Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert
280. Nassau und Volmar an Ferdinand III Münster 1646 April 17
Münster 1646 April 17
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 52a fol. 49–52’, 64, praes. 1646 April 26 = Druckvorlage
– Konzept: Ebenda Fasz. 92 VIII fol. 275–278’ – Kopie: KHA , A IV Bd. 1628/20
unfol.; Giessen 207 nr. 39 S. 167–177; Öst. Akten , Tirol , Fasz. 20e fol. 152–155 –
Druck: Gärtner IX nr. 32 S. 141–148.
Elsaß-Angebot. Französische Reichsstandschaft. Belehnung. Recompens der vorderöster-
reichischen Linie. Breisgau. Breisach. Neuenburg. Pfalz. Waffenstillstand. Geistliche Güter.
Zufolg unserer negstvorgehenden relation vom 13. diss sollen Euer Kayser-
liche Mayestät wir allerunderthenigist berichten, das wir folgenden tags
denn herrn mediatoribus eröffnet und vorgehalten, waßgestalten wir nun-
mehr vor eine notdurfft finden theten, im namen Eur Mayestät und deren
hochloblichen hauses denn Franzößischen plenipotentiariis die überlasßung
dess Obern und Undtern Elsäss sambt dem Sundtgaw formblich anerbietten
zu lassen, derentwegen wir auch wie und mit was reservat und beding ein
solches zu geschechen, ein besonder memorial verfast heten, so wir inen
auch alsogleich zuegestelt, innhalts der abschrifft littera A. Hinweis auf
Beilage B.
Dieweil dann die Churbayrischen gesandten sich benommen, mit ermelten
Franzößischen plenipotentiarien wegen irer entgegen eingeworffener be-
dencken und anschlägen nach notdurfft zu reden, also haben sie uns gestri-
gen tags umbstendtlich referiert, was sie von dennselben für ferrere erclä-
rung empfangen hetten, welche uf nachfolgende puncten gestelt ist. Erstlich
haben sie vorgewendet, das im eingang dess bedeüten memorials ire postulata
solcher gestalt qualificiert würden, als wann diser vorschlag von inen her-
kommen thet, so inen am königlichen hof etwan ungleich möchte aufge-
nommen werden, begehrten derentwegen, man solt solchen eingang gleich
sowol außlassen als die bei dem 4., 7., 8. und 10. articul gesezte conditio-
nes . Zum andern, wann sie die Elsäsßischen landtschafften titulo feudi von
dem Römischen Reich recognoscieren und derentwegen dess Reichs beschwer-
dte tragen müesten, so wolten sie auch sessionem et votum auf gemeinen
reichstägen haben. Zum dritten wolten sie die investitur nit nur auf dess
königs Ludovici XIII haeredes masulos [!], sondern auf einen ie weesenden
könig in Franckreich oder wenigist die ganze lini dess hauß Bourbon haben.
Zum vierten, ob sie zwar die gesezte recompens per 5 million reichsthaler
vor die herren erzherzogen zu Insprugg als ganz übermasßig zum
hefftigisten widerfochten, so heten sie iedoch bekandt, das man denselben
ein billichen abtrag zu thuen verbunden sein wurde, und hette sich der
conte Servient im heraußgehen verlautten lassen, wann es etwan umb ein
500 000 cronen ze thuen wer, so wurde es nit vil difficulteten haben, aber
das postulatum wer vil zu starckh, das sie also anstüenden, waß ze thuen
und ob sie es nach Pariß referieren derffen. Zum fünfften, betreffendt die
verenderung dess Preißgaw an dess herrn churfürsten zu Bayrn durchlaucht
oder gar an die Pfalzische erben, da hetten sie zwar vorgewendt, das sie uf
solchen fahl dise landt dem pfalzgraf Edoardo
worden, einzuraumen gedächten. Als inen aber repliciert worden, das hier-
durch der sachen nit geholffen, Eur Kayserliche Mayestät der eviction nit
entledigt, noch der Pfalz churerb damit zufriden sein und nichts destweni-
ger die landt in gefahr stehen wurden, das die mit der zeit denn Calvinisten
in die hände gerathen möchten, heten sie darauf nit mehr insistiert, sondern
sich ansechen lassen, das solche landtschafft gleichwol dem hauß Österreich
verbleiben möchte. Zum sehsten heten sie ebenmäsßig nochmaln praeten-
diert , das man inen neben der vestung Preysach auch die statt Newenburg
überlassen müest. Weiln inen aber auch dises beweglich widersprochen und
angezeigt worden, das sie dessen kein rechtmäsßig fundament heten, noch
dem hauß Österreich solches zuemueten köndten, heten sie es entlich auch
dahin gestelt sein lassen und allein vermeldet, das sie dessentwegen dem von
Erlach
Johann Ludwigv. Erlach (1595–1650), unterschiedliche Dienste auf protestantischer
Seite, stieß 1637 zu Hg. Bernhardv. Weimar, 1638 Gouverneurv. Breisach, seit dem
Tod Bernhards in franz. Diensten. Vgl. ADB VI S. 216–220 .
