Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
232. Ferdinand III. an Nassau, Lamberg, Volmar und Krane Linz 1645 September 15
Linz 1645 September 15
Ausfertigung: Den Haag A IV 1628 nr. 18 [ praes. 1645 September 27 ] = Druckvorlage –
Konzept: RK , FrA Fasz. 48b fol. 81–87’ – Kopie: ebenda Fasz. 47b fol. 178–183; ebenda
Fasz. 92 VI nr. 830 fol. 161–164; Giessen 206 nr. 76 S. 455–467 – Druck: Gärtner
VI nr. 32 S. 189–196.
Übergabe der Responsion auf die Propositionen der Kronen.
Wir können euch nicht verhalten, daß wir von unterschidlichen orthen die
gewisse nachricht erlangt, daß die frembde cronen sich verlauten lassen,
daß in längerer hinterpleibung unserer Kayserlichen antwortt auff ihre
gethane propositiones sie wohl gar die tractaten auffstossen oder wenigst
ersitzen lassen wollen, immassen dan auch die zue Oßnabrugg versambleten
fürsten und ständen räthe, pottschafften und gesante in ihrer den 23. negst-
abgewichnen monaths Augusti an der fürsten und ständen gevollmechtigte
abgesante zue Münster abgangnem schreiben
Vgl. [ nr. 214,3. ]
gethan, und daß wir dannenhero vorberührte unsere antwortt nitt lenger
zurughalten, sondern dieselbe nunmehr ohne fernere verlängerung auß-
lassen wolten, mit mehrerm und beweglich gebetten.
Nun ist meniglich bekant, daß die antwortt auff vorberührte propositiones
ihrer hohen wichtigkeit halber etwaß zeit unserseits erfordert, welche, wan
sie gegen derienigen gesezet würdt, deren sich beede cronen gebraucht
haben, sehr klein und gering ist. Nachdem wir unß aber darüber entschlos-
sen , allermassen euch solches von unß den 19. und 23. bemeltes monaths
Augusti zuekommen ist, so haben wir hierüber nichts mehrers verhofft
und verlangt, alß daß sich die daselbst anwesende räthe, pottschafften und
gesanten ebenfahls super modo consultandi dermassen verglichen solten
haben, daß mehrermelte unsere Kayserliche antwortt ihnen collegialiter sich
hette communiciern lassen, sie sich auch dergestalt darüber erkleren mögen,
daß nunmehr sowol zue Münster alß Oßnabrugg mit vorhergangnem
ihrem collegialguettachten und darüber von unß genomnen entlichen reso-
lution unsere Kayserliche antwortt beeder cronen anwesenden gesandten
durch die mediatoren hette außgelifert und zur handt gestelt werden mögen.
Wir müessen aber auß ewern letzsten relationibus sovil abnehmen, daß man
super modo consultandi auch annoch nit eins, und daß, obschon einziges
conclusum
Es bandelt sich wohl um das [ nr. 214, 2 ] genannte Schreiben der Reichsstände, das Wolkenstein
mit der Antwort (nr. 235,1) am 18. August 1645 nach Wien sandte. Ausfertigung: StK ,
FrA Karton 1 Westf. Friede XXIX fol. 42–42’; 48.
entliche richtigkeit darauff bestehe, daß zu einem ebenmessigen die zue Oßna-
brugg anwesende fürsten und ständen räthe, pottschafften und gesanten dis-
poniert werden. Wessen wir unß nun auff ietzgedachtes von unserm reichs-
hoffrath , graffen von Wolckenstein, überschickten conclusi halber gnedigst
erklert, auch wessen wir euch über ewere hievor einkommne relationes
bescheiden, habt ihr unsere Kayserliche intention auß dem absonderlichen
an euch derenthalben abgehendem schreiben mit mehrerm zu vernemmen.
