Acta Pacis Westphalicae II A 1 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 1: 1643 - 1644 / Elfriede Merla
135. Nassau und Volmar an Ferdinand III Münster 1644 Januar 1
Münster 1644 Januar 1
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 47a, Konv. B fol. 6–7’, 14–14’, 20, PS fol. 15, praes. 1644
Januar 14 = Druckvorlage – Konzept: ebenda Fasz. 92 I nr. 123 fol. 601–604.
Aushändigung der spanischen Ratifikation. Waffenstillstand. Verweilen der französischen Gesandten
in den Haag. Innerfranzösische Kämpfe. Volmar.
Wir haben nr. 117 erhalten und darauf uns auch alspald zu denn Spanischen
plenipotentiariis verfüegt und dasihenig, was Ewer Mayestät wegen bedeü-
ter außlüferung für das negst und richtigiste finden theten, vorgetragen.
Die haben uns darüber folgendergestalt beantwortet: sie heten hierundter
kheinen anderen bevelch, dann das sie uns solche ratification zuehanden
stellen solten, da sie uns dann anheimbgeben thetten, das wir solchem
Eur Kayserlichen Mayestät ergangnem genedigisten bevelch nachkhom-
men möchten; irestheils aber begerten sie darmit nichts weiters zu schaffen
zu haben, noch darfür angesechen zu sein, das sie in namen ires königs solche
ratification in der Franzosen handen zu lassen einigen consens geben heten.
Weren wol der meinung gewesen, das demienigen, was der graf von Aurs-
perg derentwegen zuegesagt, ein benüegen geschechen sein wurde, wann
solche ratification bei den herrn interpositoren depositiert und in iren
handen behalten und von disen allein denn Franzosen vorgewisen und ver-
lesen wurde. Solten die darmit nit wollen content und zufrieden sein, sondern
erhebliche ursachen, warumb mans in iren handen lassen müesst, fürbringen,
so were alßdann noch zeit genueg, sich darüber zu resolvieren, dann es
weren doch der Franzosen ratificationes nit Eur Kayserlichen Mayestät
oder dero plenipotentiariis, sondern zue handen deß königs in Dennemarkh
depositiert worden. Die Franzosen werden solches zue der cron Spanien
verschimpfung außdeütten, ursach daher nemmen, allerhandt cavillationes
herfürzusuechen, ja auch in anderen bei der handlung vorkhommenden
sachen iederzeit praetendieren, das man inen ein und ander originaldocu-
mentum in handen liferen und lassen müeste. Sie hetten auch desto weniger
ursach, uf behendigung dises originals zu tringen, weil alles dasihenig,
warumben dise ratification gesuecht, nunmehr mit würckhlicher beschick-
hung deß in praeliminaribus verglichenen congressus facto ipso vollnzogen
worden. Wie dem allem aber, so lassen sie es bei anfangs beschechnem
erbietten verbleiben und dahingestelt sein, das wir alßdann mit der auß-
lüferung Eur Kayserlichen Mayestät erteilten bevelch gemeß verfahren
möchten, und haben uns auch zu solchem ende noch gestrigen abendts ir
ratification in originali behendigen lassen, welches wir dann, als hiemit
beschicht, Eur Kayserlichen Mayestät gehorsamist zu referieren benom-
men .
Was uns dann wegen deß armistitii khönfftig gegen dem Venetianischen
ambassatoren zu beobachten genedigist anbevolchen wirdet, deme soll
gehorsamiste folg beschechen, allermassen wir auch biß daher uf sein mehr-
malig anregen uns eines mehrern nit vernemmen lassen, dann das diß ein
sach were, so pro et contra grosses nachgedenckhen hete und noch uf
Eur Kayserlichen Mayestät resolution auch an deme bestuende, waß
dessentwegen die gegentheil praetendieren und vorschlagen wurden, ausser-
halb , was wir uns gegen denn Spanischen abgesandten aus anlaaß irer instruc-
tion doch allein per modum consultationis mit mehrerm außgelassen haben.
Welche sich auch hiebevor schon gegen uns erbiettig gemacht, was in hoc
puncto von den Hollenderen vorkhommen möcht, mit uns verthreülich
zu communicieren, darauf wir auch unser fleissiges aufsechen ze haben
unvergessen bleiben wellen.
