Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
99. Lamberg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1645 Februar 16
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Osnabrück 1645 Februar 16
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 48a, Konv. c ( Januar – April 1645 ) fol. 76–80’, 89–89’,
PS fol. 85, Auflösung der Chiffre fol. 81–83’, 86 = Druckvorlage–Kopie: ebenda Fasz. 92
IV ad nr. 568 fol. 375–378’; Den Haag A IV 1628 nr. 16; Giessen 205 nr. 81 S. 346–359–
Druck: Gärtner IV nr. 116 S. 381–389.
Visite des mecklenburgischen Bevollmächtigten. Sein Bericht über Diskurse mit d’Avaux und
Milonius: Französisches Drängen auf Zusammenhalten der Reichsstände gegen den Kaiser, Ent-
schlossenheit der Gegner, die Entscheidung durch die Waffen herbeizuführen. PS Persönliches
Erscheinen des Herzogs von Mecklenburg an den Kongreßorten.
Vorgestern hatt unß der alhie anwesender |:fürstlich Mechelburgischer
abgesanter
und gebeten, die Friedensverhandlungen den Waffen vorzuziehen und uns zu nichts
widrigem bewegen zu lassen. Da uns die Erinnerung zum Frieden fast nachdenck-
lich und also fürkommen, ob dörffte von Ewer Mayestätt intention |:dem
abgesandten:| waß ungleichs vorgebracht sein, haben wir die kaiserliche Frie-
densliebe betont. Die Gegner seien bis zur Stunde noch zu keiner Erklärung über
das Hauptwerk zu bringen gewesen, woraus man ersehen könne, an weme der man-
gel seie. Da müße man aber auf daß werck selbst sehen und sich nitt durch
böser leühte nachrede verleitten laßen, sonderlich müsten eß chur-, fürsten
und stände bey gegenwertiger zusamenkombst mitt Ewer Mayestätt einig
sein und es im werck gegen die außwertige cronen bezeigen, daß man einig
seie, wan anders dem lieben vatterland solle geholffen und dern reichsfein-
den ihre scheinpraetext, dern sie sich zu underhaltung deß kriegs gebrauch-
ten , benohmen werden. |:Der abgesandte:| ist darin mitt uns einig gewest
und gewünschet, daß alle reichsstände sowohl mitt Ewer Mayestätt darin
einig sein mögten alß |:sein gnediger fürst unnd herr.
Ist darauf was weiters herausgangen und scheinet es, ob dörffte deßen visita
bey unnß darauf angesehen gewesen sein; unnd unnß discursweise erzehlet,
waßgestalt er iüngsthin eben zu selbiger zeit wie der Braunschweig Lüne-
burgischer abgeordneter Lambadius bey dem monsieur d’Avaux gewesen,
er, der Mechelburgischer, auch herzukhommen
Vgl. APW [ II C 1 nr. 285. ]
melten Lüneburgischen sey fürgelassen worden. Hette aber selbe visita
verrichten wie auch den Schweden für und nach auf dern begeren zur taffel
folgen müessen, weiln es bewust, das seines gnedigen fürsten unnd herrn
landt unnd leüthe allein in deren Schweden handen unnd gleichsamb sub-
iugo sein, bey welcher bewantnus sie sich, so guet sie khönten, bequemen
unnd bey disen leüthen insinuiren müesten; obzwar sonsten Ewer Kayser-
liche Mayestät sich dessen vestiglich versichern khönten, daß dieselbe an
seinem gnedigen fürsten unnd herrn einen trewen gehorsamben fürsten
unnd standt hetten, auf dessen trew sie sich zu verlassen unnd würde ihro
wol nichts widriges von demselben vorkhommen.
Bey gedachter seiner visita hette er bey dem monsieur d’ Avaux die gewöhn-
liche complementa abgelegt unnd sonderlich das negotium pacis berüehrt,
damit selbigs möge befördert und der bluettige krieg dermahleins gestillet
werden; warauf der monsieur d’Avaux einen discurs angefangen von deß
königs in Franckhreich intention unnd eifer zu erhaltung der Teütschen
libertet unnd das es die noth erforderen wolle, daß die ständt deß Römi-
schen reichs – alß welche principaliter darbey interessiert, alß umb dern
willen der krieg gefüehrt wurde – rechtschaffen zusammensezen, mitzu-
halten unnd sich einmahl für all auß der dienstbarkheit, warin sie bishero
gesteckht, in eine bestendige freyheit sezen müesten, wadurch dan die cron
Franckhreich dern sachen mit rechtschaffener resolution außzufüehren so-
viel desto mehr wurde angefrischet werden. Zu solchem discurs hette er,
der Mechelburgische abgeordnete, erinnert:|, daß man alhie beyeinander-
komme , umb den lieben frieden zu erhandlen, den krieg abzustellen und
von mittlen zu reden, wie die außwerttige waffen wieder mögen von des
reichs boden abgeführt werden; dan darin bestehe der stände vornembste
freyheit, damit sie einmahl wieder mögen auß den unerträglichen grausamen
kriegslast, warin sie allerdings abgemattet würden, errettet werden. Durch
den frieden würde dieselbe wieder in ihre alte freyheit gesetzt werden, nitt
aber durch die waffen. Dagegen |:der d’Avaux angezogen, die freyheit der
ständt stunde in deme, das die guldene bull, die reichsconstitutiones unnd
Kayserliche capitulation gehalten wurde unnd solang die sach nit in sol-
chen standt gebracht, so khönten sich die ständt kheiner freyheit berühmen.
