Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
344. Trauttmansdorff, Nassau und Volmar an Ferdinand III Münster 1646 September 14
–/ 344/–
Münster 1646 September 14
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 52a fol. 135–135’, 147–147’, 136–138’, praes. 1646 September 27
= Druckvorlage – Kopie: KHA A 4 nr. 1628/41 unfol.; ÖstA Tirol Fasz. 20f. S. 2318–2326
– Konzept: RK FrA Fasz. 92 X nr. 1427 fol. 301–305 – Druck: Blum, Anlage 18, 402–408
(ohne 585 Z. 1–29, 588 Z. 27–29).
Mediatoren: Französische Reaktion auf kaiserliche Vorschläge vom 11. September zum Text der
Satisfaktionsartikel und über spanisch-französische Verhandlungspunkte. Verlesung der kaiser-
lich-französischen Satisfaktionsartikel am 13. September, Rechtsvorbehalte des Hl. Stuhls, Fest-
stellung der verbliebenen Differenzpunkte der Verhandlungen mit Schweden, Hessen-Kassel und
den protestantischen Reichsständen: Normaljahr, schwedische Satisfaktion, Militärsatisfaktion,
hessen-kasselische Satisfaktionsforderungen, Restitution der Unterpfalz an pfälzische Erben, kur-
bayerische und österreichische Ansprüche gegen Württemberg. Absprache über weiteren Verlauf
der Verhandlungen. Türkenhilfe. Französisch-schwedische Verhandlungen.
Hinweis auf Beilage A. Nun seint gestern vormittag ermelte mediatores bei
uns widerumb einkommen mit umbstendlicher anzeig, was von unseren no-
tandis denn Franzößischen plenipotentiariis annemblich oder nit annemblich
gewesen
sie, mediatores, damit dieihenige difficultet, so wir in unserer vorigen relation
wegen der vestung Ehrenbreitstein angeregt, desto leichter vor dißmal umb-
gangen und die Franzosen ohne ferrern aufzug ihre übernomne handlung mit
denn Schweeden und protestierenden ins werckh zu sezen vermögt werden
könten, den § 5 „Pariter omnes terrae“ etc.
In dem von den Mediatoren am 10. September 1646 vorgelegten Textvorschlag (nr. 340 Bei-
lage A) war als Punkt 5 der Gegenleistungen des frz. Kg.s die Restitution aller Plätze im Reich
festgesetzt worden; im Gegenzug sollten Kaiser und Reichsstände ebenfalls alles, was in diesem
Krieg eingenommen worden war, den legitimen Besitzern einräumen, insbesondere sollte der
Kf. von Trier wieder allein über die Festung Ehrenbreitstein verfügen können (Druck dieses
Passus noch in der bei Meiern III, 723 –727 mitgeteilten Textstufe [vgl. dazu unten Anm.
11], hier S. 726). In ihrem Schriftsatz vom 11. September 1646 (nr. 340 Beilage B) hatten die
ksl. Ges. diesen Passus moniert. In ihrer Antwort vom 12. September (vgl. Anm. 1) hatten die
frz. Ges. daraufhin den Verzicht auf die ausdrückliche Nennung Ehrenbreitsteins unter der
Bedingung gebilligt, daß die Ksl. den Mediatoren gegenüber mündlich die Rückgabe Ehren-
breitsteins an den Kf.en von Trier zusicherten.
achtet, angesechen die darinnen capitulierte reciproca restitutio statuum Im-
perii noch allerdings von der Franzosen weitern verrichtung zu Oßnabrugg
dependieren thet, so wir unserstheils zugleich geschechen lassen.
Beynebens aber haben die mediatores auch referiert, waß sich noch für miß-
helligkeiten wegen der Spanischen tractaten eraigen theten. Und nemblich so
tringen die Franzosen nochmaln gar starckh darauf, das don Odoardo di Por-
tugal eintweder völlig uf freyen fuess gestelt oder doch wenigist in Eur Kay-
serlicher Mayestät handen gelifert werde, dann sie sagten, nachricht zu ha-
ben, das der in seiner verhafftung zu Maylandt sehr übel tractiert werde, und
so er etwan solchergestalt todts verfahren solte, wurden sie ursach haben, alle
tractaten mit Spania aufzustossen. Die Spanischen plenipotentiarii heten in
ihrer abgebnen antwortt sich erclärt, wan der friden zwischen Spania und
Franckreich beschlossen, das alßdan auch besagter don Odoardo lädig gelas-
sen werden solt. Wo nun sie disem versprechen stattzuthuen gedächten, so
solten sie billich sich nit verwaigeren, zum wenigisten ine immitls in Eur
Kayserlicher Mayestät handen zu liferen.
