Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
208. Lamberg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1645 August 17
–/ 208 / [ 217 ]
Osnabrück 1645 August 17
Ausfertigung: ( nur PS ) RK , FrA Fasz. 48a, Konv. c ( Mai – August 1645 ) fol. 151–151’,
154–154’, Auflösung der Chiffre fol. 152–152’ = Druckvorlage – Kopie: ( ohne PS ) ebenda
Fasz. 92 V ad nr. 774 fol. 459–461’ = Druckvorlage; Den Haag A IV 1628 nr. 17 ( ohne
PS ); Giessen 206 nr. 19 S. 140–149 ( ohne PS ) – Druck: Gärtner V nr. 156 S. 765–771
( ohne PS ).
Verhandlungen des kulmbachischen Bevollmächtigten in Münster über den Verhandlungsmodus.
Vorgeschlagene Zusammenkunft der Reichsstände in Münster zur Beratung über den Verhand-
lungsmodus . Direktorium im Fürstenrat zu Osnabrück. Forderung der protestierenden Reichs-
stände nach Reichskollegien an beiden Verhandlungsorten. Exzellenztitelstreitigkeit. – PS Urteil
des bessen-darmstädtischen Gesandten Dr. Wolff über Lampadius.
Die alhie anweesende fürstliche und ständt abgesandten haben über ire
vorige denen churfürstlichen zuegestelte schrifftliche erclärung (davon wir
bey iungster ordinari gehorsamist abschrifft eingeschickht
Siehe [ nr. 206,1. ]
Brandenburgisch Culmbachischen gesandten mit credentialen nit an die
churfürstlichen, sondern an das Österreichische directorium nacher Mün-
ster abgeförtigt und ire gemüetsmainung nach innhalt gemelter schrifftlichen
erclärung auch mündtlich durch dennselben überbringen lassen; und ist
selbiger Chulmbachischer gesandter vorgestern wider zuruggkommen, vor-
hero aber aus Münster von seiner verrichtung und empfangner antwortt
überschriben
Johann Müller an die Gesandten der Reichsfürsten und Stände in Osnabrück, Münster 1645
August 3/13. Text: Meiern I 547–551 (= I 6,3).
liche von denn churfürstlichen ersuecht wurden, sich dahin nacher Mün-
ster zu erheben, umb sich mit dennselben super modo consultandi eines
gewissen zu vergleichen. Zue welchem ende auch fürsten und ständt von
denn churfürstlichen selbst wurden eingeladen werden, massen deßwegen
der Churmainzische adiunctus Dr. Krebs gestern von Münster anhero
kommen, welcher neben dem Churbrandenburgischen Dr. Frizen (weiln
die principalabgesandten wegen dess praedicats streittigkeiten selbst nit dar-
bey sein wollen) mit den ständten hieraus communicieren werde. Es seint
aber dessen unerwartet die fürstliche, sobald denselbigen dess Culmbachi-
schen gesandten relation zuekommen, bey denn fürstlich Magdenburgischen
(die sich immerfort dess directorii undterziehen) beyeinandergetretten und
ire resolution darauf dess innhalts anticipiert, das uf der churfürstlichen
ersuechen nit erscheinen könten noch wolten, und sollen die vota fast hart
gefallen sein, das die churfürstlichen gesandten sovil weegs von Münster
hiehero zu denn fürstlichen als dise zue inen dahin heten.
