Acta Pacis Westphalicae II A 1 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 1: 1643 - 1644 / Elfriede Merla
249. Auersperg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1644 Mai 9
Osnabrück 1644 Mai 9
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 46e, Konv. b fol. 324–329’, praes. 1644 Mai 24 = Druckvorlage
– Kopie: ebenda Fasz. 92 II ad nr. 255 fol. 342–346.
Diskurs des Dechanten zu St. Johann mit dem pommerischen Gesandten Runge über die Aus-
wechslung der Vollmachten und über die Loslösung Pommerns vom Reich. La Thuilleries Auftrag zur
Vermittlung zwischen Dänemark und Schweden und zur Herbeiführung eines Bündnisses zwischen
Dänemark und Frankreich.
Der dechandt zu St. Johans alhie hatt freytags, den 6. dießes, bey mir,
Crane, nachfrag gehabt, ob noch kein anthwortt von Ewer Mayestät wegen
außanthworttung der volmacht einglangt. Stälte sich aber dhabey, gleich-
samb er sölches auß aigener bewegnüß dürch veranlaßung eins zwischen
ihme und einem von den Pommerischen abgeordneten alhie – Jo[hannes]
Rongio der rechten doctorn unnd stadt Stetin syndico – vohriges thages
fürgefallenen discurs thue, indeme selbiger syndicus eß fast behaubten
wöllen, daß die mora, warümb die friedenßhandlung ihren vortgang nitt
gewinne, bey dießer seidten stünde, weiln eß eine geraume zeitt seie, daß
man von alhie veränderten statu gewüst unnd immittels woll andere instruc-
tion hette zu handen bringen können. Er, dechandt, aber habe selbigem
syndico dhagegen diejenige bedencken, so wir ihn iungsthin bey unnßer
erclehrung auff der Schwedischen gesandten zumuhtung der extradition
halben zu hinderbringen auffgeben, gehabt unnd in specie dhabey vorgestelt,
daß man zwar vorlengst von alhie vorgefallenen veränderung bey Ewer Ma-
yestätt hoff, gleichwoll aber von herzukombst deß Schwedischen gesandten
nitt wissen können, daß werck an ihn selbst schwer unnd wichtig seie,
unnd wir dhahero nitt zu verdencken, daß eß ad referendum angenohmen
hetten, zumahln die Schwedische dergleichen gethan unnd ebensowenig auf
gegenwertige stunde mit instruction, wie sich bey also veränderten standt
zu verhalten, versehen sein; unnd habe er, dechandt, bey sölcher gelegenheit
benebenst für sich selbst gemelten syndicum gefragt, ob man dan in Pom-
meren so groß verlangen trüge, vom Römischen reich dismembrirt zu
werden? Wans zu den tractaten kommen würde, würde dieß die erste frag
sein, wie unnd welchergestaltt Pommeren den Schweden anstatt praeten-
dirter satisfaction zu überlaßen. Er habe sölchs von den Schwedischen unnd
selbiger cron woll affectionirten selbst, und möchte ethwo sein, daß der
könig in Dennemarck derentwegen von dießen tractaten seie hinweggetrie-
ben worden, dhamitt die Schweden desto ehender mit Pommeren vort-
kommen mogen. Pommeren seie gleichwoll ein vornembes reichßfürsten-
thumb , unnd bedürffe woll einer reifflichen berahtschlagung, nitt alleine mitt
den churfürsten (deren gesandten iedoch auch noch nicht hier zur stelle
wehren), sondern auch denen übrigen ständen deß reichß, ob ein sölchs
ansehenliches stück von dem reich abzureißen und einem frembden poten-
taten zu überlaßen seie. Ewer Kayserliche Mayestätt könten es vor ihr haubt
allein nit thuen, die würden „Augustus“ nit a diminuendo, sondern ab
augendo imperio genennet, daß werck laße sich dergestalt nitt übereilen.
Der syndicus habe sich dhahingegen in vertrawen vernehmen laßen, eß
müste nitt dhahin kommen, daß Pommeren vom reich sölte abgezwackt
unnd der cron Schweden zugeaignet werden; selbige landtschafft würde
sich vom Römischen reich nitt absonderen, weniger der Schwedischen
beherschung undergeben laßen, hette deßwegen ihre starcke und hochver-
bündtliche capitulation mit der cron Schweden
Gemeint ist wohl der Bündnisvertrag vom 10./20. Juli 1630. Vgl. hierzu APW [ I 1 S. 264f. ]
und M. Bär S. 75ff.
bration von den Schweden nitt sölle gesucht noch angenohmen werden.