Im übrigen, die handlung selbst betreffend, beclagten sich die Franzosen fer-
rer, nachdem hievor zwischen inen und denn Spanischen in vorschlag kom-
men, das in disen tractaten die Portugesische sach allerdings umbgangen wer-
den solte, solches volgendt als ein verglichne sach were außgebraittet und
denn Portugesischen gesandten alhie zu ohren gebracht worden, daher sel-
bige sich zum höchsten beklagt, und werden also sie, Franzosen, per reputa-
tione[m] benöthigt, sich diser sach nunmehr ebenmässig anzunemmen.
Es wolle auch verlauten, das die Franzosen in tractat mit denn Hollenderen
begriffen seyen, inen doppelte in dern sache hilff zu laisten und wol gar ein
nambhaffts an bezahlung ihrer schulden zu übernemmen, damit sie den krieg
wider Spanien fortsezen theten, welches alles dann sie, mediatores, denn
Spanischen plenipotentiariis ebenmäsßig zu referieren von uns erinnert
worden.
Nachmittags umb 4 uhr seint beede mediatores und dann auch alle drey
Franzößische plenipotentiarii in mein, dess grafen von Trautmanßdorf, allo-
giamento kommen, und hat herr nuncius anfangs kürzlich angezeigt, waßge-
stalten uff die zwischen uns beederseits nun etlich tag lang gepflogne hand-
lung ein gewisse schrifft, waßgestalt zwischen Eur Kayserlicher Mayestät und
dem Reich, auch dem hochloblichen hauß Österreich etc. eins-, sodann der
cron Franckreich anderntheils der fridenschluss einzurichten sein werde, ver-
fast worden, mit ersuechen, wir wolten selbige von ime verlesen hören, gegen
denen uns zu unserer wissenschafft zuegestelten abschrifften auscultieren und
dan uns folgendts der genembhaltung erclären.
Demnach hat er solche schrifft von wortt zue wortt abgelesen, deren copeyen
wir auch beederseits dem abgelesenen original durchaus gleichlautend befun-
den
Das Schriftstück, das Chigi vorlas, liegt: Chig. lat. Q III 58 fol. 325–334’; das Exemplar, das
Volmar für die ksl. Gesandten in Händen hielt, ist: RK FrA Fasz. 92 X nr. 1428 fol.
308–312’, 315; vgl. Repgen, Satifaktionsartikel, Beilage 1. Volmar hat oben auf dem ersten
Blatt vermerkt praesentatum et lectum a dominis mediatoribus in domo comitis a Traut-
mansdorf, praesentibus etiam plenipotentiariis Gallicis itemque domino comite a Nassau
et Volmaro Monasterii Westphalorum die 13. Septembris anno Domini 1646, und im Text
findet sich eine Korrektur von der Hand Chigis.
abschrifft gnädigst zu empfangen.
Hierauf hat er unsere den letsten Augusti hinaußgebene schrifft vor die
handt genommen und weiter angezeigt, das in derselben von unns gleich zu
eingang underschidliche conditiones weren gesezt worden, ohne die wir mit
Franckreich zu einigem schluss nit zu kommen erclärt heten, welche condi-
tiones dann hiemit nochmalen, als ein unabsonderlicher anhang diser tracta-
tion, repetiert und widerholt wurden, so auch die Franzößische plenipoten-
tiarii mit denn Schweeden und protestierenden abzuhandlen über sich ge-
nommen und in deren aniezt zwischen uns verglichenen schrifft allein der
ursachen außgelassen worden, damit die gegentheil kein ursach heten, sich
gegen denn Franzosen zu beclagen, als were hierinn etwas, so ihrer confoede-
ration zuwiderlauffen thet, eingangen worden.
Wie dann er, nuncius, alspald die von uns gesezte conditiones nacheinander
abgelesen, aber bei allem demihenigen, was zu nachtl der catholischen reli-
gion und geistlichen güetter sowol in denen mit denn Schweeden als auch mit
denn protestierenden obhabenden tractaten außlauffen möcht, sich iedeßmals
nomine sedis apostolicae bedingt, das er darein einigen consensum nit geben,
sondern vilmehr darwider protestieren, contradicieren und uns allerseits er-
mahnen thet, darein nit zu willigen noch dergleichen nachzugeben. Jedoch
wolte er hierdurch unsere friedenstractation nit verhinderen, sondern es da-
hingestelt sein lassen, das man aus unüberwindtlicher noth zu dergleichen
schluss wurde tretten müessen.
