Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
284. Nassau und Volmar an Ferdinand III Münster 1645 November 7
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Münster 1645 November 7
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 49a, Konv. A ( Oktober – Dezember 1645 ) fol. 67–73, praes.
1645 November 20 = Druckvorlage – Konzept: ebenda Fasz. 92 VI nr. 889 fol. 408–
412 – Kopie: Den Haag A IV 1628 nr. 18.
Anfrage der Vermittler bei den französischen Bevollmächtigten nach einer französischen Replik
auf die kaiserliche Responsion, zur Überreichung der neuen spanischen Vollmacht und zur Be-
drohung nassauischen Gebietes durch französische Truppen. – Schwedischer Widerstand gegen
eine achte Kur und Drängen auf völlige Restitution des Pfalzgrafen. Französische Haltung dazu.
Kenntnis der Franzosen von Zugeständnissen in der Geheiminstruktion für Trauttmansdorff an
Frankreich. Unkenntnis der bayerischen Bevollmächtigten über weitgespannte französische Satis-
faktionsforderungen . – Titel für Longueville.
Salvius ist bisher hier nicht angekommen . Der Verzug ist den Franzosen selbst,
wie man uns berichtet, etwas nachdencklich … Die Vermittler haben die
französischen Bevollmächtigten gedrängt, ihre Repliken auf die kaiserlichen Respon-
sionen herauszugeben, 2. haben sie ihnen die umgefertigte spanische Vollmacht über-
geben lassen, 3. haben sie die Bitte um Order vom königlichen Hof in Paris an
Turenne weitergegeben, daß meine, Nassaus, Güter von Einquartierungen ver-
schont bleiben möchten. Die Franzosen haben geantwortet, 1. ehe sie sich mit den
schwedischen Bevollmächtigten verglichen und unterredet hätten, könnten sie sich
wegen der Replik nicht erklären, 2. sobald sie die neue spanische Vollmacht eingesehen
hätten, würden sie den Vermittlern ihre Erklärung darüber abgeben, 3. sie würden
sowohl an den königlichen Hof als auch an Turenne schreiben
In einer weiteren Relation vom 7. November (Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 49a, Konv. A
[Oktober – Dezember 1645) fol. 87–87’ – Konzept: ebenda Fasz. 92 VI nr. 888 fol. 405–
405’ – Kopie: Den Haag A IV 1628 nr. 18) berichteten Nassau und Volmar, der Syndi-
kus der Stadt Osnabrück habe im Namen des Reichskammergerichts den Reichsständen in
Münster und Osnabrück abermals die Bedrückungen der Stadt Speyer durch die französischen
Truppen vorgestellt. Die Reichsstände hätten sie, die kaiserlichen Bevollmächtigten, gebeten,
die Vermittler zu Verhandlungen mit den Franzosen zu veranlassen, damit Turenne um Ab-
stellung der Bedrängnisse angegangen und auch der Hof in Paris benachrichtigt werde. Die
Reichsstände hätten um eine Neutralitätserklärung für die Stadt Speyer gebeten, was sie abge-
lehnt hätten, da es nichts nütze. – Dieser Relation lag ein extractus protocolli bei, von dem nur
das erste Blatt (fol. 88–88’) erhalten ist; vollständige Kopie: Den Haag A IV 1628 nr. 18 –
Druck: Volmar S. 227–228.
Der venetianische Botschafter hat erklärt, das er aüsserlich vernemme, die
Schweeden weren gar nit der mainung, das die zaal der churfürsten solte
vermehret werden, sondern wurden vilmehr uf genzliche disrestitution dess
pfalzgrafen an landen und der churwürde tringen, und trage er die fürsorg,
man werde sich in disem noch anderen das Teütsche weesen betreffende
sachen vil uf die Franzosen zu verlassen haben, als welche gar nit gemeint
seint, umb gewinnung eines neüen und ungewissen freündts, per acquistar,
sagte er, un nuovo et incerto amico, ire alte und so mächtige pundtsgenos-
sen zu offendieren oder zu verlieren, dann die cron Schweeden were gleich-
samb der cron Franckreich rechter, die Hollender aber der lingge armb.