Und dieweil uns dann von der Franzößischen plenipotentiarien handlung in
Hollandt, auch irem verlautenden aufbruch gegen Münster, nr. 1, 2, 3 beyli-
gende zeitungen zuekhommen, haben wir selbige gehorsamist zu über-
schickhen nit umbgehen sollen, aus welchen in summa sovil zu ersechen,
das sie noch derzeit mit den Staaden zu kheinem schluß gelangt, sich zwar
ansechen lassen, das sie von dem cardinal Mazzarini unverlengt nach Mün-
ster zu verreisen bevelcht, iedoch ohne die Hollendische deputierte sich uf
den weeg zu begeben nit bedacht, sondern deroselben cunctation sich zu
irem intent bedienen und noch wol vor khonfftigen Ossterfeyertägen auf
Münster nit khommen dörfften, alles der intention und hofnung, das sie
endtzwischen ire sachen in Teütschlandt widerumb uf einen sicheren fueß
sezen und ire anvor gehabte consilia noch durchtruckhen möchten. Und
hat uns der Venetianisch ambassator vorgestern gleichergestalt angezeigt,
das er von einer vertrauten person aus Hollandt ebenmesßigen bericht
bekhommen und dise formalia gesetzt worden: aut omnia me fallunt aut
Galli ante tres menses hinc non discedent, wiewol ime mit diser ordinari
von Pariß durch seiner republica daselbst residierenden ambassatoren
widerumb geschriben, das der cardinal Mazzarini nochmalen confirmieren
thüe, den vorbemelten plenipotentiariis, sich ohne einigen anstandt nach
Münster zu erheben, ernstlicher bevelch zuegeförttiget worden seye.
Contarini berichtet über Auseinandersetzungen des Adels in Frankreich . Von Cölln
hett er, ambassator, sovil nachricht, das der cardinal Rossetti ein gueten teil
seines hofgsindts licentieren thet, daher schlechte apparenz, das er alher-
khommen werde.
Es haben auch die Spanischen abgesandten in angeregter conferenz von
dem langen außbleiben der Franzosen meldung gethan und sonderlich
angezogen, das diß ein sehr ungüettlich und schimpfliche, Eur Kayser-
lichen Mayestät, der cron Spanien, denn herren interpositoren selbst unlei-
denliche procedur were, da dise plenipotentiarii ungeachtet vom Franzö-
ßischen hof hin und wider ausgeschribener vertröstungen erst lang nach
dem zu dem congress verglichenen termin von Pariß abgereist, iren weeg
nit nach Münster, wohin sie der so hoch von inen selbst getribene praelimi-
narvergleich gewisen, sondern negst darbei vorüber mit nit geringer ver-
schimpfung deren daselbst versambleter Kayserlichen, Spanischen und
Venetianischen gesandten nach Hollandt genommen, bis dato sich daselbst
nit in fridenssachen, sondern mit tractation neüer gefährlichen, zue undter-
gang der heiligen catholischen kirchen ausschlagender pündtnus aufgehalten,
inmitlst iren gegentheil alhie nunmehr dann 5 ganzer monat vergeblich mit
grossem costen zuewartten lassen, und wolle noch einige gewisßheit nit
erscheinen, wann man sich eigentlich irer ankhonfft werde zu versicheren
haben. Sie vermeinten, es solte wol nit übel gethan sein, wann sich unser
allerseits genedigiste herren principales resolvieren thetten, wo die Fran-
zosen sich in einer khurz bestimbten zeit nit einstelten, ire plenipotentiarios
widerumb abzuforderen und allen potentaten und ständten in Europa zu
remonstrieren, das die schuldt dises langwührigen bluettstürzens in der
christenheit niemandt anderm dann eben denn Franzosen zuezumessen
were. Dise resolution wurde in Franckhreich grosse alternationes causieren
und die königliche regierung wol anderst nach dem friden ze trachten
machen. Wir haben es für einen discurs hingehen lassen und gleichwol nit
ermanglen sollen, davon auch Eur Mayestät abgesandten zue Oßnabrugg
parte zu geben , umb der sachen nachzugedenckhen, was endtlich bei
solcher bewandtnus Eur Kayserlichen Mayestät gehorsamist einzurathen
sein möchte.
Ich, Volmar, werde mich der Partikularverhandlungen für die Erzherzogin Claudia
von Österreich enthalten.
PS Hinweis auf Beilage 4.
3 Avisi aus den Haag, 1643 Dezember 18. Kopie: RK , FrA Fasz. 47a, Konv. B fol. 12–13’.