Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
271. Lamberg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1646 Juli 26
Osnabrück 1646 Juli 26
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 51a fol. 52–56’ = Druckvorlage – Kopie: ebenda Fasz. 92 X
nr. 1363 fol. 31–34; Giessen 207 nr. 205 S. 796–805.
Visite der schwedischen Gesandten: Bericht Oxenstiernas über Verhandlungen in Münster;
Gründe für Zurückhaltung eines schwedischen Textvorschlags für ein IPO. Unverändert weitge-
hende schwedische Forderungen.
Auf nr. 253 und Schreiben vom 13. Juli
Schweedische abgesandten die visita geben und der Oxenstern seine vortrag
dhahin gerichtet, daß nachdem er bey seiner abreiß nacher Münster die ehr
entfangen, von unß heimbgesucht zu werden, so hetten sie, Schweedische ge-
sandten, nit unterlaßen wöllen, auch ire schüldigkeit mit einer revisita zu er-
statten, sich unsers zustandts zu erkhünden und bey sölcher gelegenheit er,
Oxenstern, von seiner verrichtung zu Münster, ob er zwar praesupponire,
daß wir schon gnugsamb dhavon würden bericht empfangen haben, commu-
nication zu thuen. Hat darauf den gantzen verlauf, waß bey denen hinc inde
aldha beschehenen heimbsuchungen zwischen dero Kayserlichen abgesand-
ten und ihme, Oxenstern, circa materialia pacis für discursen fürgelauffen
und alles eo ac ordine ac modo, wie es von wolgedachten dero Kayserlichen
gesandten in dero prothocoll under dato den 13. dieses ahn Ewer Majestätt
gehorsamst uberschrieben, auch unß zu unser nachricht in abschrifft commu-
nicirt worden, recapitulirt und endtlich den schluß dhahin gestelt, daß er
vornhemblich der ursachen halben dieses also wiederholen wöllen, dhamit
einer den andern recht verstehen und satsamb bericht haben möege, in waß
für terminis die sach gelaßen worden.
Es seie zwar die sach nuhmehr so weith khommen, daß man von dem instru-
mento pacis, wie selbigs einzurichten, reden sölte, sie, Schweedische, hetten
ein proiect, wie ires dhafürhaltens solches instrumentum abzufaßen, aufge-
setzt
Gemeint ist vermutlich der interne, von Salvius verfaßte, auf den 9. Juli 1646 datierte Ent-
wurf (Druck: Meiern V, 457 –468) für das IPO.
zugestelt, abgehalten worden: 1. weiln die gravamina zwischen den stenden
noch nit vergliechen, dan selbiger vergleich müste dem instrumento pacis mit
inserirt werden, 2. daß sie auch vorhero mit unß uber dieienige puncten,
warin man noch different seie, einer unterredung vonnöthen erachten. Stelle-
ten derhalben zu unserm belieben anheimb, ob und wan unß gefellig sein
wölle, mit ihnen darüber zur conferentz zu tretten. Er, Oxenstern, hette
gerne zu Münster das werck befordert gesehen gehabt, nachdem er aber ver-
merckt, daß auf aldha eingelangte zeitung, ob sölte es umb die Schweedische
armada waß schlecht stehen, sich die Kayserlichen herrn abgesandten waß
kaltsinnig der sachen angenhommen, so hete ers auch dhahin müßen gestelt
sein laßen.
Wir haben unß zuvorderist der heimbsuchung halben bedanckt mit erpie-
then, daß wir solche cortesey mit gleichmeßiger ehrenbezeigung und revisita
wiedererstatten wölten, seie unß auch lieb zu vernhemmen, daß der Oxen-
stern unß von seiner verrichtung zu Münster bey denen Kayßerlichen gesand-
ten und waß zwischen demselben und ihme bey denen conferentiis fürgelauf-
fen, parte geben wöllen, so wir in substantia vermerckten mit deme, waß unß
von wolgedachten Kayserlichen herrn abgesandten uberschrieben worden,
ubereinzustimmen, seie nur zu beclagen, daß die Schweedische so gar auf iren
ersten principiis et extremis bestehen und nit ad media tretten wölten. Wir
verhofften aber, sie sölten sich eins beßeren besinnen und die billigkeit bey
ihnen gelten laßen. Und weiln sy von einer conferentz, umb die noch nit
verglichene puncta zur vergleichung zu bringen, erinnerung gethaen, so seie
unß der erste tag der liebste und hetten schon vor lengst darnach verlangt,
wüsten auch wol, daß die Kayserliche herrn abgesandte zu Münster ebenerge-
staldt in hofnung und verlangen gestanden, daß dergleichen conferentz mit
ihnen aldha hette sollen vorgenhommen und die sach so gar zum schluß
gebracht werden.