Daß werck aber haubtsächlich betreffent, spühren wir ab demienigen allem,
so bißher deß modi consultandi halber vorkommen, daß sich die nothwen-
dige vergleichung der stände hierinen eine geraume zeit noch auffziehen
möchte. Dahingegen unß bey deß betrangten vatterlandts hocher noth und
der sambtlichen ständten kundtbaren verlangen, daß die fridenstractaten
befördert werden möchten, sonderlich aber beeder cronen selbst eigne in-
stanzen auff unsere antwortt sehr schwer fallen will, mit zurughaltung unse-
rer antwortt so lang einzuestehen, biß man super modo consultandi aller-
dings eins wurde, dan einmahl entzwischen dem christenbluet nit verscho-
net , ein standt nach dem andern darnider gerichtet und dises so kostbarlich
angestelten fridenstractats nit allein in effectu niemandt genüessen, sondern
meniglich die hoffnung eines erfolgenden fridens ie mehr und mehr ver-
liehren thuet. Solten nun auch die cronen ab disem verzug ein anlaß nehmen,
die tractatus oder gar auffzuestossen oder aber mit allerhandt neuen prae-
textibus und in specie disem, daß ihnen einige antwortt nit erfolgen wollen,
daß fridenswerck gantz ersitzen lassen, so wurde alßdan solches unß gegen
dem geliebten vatterlandt und der ganzen christenheit zuemahlen unver-
antworttlich sein. Wir machen unß dahero die gedancken, daß seit ewerer
iüngsten relation die stände sich de modo consultandi relationibus et corre-
lationibus certo loco faciendis dergestalt et salva nostra authoritate vergli-
chen und ihr nach inhalt unserer instruction sub dato den 19. Augusti ein
solchen verglichnen modum consultandi auch im nahmen unßer bewilliget
und ihnen die euch überschickte antworten auff die Franzößische und Schwe-
dische propositiones schon communiciert werdet haben; auff welchen fahl
ihr dan alles fleisses bey denn ständen anzumahnen hettet, daß sie ihr guett-
achten gegen euch über obberührte unsere antwortt befördern und mit
auffziehung derselben die so hochnotwendige hinaußgebung berührter
unserer antwortt nit hindern wolten. Solte man aber super modo consultandi
und allem demienigen, waß darzugehörig, bey empfahung diser unserer
Kayserlichen resolution noch nit verglichen sein, so habt ihr dem Chur-
meinzischem directorio in unserm nahmen anzudeütten, waßgestalten ihnen
genuegsamb wissent, daß die Franzößische abgesanten auff hinaußgebung
unserer Kayserlichen antwortt inständig tringen und sich dahin verlautten
lassen thetten, daß wan man mit dem fridenswerk vor außgehung dises
iahrs nit soweit kommen wurde, daß die cron Franckreich nit ursach hefte,
kostbare kriegspraeparatoria auf künfftigc campagna zue machen, es mit
dem friden auff diß und künfftig iahr gethan wurde sein. Dessen aber
ungeachtet bliebe daß ganze fridenswerck wegen deß strittigen modi
consultandi allerdings stecken und were noch ungewiß, waß für dilationes
in weeg kommen möchten, wann man nach der handt sich eben hierinen
auch verglichen wurde haben. Wir begehrten, die stände nit zu praeterieren,
könten aber gleichwohl nit daß geliebte vatterlandt in der gefahr lassen,
daß wegen längern disputats dises modi consultandi die fridenstractaten
oder gar auffgestossen oder auch biß etwo auff könfftigen früeling hinauß-
gezogen und verlängert wurden, zumahlen auch, weil die frembde cronen
in puncto materialium tractatus noch zur zeit meistens in generalibus ver-
pliben , sich aber ad specialiora zue schreitten erkleret, sobalt ihnen unsere
antwortt außgeantworttet wurde sein. Also daß wir umb sovil weniger
