Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
110. Lamberg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1645 März 6
Osnabrück 1645 März 6
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 48a. Konv. c ( Januar – April 1645 ) fol. 106–110’, praes.
1645 März 23 = Druckvorlage – Kopie: ebenda Fasz. 92 IV ad nr. 585 fol. 471–474’;
Den Haag A IV 1628 nr. 37; Giessen 205 nr. 115 S. 535–545 – Druck: Gärtner IV
nr. 121 S. 539–547.
Weiterer Aufschub der schwedischen Proposition unter dem Vorwand nicht erfüllter Präliminarien
von seiten der Kaiserlichen. Besuch des hamburgischen Syndikus: Haltung der Hansestädte zur
französischen Proposition; französisches Zugeständnis an die Generalstaaten auf gleiches Zeremoniell
wie mit Venedig. Ankunft Serviens in Osnabrück.
Hinweis auf nr. 106 betreffend die schwedische Proposition. Nun ist zwar immit-
tels diese wochen gemelter Rosenhan hier gewest, und wier dahero in hoff-
nung einer proposition zur haubthandlung gestanden, so haben sich aber
deme zugegen die Schwedische durch ihren secretarium vorgestern dahin
vernehmen laßen
Vgl. APW [ II C 1 S. 522f. ]
Rosenhan satsamb berichtet worden, mögten auch ihrestheils wünschen,
daß die sach in einem solchen standt wehre, das einige proposition zur
haubthandlung beschehen köndte, so erinnerten sie sich aber, daß noch
allerhandt verhindernüß in praeliminaribus im wege liegen, so für allen
dingen müsten außm wege geraumbt werden, alß erstlich der punctus wegen
vergleittung der statt Stralsundt, zum andern wegen deß entführten Portu-
gesen , warin noch keine völlige reparation erfolgt. Sodan wehren bißhero
vielfaltige attentata wieder die securitet des praeliminarschluß von denen
Keyserischen soldaten verübt worden, alß under andern, daß er, der Schwe-
dische secretarius, fürm jahr bey seiner hieherokombst von einer Keyseri-
schen partheie underwegs etliche stunde seie auffgehalten worden, seie
auch noch für wenigen tagen ein bott, so von dem Rosenhan mitt briefen
hiehero abgefertig gewest, von einer Keyserlichen partheie ubel tractirt
und geschlagen worden, und beschehen dergleichen frevelmuth fast täg-
lich , so gleichwohl wieder den praeliminarschlus seie, dahero es die not-
turfft erfordere, vorhero, ehe dan waß weiters verhandlet werden köndte,
alle solche und dergleichen beschwernüßen abzuschaffen, den praeliminar-
vergleich würcklich zu vollnzogen und zur völligen execution zu bringen;
begehrten von unß zu vernehmen, waß für veranlaßung darzu dießseidts
wölle anhandt gegeben werden.
Wier haben geanthworttet, daß uns diese vortrag befrembt fürkomme,
hetten eine ordentliche proposition zur haubthandlung von denen Schwe-
dischen erwarttet gehabt, so gehe aber bemelter vortrage auff lautere newe
praeliminar- undt solche sach, so under den Hamburgischen praeliminar-
vergleich nitt gehörich. Die vergleitttung der statt Stralsundt seie wieder
den buchstaben selbigs praeliminarvergleichs, alß welcher praecise auff die
status immediatos imperii restringirt, es seie auch selbe statt zu der haubt-
handlung principaliter nitt interessirt, sondern würde ethwo umb dero
außöhnung zu thun sein. Die außöhnung aber gehöre ad punctum amni-
stiae , müße also nothwendig vorhero die haubthandlung vorgenohmen,
ehe dan von dergleichen stette zulaßung könne geredt werden. Weniger
könne der Portugeß under die securitet deß praeliminarvergleichs gezo-
gen werden, der cörper seie nitt auß schüldigkeit, sondern aus lauterer cor-
tesey wieder außgefolgt worden, deßwegen man sich Schwedischer seithen
mehr zu bedancken, alß selbigen actum, re modo non amplius integra, zu
praeiudicierlicher consequentz zu ziehen ursach hette, zumahln es die
Frantzösische gesandten selbst gestünden, daß die restitution andergestalt
nitt alß aus cortesia praetendirt werden könne. Von attentatis, so dießseidts
wieder den praeliminarschlus verübt sein sollen, seie uns niemaln was
bestendigs fürkommen, weniger ichtwas bewiesen worden. Derjenige ritt-
meister , so ihne, Schwedischen secretarium, auf wenig stunde angehalten,
habe seine veranthworttung schrifftlich gethan, nemblich, daß solche anhal-
tung keiner anderer meinung beschehen, alß die rechte kundtschafft zu
erlangen, ob er, secretarius, zur friedenßhandtlung mitt deputirt, und daher
in crafft deß praeliminarschlus der außgedingeten securitet vehig seie oder
nitt; maßen derselb auch ihnen, secretarium, auff darüber erlangte kundt-
schafft und gewißheit alsobaldt wieder hett frey und sicher gehen laßen.
