Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
207. Nassau und Volmar an Ferdinand III Münster 1645 August 11
Münster 1645 August 11
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 49a, Konv. A ( Juli – September 1645 ) fol. 85–87’, 91, praes.
1645 August 22 = Druckvorlage – Konzept: ebenda Fasz. 92 V nr. 763 fol. 414–417 –
Kopie: ebenda Fasz. 49a, Konv. A ( Juli – September 1645 ) fol. 81–84; Den Haag A IV
1628 nr. 17; Giessen 206 nr. 15 S. 113–124 – Druck: Gärtner V nr. 146 S. 695–702.
Gespräch d’Avaux’s mit den schwedischen Bevollmächtigten: Verhandlungsmodus der Reichs-
stände , Erläuterung einiger Punkte der französischen und schwedischen Propositionen. Conclusum
der Reichsstände in Osnabrück über den Lengericher Schluß betreffend den Verhandlungsmodus.
Vorschlag der Kaiserlichen auf eine Zusammenkunft der Reichsstände in Münster zur Beratung
über den Verhandlungsmodus. – Kurialien bei der Revisite Penerandas.
Empfangsbestätigung von nr. 200. De modo consultandi wollen wir weiters zu
referieren nit umbgehen, das die herren mediatores negstvergangnen sontag
abendts uns angezeigt, nachdem sie uf unser begehren hievor, als der Fran-
zößische plenipotentiarius conte d’Avaux nach Oßnabrugg zu denn Schwee-
dischen zu verraisen vorhabens gewesen, bey denn sambtlichen Franzößi-
schen plenipotentiariis erynnerung gethan, das mit diser gelegenheit denn
bedeüten Schweedischen plenipotentiariis zuegesprochen werden möchte,
die durch das churfürstliche conclusum vor guet angesechene zuesamen-
konfft der reichsständen in Münster und dabey vorgeschlagnen modum
deliberandi ferrers nit zu verhinderen, sodann sich uf die in iren proposi-
tionibus beederseits begriffene unlauttere generaliteten etwas mehrers in
specie zu erclären, damit man sich in derselben beantworttung desto aigent-
licher zu resolvieren wissen könte. Das hierauf sie, mediatores, zu dess
d’Avaux erfolgter widerkonfft sovil in antwortt vernommen, ob er wol
mit denen Schweedischen hierundter zu handlen nit underlassen, das die
doch sich darzue nit verstehen wollen, sondern einwenden theten, das die
congressus über die fridenshandlungen an zway undterschidliche ortt ver-
anlaast , deren auch keiner dem andern vorgezogen werden soll, so kondten
sie in dergleichen versamblung der ständen, dardurch selbige von denn
Oßnabruggischen tractaten abgezogen, und sie folglich allein gelassen wür-
den , nit einwilligen. Deßgleichen hete er, d’Avaux, auch bey allen ständen,
mit denen er hievon zu red kommen, vermerckht, das sie sich zu derglei-
chen versamblung keinesweegs vermögen lassen wolten, sondern daruf
bestüenden, das man einen theil der ständen zu Oßnabrugg, den andern
zu Münster mit gleicher auctoritet von sachen zu handlen und zu schliessen
halten müeste etc.
Sodann und was die begerte erlaütterung etlicher in denn propositionibus
begriffener generaliteten anlangte, da wolten beede, die Franzosen und
Schweeden, vorderist eine antwort von uns vernemmen, alßdan sich in
puncto restitutionis, satisfactionis et assecurationis dergestalt in specie und
semel pro semper vernemmen lassen, das man ire gemüet und intention
genuegsamb wurde zu ersechen haben.
Auf dise anzeig haben wir den mediatoren zur antwortt gegeben, wir heten
uns zuvor wol einbilden können, das der conte d’Avaux, sovil den streitt
mit denn ständen anlangte, dergleichen negociation zuruggbringen wurde,
dann der Franzosen sowol als der Schweeden intention haubtsächlich dahin
gerichtet seye, die ständ in dismembration ze halten, damit sie solchergstalt
ein- und anderen theil an sich hencken und ire praetensiones desto besser
hindurchtrucken möchten. Aber uf dise weise wurde man wol nimmermehr
zu verfasßung der antwortt uf der gegentheilen propositiones gelangen
mögen, seitemalen man bey solcher trennung steetigs in contradictoriis
verharren werde. Beruhe also der saumbsal nit uf Ewer Kayserlichen Maye-
stät seiten, sonderen uf der ständen selbst aigener misßhelligkeit und der
widrigen cronen collusion. Und obwol sie, mediatores, ferrers vermeldet,
es weren die Franzosen der mainung, das nichtsdestoweniger die communi-
cationes propositionum et votorum gar leichtlich zwischen eim und anderm
theil zu werckh gesezt und also beederseits gleichstimmende conclusa ein-
gerichtet werden köndten, so haben wir inen doch der lenge nach dargethan,
das darzue kein hoffnung ze machen wer. Auf welchen von uns angehörten
bericht sie auch selbsten bekent, kein ander mitl ze sein, als das man die
stände in einen ortt allein beysamenbringen thet.