sehen thetten, da wir schon ietzunder unsere antwortt hinaußgäben, daß
hierdurch den ständen benommen, in progressu tractatus ebendaßienige
unß und dem geliebten vatterlandt an die handt zu geben, so die aniezo
suggerieren könten, massen wir solches in gnedigste und gebürende obacht
ziehen wurden; und hetten solchem allem nach unß gnedigst entschlossen,
in Gottes nahmen forterst dem Churmeinzischen directorio, dan auch der
beeden cronen Franckreich und Schweden anwesenden abgesanten mehr-
ernente unsere antwortt außzuehändigen. Stelten darbeneben ietzbemeltem
directorio anheimb, wie es vor rathsamb finden möchte, dise unsere ant-
wortt , und zwar mit den ursachen, so unß zur außhändigung diser unserer
antwortt an die frembde cronen bewogen und absonderlich diser unserer
erklerung, daß in progressu tractatus ein- und andere von ihnen wolmeinend
erfolgende erinnerung von unß in gebürende obacht gezogen solte werden,
zue communicieren, der genedigsten zueversicht, chur-, fürsten und stände
wurden unß nit verdencken, daß wir bey obbemelter beschaffenheit dasienige
vorgenommen, waß zur beförderung deß lieben fridens allein und keines-
wegs zur praeterition ein oder andern standts gemeint ist. Und wan ihr also
solches bey den Churmaintzischen verrichtet, so habt ihr ein, zwen oder
meistens drey tag mit außliferung der antwortt vor die frembde cronen
inzuehalten, unter welcher zeit ihr genugsamb abnehmen werdet können,
wessen sich sowol die churfürstliche alß auch furstliche abgesanten gegen
diser unserer resolution erweisen möchten. Solten sie gegen die vorhabende
außhändigung ohne vernemmung ihres voti allerdings und ex professo
reclamieren, so könt ihr biß auff unsern weitern befelch mit außhändigung
diser antwortt zue handen der mediatorum innhalten. Widrigenfahlß aber
in Gottes nahmen unsere auff die Franzößische proposition euch zuege-
schickte antwortt vermittelst deß nuncii und Venetianischen pottschaffters,
die Schwedische aber vermittelst deß Venetianischen pottschaffters allein
aushändigen.
Waß nun daß proiectum extradendum selbst betrifft, so habt ihr die Chur-
bayrische , wan die extradition der antwortt den frembden cronen geschehen,
a part zu erinneren und hievon auch den Churmainzischen absonderliche
nachricht zue geben, daß wir, nachdem wir unsern geheimen rath und
reichsvicecanzlern zue deß churfürsten in Bayren liebden geschickt, also-
gleich auß erheblichen ursachen weren bewogen worden, unsere antwortt
deß churfürsten zu Sachßen liebden, und zwar ehe wir besagtes churfürsten
in Bayrn liebden guettachten vernommen, zue communicieren
Vgl. [ nr. 225. ]
cher beschaffenheit es sich nit wohl thuen könte lassen, in berührtem pro-
iecto ieziger zeit einzige veränderung vorzuenehmen, sondern es seye daß
negste gewesen, daß man unsere antwortt, wie sie Churmeinz, Bayrn und
Sachßen liebden im anfang communiciert worden , hinaußzuegeben, und
da sich etwo die churfürstlich Bayrische auff einigen vergleich mit unßerm
reichsvicecanzlern beziehen thetten, hettet ihr sie darauff dahin zue beant-
wortten , daß solche veranlassung auff unser gnedigste erfolgende ratification
geschehen seye. Wir wolten aber gleichwol in progressu tractatus ein und
andere von Churbayrns liebden gethane erinnerung , wann mit selber auch
andere dero mitchurfürsten und stände concurrierten, in fleisßige obacht
nehmen, massen ihr euch dan unserer instruction unterm dato den 6. diß
gemeß hierinen zu verhalten und nach unßerer auff Churbayrns liebden
wolgemeinte erinnerung beliebten veränderungen zue verfahren.