so sie außzulassen begert, auch derihenig, so die Pfalzische sach begreifft
und aber die Churbayrischen gesandten inen repraesentiert, das dise sach
kein conditio privata, sonder publica wer, auch ohne dieselb kein frid
gemacht werden köndt, derentwegen auch die Franzosen kein scheüchens
tragen solten, solche condition ebensowol als andere mit iren confoederatis
zu communicieren, so heten sie entlich zuegegeben, das diese punct in dem
memorial, wie er anfangs gesezt worden, suo loco et ordine verbleiben
möchte.
Was nun den ersten puncten anlangt, haben wir darfürgehalten, das solches
sine praeiudicio geschechen möcht und derentwegen den gesezten eingang
verendert, wie in der copei ad marginem notiert zu sechen. Bey dem andern
ist denn Churbayrischen angezeigt worden, das Eur Kayserliche Mayestät
solche session und votum nit zu bewilligen vermeinen, wie dann sie, Chur-
bayrische , dabei auch vermeldet, dem [!] Franzosen angezeigt ze haben, das
das hauß Österreich wegen der landtgrafschafft Elsäss kein session noch
stim uf reichstägen niemalen gesuecht heten, folglich auch Franckreich sol-
ches nit anzumassen. Es were aber von inen zu weiterer handlung außge-
stelt und gleichwol sovil vermerckht worden, das sie nit leüchtlich davon
weichen wurden, sonderlich wann dergleichen der cron Schweeden solte
bewilligt werden, und halten auch wir darfür, das uf solchen fahl die
reichsständt selbst mehrern theil den Franzosen beyfahl geben werden. Und
scheint wol, das dise intention schon lange zeit in geheimben tractaten
möchte gesterkht sein, allermassen sich dess herrn bischoffs zu Oßnabrugg
fürstliche gnaden dessen schon beynachend vor zway jaren gegen uns im
discurs vernemmen lassen. Wegen der investitur gibt Eur Kayserliche
Mayestät ertheilte letstere instruction zu erkennen, das die entlich uf das
ganze hauß Bourbon möchte bewilligt werden. Betreffend die per 5 million
reichstaler determinierte recompensa, obzwar allerhandt difficulteten ein-
geworffen werden, so erscheint doch, das die fast einzig allein wider den
expressum diser forderung gerichtet und sie nit in abred seyen, das man den
herren erzherzogen zu Insprugg ein billichen abtrag schuldig war, wie dann
sonderlich der conte d’Avaux selbst in geheimbd die verwahrung gethan,
man solte sich von der praetension nit abwendig machen lassen. Und obwol
Eur Kayserliche Mayestät instruction in disen puncten allein dahin gehet,
das die Franzosen behilfflich sein wolten, damit solche recompens vom
Reich geschechen möcht, so hat doch der herr graf von Trautmanßdorf vor
besser und sicherer gehalten, solche forderung directe uf die cron Franck-
reich ze richten. Was ire laut dess 5. punctens auf die baan gebrachte ver-
enderung der Preyßgawischen landtschafft an das haus Bayrn oder Pfalz
anlangt, da haben inen die Churbayrischen selbst die unthuenlicheit
genuegsamb remonstriert, und wollen wir nit verhoffen, das sie darauf
ferrer zu beharren gemeint sein werden.
