Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
268. Ferdinand III. an Trauttmansdorff Linz 1646 Juli 21
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Linz 1646 Juli 21
Ausfertigung: TA Ka. 124 Teil I fol. 175–175’, 198 = Druckvorlage – Konzept: RK FrA Fasz.
50c fol. 98–98’, 99–99’.
Briefwechsel mit Kurbayern über den Stand der Verhandlungen. Abmahnung protestantischer
Reichsstände wegen ihrer überhöhten Forderungen und ihrer unrechtmäßigen Verhandlungsfüh-
rung bei den Religionsgravamina? Bündnis mit Bayern.
Hinweis auf Beilagen A, B und C. Stellen darbey deiner discretion anheimb, ob
und welchen stenden, auch zu waß für zeit du ihnen dieselbige durch die
ordinari post wie auch Chursachsens liebden selbst überschickhen wollest,
unnd wollen hierüber deiner ferneren relation gewerttig sein. Vorschlag einer
Konferenz mit Kurbayern mit dem Ziel eines engeren Bündnisses, spanischer Bei-
trag dazu.
Beilage A zu nr. 268
Kf. Maximilian I. von Bayern an Ferdinand III., München 1646 Juli 6. Ausfertigung: RK FrA
Fasz. 26 Konv. C fol. 290–292’ = Druckvorlage – Kopie: TA Ka 124 Teil I fol. 141–146;
Klattau TA Ka. 10 Inv. nr. 200 fol. 43–49.
Ich stell in kheinen zweifel, Euer Kayserliche Mayestät werden albereit von ihren commis-
sarien zue Münster und Oßnabrugg, sonderlich dem grafen vonn Trauttmanstorff, umb-
ständlich bericht worden sein, ob mann wohl genzlich verhofft, nachdeme sowol beeden
cronen Franckhreich und Schweden in irer praetendirten satisfaction alß auch den protestie-
renden in iren vorgewendten gravaminibus solche offerten beschechen, daß sie sich billich
darmit hetten contentiern lassen sollen, es werde der fridt mit Teutschlandt hierdurch völlig
erhebt und negstens zur endtlichen richtigkheit gebracht werden, daß iedoch bey der hand-
lung villmehr daß contrarium und sovil heraußkhommen will, daß weder eine noch andere
billichmessige offenen angenommen werden, sonder baide cronen ihre gar zu hoch ge-
spante praetensiones und die protestierende ihre iniquissima postulata gänzlich behaubten
und mit gewaldt durchtruckhen wollen. Dannenhero gedachter graf von Trauttmanstorff
neben den mediatoribus selbsten nit wenig anstehen thuet, ob auch den gegentheilen rechter
ernst seye, einen ehrlichen und verandtworttlichen friden zu schließen oder ob sy nicht
villmehr mit dem betrug umbgehen, Euer Majestät und daß Reich mit den tractaten und
hoffnung deß fridens zu enterteniern, underdessen aber ihre mächtige waffen noch ferner
fortzusezen und gedachtes Reich vollents under iren dominat zu bringen, welcher ursachen
willen dan auch er, der graf von Trauttmanstorf, resolviert sein solle, sich ehist (so villeicht
numehr geschechen sein würdt) widerumb von Oßnabrugg nach Münster zu begeben und
noch einen endtlichen versuech zu tuen, ob mit den Franzößischen plenipotentiarien auf
einen erträglichen weeg vortzukhommen und wenigist mit ihnen ain verantwortlicher fri-
den zu ajustiern sein möchte, widerigenfahlß und da sich die handlung mit inen, den Fran-
zösischen , nicht besser alß zu Oßnabrugg mit den Schweedischen und protestierenden an-
lassen wurde, soll er gedacht sein, sich von danen ganz hinweg und widerumb an Euer
Majestät hof zu begeben.
Nun khomet mir diser widerige eventus desto befrembder und unverhoffter vor, dieweil mir
mehrgedachter graf von Trauttmanstorff iederzeit so guette vertröstung gegeben und gleich-
samb ganz kheinen zweifel darein gesezt hat, er wolle mit den Schwedischen und protestie-
renden zu Oßnabrugg vil ehender und leichter alß mit den Französischen zue Münster ei-
nen leidenlichen und annemblichen accord treffen, wie er dan auch gleich vom anfang sein
principalabsechen und negotiation darauf gestelt hat.
