Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert
248. Lamberg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1646 April 5
–/ 248 /–
Osnabrück 1646 April 5
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 51a fol. 3–6’ = Druckvorlage – Kopie: Giessen 207 nr.
15 S. 43–51 – Druck: Gärtner IX nr. 6 S. 13–18.
Beratungsmodus der Reichsstände. Pfalz.
Die protestirende ständte haben unß vorgestern durch iren ausschuß
anzeigen laßen, gestalt zu Münster der schluß bey denen aldha ahnweesen-
den stendten gefallen sein solle, daß die correlationes ahn beeden örtern,
doch nur erstmals allein super prima classe replicarum partis adversae vor
handt zu nhemmen und wan man darüber eins gutachten vergliechen und
selbigs denen Kayserlichen herrn abgesandten würde zugestelt sein, alßdan
ferners zu denen correlationen uber die ubrige materi zu schreiten.
Weiln nun solches verlengerung, auch doble mühe und arbeit geben würde,
alß hetten sie bey uns dhavon erinnern und zu unserm fernern nachdencken
anheimbstellen wöllen, ob nit vermitls der Kayserlichen herrn abgesandten
zusprechen das werck bey denen stendten zu Münster auf einen solchen
weeg zu bringen, dhamit die correlationes supra tota materia deliberata
möegen angestelt und alles auf einmahl in ein gesambtes gutachten gebracht
und denen Kayserlichen gesandten darmit zu handt gangen werden. Sodan
ferners, weiln auch die beforderung der haubttractaten großen theils ahn
beforderung der Pfaltzischen sach ligge, ob nit darüber mit denen cronen
der anfang zu machen und selbe sach, alß welche eine von den wichtigsten
puncten der amnistia seie, immitls für handt zu nhemmen. Die cronen ver-
langten solches selbst.
Wir haben geantwortet, daß unß zwar von dem ersten puncto nichts für-
kommen seie, wehre freylig zu beförderung der sach beßer, auch denen
Kayserlichen abgesandten zu irer information dienlicher, wan dieselben mit
einem gesambten gutachten uber die völlige materi auf einmahl möege zur
handt gangen werden, würde aber zweifelsohne nit ohne erhebliche ursach
auf eine solche abtheilung bey denen stendten zu Münster geschloßen sein,
weiln unß aber nichts dhavon bewust, alß wöllen wir nit underlaßen, dem
Kayserlichen principalabgesandten, herrn graven von Trautmansdorff ex-
cellentz , und unsern herrn collegis zu Münster von diesem der protestiren-
den stendten bey unß beschechenem ahnbringen und erinnern zu berichten,
die würden von sich selbst alles, waß zu beforderung der sachen am dien-
lichsten sein möegte, beyzutragen und gehöriger örter zu erinnern geneigt
und begierich sein.
Waß aber den andern punct, nhemblich die Pfaltzische sach, anlangte, dha
vermerckten wir, daß sich die protestirende stendte in irer meinung ändern
und selbe itzo denen cronen under handen geben wölten, dha sie doch für
weenig tagen gar wol zufrieden gewest und unß selbst dhavon ahngezeigt,
daß selbe sach ad particulares tractatus, so iedoch alhie vorzunhemmen und
zu endigen sein möegte, verwiesen werden, sie auch selbst von solchem con-
cluso denen Pfaltzischen ministris ahnzeigen laßen; dha wölle es sich nit
mehr thuen laßen, wieder zurück zu gehen, zumahl nit zu vermuthen, daß
ihnen deswegen von ihren principalen immitls anderwertlicher befelch solte
zukommen sein; es seie auch dieses eine rechte reichssach, so für die auß-
wertiche cronen nit gehörig, weeniger ad amnistiam oder under gegenwerti-
chen krieg khönne gezogen werden, es würde nur mit dergleichen angeben,
denen cronen gedient, so dardurch gelegenheit erlangten, sich sachen anzu-
nhemmen , so ihnen sönsten nit ahngehen, consequenter falle darnach der
punctus satisfactionis dem Reich soviel desto schwehrer; ersuchten die prote-
stirende stendte, daß sich von ihrer zuvor gefasten meinung nit wöllen ab-
führen oder verleithen laßen, seie des Reichs reputation daran gelegen, daß
dergleichen reichssachen ohne zuziehung der cronen under den stendten
selbst möegen vergliechen werden. Es hette sich auch das churfürstliche
collegium seithero dhabey also bezeigt, daß menniglich ob deßen verfahren
ein begnügen gehabt, würde sich auch ferners dhabey der gebühr zu guber-
niren wißen.