Und wir könten Ewer Kayserlichen Mayestät sovil wol berichten, das ime
seiner republica ambassator zu Pariß noch iungst geschriben, ob er wol in
underschidlichen puncten, was in Teutschlandt dem catholischen weesen
zum besten kommen möcht, mit vornemmen königlichen ministris geredt,
so hett er doch keine andere als dise bestendige resolution empfangen, das
man zwar sovil als möglich sich dabei in der güette interponieren wurde,
man wurde es aber mehrerntheil in solchen Teütschen sachen an deme
bewenden lassen müessen, was die cron Schweeden vor guet ansechen
werde, dan die zeit der cron Franckhreich authoritet in Teütschlandt nit
also bewandt, das man sich eines mehrern undterfangen könt und solte.
Und eben dahin zihlet auch die von denn Franzößischen plenipotentiariis
selbst bei iungstvorgangnen revisita gegen uns gefüehrte rede, da sie gleich-
samb vor ein maximam eingeraten, man solte doch sechen, wie man sich
mit denn protestierenden vergleichen köndte.
Sonsten aber, sovil wir der Franzosen intention und mainung in puncto
satisfactionis anderwertsher vernemmen mögen, so seint wir zu under-
schidlichen mahlen und noch erst gestrigen tags berichtet worden, das sie
bestendig vorgeben theten, sie wüsten versichert und gewiss, das Ewer
Kayserliche Mayestät dero geheimben rath und obristhofmeistern, herrn
grafen von Trautmanßdorf, mit gemesßner instruction alhero abfertigen
theten, ine nit allein die Vorderösterreichischen landen sambt allen, was sie
in obern und undtern Elsäss possidierten, sondern auch ire mehrere prae-
tensiones zu vernemmen, dann sie mit Franckreich quibuscunque tandem
conditionibus frid zu machen begerten.
Und dieweil Ewer Kayserliche Mayestät in irem genedigisten bevelch vom
30. Septembris andeitung thuen, von disen punctis auch mit den Chur-
bayrischen gesandten, in hoffnung, sie sich hinfüro eines mehrern gegen
uns vernemmen lassen werden, zu begebenden gelegenheit zu reden, so
hab ich, Volmar, mich gestrigen tags zu inen verfüegt und inen von solchen
an uns gelangten sachen anzeig gethan, auch allerhandt weitere discurs, was
man sich etwa in einem oder anderm zu versechen oder nit zu versechen
haben möchte, eingefüehrt, aber nit vernemmen können, das sie sich im
gringsten zu einiger specialeröffnung, was hierunder von denn Franzosen
mochten penetriert haben, heten außlassen wollen, sondern vilmehr zu
verstehen geben, das inen solche umbstendt frembd und verwunderlich vor-
kommen , ob irestheils darfürhalten theten, das beste mitel sein würde, das
man sich mit denn protestierenden vergleichen und coniunctis viribus zue-
samensezen müeste, umb der frembden unbilliche praetensiones abzuwen-
den .
