bey uns sich nit angemelt. Es hat
aber vergangnen montags der Venetianische pottschäffter zu mir, grafen
von Nassau, geschickht und anmelden lassen, das diser Casßlische deputatus
sich bey ime eingefunden und neben anderm vorgetragen, wie das er in
namen seiner frau principalin gern mit uns als Kayserlichen gesandten, wie
auch mit denn herren Spanischen abgesandten „in bona creanza“ (wie die
formalia gelautet) stehen wolte, wüste aber nit, wie wir es vom ime ufzu-
nemmen gedencken möchten; derentwegen er, ambassator, uns ersuechte,
wir wolten uns erclären, wie wir es mit disem deputato zu halten begerten.
Nun hat uns gedunckht, es werde sich nit thuen lassen, das die herren
mediatores, welche haubtsächlich allein zwischen Eur Kayserlichen Maye-
stät und denn feindtlichen cronen einen friden zu erhandlen helffen heten,
sich auch der ungemittleten reichsständten annemmen solten, sondern das
disen gebüren wurde, ire sachen selbst bey uns anzubringen und die genad
bey Eur Kayserlichen Mayestät zu ersuechen oder zu erwartten, was die
feindtliche cronen irenthalben negocieren wurden.
Haben derentwegen ime, ambassatoren, folgenden tags uf sein anvermahnen
anzeigen lassen, wir heten von Eur Kayserlichen Mayestät gewissen bevelch
und instruction empfangen, wie wir uns gegen dergleichen bey disem con-
gress ankhommenden reichsständten zu verhalten haben solten, deme wir
auch also nachzukommen gedächten und die Hessen Casßlische gesandten,
wann sie sich bey uns gebürlich würden lassen anmelden, darnach zu be-
scheiden nit underlassen würden. Aus diser antwort vermerkhte er, ambas-
sator , wol, das dergleichen undter den reichsständten undterfachende mitt-
lung nit angenemb sein würde, liesß derentwegen fragen, ob es volleicht
inskönfftig bedenckens haben soll, dan uf solchen fahl er deren sich gänzlich
zu enthalten begerte. Darauf ime geantwortet, wir weren, wie gemelt, der
reichsständt halber schon instruiert, und wurde nit nötig sein, das sie sich
dergleichen mitlung, wie zwischen Eur Kayserlichen Mayestät und deren
feindtlichen cronen verglichen, bedienen solten.
Und seitemalen wir dann aus Eur Kayserlichen Mayestät gesandten zu
Oßnabrugg uns communicierten iungsten relation vernemmen, was ur-
sachen sie dem alldort angelangten Hessen Casßlischen deputato die audienz
ufzuhalten und in suspenso zu lassen gedencken, und also damit dißorts
kein ungleicheit in der handlung fürlauffe, haben wir uns ebenmesßig ent-
schlossen , gegen dem alhießigen uf sein erstes anmelden uns gleicher endt-
schuldigung und antwort zu gebrauchen.
Als wir auch von mehr berüerten Keyserlichen abgesandten zu Oßnabrugg
vergangnen montags berichtet worden, das vermög einkomner glaubwür-
digen kundtschafft in der grafschafft Ostfrießlandt ein landtag gehalten und
dabey tractiert werden soll, die in selbiger revier stehende Hesßische besa-
zungen gegen einnemmung Staadischen kriegsvolcks außzuschaffen, mithin
dise landtschafft wider Eur Kayserliche Mayestät in neutralitet, hingegen
aber undter die Staadische protection zu sezen, mit andeüten, das von uns
ob morae periculum alsobalden an Eur Mayestät generalfeldtzeügmaistern,
herrn grafen von Vehlen, gelangt werden solte, das er an den herrn grafen
zu Ostfrießlandt und desselben landtständt bewegliche abmahnungsschreiben
wolte ablauffen lassen, also haben wir solches zugleich Eur Mayestät und
deß reichs dienst zu beförderen für rathsamb erachtet und derentwegen an
ine, grafen von Vehlen, innhalts beyligender abschrifft geschriben und steet
hierüber deß erfolgs zu erwartten
Auersperg und Krane berichteten Ferdinand III. 1644 Juni 23 über den Versuch, die
Grafschaft Ostfriesland den Holländern in die Hände zu spielen. Ausfertigung: RK , FrA
Fasz. 46e, Konv. b fol. 412–412’, praes. 1644 Juli 5. Beilage [1] Johann Behr an Auersperg
und Krane, Bremen 1644 Juni 16. Ausfertigung: ebenda Fasz. 46e, Konv. b fol. 413–413’.
