Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert
245. Trauttmansdorff an Ferdinand III Münster 1646 April 3
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Münster 1646 April 3
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 50b fol. 1–3, praes. 1646 April 16 = Druckvorlage –
Konzept: TA, Ka. 111 unfol.
Wartenbergs Widerstand gegen die Abtretung von Bremen und Verden. Bayern zur fran-
zösischen Satisfaktion. Unterredungen mit Salvius und Longueville.
Hinweis auf nr 237 und die dazugehörigen Beilagen. Wartenberg hat seine
Argumente noch am 30. März mündlich wiederholt, mit dem anhang, daß
wan solche nicht statt finden und darwieder mit vergebung der stieffter
etwaß vorgenohmmen werden solte, seine furstliche gnaden darwieder
protestiren würden mussen. Ich hab deroselben hinwiederumb obange-
zogene meine sechs gegenrationes und benebens auch remonstrirt, daß wan
man mit den cronen und zumalen auch den protestirenden mit argumentis
handlen solte, man ihnen nichs schuldig sein, noch pleiben wurde, weyln
aber jetzigem deß Reichs zustandt nach, der friedt mit dergleichen protesta-
tionibus wenig oder gar nicht befurdert werden könte, so würde seine furst-
liche gnaden zwar nicht zu verdencken sein, daß sie sich wegen ihres
tragenden bischofflichen ambts im gewissen verwahren theten. Ich wolte
aber der hoffnung leben, sie wurden selbst erkennen, wan auff kein andere
weiß auß der sachen zu kommen, daß besser seye, daßienige zuruck zu-
lassen , waß man ohne daß der zeit wiederzugewinnen nicht vermag, alß
dieserthalben daß gantze Römische Reich in krieg und gefahr, daß ubrige
noch vollents zu verlieren, stecken zu laßen.
Obgedachter herr bischoff ist hiervon auff die Frantzösische praetensiones
kommen, in vertrawen vermeldet, daß er ihrer churfürstlichen durchlaucht
in Bayeren zugeschrieben, welcher gestalt er den Frantzosen die unfueg und
unbilligkeit ihrer praetensionen deß Elsaß remonstrirt habe; warauff ihre
churfürstliche durchlaucht ihme, bey der den 28. dits ankommener post
gleichsam verweißlich zur andtwort geben, daß er solches underlaßen undt
die Frantzosen mit dergleichen einwürffen nicht irr machen solte, auß wel-
chem unschwer abzunehmen, wohin ihrer churfürstlichen durchlaucht
intention in puncto der Frantzösischen satisfaction ziele.
Eben selbigen tag, den 30. Martii, hab ich den alhier ankommenen Schwe-
dischen gesandten Salvium besucht, welcher sich uber daßjenige, waß
zwischen unß zu Oßnabrugg abgeredt worden, in particulari nichs herauß-
gelassen , sondern weyln der Rosenhan (wie ich muthmaße) stets bey uns
verblieben, sich nur in generalibus gehalten und allein soviel gemeldet, wan
aber die königin und cron Schweden cives Imperii weren, daß sie alßdan
Ewer Kayserlichen Majestätt und dem Reich mehrers obligirt sein würden
alß der cron Franckreich und ihren confoederirten und da dieselbe sich zu
keinem frieden bequemen wolten, sie, die Schweden, bey Ewer Kayser-
lichen Mayestätt halten könten und den Frantzosen weiter keinen glauben
zu halten schuldig wehren, ehe und bevor aber sy zu keinen reichsmitglie-
dern auffgenohmmen wehren, musten sie sich ahn ihre confoederirten
halten. Sodan hetten sie den ständen deß Reichs versprochen, daß sie sich
ihrer gravaminum ahnnehmen wolten, solang nun solche nicht beygelegt,
so könden sie die ständt nicht lassen und wehre diesem nach ahn deme, daß
man unserseiths die duplicam und benebens befurderen thete, damit die
stände under sich verglichen würden. Sie, die Schwedische, wolten ihres
theils alßdan unsere duplicam tripliciren oder vieleicht daß instrumentum
pacificationis loco triplicae ubergeben und sehen, wie man auß der sachen
kommen möchte. Und obwol vorbesagter Salvius vorgeben, daß ihnen auß
Schweden noch keine resolution zukommen, so muß ich doch auß ihren
actionibus, indeme sie nit allein die protestirende sich mit den catholischen
in puncto gravaminum zu vergleichen, sondern auch vermittelß ietzgedach-
ter protestirender die Pfaltzische abgeordtneten selbst ahnmahnen und
erinneren, die Pfaltzische sach mit ehistem zu reassumiren und zu sehen, wie
man auch derentwegen ubereinkommen möge, vast soviel abnehmen, daß
ihnen albereit einiger befelch zukommen sein mueß. Im ubrigen ist auch der
Spanische abgesandter Dr. Bruin bey ihme, Salvio, gewesen; waß zwischen
ihnen fur discurs furgeloffen, wurdt Ewer Kayserliche Majestätt der duca
de Terranova gehorsamist communiciren.
Und nachdeme ich ahm verwichenen sontag allen dreyen Frantzösischen
plenipotentiariis gluckselige osterfeyertag wunschen lassen, hat mich
darauff gestern nachmittag der duc de Longueville besucht und sich wol ein
stundt bey mir auffgehalten, und alß er seiner seiths so grose auffrichtigkeit
und begirdt zum frieden contestirt, hab ich ihme zu verstehen geben, daß
ich zwar ahn seiner particular guther intention so sehr nicht, aber ahn deme
vast zweivelen muste, wan er oder die cron auch wolte, ob sie friedt
machen könden, und dieses darumb, weyln sie sich anderwerts impegnirt
und dem Turcken zugesagt hetten, kein friedt zu machen. Er hat sich
anfangs gestelt, alß wan ihme dieses verwünderlich vorkäme, aber gleich
darauff bekendt, daß sie zwarn dem Turcken nicht zugesagt, wan er gegen
Venedig moviren würde, daß sie ihme nicht resistiren wolten, solang man
aber zwischen Ewer Kayserlichen Majestätt und der cron Franckreich in
diesem standt verbleiben thete, würden sie dem Turcken, wan er sich gegen
Ewer Majestätt erblanden wendete, keinen wiederstand thuen, noch ab-
mahnen , dafern es aber zu einem frieden kommen solte, wolten sie Ewer
Kayserlichen Majestätt und dero hochlöbliches ertzhauß mit aller macht
assistiren. Sonst bestehen sie noch auf deme, wan man ihnen Cathalonia
und Navarra geben wolte, daß sie alleß restituiren wolten, auch waß sie in
Niderlandt erobert hetten. Elsass betreffendt, da hat er mir, alß ich ihme
die unbilligkeit ihrer praetension darauff mit mehrerem zu gemuth geführt,
zur andtwort geben, wan wier ihnen, den Frantzosen, solches alß guthen
freundten uberlassen theten, wurden sie es mit guthem gewissen behalten
und geniessen; gäben wier ihnen aber dasselbe alß feinden, hetten wir auffs
wenigst diese consolation, daß Gott sie, die Frantzosen, wie ich vermainte,
darumb straffen wurde; welches meines erachtens kein geringe blasphemia
ist.