Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
60. Ferdinand III. an Nassau und Volmar Linz 1644 Dezember 22
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Linz 1644 Dezember 22
Ausfertigung: Den Haag A IV 1628 nr. 16 ( in Chiffre ) [ praes. 1645 Januar 4 ] – Reinkonzept:
RK , FrA Fasz. 47b fol. 198–201’–Kopie: ebenda Fasz. 92 IV nr. 502 fol. 143–145’ =
Druckvorlage.
Kurbayerisches Drängen auf Abschluß eines Waffenstillstandes. Verhalten bei Ansuchen der kur-
kölnischen Bevollmächtigten auf Abschluß eines Waffenstillstandes.
Wir können euch nicht verhalten, das die Churbayrischen alhie starckh in
uns gesezt
Vgl. [ nr. 45, B. ]
und zwar unvernommen der andern mitchurfürsten, dann auch uf ein uti
possidetis gestelt und die zeit bis in fünf monat ze sezen, welches dann sich
allzeit prolongieren werde lassen, erklären wolten, warin die Niderlanden
auch begriffen möchten sein. Und obschon bei mündtlichen conferenzen
unserseits zu mehrmalen repliciert worden, das bey diser fridenshandlung
sovil interesse, bevorab mit Chursachsen und Cölln, mit underlauffen, das
man wol villeicht durch dergleichen praecipitanzen nit allein kein armisti-
tium , sondern auch die abtrettung anderer getreuen noch mit uns haltenden
churfürsten und ständten erlangen möchte, sonderlich das Chursachsen, da
er sich in gefahr seche, das seinige durch ein armistitium und durch prolon-
gierung desselben zu verlieren, zu allerhandt gedancken möchte getrachtet
werden, so hat man doch Churbayrischerseits darauf beharret, das Chur-
cölln hiervon nit allein wissendt, so seye Chursachsen nuzer, uff solchen
fahl Leibzig, so doch jezo nit zu recuperieren, ein zeit zu entrathen, als noch
mehr zu verlieren. Und seye dahero besser, in zeiten dem cursui der feindt-
lichen waaffen noch etwas in weeg zu legen, sonderlich aber das wir hierin
und in einer solchen necessitet dem churfürstlichen collegio noch auch
vorgreiffen kondten und solten. Auf welches alles aber wir euch hiemit
beyschliessen.
Und ist darauf unser gnädigster bevelch, das ir vorderist, waß sich ermelte
Churbayrische alhier vernemmen lassen, in gueter enge und geheimbd hal-
tet . Vors ander, so sechen wir zwar aus der jungst von euch zuegeschickhten
proposition nit, das die Franzosen und Schweeden, wie man Churbayri-
scherseits das praesuppositum gehabt, zu einzigen induciis inclinieren,
müessen aber die beysorg tragen, es werde inen solches von deß bischoffs
zu Oßnabrugg andacht an die handt gegeben und selbst gesuecht werden,
warvon ir dienliche notdurfften zu penetrieren allen fleiß habt anzuwenden.
Im übrigen so ist für dißmal unser gnädigster bevelch, erstlich, das ir noch-
mals uf abhandlung deß fridens beharret, darumben man dißortts haupt-
sächlich beysammen, da man aber jhe hiervon wolte ein absprung nemmen
und zu einem armistitio schreitten, so vernemmet ir aus obgedachter unserer
Kayserlichen resolution, das wir uns erklärt, uns weiter gegen einem chur-
fürstencollegio vernemmen zlassen, und werdet disem nach ir, und wann
die Churcöllnische dises armistitii halber was an euch bringen, fleisßig von
inen vernemmen, ob sie was bei denen Franzosen, deßhalben bei inen dann
was die Franzosen darunter sich vernemmen lassen oder auf ir, der Chur-
cöllnischen , anbringen sich erclärt. Ferner hetet ir ermelten Churcöllnischen
zu gemüet zu füehren, ob nit räthlicher, im fridenswerckh selbst fortzufah-
ren , als davon ein absprung zu nemmen und darmit noch alles mehrers in
steckhen ze sezen. Nachdem sich nun selbe darüber, wie leichtlich zu erach-
ten , vernemmen werden lassen, das man entzwischen in gefahr seye, noch
mehr zu verlieren, so hettet ir abermaln zu vernemmen, was sie dann ver-
meinen , was vor ein armistitium einzegehen, ein lengers oder ein kürzers
und beede mit was conditionibus, waß sie auch a parte Gallorum vermitlst
deß nuncii ein oder deß andern armititii halber penetriert, waß man von
Schweeden hierin sich zu versechen, ob Schweeden mit Franckreich eins
oder nit; dann so were inen, denn Churcöllnischen, weiter zu proponieren,
obs rathsamber wolte sein, uf ein lang oder ein kurzes armistitium die hand-
lung zu stellen und quibus conditionibus sie vermeinen wolten ein langes,
quibus ein kurzes einzegehen. Vor allem aber het ir dahin zu sechen, das
wan sie etwan uf ein kurzes inclinierten, das sie sich gleichwol nit mit einem
uti possidetis übereilten, sonder sovil zeit gewunnen wurde, das sowol ir
deß churfürsten zu Mainz und Saxen liebden die irigen zur stelle hetten und
man hierinn nit praecipitieren. Solten aber ire gedancken uf ein langes
gestelt sein, so hettet ir ire gedancken auch die condition mit gueter manier
zu penetrieren und uns dessen alles ohne verlengerung einiger zeit zu berich-
ten , damit wir uns auch gestalten sachen nach weiter erklären möchten.
Diß aber habt ir obgedachtermassen pro regula zu halten, das wan das
churfürstencollegium uf ein armistitium beruhete und in solchem armistitio
uf ein uti possidetis inclinierte oder uns gar vorgreiffen wolte, das ir solches
euersorts ohne einhollung unsers weitern bevelchs nicht eingehen, aber
auch vor allem die exclusion unsers und unsers löblichen hauß aus disem
armistitio verhüeten und sovil zeit gewinnen thuet, das uns darüber eure
relation und unsere weitere resolution euch zuekommen möge, wie dann
die sach so wichtig und sich solche difficulteten bei andern hiebey interes-
ßierten churfürsten erzeigen werden, das euch die occasion nit ermanglen
wirdet, mit gueter dexteritet sovil zeit zu gewinnen, das unsere weiter reso-
lution darüber eingehollet werde.