Nun seint wir von gueter handt in vertrauen gewahrnet worden , das bey
bemeltem directorio allerhandt gefährliche consilia getriben würden, wobey
sich treüherzige, redliche patrioten finden ze lassen bedencken trüegen,
auch entlich zu absentieren gemeint weren, wavon sie sich aber seithero
zu erhaltung Eurer Kayserlichen Mayestät schuldigisten respect, irer prin-
cipalen rechten, und damit solche consilia verhindert werden möechten, nit
wol füeglich absentieren können. Und wurden zu solchen consiliis alle
ständt indifferenter, sogar auch die noch nit außgesöhnte als Hessen Cassel,
Baden Durlach, Nassau Sarbrücken gezogen, und damit mans nur aus einem
geringen erkennen möge, wie gefährlich mit denen sachen bei selbigem
directorio wurde umbgangen, so habe sich zuegetragen, das uf etlicher treü-
herziger , fridliebender ständten erinnerung bey berathschlagung der fraag,
wie die churfürstlichen wegen intimation dess Lengerischen conclusi zu
beantwortten, omnium votis dahin geschlossen und für guet angesechen
worden, weiln gleichwol auch die zu Münster anweesende fürstliche dar-
bey interesßiert, das in die schrifftliche antwortt und erclärung dise clausul
einzerueken, das selbe antwortt und erclärung von denen alhie anweesenden
fürsten und ständen zu guetem, gar aber nit dahin angesechen seye, umb
sich dardurch von denen catholischen zu separieren oder zu einiger Sepa-
ration ursach zu geben. Es habe sich aber befunden, das selbige clausul her-
nacher bey der expedition seye außgelassen worden. Umb nun dergleichen
schädliche consilia zu underbrechen, seye das glimpflichiste mitel, den für-
stenrath , sobald als möglich, undter das Österreichische directorium zu
bringen, und es dahero die notdurfft erforderen wölle, die ständt insge-
sambt beyeinander zu berueffen und mit denselben super modo consultandi
zu deliberieren, solche convocatio durch niemandt besser und füeglicher
ohne einige contradiction als dero Kayserliche abgesandten wurde besche-
chen können, mit erinneren, das man gewisßlich wol darauf zuezulangen,
das es fürsten und ständt anderergestalt mit denen churfürstlichen super
modo consultandi nit würden einig werden.
Nun wolten wir hiebey gern das unserige thuen, weiln aber die churfürst-
lichen die handt schon angeschlagen, würdt zuvorderist deren deputierten
verrichtung zu erwarten sein, wollen aber inmitlst an fleisßiger mitwürk-
kung , damit die conferenz wenigist in loco intermedio beliebet werden
möge, nichts erwinden lassen; haben aber die gewisse nachrichtung, das
der anweesenden fürsten und ständen consilia und gedancken nur uf umb-
stosßung dess Lengerischen conclusi (welches sie der ursachen halben, das
ohne ire zueziechung und beliebung undter denn churfürstlichen allein
geschlossen worden, vor null und nichtig halten) und einfüerung eines neü-
en modi consultandi durch die reichscollegia an beeden örteren gerichtet
und darinnen dergestalt mit denn außwerttigen cronen schon verglichen
und einig sein sollen, das sie von keinen anderen modo consultandi hören,
sondern das aüsseriste versuechen wollen, damit selbiger modus möge
durchgetrungen werden; warinn sie auch von denn Churbrandenburgi-
schen sollen beyfall haben, und ob man es zwar darfürhalten mögte, das
man catholischentheils bey solcher zuesamenkonfft die maiora machen und
die protestierende überstimmen könte, so wurde man sich doch darin betro-
gen finden, dann solchesfals beede cronen, Franckreich und Schweeden
(wie. uns die Churbrandenburgische noch vorgestern gesagt), sich wider-
sezen und an die maiora nit wurden binden lassen, sondern praecise darauf
bestehen, das die reichscollegia an beeden örtteren abzutheilen und einem
iedtwedern standt darbey sein session und votum zuegelassen werden
müeste; massen sich auch die Schweedischen offenlich verlauten lassen,
ehender darvonzugehen als zuezugeben, das der cron Franckreich zu Mün-
ster mit dahinverlegung der reichscollegien mehr ehr als inen angethan
werden solte. Stehen also die sachen wegen dess modi deliberandi in grosser
verwirrung. Inmitlst würdt das Lengerische conclusum sambt dem protho-
collo hin- und wider von denen ständten herumbgetragen und der spoth
damit getriben; haben uns auch gedachte Churbrandenburgische gesagt,
das die Schweeden selbst nit allein beede stuckh, sondern sogar auch das
concept dessihenigen bedenckens, so laut dess Lengerischen prothocolli an
Eur Mayestät von denen churfürstlichen hat abgeben werden wollen, seit-
hero aber der ursachen halben, das man sich darüber nit vergleichen können,
noch nit außgeförttigt worden, zu banden bracht, darumb dieselbe sovil
desto besser dergleichen consiliis contraminieren könten. Beclagten es, das
kein secretum gehalten würde, die Franzößische und Schweedische gesand-
ten fast alles penetrierten und vorhero von allem, waß in consiliis vorkom-
men , ehe dann der schluss gemacht würde, wüsten.
