Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
279. Trauttmansdorff an Ferdinand III Münster 1646 Juli 31
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Münster 1646 Juli 31
Eigh. Ausfertigung: RK FrA Fasz. 50a Konv. A fol. 156–156’.
Bericht über ein Gespräch mit d’Avaux. Marburgische Erbschaft. Keine Erklärung der protestan-
tischen Reichsstände über die Religionsgravamina vor Einigung zwischen Schweden und Kur-
brandenburg über Pommern. Billigung kaiserlicher Kriegsvorbereitungen. Noch keine Überein-
kunft zwischen Generalstaaten und Spanien. Gerüchte über Heirat des Kaisers.
Waß vorgestert |:conte d’Avaux:| mit mier fast 3 stundt discurrirt, vernemen
Euer Kaiserliche Majestät auß beylag allergnädigst. Darauf ist sich nicht me-
rehr zu fundirn alß auf alle vorige handlungen.
Mit Marpurg werden wier doch gar hart vorkhomen, es gescheche den ein
vergleich, alß wie mit Hildesheym zwischen Churcöln undt herzogen zu
Braunschweig beschechen
Vgl. [nr. 252 Anm. 36] .
cronen ein solche teilung aussprechen unndt statuirn. Diese tag erwarten wier
der protestirenden antwort. Die müssen sie aufhalten, biß Schweden mit
Churbrandeburg wegen Pomern sich vergleiche, damit es daß ansechen habe,
alß gescheche alleß rei publicae Augustanae et Lutheranae causa.
Jezo empfang ich allergehorsamst Euer Kaiserlicher Majestät handbriefl vom
20. ditß . Euer Kaiserliche Majestät thuen höchst vernünfftig, daß sie mehrer
den khrieg besorgen alß den friden hoffen. Gott wierdt hart der unbillikheit
der feindt lenger zusechen. Wie insolentissimi die Schweden sein (da ich doch
waiß, daß sie sich gegen Frankhreich anderst erkhlärt), bezeigt das Ossnabru-
gische protocoll , so heut fortgehet.
Ihre erzfürstliche durchlaucht müssen mit denen waffen sicher gehen. Der
Französische succurß ist gleichwol von 5000 man, sovil wierdt auch auß
Schweden ankhomen sein, aber mehr buben alß manen. Die Holländer mo-
virn noch nicht, stant in dubio, aber die königlich Spanischen haben gar zu
vil occasiones rei bene gerendae supine verseumbt. Hier ist schon offenbar
(per relatione dei ambassiadori Veneti nelle corti Austriace) die matrimonia
zwischen Euer Kaiserlicher Majestät unndt der königlich Spanischen linie.
[ Protokoll, Münster 1646 Juli 29
Von diesem Protokoll sind lat. Fassungen und eine deutsche Übersetzung bekannt. Trauttmans-
dorff selbst hatte sich (vgl. hierzu und zum Folgenden seine Angaben in nr. 298) während des
Gesprächs Notizen in lat. Sprache gemacht (überliefert in TA Ka. 110 Teil II fol. 67–67’).
Der span. Ges. Peñaranda, den er diese kopieren ließ, fügte dabei, wie Trauttmansdorff bei der
Überprüfung feststellte, einen Kommentar zu der von d’Avaux geschilderten Äußerung Maza-
rins über das Verhalten der Spanier gegenüber Trauttmansdorff hinzu (vgl. dazu nr. 298
Anm. 3). In den Papieren Trauttmansdorffs finden sich eine lat. Fassung mit diesem Zusatz
mendax est (Kopie: TA Ka. 110 Teil II fol. 69–69’) und eine ohne diesen Zusatz (Kopie:
ebenda fol. 97). Für die Korrespondenz mit dem Kaiser wurde eine deutsche Übersetzung
angefertigt, die deshalb hier als Druckvorlage dient.
80–81’ = Druckvorlage; RK FrA Fasz. 52c II fol. 205–206’ ].
In der zwischen dem Kayserlichen herrn principalplenipotentiario und N. ahm 29. Julii
anno 1646 gehaltener conversation seint von N. folgende punct erwehnt worden:
1. Daß es in puncto amnestiae bey dem aufs jahr 1624 geseztem termino a quo sein verplei-
ben haben solle, item
2. in puncto gravaminum, allermassen ihre Kayserliche majestät und die catholische sich am
12. Julii 1646 erklert haben .
3. Der satisfaction halber für die cron Franckreich bestehen die Französische gesandten ne-
ben demienigen, waß ihnen bereits angebotten, noch auf der vestung Philipsburg und den
dreyen dörffern, so zu Breisach gehören, hingegen wollen sy drey millionen francken denen
erzherzoglichen pupillis, ihrer Kayserlichen majestät, solang der Türcken krieg wieder Ve-
nedig wehrt, zu verthedigung ihrer grainzen jahrlichen 150 000 reichsthaler bezahlen, wan
aber der Turck mit deroselben brechen und ihre majestät in offenen krieg mit dem Turcken
gerathen solten, zehentusent man besolden.