In Pommeren seie man dem Schweden noch gewachßen unnd noch woll
mittl, sich von deren joch zu erretten, wan sie wieder ihre zusage waß
aflectiren sölten. In Stättin unnd Straelsundt, so die vornembste stätte im
landt seien, hetten die bürgermeister sowoll die schlüßell vom thorr unnd
die bürgerschafft die wacht alß die Schwedische besatzung, so auch gering
unnd von den bürgern an der zahll weitt übertroffen würde; eß seie der
Pommerischen landtschafft nur ümb die freyheitt der religion zu thuen,
de resto achteten sie sich der Schweden wenig. Darauff der dechandt ferners
angeregt, daß er gleichwoll die nachrichtung habe, gestalt der Pommerischen
stände hiehero beschehene deputation vorneimblich zu dem ende angesehen
oder wenigst von den Schweden dhahin außgedeutet würde, dhamitt selbige
stände ihren consens zu selbiges fürstenthumb translation an die cron
Schweden mitt geben mögen. Wegen der religion wüste er gleichwoll nitt,
daß Pommerlandt iemahln sölte angefochten sein, man habe ia den religion-
frieden unnd sö stattliche reichßabschiedt, warin derselbe iedeßmahls be-
stettiget worden, vor sich, und wiße man Ewer Kayserlichen Mayestätt hohes
Kayserliches gemüht, daß dieselbe keinen standt deß reichß wieder sölchen
frieden zu beträngen, sondern menniglichen vielmehr dhabey zu schützen
und zu handthaben gemeint sein, darzu hette man sich zu verlaßen unnd
woll vorzusehen, daß man nitt unter den praetext der religion ümb alle
wollfahrt unnd hochheit gebracht würde. Der syndicus aber hab von der-
gleichen ümbstenden wegen der Schweden gedancken hiebey nitt wißen
wöllen, sich aber gegen ihn, den dechandt, wegen guter alten kundtschafft,
so sie mitteinander hetten, auff selben discurs vertrewlich heraußgelassen,
warvon er, dechandt, unns mitt allem ümbstenden zur nachricht anzeigen
wöllen. Ich, Crane, hab ihm deßwegen gebührenden danck gesagt unnd
geanthworttet, daß er dem syndico gar woll begegnet, die mora stehe bey
deme, der die veränderung der confusion alhie hineingeführt. Von prae-
tension der cron Schweden wegen Pommeren seie mir noch nichtz bewust,
die handlung würde eß geben, waß dern begehren seie. Immittels könte ich
ihme, dechandt, woll versicheren, woferne eß den Pommerischen ständen
nur ümb versicherung der religion zu thuen, daß darinn woll mittll zu
finden, ihnen ohne zuthuen der cron Schweden alle satisfaction zu geben.
Er, dechandt, könte bey gutter gelegenheit dhavon bey denen Pommerischen
(doch ungemeldet, whoher eß komme) glimpflich gedencken, auch darfür
warnen, daß die religionsfreyheit denen stenden fürgebildet, aber waß anders
darunder gesucht würde unnd man sich woll in acht zu nehmen habe, dha-
mitt man nitt betrogen werde etc. Dem dechandt hatt sölche meine anth-
wortt woll gefallen, unnd will gelegenheit suchen, ob sich dern nützlich
bedienen möge.
Immittels ist auch selbiger dechandt von dem baron de Rortee anglangt
worden, bey unns gleichsamb in discursu zu verstehen zu geben, daß der
ankommener Frantzosiche gesandte de La Thuillierie zu Münster von allen
aldha anwesenden gesandten Kayßerischen unnd Spanischen seie besucht
worden, wüste nitt, warümb dergleichen ceremonien von unns allhie under-
laßen würden.
Wir haben dem dechandt geanthworttet und gleichergestaltt dißcursweiß
zu hinderbringen begehrt, daß wirs unnßerstheils darfür halten müsten,
selbiger gesandter seie alhie incognito, weiln man unns von deßen wiewoll
offentlicher ankombst nitt vorhero, wie eß sich gebührt unnd denen Schwe-
dischen gesandten angezeigt worden, zu wißen gethaen, dhamitt wir dem-
selben unnßere gutschen hetten entgegenschicken unnd fölglich die visita
geben mögen; weiln man unns aber mitt selbiger ersten ansag praeterirt,
würde eß unns auch nitt zu verdencken sein, daß wir unns auch der visita
enthielten; seie auch ein underscheidt zu machen, waß zu Münster geschehen
unnd waß alhie beschehen sölle. Zu Münster habe sich der monsieur de
Thuillierie bey erster ankombst für einen gesandten, der in sachen, die all-
gemeine friedenßhandlung betreffendt, komme, ümb einige communication
derentwegen mitt denen aldha anwesenden Frantzosischen gesandten zu
thuen, außgeben, ja sogar noch bey seinem abzug von denen Kayserlichen
gesandten einen paßbrieff underm schein habender commission wegen
selbiger algemeinen fridenßhandlung genohmen, wie er aber alhie ankom-
men , gebe er sich für einen Frantzösischen abgesandten auß, der nach
Dennemarck unnd Schweden reise; komme also nitt ümb friedt unnd
freundtschafft zu stifften, sondern krieg und feindtschafft zu underhalten,
unnd seie seine reiß in selbige lande vorneimblich uff handlung eins parti-
cularfriedens zwischen Dennemarck unnd Schweden angesehen, dhamitt
darnach der krieg wieder Ewer Mayestätt und daß reich desto stärcker möge
vortgesetzt und dieße algemeine handlung zerschlagen werden; dhahero
wir ihnen nitt visitiren könten, unnd dha man zu Münster von sölcher
seiner commission würde gewust haben, würden die ceremonien aldha auch
woll hinderplieben sein.
