Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
334. Trauttmansdorff an Ferdinand III Münster 1646 September 7
–/ 334 /–
Münster 1646 September 7
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 50b fol. 16, praes. 1646 September 20.
Briefwechsel mit Kurbayern wegen Militärsatisfaktion und Abreise Trauttmansdorffs vom
Kongreß.
Hinweis auf Beilagen.
Beilage A zu nr. 334
Kf. Maximilian I. von Bayern an Trauttmansdorff, Landshut 1646 August 22. Kopie: RK FrA
Fasz. 50b fol. 17–18.
Wir haben Ewer, den 7. diß an unß abgangenes schreiben empfangen und darauß haubt-
sachlich vernommen, warumb die contentirung der soldatesca in den fridenstractaten nit gar
umbgangen und biß auf den punctum executionis außgestelt werden köndte, sondern fur-
derlich der Schwedischen plenipotentiarien begeren nach vor handt genommen und gleich
der cronen satisfaction selbsten zur richtigkeit gebracht werden muesse, derohalben ihrer
Kayserlichen majestät den bewusten unvergreifflichen vorschlag einer gewissen abtheilung
der crayß uberschrieben habt.
Nun ist unser mainung niemahln dahin gangen, daß der soldatesca insgemein und ohne
underschid ganz kein contento zu geben oder dieser punct eben sogar biß auff die leste
außzustellen sey, sonder wir haben vielmehr, wie unser ahn ihre Kayserliche mayestät den
29. Julii negsthin abgangenes und euch communicirtes schreiben
erachtet und noch, daß die Kayserliche und reichssoldatesca gebuhrendt befridigt und seiner
zeit hiervon geredt werden solle. Daß aber das Reich auch die Schwedische soldatesca be-
zahln soll, finden wir nach und allemahl so unbillig alß auch an ihm selbst unmuglich, und
wan das stringiren soll, daß die Schwedische diese satisfaction ihrer volckher so starckh an
das Reich begeren, wirdt es bey den Frantzosen gar nicht manglen, solches alsobaldt in
exemplum zu ziehen und die contentirung ihrer völckher auß dem Reich ebenso starckh zu
begeren und zu behaubten. Welches fahls wir dan auch nicht sehen, wie dem Frantzosen zu
verwehren sein wirdt, immittelst biß man zum friden kombt, auß denienigen craissen und
orthen, die sie inhaben, alles zu nehmen, waß sie wollen, und eben dieser ursach halber
halten wir umb soviel mehr fur rathsamb, die gefehrliche materi so lang auffzuschieben, alß
man immer kan und biß zuvor der cronen satisfaction, auch mit den protestirenden die
vergleichung der gravaminum religionis, welche, da sie, wie wir verhoffen, negstens einen
glückhlichen außschlag erreicht, noch viel verenderungen nach sich ziehen wirdt, zur rich-
tigkeit gelangt. Man kan doch die Schwedische plenipotentiarios, wan sie disen puncten
weiter urgiren, iederzeit mit guetem glimpff dahin beschaiden, wan man vor mit ihnen ihrer
satisfaction und anderer haubtsachen halber ainig, daß man alßdan von contentirung der
soldatesca zu reden nit underlassen woll, da dan, wan hiervon tractirt wirdt, es dahin zu
stellen und ia nichts billichers ist, alß daß ein iede parthey ihre soldaten, die sie in pflichten
und diensten gehabt, selbsten der gebuhr nach contentire. Dieweiln auch die Schwedischen
plenipotentiarii, wie ihr unserm gesandten selbst communicirt, sich außtruckhlich und un-
gescheucht vernehmen lassen, daß die Schwedische soldatesca annoch in der protestirenden
pflichten seie
Vgl. [ nr. 320 Anm. 4 ] .
protestirende der bezahlung halber weisen thue.
Sonsten haben wir weitleuffig vernommen, daß ihr nochmahlen in die gedanckhen gera-
then , weiln die fridenstractaten einen so schlechten fortgang haben, euch negstens von
dannen wider an den Kayserlichen hoff zu begeben und die ubrige negotia ewern mitcom-
missarien zu uberlassen, dieweiln aber so guete hoffnung erscheint, daß die vergleichung
des puncti gravaminum und dardurch die vereinigung und zusamensetzung der standt
ehist zu guetem außgang zu bringen sein möchten, und da solches beschicht, beede cronen
Franckhreich und Schweden sich ohne zweiffel alßdan viel naher zu dem fridenszwekh
legen werden, alß zweiffeln wir nicht, ihr werdet euch noch diese zeit und gedult nicht zu
schwer fallen lassen, sonder den tractaten, biß sich zaiget, wie sich die compositio grava-
minum negstens anlassen und waß fur weitern effect solche nach sich ziehen wirdt, fer-
ners beywohnen und denselben mit ewerer vielvermögenden gegenwart desto mehren
calor geben.
