Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert
151. Trauttmansdorff an Ferdinand III Osnabrück 1646 Februar 12
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Osnabrück 1646 Februar 12
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 50b fol. 22–23’, eigh. PS fol. 23’, praes. 1646 Februar 23.
Schwedische Vollmacht. Koalition der Reichsstände mit dem Kaiser? Waffenstillstand.
Rechtfertigung der Verhandlungstaktik gegenüber Kurfürst Maximilian.
Ewer Kayserliche Mayestät erinneren sich allergnedigst, welcher gestalt sy
mich in dero befelchschreiben vom 26. negst abgewichenen monats Januarii
allergnedigst ermahnt, dahin zu sehen, damit die Schwedische gesandten ein
ernewerte vollmacht under der konigin selbstaigener hand zuwegen brin-
gen theten. Berichte Ewer Kayserlichen Mayestät hierauff gehorsamist, daß
solche vollmacht der vorigen gantz gleich alhie eingelangt und mir heudt
durch den Salvium außgeantwortet, darin aber auch wegen beschliessung
des fridens nichts anderß alß die vorige clausula: quicquid igitur dicti legati
et cetera tractaverint, egerint ac statuerint et cetera id nos omni meliori
modo ratum gratumque habituras et cetera, gesetzt worden.
Sonst haben ihre churfurstliche durchlaucht in Bayren mir abermahlen
und zwar auß denen Ewer Kayserlichen Mayestät vorhin bekandten und so
offt widerholten rationibus impossibilitatis und dergleichen umb ehist mög-
ligste befurderung des fridenschlusses zuegeschrieben, dero ich hinwieder-
umb geantwortet, wie die beylag littera A vermag.
Welchem zufolg Ewer Kayserliche Majestät ich hiemit gehorsamist nicht
verhalten solle, wie daß sich bey mir vor etlich wenig wochen ein furstlich
Braunschweig Lunenburgischer geheimer- und alter kriegsrath Jacob Arent
Pape
Huxar geklagter excess und repressalien und zu deren abstellung von mir
gebettenen recommendation angemeldt, under anderen aber von dem
ietzigen zuestand der Kayserlichen sowohl alß der Schwedischen waffen,
sodan auch von den hiesigen fridenstractaten obenhin und kurtzlich zu
discurriren angefangen, auch etliche vorschläg berürt, auf waß weiß die
Schweden sowohl alß die Franzosen, wan sy ie zu keinen billigen fridens-
mittelen lust trugen (nach beschehener erorter- und vergleichung der standt
gravaminum), zur raggion zu bringen, welche meines ermessens nicht so gar
lehr unnd ausser acht zu lassen sein möchten, und fast mit demienigen ein-
treffen , waß mein guetachten bey der den 5. Octobris nechstverwichenen
jahrs angestelten consultation wegen furdersambster vereinbar- und zu-
samensetzung der standt mit ihrem höchsten oberhaubt, gewesen. Nemb-
lichen , daß, wan ihnen, den ständen, in ihren gravaminibus billiche satis-
faction geschehen und widerfahren, die Schweden aber den bogen gar zu
hoch spannen würden, sy alßdan zu Ewer Kayserlichen Majestät tretten, ein
ieder standt seine bey der feindts parthey dienende vasallen und under-
thanen , vermittelst Ewer Kayserlichen Majestät sowohl alß ihren selbst-
aigenen avocatorien von dannen abziehen, dardurch sowohl alß durch ein
auffbott derienigen underthanen, welche vor diesem im kriegswesen sich
gebrauchen, aber anietzo in eines oder anderen standts landen, statt oder
pottmessigkeit haußlich nidergelassen hetten, ihre hin und wider auff den
bainen habende völckher versterckhen und also mit gesambter handt den
reichsstanden auff den halß gehen und dieselbe also mit gewalt zu anneh-
mung billigmessiger fridensmittel zwingen würden und könten, und dieses
fast auf diese manier und weise, soviel ich abnehmen können, wie des ver-
storbenen veldtmarschalckhs Arnehmbs
Johann Georg von Arnim (1581–1641). Nach schwedischem und polnischem Kriegs-
dienst 1626 in ksl. und 1631–1635 als Feldmarschall bzw. Generalleutnant im kursächs.