Beilage [2] Gf. von Velen an Nassau und Volmar 1644 Juni 20. Kopie: ebenda Fasz. 46e,
Konv. b fol. 420–420’. Beilage [3] Nassau und Volmar an Gf. von Velen Münster 1644 Juni 20.
Kopie: ebenda Fasz. 46e, Konv. b fol. 418–419’.
Bey mir, grafen von Nassau, hat sich der Churbrandenburgische edlman ,
so von anfang her sich wegen Churbrandenburg zu zeiten hier, dann zu
Oßnabrugg ufgehalten und vor zwayen tagen von Oßnabrugg alhie wider
angelangt ist, angeben und in namen seines genedigisten herrn zu ver-
nemmen begert, wann es zeit sein möchte, das sein churfürstliche durch-
laucht ire gesandten alhie einschicken solten, dann weil noch von Chur-
mainz niemandt verbanden auch unbewust, wie bald selbige gesandten
ankommen wurden, so hete auch sein genedigister herr bisher damit inn-
gehalten , und geben benebens die Schweedischen gesandten bestendig auß,
das es allein bey denn Kayserlichen gsandten hafften thüe, das in den fridens-
handlungen nit würklichen fortgeschritten würde. So were seinem genedi-
gisten herrn von Churcölln und Bayern unlengst zuegeschriben worden,
ob were man an Eur Mayestät seiten alhie intentioniert, die Venetianische
pottschafft denn churfürstlichen gesandten vorzuziechen, mit begeren, sein
churfürstliche durchlaucht wolten dißorts auch mit dem churfürstlichen
collegio zu erhaltung dessen praeeminenz anhalten helffen. Darauf hab ich
ine beantwortet, es würde der herr churfürst zu Brandenburg selbst die zeit
am besten zu ergreiffen wissen, sonderlich aber aus denen entzwischen von
Eur Kayserlichen Mayestät an ine abgangenen undterschidlichen schreiben,
waran es in eim- und anderm erwenden, und das die schuldt deren bißher
erscheinenden verzägerung bey niemandt anderm dan haubtsächlich bey
denn Schweeden wegen von inen erweckhten Dennemarkhischen kriegs
und dann bey denn Franzosen wegen irer mangelhafften und unannemb-
lichen vollmacht bestehen thüe, vernommen haben. So hete es auch mit
denienigen, was von der Venetianischen pottschafft angezogen worden,
gar die mainung nit, das Eur Kayserliche Mayestät selbige denn chur-
fürstlichen gesandten in einigerley weiß noch weeg vorzuziechen begert,
vil weniger wir dessen bevelcht, sondern wir heten außtrükhliche instruction,
neben anderem vornemblich uf die handthabung eines hochloblichen chur-
fürstlichen collegii praeeminenz und hocheit zu sechen; allein, weil von den
Churcöllnischen abgesandten mit entgegenschickhung der gutschen auch
überlasßung der oberhandt in fürgehenden beßuechungen sachen an uns
gemuetet worden, so dem herkommen im reich zuwiderlauffen theten, heten
wir uns dessen nothwendig endtschüldigen müssen. Über welches er mir
geantworttet, sein genedigister herr begerte seinestheils zugleich nichts
anders, als das alles bey den alten herkommen gelassen werde.
PS Vorgesteren ist der conte d’Avaux von hier zu deren mit denn Schweeden
angestelter conferenz nach Herkott verreist, der Servient aber alhie ver-
bliben .