Als nun herr nuncius mit disem seinem vortrag fertig worden, haben die
Franzößische plenipotentiarii und undter dennselben der duca di Longavilla
solche von uns bedingte conditiones zu recapitulieren angefangen und sich
erclärt, darvon mit denn Schweden und protestierenden ze handlen, gleich-
wol sich dabei verwahrt, das sie crafft ihrer pündtnus die interessi derselben
zu beförderen verbunden, iedoch gern von uns in eim und anderm vernem-
men wolten, warauf unsere fundamenten und mit inen bißher gepflogne
handlungen erwenden theten.
Und war demnach der erste punct mit dem termino amnistiae a quo biß uff
anno 1624, dabei es zu verbleiben het.
Am andern, die Schweedische satisfaction betreffend, als ich, graf von Traut-
manßdorf, umbstendtlich referiert, waß dessentwegen mit denn Schweedi-
schen plenipotentiariis in handlung kommen, ists dahingestelt worden, die
ganze satisfaction stüende uf ganz oder halb Pommeren, dem port Wißmar,
denn ertz- und bisthumberen Bremen, Verden und Halberstatt. Die Franzö-
ßische plenipotentiarii möchten es nun mit denn Schweeden und Churbran-
denburg abhandlen, wie sie köndten, allein das Eur Kayserliche Mayestät,
dero hauß und das Reich weiter unangefochten bleiben. Sovil aber die stiffter
anlangte, könten Eur Kayserliche Mayestät denn Schweeden ein mehrers nit
ainraumen als denn protestierenden in gleichem nachgeben worden. Gleich-
wol möchte in disen denn Schweeden verbleibenden stifftern der election und
postulation halber, so in anderen stiffteren auch bedingt worden, zu der cron
Schweeden mehrer versicherung einige restriction capituliert werden.
Bey disem puncten haben die Franzosen auch der bezahlung vor dass
Schweedische kriegsvolckh meldung gethan und vermeint, von uns ein ge-
mesßne erclärung, auf waß mitel dise praetension zu richten sein solt, her-
außzubringen. Wir haben uns aber dessentwegen in nichts einlassen wollen,
sondern zu verstehen geben, das die Schweeden aus denen inen überlassenden
landen genuegsamb mitel haben wurden, ihre soldatesca zu bezahlen. Die
Franzosen aber widersprechens und meinten, diß wurde nit möglich sein und
derffte wol eine meutenation auch wider die Schweeden selbst causieren.
Der dritte punct war die Hessen Casselische praetension contra Darmbstatt
und auch an Churmainz, Churcölln und den abbt zu Fulda, welches alles die
Franzosen eben starckh verfochten. Waren der mainung, es müesten alle die-
ihenige stuckh, so herrn landtgrafen zu Darmbstatt respectu expensarum et
fructuum perceptorum zuegesprochen worden, der Casselischen lini vorder-
ist völlig abgetretten, sodann dasiehnig, so ratione contraventionis contra te-
stamentum
Vgl. [nr. 189 Anm. 1] .
der geistlichen chur- und fürsten bestüenden sie uff 600 000 reichstaler, so der
landtgrafin abzustatten und biß dahin gewisse pläz in handts ze lassen. Damit
wir aber dessentwegen nit in lenger disputat uns verwickhleten, hat der Vene-
tianische ambassador vorgeschlagen, das er inmitlß, weil die Franzosen zu
Oßnabrugg negocierten, der parteyen praetensiones vernemmen, mit uns da-
von communicieren und sechen wolten, ob ein mitel zum vergleich möchte
eröffnet werden.
Zum vierten, wegen restitution der Undtern Pfalz haben die Franzosen dar-
von nit weichen wollen, das die denn Pfalzischen erben völlig ohne einige
außnamb, waß Churmainz und das bistumb Wormbs
ten, restituiert werden müesten. Disen beeden aber solte ir ansprach in all-
weeg außbedingt und gehörigen orten außfündig zu machen vorbehalten
werden.
Das aber fünfftens irer churfürstlichen durchlaucht in Bayrn vom herzogen
zu Württenberg gegen abtrettung der herrschafft Haidenheimb
den bezalt werden solten, dessen haben sie sich starckh beschwert und dar-
fürhalten wollen, seine churfürstliche durchlaucht solten sich diser praeten-
sion begeben, dann es wurde mühe genueg brauchen, das man deren die
Oberpfalz erhalten möchte.
Das entlich die praetentiones contra Württenberg wegen Achalm, Hochen-
stauffen, Blaubayrn und dess hauß Hohentwiel anlangte, haben sie, Franzo-
sen, nochmaln ihre willfährigkeit, und das sie an ihrem ortt solche nit wider-
fechten wolten, erbotten, allein darüber etwas grundtliche information zu
vernemmen begert, so inen auch heütigen tags durch mich, Volmarn, erstattet
werden solle .