Dienst, in den er kurz vor seinem Tod nochmals eintrat. Vgl. ADB I S. 568–570 ; zu
seinen politischen Plänen vgl. F. Dickmann , Westf. Frieden S. 59f.
das werckh besser heben können wurde, alß eben Ewer Majestät veldt-
marschalckh graff von Holtzapffel, welcher seinem, des Pape, vorgeben
nach albereit vor diesem mit dergleichen gedanckhen umbgangen were. Er
satzte hinzu, sein herr hette noch von 7 biß in achte halb tausent man auß-
erlesenes guetes volckhs, und wan man demselben das generalat uber eine
solche verfassung (welche er die dritte parthey genennet) auftragen würde,
daß es sich noch wohl fuegen köndte, sintemahlen der Königsmarckh
Hans Christoph Gf.v. Königsmarck (1600–1663), nach kaiserlichem, seit 1631 im
schwedischen Dienst, 1640 Generalmajor, 1644 Generalleutnant, 1646 General der
Kavallerie. Vgl. ADB XVI S. 528–530 .
vor diesem die stell eines generalmaiors oder leutenandts uber die Braun-
schweigische völckher affectirt, daß derselbe ebener gestalt und mit ihme
viel andere von der Schwedischen parthey ab- und in diese diensten gezo-
gen werden köndten.
Wiewohl nun dieses sachen seint, welche er ohne eintzigen habenden
befelch, wie er vorgeben, nur fur sich selbst angedeut und ohne daß noch
im weiten feldt stehen, so hab ichs doch Ewer Kayserlichen Majestät hiemit
occasionaliter gehorsamist anfuegen und ihro mich zu beharrlichen Kayser-
lichen gnaden underthenigst empfehlen sollen.
PS Die zeit ist zu khurz gewest, dieses in ziffer zu setzen. Die churfürst-
liche durchlaucht zu Bayern suchen abermals ein armistitium durch die
mediatores bey denen cronen, weillen Euer Kaiserliche Majestät in ihren
responsionibus sich zu solchem schon verstanden, lass ich die sachen
lauffen, halt aber wol darvor, es werde nichts darauß werden.
A [ Trauttmansdorff an Kf. Maximilian I., Osnabrück 1646 Februar 12 ] fehlt. [ Konzept:
TA, Ka. 109 unfol. ].
[ Rezepisse auf Kf. Maximilians I. Schreiben vom 31. Januar
Vgl. [ nr. 167 Anm. 1 ] .
stocken zur Zeit mehr wegen der Gravamina als der Satisfaktion. Schweden hat sich
(warmit ihrem vorgeben nach die Franzosen, wiewohl sy die catholischen eines anderen
überreden wollen, auch übereinstimbten) außtrücklich nun zu underschiedlich mahlen
sowohl gegen denen ständen alß mich vernehmen lassen, wan man nur in den gravami-
nibus an seiten der ständt miteinander eins, das es ihrer satisfaction halber hoffentlich
so grosse difficultet nicht werde haben; dergestalt auch, da diesem nach die Franzosen
sich mit billichen conditionibus nicht begnüegen lassen wolten, das sogar sy, die Schwe-
den , neben den ständen dieselbe zu raggion anweisen wolten. Wenn darauf auch nicht
allzu viel zu geben, so hängt das Werk doch zur Zeit am meisten an den Gravamina,
so daß ich mich, nach der Überreichung der katholischen Gegengravamina, vornehm-
lich um einen Vergleich bezüglich des Orts und des Modus der Gravamina- Verhand-
lungen bemüht habe.
Die hiesigen Stände haben mir versichert, das sy in puncto gravaminum auf den
extremis nicht beharren wollen und wan man hirin eins, das sich alßdan der cronen
und zumahlen Schweden mit einem leidentlichen consentiren lassen werden. Und da
dieselben auch nit wolten, das sy, die ständt, alßdan noch wohl mittel wusten und fin-
den wurden, die cronen darzue zu zwingen. Ich miest also notwendig waß zuwarten,
waß die compositio gravaminum in milterung der cronen praetensionen wurkhen
werde. Im widrigen faal, da ihnen, cronen, vil versprochen wurde, die stendt die vol-
ziehung deßselben gleichwol ihrer Kayserlichen mayestät ohne der stendt beytrag
aufwelzen möchten.
Dank für das Bemühen des Kurfürsten um den Schutz der trauttmansdorffschen Güter
in Böhmen.]