4. Der landtgravin zu Hessen Cassel müeste Marpurg gelassen und etwas in geldt gegeben
werden, dan ohne zurucklassung Philipsburg und Marpurg sey kein friedt zu hoffen, und
wan ihnen gleich Philipsburg offerirt werden solte, wurde doch ohne Marpurg kein friedt
werden.
5. Die militiam betreffend solte den Teütschen völckern, so der cron Franckreich dienen,
ein monat soldts gegeben, iedoch könte auch hierinnen dispensirt werden. Die Schwedische
aber begerten für ihren exercitum zwen monat soldts.
6. Von ganz oder halb Pommern soll die cron Schweden selbst der churfürstlichen durch-
laucht zu Brandenburg satisfaction geben, ohne entgeldt ihrer Kayserlichen majestät und
dero erblanden. Es hat aber gedachter N. dasienige mit stillschweigen übergangen, was die
Schwedische gesandten wegen veränderung der beeden ertz- und stiffter Bremen und Ver-
den in weltliche fürstenthumber begeren, und alhie die verzögerung ihres under dem Tur-
rene denen Schweden und Hessen zugeschickten succurs mercklich heraußgestrichen.
Die königliche mayestätt zu Hispanien betreffend:
1. Da wollen die Franzosen alles behalten, waß sy in Niederlandt eingenommen.
2. Solte mit den Cathalanern ein stillstandt der waffen, gleich wie mit denen staden von
Hollandt getroffen, und man sich einer gewissen anzahl jahr zu vergleichen, immittelst aber
von ganzlicher beylegung der sachen gehandtlet werden.
3. Das Portugesisch weesen könne durch die staaden von Hollandt befurdert werden. Die
cron Franckreich sei dem Breganza nicht also obligirt wie denen Cathalanern, wan aber die
cron Franckreich der koniglichen majestät zu Hispanien zu wiedererlangung des könig-
reichs Portugall und Cathalonien durch diese negotiation verhülfflich sein solte, begert sy
von ihrer königlichen majestät zur compensation Cambray
Cambrai, Hst. und Ebt. in den span. Ndl. ( 2 LthK II, 899f.). Ebf. war zu dieser Zeit der Ges.
Bergaigne (vgl. [nr. 3 Anm. 3] ).
Lothringen betreffend hat N. bekent, das auch diese differenz beygelegt werden müeste,
wegen des grossen anhangs, so das hauß Lottringen in Franckreich habe, aber die Franzosen
wolten dieses wesen under die Österreichische sachen nicht vermischt haben, damit daß
erzhauß Österreich dasienige, waß Franckreich von Lottringen zu behalten willens, nicht
under die satisfaction, so dasselb der cron Franckreich verstatten wurde, zehlen thete. Es
seye wahr, daß der cron Franckreich intention seye, wan der friedt mit ihrer Kayserlichen
majestät und Reich ohne einschliessung der cron Spanien richtig, daß sy den ganzen schwall
des kriegs gegen Niderlandt oder Italien wenden wolte. Hat disem nach, ihr begirde zum
frieden zu contestirn, ein theil auß des cardinalis Mazzarini schreiben heraußgelesen, und
das sy den frieden wegen des Türckhen, des Engellendischen wesen und der catholischen
religion, auch ihrer, der Franzosen selbst aigenen ehr verlangten. Dieß aber sezte N. darzue,
daß gleichwohl die conditiones von dem Mazzarini nicht gemessigt wurden.
Das obgemelter herr principalplenipotentiarius von denen Spanischen grosse verfolgung
leide, wie ermelter Mazzarini schreibe. Er, N., verhoffe noch in diesen instehenden monat
Augusto den friedenschluß, wiewohl sy, die Franzosen, einen kleinen exercitum von sechs-
biß in siebentausent mann ahm obern Rhein auffzubringen im werck begriffen seyen. Endt-
lichen wurde man an seiten Franckreich begern, daß dem alten herkommen zuwieder das
instrumentum pacis Französisch aufgesezt werde.