Wegen der churfürstlichen gesandten praedicat (excellenzstreüttigkeit)
begünnet sich die sachen auch was schwärer zu veranlassen, indeme die
Schweedischen wider zurugggehen und denen churfürstlichen selbgedach-
tes praedicat durchgehend et sigillatim forthan nit geben wollen, mit vor-
wenden , was sie darin gethan, selbiges heten sie intuitu dess sambtlichen
churfürstlichen collegii (warin auch ein könig seye) gethan, und beede
churfürstlich Mainz- und Brandenburgische andergestalt nit als wegen von
selbigem collegio vernommener commission damit geehrt. Könten aber
ausserhalb solcher commission so wenig selbigen als einigen anderen chur-
fürstlichen gesandten in particulari damit nit begegnen.
Vorgestern ist der Franzößische plenipotentiarius monsieur de Servient
alhie ankommen, von dessen verrichtung wir noch nichts vernemmen kön-
nen .
PS Waß wir in beykommender unser gehorsambsten relation von vertraw-
ter handt zu haben allerundterthänigst berichten, daß haben wier |:von dem
Hessen Darmbstattischen abgesandten, Dr. Wolffio, der uns zwar nit eigent-
lich von deme, was in consiliis fürkommen, berichtet, ist doch unschwer
aus allen umstendten abzuenemmen, das es zwischen den protestierenden
und außwertigen cronen eine verglichene sach sein müesse, den modum
consultandi nach ihrem intent durchzutringen und wan solches nit mit gue-
ten wortten zu erhalten, alßdan auf andere extrema zu gedencken. Massen
uns bemelter Hessen Darmbstattischer abgesandter auch gewarnet, das kei-
nem von allen abgesandten, so hier sein, zu trawen; es weren die gefehr-
lichste , frechiste, boßhafftigste leuthe alß ie, die man aus den vier eckhen
des Römischen reichs zusammen möchte bringen, darunder aber der vor-
nemster redtlingsfürhrer der gefehrlichster, verbitterister und gifftigster der
doctor Lampadius sey, der fomentiere und dirigiere dise consilia, guberniere
in effectu das Magdeburgische directorium und sey steets bey denen Schwee-
dischen , und was dieselbe nur haben wollen, werde durch den Lampadium
angebracht und befördert. Der habe kein gewissen, verstehe die Römische
reichssachen nit, ob sich zwar derselbe darfür außgebe; dahero mache er
ihme auch keine disreputation daraus, das er sein votum, wan er convin-
ciert sey, widerrueffe und bekenne, das er gefehlt habe. Er, Dr. Wolff, habe
bey der consultation den vorschlag gethan, das der Culmbachischer an das
Österreichisch directorium accreditiert worden, womit dan ernstlich sel-
biges directorium erkennet und also der eingang gemacht sey, selbiges zum
standt zu bringen, und wurden sich unter dessen direction noch vil sachen
richten lassen:|.
Es ließe sich aber bey denen fürsten und ständen wieder die churfürstliche
wegen angemasten newen tituls größere verbitterung und unlust als wieder
die reichsfeinden selbst vermercken.