Waß unß sonsten des fridenswerckh halber in einem und anderen zu gemuth gehet, haben
wir unserm gesandten anbefohlen, die notturfft mit euch mundtlich zu conferiren, dahin
wir unß beziehen.
Beilage B zu nr. 334
Trauttmansdorff an Kf. Maximilian I. von Bayern, Münster 1646 September 7. Kopie: RK FrA
Fasz. 50b fol. 19–20.
Rezepisse auf Beilage A. Nun thue Ewer Churfürstlicher Durchlaucht hochstvernünfftiger
mäinung ich mich dießohrts in underthenigkeit allerdings conformiren, es ist auch ihrer
Kayserlichen mayestätt und auß deroselben allergnädigstem bevelch meine und meiner mit-
abgesandten erklerung gegen der Schwedischen biß dato niemahls anders gewesen, alß das
ein jede parthey ihre soldaten, die sie in pflichten und dinsten gehabt, selbsten der gebühr
nach contentiren solte, wie dan die Schweden content sein wurden, wan man sie auf die
protestirende weisete. Es ist aber das auch nit einzuwilligen, weyln hierdurch in den Schwä-
bischen und Franckischen cräisen dieser seiten viel entginge, sondern besser, wan es zu
diesem punct komme, das die Schweden auß etwa zween cräisen was erheben, aus welchen
ihr Kayserliche mayestätt und Ewer Churfürstliche Durchlaucht ohnedas nichs erlangen
können.
Daß aber Ewer Churfürstliche Durchlaucht vernohmmen, das ich nachmaln in die gedank-
ken gerathen, weiln die fridenstractaten so schlechten fortgang gewinnen, mich nechstens
wider ahn den Kayserlichen hoff zu begeben undt die ubrige negotia meinem ubrigen mit-
abgesandten zu uberlassen, undt Ewer Churfurstliche Durchlaucht mich dahero gnedigst
ermahnen, dieweiln so gute hoffnung erscheine, das die vergleichung des puncti gravami-
num und dardurch die veräinigung der ständte ehist zu gutem außgang zu bringen sein
möchten und, da solches beschicht, beede cronen sich alßdan ohne zweivel viel näher zu
dem fridenszweck legen werden, das ich den tractaten, biß sichs zäigt, wie sich die compo-
sitio gravaminum nechstens ahnlasse, ferner beywohnen solte, da können Ewer Churfürstli-
che Durchlaucht sich gnädigst versicheren, das, solang einige hoffnung und apparenz auff
ein oder den anderen weeg zum frieden vorhanden ist und sein wurdt, ich mich kein unge-
dult ubertreiben lassen, sondern dem werck noch weiter abwarten und alles thun werde,
waß mir immer mensch- und muglich sein wurdt.
Ich hab aber die aigentliche und verläßliche nachricht, es stellen sich auch die Französische
gesandten, wie da wollen, das sie doch noch zur zeit nichs anders im bevelch haben, alß die
tractaten baldt mit diesem, baldt mit jenem praetext aufzuhalten und des außgangs der noch
wehrender campagna zu erwarten. Sodan seind sie in den gedancken begrieffen, man gibts
auch zu ahm Französischen hoff ungescheucht auß, das ie lenger ich alhie pleibe, ie mehr
seye ich bevelcht nachzugeben. Wan dan ich auff ein mehrers nit instruirt bin, alß was wier
unß erst fur wenig tagen gegen denen mediatoribus endtlich und haubtsachlich in schrifften
declarirt haben , also sehe ich nit, wan die gegentheilen sich mit solcher erklerung nit be-
gnugen lassen solten, was ich alhier mehr alß ein oder ander von meinen mitabgesandten
durch meine kostbare lengere ahnwesenheit verrichten werde können. Jedoch will ich der
erklerung noch erwarten undt, solang einige hoffnung zum frieden übrig, von hinnen nicht
abweichen.
Wie sich sonst die compositio gravaminum ahnlasse und was die protestirende fur ein ge-
gendeclaration von sich gegeben, das werden Ewer Churfürstliche Durchlaucht von dero
abgesandten nunmehr ungezweyvelt vernohmen haben.