Entgegen haben die Französische plenipotentiarii nicht wenigers sowohl ihne, den grafen
von Trauttmanstorff, und die andere Euer Majestät commissarios alß die mediatores und
meine gesandten, ie und alzeit vergwisst und versichert, wan nur der cron Franckhreich mit
yberlasßung der vestung Preysach neben dem Elsäsß und Sondtgau willfahrt werde, daß
irerseits der friden alsobaldt richtig und geschlossen seye, welches mich auch der cardinal
Mazarini selbsten durch den nuncium zue Pariß nach inhalt deren Euer Majestät communi-
cirten schreiben so vilfeltig und beständig vertrösten lassen , daß ich mir dahero einigen
andern gedanckhen nicht gemacht habe, alß es werde mit einer und der andern cron und
ingleichem mit den protestierenden ehist zu einer völligen richtigkheit zue gelangen sein.
Dieweiln sich aber die sachen aniezo wider bessere zuversicht etwas wideriges erzaigen, so
mueß man es zwar dermahln dahingestelt sein lassen, ich khan aber nichtsdestoweniger auf
vleissiges und reiffes nachgedenckhen nit für rathsamb und thuenlich befünden, daß man
darumb alle hoffnung zu dem friden verliehren, die tractaten abrumpiern und unverrichter
sachen voneinander ziechen solle, sinteinmahl zu dem Allmechtigen daß vösste vertrawen
zu stellen ist, weiln die gegentheil sogar durch alle angewendte menschliche mitel, mie und
vleiß zu kheinem billichmessigen und verandtworttlichen fridensconditionen in giette zu
bringen und zu disponiern seindt, seine Göttliche providenz werdte in beide die sachen auf
andere weg dahin richten, daß sye, die gegentheil, dardurch verursacht werden mechten,
bessere und schidlichere consilia an handt zu nemmen und nicht alles zumahl auf den spüz
und ungewisen außgang der waffen zu sezen. Hoffnung auf Fortgang der Verhandlungen
durch militärische Erfolge, wann man allein noch ein zeitlang beysammen verpleiben, in den
güettlichen tractaten sovil immer möglich unaußgesezt fortfahren und solche nicht auf ein-
mahl abrumpiern thuet. Dargegen ist höchstens zu besorgen, ia gleichsamb fur richtig zue
halten, wan man einmahl einen riß darein machen und dise mit grosser mühe und uncos-
sten , wie die Hamburgische praeliminartractaten genuegsamb zu erkhenen geben, erhand-
lete congressus sich dissolviern solten, daß man so baldt nicht mehr oder wol gar zue khei-
nen andern tractaten khommen und alles auf die extrema hinaußlauffen, auch das ganze
Heylige Römische Reich, weiln dasselb die mittel, den krieg wider so underschidliche
starckhe außwendige feindt (der inwendigen, welche sich besorglich von tag zu tag mehrers
zu ihnen schlagen mechten, zue geschweigen) in die jaar zu continuiern, nicht hat, dariber
ganz und gar corruiern wurde.
Zweifle derhalben gar nicht, Euer Kayserliche Majestät werden von selbsten dahin incli-
niern und ihren commissarien zue Münster und Oßnabrugg, daß sie nichtsdestominder in
den tractaten verfahren und sonderbaren vleiß anwenden sollen, damit man solche, wie
schwähr sie auch immer fahlen, annoch offen behalte und nicht etwan durch deren aufstos-
ßung den gegentheilen zue noch grössern extremiteten und gefährlichen resolutionen anlaß
gebe, gnädigst anbevelchen, insonderheit aber den grafen von Trauttmanstorff erinnern
werden, daß er auß denen obangeführten und andern mehr ursachen sich noch ein zeitlang
alda aufhalten und, wan er schon weder zu Münster mit den Französischen noch zu Oßna-
brugg mit den Schwedischen und protestierenden dißmahl waß sonderbars effectuiern
khöndt, dannoch zue verhiettung grössern ybels und unhailß die fridenshandlungen durch
seine gegenwarth nur solang enterteniern solle, biß man etwan mit negstem sichet, wie sich
der status militiae hin und wider ferners anlasset und ob nicht die baide gegenthailige cro-
nen pacatiora consilia und der billigkheit mehrers gemäsße fridensmitl ergreiffen mechten,
dann ich nicht unzeitig in sorgen begriffen bin, wan der graff von Trauttmanstorff die trac-
taten durch sein obangezognes schon in eventum vorhabendes abraisen abandonirt, daß es
die Französische und Schwedische plenipotentiarii anderster nicht aufnemmen und halten
werden, alß daß Euer Majestät an dem friden ganz desperiern und numehr ihro intentiones
auf die fortstelllung der waffen richten. Dahero wurden sie einer nach dem andern auch
hinweckhziechen, die cronen zu noch grössern und ernstlicherm krieg anfrischen und so-
wol den aufstosß der tractaten alß alle darauß weiters endtstehende ungelegenheiten Euer
Majestät beymessen, welches umb sovihl mehr zu verhietten ist, weil man den feinden dis-
seits bekhandtermassen nicht zu geniegen widerstehen noch derselben grosse macht außtau-
ren khan.