Sodann sollen Ewer Kayserlichen Mayestät wir ferrer allerunderthenigist
unverhalten lassen, das die herren mediatores bei oberzelter anzeig auch
vermeldet, wie sie vermerckhten, das der Franzosen tergiversation uber
ire bey denselben angesuechte audienzen daher fliessen thet, das bei iung-
ster unserer dem herzog von Longavilla erstatteter visita ich, Volmar, ime
das praedicatum celsitudinis gegeben, und er vermeinen wolle, sie, media-
tores , soltens ime auch geben, so sie aber noch derzeit der ursachen nit
thuen köndten, weil sie von uns vernomen, das von Ewer Kayserlichen
Mayestät wir ine allein in tertia persona zu tractieren bevelcht, und zuemalen
ich, graf von Nassau, ime nit allein das praedicat altezza nit gegeben, son-
dern sogar ine anderst nit dann in secunda persona nach der Franzößischen
sprach, und zwar in unserer beeden namen angeredt heten. Man wurde aber
nit entgegen sein, wan Ewer Kayserliche Mayestät gedachtem herzogen
solches praedicat ertheilen zu lassen gemeint, allermassen auch derselben
als Römischen Kayser dergleichen würdigkeiten und praedicat zu ertheilen
und zu vergeben gebürte, zumaln si selbst, das es geschechen, gern sechen
möchten, alßdann auch irestheils ine solchergstalt zu tractieren. Nun ist
zwar nit ohne, das nachdem von mir, grafen von Nassau, erstens die salu-
tation gegen ime herzogen mit genuegsamber ausfüehrung in Franzoßi-
scher sprach communi nomine verrichtet, ich, Volmar, alsdan auch eben-
mäsßig ine Lateinisch angeredt und die ganze red mit vorsezung dess wortts
celsissime princeps von anfang bis zum endt solchergestalt volnfüehret,
das ich mich gegen ime weder in abstracto noch in concreto zu wenden
genötigt worden, allein entlich bey anerbiettung unserer diensten hab ich
das wortt celsitudo, weiln mir sonst der stylus nit recht laufen wollen, zway-
mal gebraucht, folgendts, als er mehrmaln sein discurs allein an mich gerich-
tet , ime in Italienischer sprach geantwortet, und dabei das wortt altezza
vor mein person mitunderlauffen lassen. Es haben aber Ewer Kayserliche
Mayestät aus unserm gesambten und mein, Volmars, absonderlichen aller-
underthenigisten berichtschreiben undterm 20. passato allergenedigist anzu-
hören gehabt, was sich gleich anfangs, als wir in crafft dero bevelchs bei
disen Franzößischen plenipotentiariis sambt und sonders umb audienz anzu-
suechen underfangen, vor difficulteten eraigt und das fast uns aller zuetritt
abgeschlagen gewesen, wo nit dasihenig zwischen mir, Volmarn, und dem
conte d’Avaux laut angezognen berichts ins mitel kommen were, und die-
weil Ewer Kayserlichen Mayestät genedigisten bevelch anderergestalt dann
mit so gethanem temperamento ins werkh zu sezen vor dißmal nit erhalt-
lich sein wollen, so geleben wir der underthenigisten hoffnung, sie werden
es zu genaden vermerckhen. Im übrigen verspühren wir, das es den herren
mediatoren nit umb das praedicat so hoch zu thuen, als das sie nit gern
gesechen, das man irer unbegrüest in materialibus etwas mit denn Franzosen
zu negocieren vorgehabt, allermassen Ewer Kayserliche Mayestät sich aller-
gnedigist aus unseren nach und nach einkommnen relationibus zu erynne-
ren , das sie offtermals die mit den Franzosen von etwelchen churfürstlichen
gesandten vorgelauffener particularhandlung starckh geandet haben. Wir
zweiflen demnach gar nit, es werde sich die erwehnte difficultet von selbst
erlödigen. Der duca di Longavilla, als wir ime hievor vorwerffen lassen,
er konte kein mehrer tractament, als er von denn mediatoren angenommen,
praetendieren, sich dahin bezogen, es were solches darumb beschechen,
damit die mediation iren fortgang gehaben möcht, und würde ime gegen
uns zu keinem praeiudicio geraichen. Er könte ebensowenig sich dess meh-
rern praedicats, so ime von seiner geburtt und fürstenstandt gebürte, bege-
ben und sich als ambassator mit einem tractieren lassen als der herr bischoff
von Osnabrugg, welchen wir doch, ob er zwar kein geborner fürst wer,
das praedicat Ewer fürstliche Genaden geben theten, so in Franzößischer
und Italienischer sprach mit dem wortt altezza zu exprimieren zu werden
pflegte; warumben er eben geringer solte gehalten werden, sonderlich
weiln obbedeüte ministri der mediatoren in ablegung irer commission gegen
dem duca und seinen collegen sich auch dess praedicats altezza gebraucht
haben und zwar aus bevelch irer herren. Sonsten aber und dieweil er dann
annoch mit dem obangezeigten modo nit content, sondern steetigs umb
die concession von Ewer Kayserlichen Mayestät nachfolgen lasst, die her-
ren mediatores auch selbst dessen anregung thuen, so stehet zu deroselben
allergenedigisten weiteren resolution.