Wegen der statt Neüburg, weil ir intention dahin gehet, das sie selbigen
posten zugleich wolten fortificieren lassen, unangesehen solches wegen dess
gewaltigen anfalls dess Rheinstrombs bei diser statt fast unmöglich oder
doch allerdings vergeblich ze sein scheinet, so würdet unsers erachtens auf
der restitution zu beharren sein. Wie wir auch nit darfürhalten, das sie
dessentwegen die handlung würden zerschlagen lassen. Wir haben demnach
nit ermanglet, uf solche von denn Churbayrischen vernomne anzaig als-
paldt gestern nachmittags mit denn herren mediatoren von der sachen
ferrer zu communicieren, die uns dann berichtetet, das die Franzößische
plenipotentiarii ire erclärung in schrifften uns würden zuestellen lassen und
heten sich albereit einer relation und guetachtens an den königlichen hof
verglichen, welches wie sie, mediatores, uns im vertrauen berichten köndten,
zue Eur Kayserlichen Mayestät und sonderlich der herren erzherzogen zu
Insprugg favor gestelt sei, und vermeinten, das sie, die Franzosen, bereits uf
2 million reichstaler zu gehen gedächten. In summa, sie wurden es derent-
wegen nit aus der handt lassen. Wie dann sie, mediatores, an irer remon-
stration gegen ire collegas zu Pariß auch nichts wolten erwenden lassen.
Sonsten seint die Franzößischen plenipotentiarii mit dem verenderten proe-
mio zufriden und haben wegen der Pfalzischen sach allein diss weitere
angeregt, das herr graf von Trautmanßdorf eben selbige condition auch
denn Schweedischen plenipotentiariis vorhalten wolte. Herzog von Longa-
villa soll morndrigen tag nach Oßnabrugg verreisen, mit den Schweeden
den anstandt der waaffen richtig ze machen.
Und dieweil dann die Franzosen umb einlangung einer entlichen resolution
einen aignen currier nach Pariß zu schickhen sich erclärt, dergleichen zwar
von uns auch begert, Eur Kayserliche Mayestät aber undterm dato 10. diss
albereit gehorsamist berichtet worden, das diß ganze werckh auf zurugg-
lasßung der vestung Preysach erwenden thue, als wollen wir nit zweiflen,
dero allergnädigste resolution sovil desto zeitlicher einlangen werde.
Wir haben nr. 242 erhalten und daraus vermerckht worden, das in puncto
gravaminum, wie Eur Mayestät allergnädigste resolutiones, wir mit denn
Churmainzischen und Bayrischen zu communicieren und sie dahin zu dis-
ponieren , das sie dieselben auch beobachten helffen wolten. So wir auch
bereits gethan; verspüren aber, das sonderlich die Churbayrische, wie auch
Cölln und Trier zu einer bestendigen nachsechung der geistlichen güetter,
bis die religionsstreitt möchten verglichen werden, nit instruiert, sondern
nochweils auf einer gewissen jaracht und bis uf 80 oder mehr jar verharren
thuend. Wir seint iedoch der sambtlichen catholischen churfürstlichen
gsandten guetachtens über disen puncten und was deme mehrers anhangt,
stüendtlich in schrifften gewärttig.
A Kaiserliches Elsaß-Angebot, [ Münster 1646 April 14 ]
fol. 53–56; KHA , A IV Bd. 1628/20 unfol.; Ebenda Bd. 1628/57 unfol.; Giessen
207 nr. 33 S. 140–146; Öst. Akten , Tirol , Fasz. 20e fol. 152–155 – Konzept:
RK , FrA Fasz. 92 VIII fol. 263–267 – Druck: Gärtner IX nr. 24 S. 102–107 ;
Meiern III S. 6–7 .
B Vgl. nr. 272.