Und wan schon der allmechtige Gott Euer Majestät und dem Reich einige glickhliche suc-
cess verleichen und dero waffen in etwaß bessern standt gerathen wurden, hat man iedoch
meines erachtens daß principalabsechen iederzeit auf die fridenshandlung zue richten und
zue consideriern, daß eben alßdan daß rechte tempo seye, den friden mit ernst zu befürdern
und zu schliessen, wann die sachen baiderseits etlichermassen widerumb ad aequilibrium
khommen seindt. Es besteht keine Hoffnung, die Feinde auf Dauer durch Waffen aus dem Reich
zu bringen. Aus England habe ich Nachricht, daß das Parlament nach einer Einigung mit dem
König dem Pfalzgrafen helfen will.
Welchem allem nach ich nochmahl der tröstlichen hoffnung gelebe und Euer Kayserliche
Majestät gehorsamblich ersueche, sie wollen und werden der sachen notturfft wol erwegen
und derenthalben sowohl dero commissariis insgesambt alß insonderheit dem grafen von
Trauttmanstorff zue vorangedeütem ende firderlichen behörigen bevelch und instruction
zueferttigen.
Dieweiln Euer Kayserliche Majestät auch von ermelten dero commissarien berichtet und
yberschickht worden sein wirdt, waß fir yberauß schwähre exorbitirende und im gewissen
nimermehr verantworttliche postulata die protestierende ständt zu Oßnabrugg dem grafen
von Trauttmanstorff und durch dennselben den andern catholischen zuestellen lassen
waß fir nachdenckhliche sonderbare begehren die reichsstätt noch darzue absonderlich vor-
her ybergeben
niemahlen vorgebracht worden, inmassen dan eben darumb die Cursäxische in der protestie-
renden absonderlichen conferenzien daß directorium bey berathschlagung und abhandlung
diser sachen nicht führen wollen, beneben starckhe indicia vorhanden seind, daß sie, die
protestierende, albereit under sich selbsten und mit den Schwedischen eine neue haimbliche
confoederation tractiern und ire unbilliche intentiones mit gewaldt durchzutruckhen ge-
maindt sein sollen, alß habe Euer Majestät ich gehorsamblich und auß gethreuer wolmainung
zu bedenckhen geben wollen, ob nicht rathsamb und vorstendig, daß dieselbe besagte pro-
testierende ständt und auch die reichsstätt, sonderlich die vornembste und welche die maiste
authoritet bey den andern haben, durch bewegliche erinnerungsschreiben von ihren unbilli-
chen postulaten und vorhabenden extremiteten abmahnen und selbige zue schidlichern und
verandtworttlichern vergleichsmitlen disponiern, auch hierunder dero commissarien zue
Münster und Oßnabrugg die erhaischende notturfft weiters anbevelchen möchten.