Underdeßen hatt unns auch der von Langerman vorgestern wißen laßen,
daß er auff begehren gedachtes monsieur de Thuillierie zuvor einen botten
von hier nacher Dennemarck abfertigen und der de La Thuillierie vielleicht
selbiges botten zurückkombst noch alhier erwartten werde; die schreiben
aber, so der botte nacher Dennemarck übertragen sölle, würde derselbe
nitt hie, sondern allererst zu Hamburg bey der post erheben. Er, Langerman,
seie auch bedacht, den de La Thuillierie, weiln derselbe eß von ihme begehrt,
zu besuchen und hernachmahls unns von den vorgefallenen discurs bericht
zu erstatten. Demnach aber unschwer zu erachten, daß die schleunige ab-
schickung nach Dennemarck sachen betreffen mueß, welche zwischen ihnen
albereith abgeredet worden, der von Langerman aber uns dhavon einige
nachricht gegeben, alß kombt unns seine persohn ie lenger ie mehr ver-
dechtig für, dhahero auch, dießen heimblichen practiquen unnd deß Thuil-
lieries handlungen vorzukommen, dem von Plettenberg wie auch dem kö-
niglich Dännischen gesandten Christoph von der Lippe von hier zu wißen
gethaen worden, welchergestalt erstbesagter de La Thuillierie sich bey Ewer
Kayserlichen Mayestätt zu Münster anwesenden gesandten auffs höchste
(gleichwoll aber ümbsönst) bemühet, damit die friedenßhandlung mitt dem
Schweden alhie mitt außschließung der königlichen würden zu Dennemarck
ihren anfang und vortgang gewinnen mögte.
Indeme wir nun gleich in abfaßung dießer unnßer gehorsambsten relation
begriffen, kombt ebengemelter Dännische abgesandter, der von Langerman,
zu unns unnd berichtet unns, daß er dem monsieur de La Thuillierie die
visita gegeben unnd hingegen von demselben empfangen hab, sei in discursu
haubtsachlich dießes vorgelauffen, daß der monsieur de La Thuillierie be-
fehlicht , sich nitt allein nach Dennemarck unnd Schweden, sondern auch
zu deß ertzstiffts Bremen einhabern, fürst Friederichen von Holstein, sodan
dem graffen von Oldenburg zu erheben, ümb alle mittel unnd gelegenheit
zu versuchen, dhamit der krieg zwischen obgedachten beeden cronen möge
hingelegt unnd friedt gestifftet werden. Bey der königlichen würden in
Dennemarck sölte er beneben deß medii pacis auch zugleich von enger
verbündtnüß mitt Franckreich wieder Ewer Mayestätt unnd dero hochlöb-
lichen ertzhauß vorschlagen; media pacis würden sein, alles gegeneinander
auffzuheben unnd die Schwedische armada auß Dennemarck wieder ins
Römische reich zu führen, gestalt dan die cron Franckreich schon würcklich
ümb abführung bey dem Schwedischen general Törstensohn negotiiren
liesse. Man lebe Frantzösischer seidten der hoffnung, daß die königliche
würden bey ihrer vohrigen meinung, gestalt alles zuvor müße restituirt
werden, nitt so steiff beharren, sondern der interposition statt thuen wöllen,
in erwegung, auch Ewer Kayserliche Mayestätt zu der algemeinen friedenß-
handlung verstanden und dannoch den punctum restitutionis vorhero nitt
getrieben hetten. Der monsieur de La Thuillierie würde ethwo inner vier
tagen von hier abreisen, habe deß Torstensohns vetteren wie auch deß
beim Törstensohn anwesenden Frantzosischen residenten, monsieur d’ Avan-
court , secretarium bey sich und bewerbe sich dießerendts nach, ümb einige
trabanten zu haben.