Dieweil uns dann undterdessen ein abschrifft, innhalts der beylag, deren
von der fürsten und ständen zu Oßnabrugg uber das Lengerichische con-
clusum verfasten erclärung zuhanden kommen, darinnen wir vermerckht,
das sie einmahl zu beliebung der reichsdeputation wie auch einer gemeinen
versamblung beeder ortten anweesender ständen in keinerley weiß noch
weeg nit verstehen wöllen, so haben wir für ein unumbgengliche notdurfft
befunden, an montag darauf die churfürstliche deputatos zu uns zu erfor-
deren und nit allein inen dasihenig, was die mediatores angebracht, zu eröff-
nen , sondern auch zu bedencken zu geben, ob nit rathsamb sein möchte,
an bemelter fürsten und ständen deputierte zu gelangen, das sie sich eheist
hieher verfüegen wolten, allein zu dem ende, auf das mit inen sambtlich
über disen puncten und quaestion de modo consultandi ferrers nach not-
durfft gehandlet und, wo immer möglich, ein gemeiner und satter schluss
darüber gefast werden möchte. Seitemalen ie aus der vorgeschlagnen tren-
nung der reichsräthen nichts anders dann hochschädliche verzägerung,
misßhelligkeiten in denn stimmen und wol entlich ein gänzliche zerrüttung
der reichsverfasßung entstehen könte; auch keinesweegs rathsamb sein
wolle, dise widerige mainung uf sich selbst stillschweigend ersizen und
soweit erharten ze lassen, das deroselben anhangende ständt entlich die
händt an die haubthandlungen zu legen undterfangen möchten. Mit wel-
cher unserer proposition wir dann haubtsächlich dahin gezihlet, das durch
solchen vorschlag die sachen offen behalten und die gemüether soweit dis-
poniert werden möchten, im fahl Ewer Kayserliche Mayestät auf der herren
churfürsten Mainz, Bayrn und Saxen einrathen ie sich zu einem offentlichen
reichstag entschliessen wurden, das dise ständt alsdann desto weniger ursach
haben könten, sich deme zu widersezen, welches sonst ausser zweifl gesche-
chen derfft, wann man sie inmitelst ohne weiter nachsezen uf iren gefasten
widerigen mainungen verharren liesse.
Nun haben die churfürstliche uf unseren vortrag sich alsobald erclärt, das
sie solche ferrere conferenz in allweeg vor notwendig halten theten, und
erbiettig gemacht, denn beeden churfürstlichen deputatis zu Oßnabrugg
hierundter ze schreiben, das sie mit denn anderen ständten, umb sich zu
solcher conferenz uf ein tag etlich alher zu bemüchen, handlung pflegen
wolten. Inmitlst aber haben dieselben den Chulmbachischen deputatum
Dr. Johann Müller (1583–1648), Geh. Rat und Kammerdirektor. Bevollmächtigter der Mark-
grafen von Brandenburg-Kulmbach und Ansbach sowie des fränkischen Kreises. Über ihn vgl.
Meiern in J. L. Walther S. 65f.; vgl. auch [ S. 426 Anm. 2. ]
von Oßnabrugg hiehero mit einem creditiv an die alhießige fürstliche depu-
tatos abgeordnet, denselben obberüerte erclärung communicieren und
ersuechen lassen, das sie gleichergestalt ire mainung darüber eröffnen wol-
ten , welche iedoch per maiora sich mit der churfürstlichen gesandten voto
auch dahin vernemmen lassen, das man ein ferrere conferenz anstellen und
dieihenige, so zu Oßnabrugg seint, alher vermögen solte. Steet also zu
erwarten, ob es zu einem fortgang gelangen werde.
Was dann vor das ander dess herzogs von Longeville praetension anlangt,
da haben wir bereits nachzuforschen anstellung gethan, uf das über die in
Ewer Mayestät allergenedigistem schreiben vermerckhte vier underschid-
liche quaestiones ein satter bericht erhalten werden möchte, so wir mit
negstkönfftiger post gehorsamist zu referieren nit underlassen wöllen.
Heüt 8 tag, nachmittag, hat herr conte Pineranda in beglaittung seiner mit-
gesandten uns die revisita erstattet. Er hate zwar willens gehabt, seine tra-
banten und hartschier neben der gutschen, gleich der duca di Longavilla
anderwerts gethan, ufwarten ze lassen, weil wir aber zuvor durch Don
Diego Saavedra erynneren lassen, das solches uns beschwärlich, weil ich,
graf von Nassau, mich bißher dergleichen gebrängs nit gebraucht, wir auch
nit willens weren, dess duca di Longavilla visita in solcher formb zu admit-
tieren , als hat ers bey uns genzlich underlassen, und allein die trabanten und
hartschier neben der gutschen ohne gewehr gestattet, bey der visiten aber,
so er herrn nuncio gegeben, mit der gewehr ufwartten und neben der gut-
schen hergehen lassen.