Schließlich khan Euer Kayserlicher Majestät ich auch nicht verhalten, waßgestalt mich
meine gesandten bey negster ordinari berichtet haben, daß die Schwedische plenipotentiarii
in der Pfälzischen sach von dem medio alternationis nicht weichen wollen, auch der mehrer
thail von den protestierenden inen hierin starckhen beyfahl thuen und zu dem octavo elec-
toratu nicht incliniern. Dieweiln aber Euer Majestät die hochwichtige motiva und ursachen,
warumb einige alternation nicht rathsamb und practicierlich, sondern dem gemainen catho-
lischen wesen und deß Reichs bestendigen ruehstandt eüsserist nachtailig und hinderlich ist,
vorhero genuegsamb bekhant seindt, ich mich auch zu solchem mitel nimermehr verstehen
khönte und würdte, so zweifle ich zwar nicht, Euer Mayestät commissarii und sonderlich
der graf von Trauttmanstorff werden irer habenden gemessenen instructionen in angedeü-
ten , der Schwedischen und protestierenden sehr praeiudicierlichen vorschlag im geringsten
nicht einwilligen, sondern sich bestendig darwider sezen und demjenigen 〈inhaeriern〉,
waß sye den Französischen und Schwedischen plenipotentiariis in den proiectis pacis sowol
der curwürde alß der landen halber albereit ybergeben und pro conditione sine qua non
gesezt haben, beharlich inhaeriern. Wan iedoch Euer Majestät inen hierunder nochmahlen
specialiter zueschreiben und sye irer instruction gnädigst erindern wolten, wurden sye inen
solches werckh mit dem bißher darin gebrauchten sonderbaren vleiß und eüffer noch firder-
hin angelegen sein und sich sowohl der Schwedischen alß etlicher protestierenden starkhe
oppositiones desto weniger irren lassen, darumben Euer Kayserlicher Majestät ich hiemit
angelegenes vleiß ersuechen und deroselben mich zu dero Kayserlichen hulden und gnaden
in underthenigkheit empfelchen thue.
Beilage B zu nr. 268
Ferdinand III. an Kf. Maximilian I. von Bayern, Linz 1646 Juli 21. Kopie: TA Ka. 124 Teil I
fol. 176–183 = Druckvorlage – Reinkonzept: RK FrA Fasz. 52d fol. 122–132 – Konzept:
ebenda fol. 108–120.
Gutachten deputierter Räte, s. l. 1646 Juli 15, 16. Konzept: RK FrA Fasz. 52d fol. 75–100
– Reinkonzept: RK FrA Fasz. 52d fol. 134–159’. Conclusum im Geheimen Rat, s. l. s. d.: RK
FrA Fasz. 52d fol. 159’.
Gutachten des Geheimen Rates und Protokoll im Geheimen Rat, s. l. 1646 Juli 18. Konzept:
RK FrA Fasz. 52d fol. 104–106’.
Rezepisse auf Beilage A. Nun ist von hertzen zue bedaueren, daß bey aller nit allein von den
meinigen, sondernn auch von Euer Liebden unndt aller anderen chur-, fürsten unndt sten-
den , der mediatoren auch selbsten angewendten unaussetzlichen bemuehung unndt wider
die Euer Liebden vom cardinal Mazarini, den meinigen aber von den Schweedischen mini-
stris erfolgte sincerationes, vertröstung unndt versicherung gleichwohl der liebe friden biß
ahnhero nit hat weitter khönden gebracht werden, ia sich ermelte cronnen dises congressus
zuemahlen nit dahin, daß dem geliebten vatterlandt unndt der gantzen christenheith der-
mahl einige rueh unndt respiration widerfahre, sondernn vielmehr zue dem ende gebrau-
chet , daß ein gantze newe trennung unndt bluethstürtzung im Theütschlandt angerichtet
unndt alles auf die spitz unndt eüsseriste extremiteten gesetzt werde.
Es erscheinet auß hiebeykhommenden, von meinen gesandten zue Oßnabrug mir über-
schickhten relation unndt prothocollo überigs, daß waß beede cronen sich sowohl in
puncto satisfactionis alß amnistiae unndt gravaminum bißhero schiedtlichs (obschon wenig
verleßlich were) vernemmen lassen, nichts alß scheinworth unndt dahin angesehen gewesen
sein, daß die catholischen in hofnung des fridens addormentiert unndt sicher gemacht, umb
daß sie alßdann desto eher unndt leichter von beeden cronen unndt theyls protestierenden
auf einmahl opprimiert möchten werden, immassen es eben mit dem gantzen Westphali-
schen crayß unndt
were, wann nit meine unndt Euer Liebden underhabende reichswaffen es verhindert hetten
unndt noch verhinderten. Ich bin also mit Euer Liebden einig, daß der bevorstehenden Ope-
ration im veldt zuezuwarthen unndt will die hofnung nit verliehren, wann der Allmechtige
dißseits einzigen glückhlichen streich verleyhen unndt darmit der gegentheylen hochmueth
in etwaß stürtzen wolte, daß alßdann beede cronen sich nit was milters unndt friedtlichers
alß bißhero geschehen finden lassen möchten, halte auch selbsten nit für rathsamb, daß die
tractaten dissolviert werden, unndt hat derzeith noch mein oberister hofmeister kheinen
befelch von Münster ab- unndt anhero zue raisen. Da es auch darzue mitler zeith khommen
solte, so wurden doch die tractatus vermitlest seiner mitgesandten continuiert werden khön-
nen unndt also dieselbe von mir alzeith unabgebrochen bleiben.