Solchem nach ist der abschied dahin gestelt worden, das obangezogne ver-
gleichungsnotul in handen der mediatorum in deposito verbleiben
werts nit communiciert werden, alle drey Franzößische plenipotentiarii bis
negstkommenden sontag [ 16. September] nach Oßnabrugg verraisen und im-
mitlst den residenten de Saint Romain alhielassen solten, von dem wir durch
die mediatores ieweils, in was terminis die handlungen zu Oßnabrugg für-
lauffen theten, zu vernemmen haben wurden.
Und dieweil bei diser conferentz derihenigen hilffslaistung, so die cron
Franckreich Eur Kayserlicher Mayestät wider den Türckhen zu thuen haben
solt, nit gedacht worden, so haben uns die mediatores heüt dato sub littera C
beyligenden articulum secretum dessentwegen zuestellen lassen.
Hinweis auf Beilage D. Und wirdt nunmehr an deme gelegen sein, was der
Franzosen conferenz mit denn Schweeden und protestierenden zu Oßna-
brugg mitbringen möchte.
Beilage B zu nr. 344
Französisch-kaiserliche Satisfaktionsartikel (lat.), Münster 1646 September 13. Reinschrift: RK
FrA Fasz. 92 X nr. 1428 fol. 308–312’, 315 (mit Vermerk Volmars und einer Korrektur Chigis)
– Kopie: ebenda Fasz. 52a fol. 150–154’; ebenda Fasz. 52c II fol. 12–15; ebenda fol.
27–34; TA Ka. 109 Z 3 nr. 40–44 fol. 423–427; ÖstA Tirol Fasz. 20f. S. 2332–2341; Gies-
sen 200 fol. 105–109 – Druck: Repgen, Satisfaktionsartikel, Anhang I
Die bei Meiern III, 723 –727, abgedruckte, auf den 7. September 1646 datierte Fassung ist
nicht der endgültige Text der frz.-ksl. Satisfaktionsartikel ( Repgen, Satisfaktionsartikel). Die
Fassung des Meiern -Textes ist in den ksl. Akten nicht, sondern nur in den frz. Akten überliefert
(vgl. APW [II B 4 nr. 159 Anm. 5] ). Der in NS III, 450–456 abgedruckte Text enthält Fehler.
Blum, Anlage 17, 390–402, ist nicht ganz identisch mit der ksl. Überlieferung V bei Repgen .
Beilage C zu nr. 344
Geheimartikel zu den französisch-kaiserlichen Satisfaktionsartikeln betr. die französische Türken-
hilfe für den Kaiser (lat.), Münster 1646 September 13. Kopie: RK FrA Fasz. 52a fol. 148;
ebenda Fasz. 52c II fol. 16; ebenda Fasz. 92 X nr. 1428 fol. 313 (mit Dorsalvermerk Vol-
mars
Gemäß Dorsalvermerk Volmars auf fol. 314’ vom Nuntius am 15. September präsentiert; das
Diarium Chigi vermerkt dies zum 14. September 1646 (APW III C 1.1, 320). Später hat
Volmar zu diesem Dorsalvermerk notiert: postea etiam cum pacis tractatio ad conclusionem
devenisset ac postulatum per Caesareanos esset, ut articulum seorsim subscriberent, etiam
hoc negarunt, et sic tota haec promissio in fumos abiit.
S. 2344 – Druck: Repgen, Satisfaktionsartikel, Anhang II.
Beilage D zu nr. 344
Protokoll, [ Münster] 1646 September 12. Kopie: RK FrA Fasz. 52a fol. 141–143 – Druck:
APW III C 2, 700 Z. 14 – 701 Z. 44.
Beilage [ 1] zu Beilage D zu nr. 344
Kreditiv Kg. Wladislaw IV.
Mathias von Krockow (1600–1675); 1646–1648 polnischer Resident in Osnabrück; zunächst
in hg.lich pommerschem Dienst u. a. als Hofgerichtsverwalter, dann Angehöriger der pommer-
schen Zwischenregierung, anschließend in polnischem Dienst, Legationsrat; in bg. Dienst Ge-
heimrat, Dompropst von Kolberg; bg. Ges. beim Regensburger Deputationstag 1659–60, beim
RT ebendort 1653–1654 und beim Kft. Köln 1652–1653 ( Schultz, 45ff.; Repertorium I,
31, 34, 40).
Kopie: RK FrA Fasz. 52a fol. 144; ebenda Fasz. 92 X nr. 1427 fol. 306; ÖstA Tirol
Fasz. 20f. S. 2346–2347; KHA A 4 nr. 1628/41 unfol.