Der Mechelburgische:|:Solches köndte nitt durch macht der frembden
waffen beschehen, sondern wan dieselbe zuvorderst würden auß dem reich
abgeführt sein, würde alßdan chur-, fürsten und stände uber diejenige
sachen, so sie und daß reich betreffe, mitt Ewer Mayestätt reden können, da
habe man einen gewißenen weg und hergebrachten modum, wodurch der-
gleichen sachen müste gerichtet und geschlichtet werden; würde sich durch
die waffen nitt richten, noch der krieg also lenger führen laßen; und falle
es einmahl den ständen zu lang, müsten den frieden haben, wan anderst
nitt gar solten zugrundt gerichtet werden, non oportere bella ex bellis
serere. |:Darauf der d’Avaux mit disen formalien herausgefallen: domine,
tu non intelligis negotium, melius est bellum ex bello serere quam pacem
servitute emere, unnd hette der d’Avaux selben discurs verfolgt unnd deüt-
lichen gnueg zu verstehen geben, daß die gegentheil gemeint sein, daß
werckh mit den waffen außzufüehren. Er, der Mechelburgische, hette ihme
nit mehr einreden mögen, weiln er mit seinen wenig oppositionibus schon
undanckh verdient zu haben vermerckht.
Dergleichen discurs habe er, der Mechelburgische, auch unlengst von dem
Schwedischen secretario Milonio vernehmen müessen, der ihme Teütsch
gnueg zu verstehen geben, daß werckh müesse mit dem degen außgefüehrt
werden, unnd obzwar er dagegen erinnert, daß der außschlag im krieg miß-
lich unnd sobald zu gegen- alß vortheil außlauffen khönte und dahero nit
alles auf die spizen zu sezen, hette der secretarius der Schweden macht so
groß gemacht, daß nit möglich, daß Ewer Mayestät dawider praevalieren
khönten, unnd seye nunmehr soweit khommen, daß khein ander mittel zu
erwartten, alß daß die waffen den ausschlag geben müesten. Der Mechel-
burgische endigte seinen discurs mit deme, das ers billich zu bekhlagen,
daß daß mißtrawen im reich noch nit wolle aufhören und stende des reichs
mit Ewer Mayestät rechtschaffen zusammensezen. Er sorge, es dörfften die
consilia beim gegentheill mehr auf den krieg alß frieden gerichtet sein;
man habe die mittel noch, sich zu erretten, wurde man zu lange zuesehen,
dörffte es zu spath werden. Er sorge auch, daß viel unheils von den vermale-
deiten pensionibus, so die Franzosen unnd Schweden iezo hin und wider
durch das reich bey fürstlichen unnd herrn höffen außtheillen, herfliessen
mögen, sonsten die consilia woll besser fallen. Wir haben dem Mechelbur-
gischen abgeordneten wegen seiner trewherzigen erinnerung schuldigen
danckh gesagt mit ersuechung, daß mit unnß in allem, was zu dienst des
gemeinen weesens ersprießlich erachtet werden möge, fleißig correspon-
dieren auch bey den übrigen anwesenden und herzukhommenden stendten
guette officia einwenden wolte, solte sich hingegen aller gueter vertrew-
lichkheit gegen unnß, massen wir auch darauf instruiert, zu versichern
haben, und wurden es Ewer Mayestät umb ihne in gnaden zu erkhennen
nit underlassen.
Nun ist auß oberzelten umbstenden deß gegentheils intention, wie wenig
derselb annoch zum frieden geneigt und nur mit artificiis umbgehe, wie
er bey gegenwerttiger versamblung die ständt noch ferners verleitten möge,
gnuegsamb abzunehmen. Ist auch vor ein groß glückh zu schezen, das dieß
werckh also an tag khommen, auch hoch unnd viel daran gelegen, damit ge-
dachter Mechelburgischer abgeordnete, der unnß in seinem wesen redtlich
fürkhombt, möge an der handt gehalten unnd vermittels dessen dexteritet
dergleichen sachen mehr in erfahrung gebracht werden, dahero wir eine
notturfft zu sein erachtet, allerunderthenigist zu erinnern, ob dessen nahm
möge in geheimb gehalten werden, stellen es auch zu Ewer Mayestät aller-
gnedigsten belieben, an unnß mit wenig wortten zu gedencken, daß sie es
gegen demselben hinwiderumb in gnaden erkhennen wollen, damit wir
selbiges schreiben dem abgeordneten fürlegen und derselb sovil destomehr
zu dergleichen communication willig gemacht werden möge:|.
Der stadt Franckfurth deputierte
alhie beykommendes patent, gleichsamb selbigs von dem Frantzösischen
veldtmarschalck de la Thouraine publiciert sein solle, herumbgetragen.
PS Der mecklenburgische Abgeordnete hat bei der Visite verlauten lassen, der
Herzog von Mecklenburg erbiete sich, persönlich an den Kongreßorten zu erscheinen,
sofern der Kaiser es für gut halte. Wir sind mit Stillschweigen über diesen Passus
hinweggegangen.
1 [ Manifest Turennes
Henri de La Tour d’Auvergne, vicomte de Turenne ( 1611–1675 ), französ. Marschall, General-
leutnant der französischen Armee in Deutschland. Biographie von M. Weygand , vgl. auch
H. Lahrkamp , Jan von Werth S. 139 Anm. 91, Michaud XLVII ( 1827 ) S. 40–61,
Michaud , Nouvelle édition XLII ( o. J. ) S. 256–268, NBG ( XLV ( 1877 ) Sp. 702–716,
APK 26548–26563a, 36237–36238.
nr. 568 fol. 380–380’; Den Haag A IV 1628 nr. 16; Giessen 205 nr. 82 S. 359–361–
Druck: Gärtner IV nr. 26 S. 103–104. ]