Demnach es aber in grundt der sachen an deme, daß man sich viel mehr auf kheine alß auf
einzige aufrichtige naigung unndt ernstliche intention zuem friden bey den feindtlichen cro-
nen noch zuer zeith zue versehen, ja selbe sich ohne scheüh vernemmen lassen, daß sie mit
Theütschlandt tanquam cum iam debellata unndt anderst nit handlen wollen, so bleibt mir
unndt denen catholischen chur-, fürsten unndt stenden nichts anders überig, alst daß man
sich auf die Göttliche allmacht unndt providentz unndt die gerechte sache von Euer Lieb-
den wohlbedachtermassen verlasse unndt lieber daßienige, waß noch überig, für unnseren
schutz unndt rettung gebrauche alß wohl etwan gar zue vermehrung unndt versterckhung
der feindtlichen kräften wider unnß unndt erstbemelte catholische chur-, fürsten unndt
stende reserviren. Maßnahmen in den kaiserlichen Erblanden zur weiteren Fortsetzung des
Krieges.
So berichten mich meine zue Münster unndt Oßnabrug anwesende gesandte, daß die catho-
lischen ständt daselbst durchgehendt, nachdeme sie nunmehr auch mit handt greiffen, daß
es umb die religion unndt ihre ertz- unndt stiffter, kheines verschont, totaliter zue thuen
unndt kheine andere hilf alß eines yeden selbsteigene groß oder kleine noch verhandene
macht überig, zuemahlen sich dißorths uf Franckhreich nichts zue verlassen seye, lieber daß
eüsseriste daranstreckhen alß die religion unndt ihre ertz- unndt stiffter den protestierenden
zue raub unndt zue nur gröserer unndt betawrlicher der catholischen underthruckhung las-
sen wollen.
Waß Euer Liebden bißhero, bey dem algemeinen wesen unndt meinem ertzhauß ersprießli-
ches unndt ruehmliches gethan, daß ist mir unndt meniglichen wissendt, unndt were zue
wüntschen, daß all solches zu dempfung meiner unndt Euer Liebden feinden, erhebung des
friden unndt beruehigung des geliebten vatterlandts, wie es wohlmeinendt unndt trewlich
beederseits aufgesetzt, also auch erkleckhlich were gewesen. Es ist aber ahn deme, daß wann
nicht noch ein algemeiner durchgehender sforzo unserseiths geschieht, man nit allein von
feindtlichen praetensionen einzige milterung nit zue hoffen hat, sondern es stehet neben
unseren landt unndt leuthen alles daßienige, waß so kostbarlich dise 24 iahr über von blueth
unndt gelt dargeschossen worden, in augenscheinlicher gefahr unndt auf völligem verlust.
Vorschlag einer Kriegskonferenz zwischen Kaiser, Spanien und Kurbayern.
Waß im überigen Euer Liebden mir auß getrewer wohlmainung zue bedenckhen geben, ob
nit rathsamb unndt vorstendig, daß die protestierende stendt wie dann auch die reichsstätt,
sonderlich die vornembsten, durch bewögliche erinnerungsschreiben von ihren vorhaben-
den extremiteten abgemahnt unndt zue verantworthlichen vergleichsmittlen disponiert
wurden, da werden Euer Liebden zweifelsohne die nachricht bekhommen haben, daß die
meisten protestierenden sich nacher Münster begeben unndt daß man alda in völliger ar-
beith begriffen, den punctum gravaminum zuem endt zue bringen, Euer Liebden auch ent-
zwischen eingelangt sein, wessen ich hierin meine abgesandte befehlcht unndt waß ich Euer
Liebden darbey freundlich gnediglich ersuecht. Stehet nun zue erwarthen, wie weith meine
intention bey den catholischen unndt protestierenden verfange, verhalte immitelß Euer
Liebden nit, daß ich meine gesandten zue Oßnabrug bereit vor lengst befelcht, wie hiebey ,
daß sie dergleichen ietzo von Euer Liebden eingerathene abmahnung vornehmmen sollen.