Selbige deß rittmeisters schrifftliche veranthworttung seie denen Schwedi-
schen gesandten schon für lengst zugestelt gewest, seithero aber dagegen
der geringste beweißthumb, daß es sich mitt selbigem werck anders verhal-
ten solte, nitt beygebracht worden, waß dan weiters dabey zu thuen oder
vorzunehmen seie. Wegen deß botten seie auch so wenig alß andern ver-
lautteten attentatis biß dato daß geringste an uns gebracht, weniger die
partheie, so den frevel verübt haben solle, nahmhafft gemacht worden. Eß
wehren aber die in dem vortrage angezogene sachen der erhebligkeit nitt,
daß derentwegen ein so wichtiges hochnöhtiges friedenswerck lenger
köndte zurückgesetzt werden; es seie der betrangten christenheit mehr an
dem frieden gelegen, alß das wegen so schlechter und geringschetzigen meh-
rentheils unbegründeten sachen deßen lenger solte beraubt sein. Wölten
unß derohalben versehen, die Schwedische gesandten werden sich eins
beßern bedencken und mitt einer ordentlichen proposition zur haubthandt-
lung vernehmen laßen wöllen.
Der secretarius ist auf seinen principiis bestanden und nuhr alles ad referen-
dum genohmen, derwegen wier gemeindt sein, durch den dechandt zu
St. Johan die unbefügnüs dieses verzüglichen auffhaltens denen Schwedi-
schen waß mehr zu gemüth zu führen und zu versuchen, ob dieselbe zu
eröffnung einer proposition zur haubthandtlung zu bewegen. Haben aber
immittels von bemeltem Schwedischen secretario in discursu erfahren, daß
denen Schwedischen gesandten gleich deß tags zuvor von dem Königs-
marck
Hans Christoph Gf. v. Königsmark, seit 1644 schwed. Generalleutnant. Über ihn vgl. ADB XVI
(1882) S. 528–531 , SMK IV S. 392, APK 13908 und 39208, APW [ II C 2 S. 85 Anm. 2. ]
Staden und Boxtehude einglangt
zugestandenes unvermutetes glück die consilia bey denen Schwedischen
alsobaldt verendert worden. Ist sonsten auß dern obangedeüteter von uns
iüngsthin uberschriebener füranthwortt unschwer abzunehmen, daß die-
selbe mitt einer andern proposition herauszugehen gemeindt gewest, wür-
den sonsten wegen angedeüteter vortrag deß Rosenhan zu erwartten oder
dieselbe biß zu deßen herzukombst außzustellen nitt nöhtig gehabt haben.
Ist derowegen abermahls auß diesem verlauff von deß gegentheils intention,
daß bey demselben alle consilia bey gegenwerttiger handtlung nach dem
ausschlag der waffen gerichtet werde, handtgreifflich abzunehmen.
So hatt unß auch diese wochen der Hamburgischer stattsyndicus Dr. Meü-
rer heimbgesucht undt von allerhandt sachen, so wier gehorsambst zu
berichten nöhtig erachten, angezeigt: Erstlich hatt er uber der Frantzosen
iüngsthin zu Münster eröffneten proposition einen discurs geführt und
soviell zu verstehen geben, daß der Henseestette und anderer anwesender
protestierender stände und stette abgeordnete an selbiger proposition kei-
nen gefallen trügen. Seie gnugsamb darauß abzunehmen, das die Frantzosen
noch zur zeitt zum frieden schlechten lust hetten, maßen sich dan auch bey
denselben iüngsthin bey ihrer der Henseestette abgeordneten gegenwarth
zu Münster dergleichen renitentz gnugsamb hette vermercken laßen, in-
deme die Frantzosen ihnen fürgehalten, gleichsamb sie zwar mitt einer
proposition zur haubthandtlung gefaßet wehren, aber durch etliche reichs-
ständen , so mitt selbiger proposition biß zu ihrer herzukombst zurückzu-
halten gebeten haben sollen, von deren eröffnung abgehalten würden, denen
sie nitt auß handen gehen köndten, weiln der krieg in Teütschlandt nur der
stende halben geführt würde; verhofften, daß sie recht darahn würden
gethan und deßwegen auch von ihnen, der Henseestette abgeordneten,
beyfall haben, und dieselbe es auch für billich und nöhtig erkennen, daß
mitt der proposition zur haubthandtlung biß zu der ubrigen stende herzu-
kombst zurückzuhalten seie. Die abgeordneten aber hetten nach genoh-
menen bedacht geanthworttet, daß ihnen nitt lieb seie, daß die proposition
noch lenger solte außgestelt werden, wehren ihrestheils anders instruirt,
nemlich mitt rath und thatt, wo sie es vermögten, und ihnen zu reden
erlaubt, dahin zu negotiiren und mittzuwürcken, damit dies so hochnöhtigs
allgemeinnütziges friedenwerck dernmahleins möge befördert und zum
standt gebracht werden; dahero sie zufolg ihrer instruction darumb bitten
müsten, daß sich die Frantzösische gesandten mitt der proposition lenger
nitt wolten auffhalten, welche anthwortt aber denselben nitt zum besten
gefallen hette.
Ferners berichtete unß gemelter syndicus von einglangter gewißheit, daß die
Frantzosen mitt denen Staaden von Hollandt deß tractaments halben sich
dergestalt verglichen, daß deren deputierte von denen Frantzosen bey dieser
friedenshandtlung solten der republicae Venetae mitt entgegenschickung
der guttschen, visiten, gebung der hand, auch praedicats „excellenz“ gleich-
gehalten werden, und solches usque ad maiorennitatem regis; wadurch dan
abermahls eine große difficultet zu verhinderung dieser tractaten in den
weg gelegt worden.
Undt wierdt unß gleich ietzo, indeme wier in expedition dieser unser gehor-
sambster relation begriffen, angezeigt, daß der Frantzösischer gesandter
monsieur de Servient alhie einkommen. Muß eine sonderbahre beteütung
haben.