Illi: Die cronen wölten es also haben und nit zugeben, daß die sach, so von
ihnen seie proponirt worden, auf andere solle gezogen werden. Die fürsten
des Reichs könten auch dem churfürstlichen collegio eine solche authoritet
nit einraumen, daß dieselbe allein ohnbefragt der fürsten sich darin einer
interposition unterfangen sölten, und wan man recht teutsch reden sölte, so
wehren die churfürsten zum theil selbst dhabey interessirt, Churmaintz
wegen der Bergstraaß, Cölln wegen seines haußs, Bayern seie parthey et
cetera.
Sie, abgesandte, wehren nit in abrede, daß sie den Pfaltzischen ministris
zusprechen, dieselbe zu beforderung der sachen antreiben, auch zu ver-
stehen geben laßen, daß sie die particulares tractatus nit außchlagen, son-
dern nur ihr absehen dhahin haben sölten, dhamit sie die sachen zum standt
pringen und nit dhabey gedencken möegten, daß sie ohne conditiones dha-
vonkommen würden, hete aber bey ihnen die meinung nit gehabt, daß
under der particulartractaten des churfürstlichen collegii interposition solte
verstanden werden, sondern daß man sich allererst darüber underreden und
vergleichen würde, wie solche particulartractaten anzustellen.
Nos: Wan man alles thuen sölte, waß die cronen haben wollen, so sein wir
nur diener, woh nit gar schlaven der cronen und werde man sich deren arbi-
trio in allem undergeben, ia landt und leuthe hinderlaßen müeßen, dan sel-
bigs wölten die cronen auch haben, es würde der weeg nit sein, wardurch
man das vatterlandt auß der großen kriegsflam werde erretten können;
man werde müßen auß einem mundt und alle in communi defensione
patriae mit hindansetzung aller passionen wieder des Reichs feinde reden,
sönsten würde man nit darauß kommen, sondern noch weiter hineinrinnen
und endtlich denen frömbden nationen zum raub werden. Waß der reichs-
fürsten interesse gegen das churfürstliche collegium anlangt, daß wehren
sache [!], warzu unß nichts zu reden gebühren wölle; hetten es aber dhafür
gehalten, weiln die Pfaltzische sach schon so lang under handen des chur-
fürstlichen collegii gewest, es würde alles dhabey sein beobachtet worden,
waß zu beobachten nöitig und alles mit menniglichs belieben hergangen
sein, doch so seie dies auch ein sach, so zwischen chur- und fürsten müße
außgetragen werden, warzu sich noch wol mitle ereügen würden, seie aber
derentwegen unnötig, die reichssachen denen cronen zu untergeben, ver-
sehen unß dhahero, daß die protestirende stendte den sachen waß mehr
nachdencken, bey irer vorigen meinung beharren und die sach nit werden
schwehrer machen wöllen.
Illi: Verpleiben bey irem ietz beschehenen anbringen und besorgen, die sach
werde allererst schwehrer gemacht werden, wan man demselben nit werde
nachgehen. Nos: Es seie ahn unß hirüber von denen gesambten stendten
noch nichts gebracht worden, gedeüchte unß dies ahnbringen waß zu frühe-
zeitig zu sein, dan es würden der übrigen stendten meinungen auch müßen
vernhommen werden, wölten also erwarten, waß sich dieselbe hiebey wer-
den wöllen vernhemmen laßen, inmitls aber von diesem anbringen gehöri-
ger örter gebührlich zu erinnern wißen.