Es wehre auch die geringe veränderung, so sich dhamals etwoh bey der ar-
mada bezeigten haben möegte, zu weenig darzu, daß sich derentwegen die
Kayserliche herrn abgesandte waß kaldtsinniger bezeigt haben sölten; dero-
selben bey gehaltener conferentz erfolgte erclehrungen bezeigte es anders,
daß man ahn seithen Ewer Mayestätt auf den außchlag der waapffen das ab-
sehen nit gerichtet, weiln man sich in allem so mildt erclehrt habe. Man seie
gleichwol bey dem puncto amnistiae von dem termino de anno 1630 und
1627 auf das jahr 1624 gewiechen, hingegen wölten die Schwedische in khei-
nen sachen weichen, dha man ihnen doch erhebliche motiven, warumb sy zu
weichen schüldich, für augen stelle.
Darauf der Oxenstern: Die ständte wölten bey diesem passu nit weichen, so
könten sie auch nit nachgeben. Nos: Die Schweedische sölten sich nur ercleh-
ren, daß sie irestheils mit dem termino de anno 1624 zufrieden sein, wir ge-
traweten, die sach bey den stendten paldt richtig zu machen. Illi: Stelleten es
unß anheimb, die stendte willich zu machen, so würdte sich alßdan das
werck leichter richten laßen, aber die Pfaltzische sach würde schwehrfallen.
Die ständte wölten von dem octavo electoratu nit hören, der churfürst in
Bayern (corrigebat subito mit dem wordt „Bayerfürst“) müste die Oberpfaltz
wieder zurückgeben, sich mit der churdignität ad dies vitae begnügen laßen,
und wans weith zu bringen, so würde es auf eine alternation kommen derge-
stalt, daß nach absterben irer churfürstlichen durchlauchtt der pfaltzgraf Carl
Ludwig in dignitate electorali und allen dero gerechtsamb succedirn möegte.
Nos: Dieses seie conditio impossibilis und würde auß deme, waß in instru-
mento pacis hievon gesetzt, schwehrlich waß können geendert werden. Illi:
So sähen sie der sach nit geholffen, von Baden Durlach, Saarbrücken und
andern particularsachen wölten sie nit reden, ließen solche biß zur conferentz
außgestelt. Hessen Caßel praetendire zwey stücke: 1. redintegration wegen
der Marpurgischen successionsach, 2. refusion der kriegscösten, und habe
sich selbige fürstin resolvirt, mit im krieg zu pleiben, soviel desto mehr ge-
bühre derselben ire satisfaction, und würden die cronen dieselbe auch hirin
nit laßen.
So seie auch iro, der Schweedischen satisfaction noch nit richtig, sönderlich
der conditionen halben ermangle noch an dem consensu der interessatorum,
so Kayserliche Mayestätt zuwege pringen müsten und den interessirten satis-
faction erstatten, damit dieselbe iren consensum darzu geben. Churbrande-
burg khönten die bistumb Lebusch, Havelberg und waß derselb sönsten von
geistlichen stifftern habe sambt dem fürstenthumb Jagerndorf cedirt werden,
der stifft Bremen und Verden müste zum weldtlichen standt verendert wer-
den, sonst seie der cron Schweeden dhamit nit gedient. Nos: Kayserliche Ma-
jestätt heten sich uber dies werck so weith erclährt, alß sich erclähren könten,
dhabey habe es sein bewenden, die cron Schweeden müße sich umb der inter-
essirten consens selbst bewerben. Illi: Es bekhomme die cron Franckreich so
herliche lande ohne einige contradiction, warumb dan die cron Schweeden
deterioris conditionis sein solte. Nos: Uber selbige lande hete Ewer Majestätt
zu disponirn, uber Pommern und Bremen nit, Ewer Majestätt hetten mit zu-
rücklaßung selbiger landen bezeigt, wie thewer sy den frieden auch erkauffen
wölten, wan nur darzu zu gelangen, laße sich aber von selbigem particulari
auf die cron Schweeden nit inferirn, gescheche beedes, sowol waß der cron
Franckreich alß waß Schweeden uberlaßen würde, umb des lieben friedens
willen, gar nit aber auß einiger schüldigkeit. Es müßen die stendte des Reichs,
bevorab aber die interessirte, darüber vernhomben werden.
Schließlichen ist verabredet, daß wir künftige wochen beyeinandertretten
und einen versuch thuen wölten, ob man etwoh über dem instrumento pacis
ubereins khommen möege, ob wir zwar wol besorgen, daß solche conferentz
ohne frucht sein wölle, dan verspühren gnugsamb, daß die Schweedischen,
außer waß etwoh bey dem puncto amnistiae wegen des jahrs 1624 beschehen
möegte, sönsten aber im ubrigen von ihren vorigen postulatis nichts nach-
geben werden.