Desgleichen habe ich Chursachsens wie auch Braunschweyg, Weimar, Altenburgs liebden
noch underm dato 14. Junii negsthin zuegeschriben
Vgl. [ nr. 238 Anm. 2 ] .
beylagen sehen. Habe auch die nachricht bekhommen, daß Chursachsens liebden im
werckh begriffen, die begerten abmahnung würckhlich unndt nachtruckhlich zue thuen.
Dieweylen aber die protestierenden etwaß weitters gegangen, auch mit unndt neben den
Schwedischen sehr unverhoffte unndt weithaußsehende postulata gethan, denen sich hierin-
nen die Franzosen nicht opponiert, auch nicht opponieren, unndt die Schweeden auch die
ihnen anhengige protestierende parthey umb der catholischen willen nie lassen werden, also
schreib ich Chursachsen unndt anderen stenden zu, wie Euer Liebden auß der beylag ver-
nemmen , befilch auch ein ebenmässiges, waß in dem schreiben begriffen, meinen gesandten
zue Münster unndt Oßnabrug gehöriger orthen zue verrichten. Weylen ich aber gleichwohl
nit waiß, wie weith man mit den protestierenden in puncto gravaminum khommen unndt
ob es einer mehrern abmahnung weitter vonnöthen habe, den sachen also nicht zue viel
noch zue wenig geschehe, also schliesse ich solche schreiben ietztgemelten meinen gesand-
ten ein, damit dieselben gestalten sach nach solche ahn gehörige orth überschickhen oder
auch zueruckhhalten khönnen. Versicherung der Beachtung kurbayerischer Interessen in der
Pfalzfrage.
Beilage C[ .1 ] zu nr. 268
Ferdinand III. an verschiedene protestantische Reichsstände
In TA Ka. 108 Z 2 nr. 37 unfol. liegen 17 ungeöffnete und eine geöffnete Ausfertigung. Die
Schreiben waren den Adressangaben zufolge gerichtet an: Hg. Adolf Friedrich I. von Mecklen-
burg ( [ nr. 29 Anm. 5 ] ), Hg. August von Sachsen, Adm. von Magdeburg ( [ nr. 174 Anm. 5 ] ), Hg.
Friedrich Wilhelm II. zu Sachsen-Altenburg ( [ nr. 183 Anm. 3 ] ), Hg. Wilhelm IV. von Sachsen-
Weimar ( [ nr. 183 Anm. 4 ] ), Hg. Eberhard III. von Württemberg ( [ nr. 174 Anm. 7 ] ), Hg. August
von Braunschweig-Wolfenbüttel ( [ nr. 183 Anm. 2 ] ), Hg. Christian Ludwig von Braunschweig-
Lüneburg ( [ nr. 183 Anm. 2 ] ), Hg. Friedrich von Braunschweig-Lüneburg ( [ nr. 183 Anm. 2 ] ),
Mgf. Christian von Brandenburg-Kulmbach (1581–1655, 1603 Mgf.; Stammtafeln I
T. 160), Mgf. Albrecht von Brandenburg-Ansbach (1620–1667, 1634 Mgf.; Stammtafeln I
T. 149a) und an die Fürsten zu Anhalt (zu diesen Stammtafeln I T. 73–74, 76, 78–79)
sowie an die Städte Bremen, Frankfurt (dieses Schreiben ist geöffnet), Hamburg, Lübeck,
Nürnberg und Ulm. Die Schreiben sind offensichtlich nicht abgesandt worden; vgl. auch die
Stellungnahme Trauttmansdorffs (nr. 289).
TA Ka. 108 Z 2 nr. 37 unfol. – Kopie des Formulars: ebenda ; TA Ka. 124 Teil I fol.
194–195.
Beilage C[ .2 ] zu nr. 268
Ferdinand III. an Kf. Johann Georg I. von Sachsen, Linz 1646 Juli 21. Kopie: TA Ka. 124 Teil I
fol. 196–197