Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
207. Nassau und Volmar an Ferdinand III Münster 1646 Juni 19
Münster 1646 Juni 19
Kopie: KHA A 4 nr. 1628/20 unfol. = Druckvorlage; ÖstA Tirol Fasz. 20e S. 1817–1821 –
Konzept: RK FrA Fasz. 92 IX nr. 1294 fol. 270–272.
Abhängigkeit der Satisfaktionsverhandlungen mit Frankreich von Trauttmansdorffs Rückkehr
nach Münster. Keine Zusage der französischen Gesandten zur Unterstützung des Kaisers gegen
die Forderungen der protestantischen Mächte. Aufforderung an die katholischen Reichsstände zu
vermehrten militärischen Anstrengungen. Beilagen. Verzögerung bei Beratung der französischen
Satisfaktion durch Reichsstände.
Verweis auf Relation vom 15. Juni
handlungen mit Frankreich. Verweis auf Beilage 1.
Gestern nachmittag haben unß die mediatores angezeigt, daß sie zwar solche
unsere meinung den Frantzosen vorgehalten und verhofft, die wurden sich
etwas schleünigers alß zuvor vernemmen lassen. Sie hetten sich aber noch in
ihren vorigen terminis gehalten und vermeldet, daß sie ferners zuwarten wol-
ten, biß wolgedachter herr obristhoffmeister nach vollendter seiner negocia-
tion widerumb alherkommen thet, sönderlich weil ohnedaß auch die Schwe-
dische plenipotentiarii sambt einem außschuß von den protestirenden nech-
ster tagen sich alhier einzufinden erbotten haben.
Eben diese antwort hatt mir, Volmarn, der hertzog von Longavilla selbst, alß
er mich dieser tagen meines weibs todtfahls condolirt und ich ihme gestern
die revisita erstattet, gegeben und die praetension wegen der oberherrligkeit
uber die Elßaßischen reichsstände wie auch wegen inbehaltung der vestung
Philipsburg zum hefftigsten betrieben. Und alß ich ihne wegen derjenigen
conditionum, so eigentlich die Schweden und protestirende berührten, alß
nemblich wegen der amnistiae, gravaminum, der Pfalzischen chursach, satis-
factionis Suecicae et Casselanae, Ewer Mayestät indemnitet gegen Churbran-
denburg, zu einer erclehrung stringirte, waß Franckreich doch endtlich gegen
so hochschätzlicher satisfaction thun wurde, wan Schweden und die protesti-
rende, wie es sich wohl ansehen ließe, von ihren praetensionibus nitt weichen
wolten, habe ich ihnen doch weiter nitt bringen können, alß daß er endtlich
mitt diesen wortten außgebrochen: „Au moins, nous non ferons pas guerre
à l’Empereur et à la maison d’Austria.“ Daß sie aber den Schweden und
protestirenden ihre alliance und bundtnus auffsagen oder anderwerts waß
thatlichs gegen denselben vornemmen solten, darzu ist ja kein hoffnung zu
machen.
Und dieweil auß denen alhier und zu Oßnabruck mitt Ewer Kayserlicher
Majestätt widerpart vorlauffenden actionibus gnugsamb erscheint, daß sie ei-
nigen ernst, willen und anmuttung zu einem pilligen und erträglichen frieden
nitt haben, sondern nunmehr alles auff die spitze und außträg der waaffen
gestelt, derentwegen auch herr graff von Trautmansdorff für gutt und noth-
wendig befunden, daß wir solche bewandtnus den alhie versambleten catho-
lischen chur- und fürsten, auch ubriger stände gesandten, sönderlich aber
dem herrn bischoven zu Oßnabruck wohl zu gemüth fuhren und ermahnen
wolten, desto mehr darauff bedacht zu sein, wie man sich, hindangesetzt aller
anderer hoffnung, in eußeriste gegenverfassung stellen möchte, so geruhen
Euer Mayestät auß der beylag numero 2 gnedigst anzuhören, waß wir eben
deßwegen mitt seiner fürstlichen gnaden gehandlet und sie sich dagegen ver-
nemmen lassen, zumahln auß deß Paderbornischen cantzlers Dr. Buschmans
an dieselb abgangene relation numero 3 zu ersehen, waß hochmuttige mei-
nung der Schwedisch plenipotentiarius Oxenstirn auch gegen ihme auß-
zuschlagen sich nitt geschewet hatt. Hinweis auf Beilage 4.
Letzlich, alß die Franzosen unsere penultinam declarationem in puncto satis-
factionis , zwar deren durch die mediatores beederseits beschehene veranlas-
sung entgegen und zuwider, den protestirenden zu Oßnabruck ad dictaturam
communicirt, daher auch herr obristhoffmeister für ein notturfft gehalten, al-
hier ebenmässig dem Churmaintzischen directorio solche declaration sambt
der Franzosen erfolgten antwort zu gleichem ende zu communiciren, so hatt
mich, Volmarn, gestern abendts der Churmaintzisch cantzler, Dr. Regensper-
ger, berichtet, ob er zwar auff den heutigen tag einen rahtsgang hette ansagen
lassen und vermeint, allein die zween puncten, nemblich waß auff die ein-
kommene Lothringische protestation, darvon hiebey numero 5 abschrifft,
und der Frantzosen newe postulata wegen Philipsburg und der Elsaßischen
reichsständt zu thuen sein möchte, zu proponiren, so weren iedoch im nah-
men der protestirenden alhier der Culmbachische und Nürrnbergische abge-
sandte bey ihme erschienen , mitt ersuchen, er wolte diesen rahtgang noch
derzeit einstellen, dan sie befinden den inhalt angeregter satisfactionsschriff-
ten auff solche wichtige puncten, die dan auch in ihre religionsgravamina ein-
lauffen wolten, gestelt sein, daß sie sich darüber nichts erclehren köndten,
sondern nothwendig ihren herrn principaln umb ferner instruction zuschrei-
ben müsten. Neben deme so weren die deliberationes uber die 4 classes der
Schwedischen replic noch allerdings unvolkommen und vonnöthen, daß man
selbigen vorderist reassumiren und besser außarbeiten thete. Drittens erfor-
derte die notturfft, daß man vor allen dingen mitt den reichssachen ahn ein
ende kommen thue, köndten und solten also pillig die satisfactionsmateriae
noch zurückgestelt pleiben.
Auß welchem vortrag müste er abnemmen, daß die protestirende uber alle
puncten unsere declaration und der protestirenden antwort ein consultation
zu erzwingen und also diese sach in große weitlauffigkeit zu bringen under-
stehen wurden. Vermeinte daher besser zu sein, daß man daß gantze werck
noch in suspenso und auff einem anstandt beruhen lassen möcht, sönderlich
weil auch die Churtrier-, Cölln- und Bayerische sich bereits erclehrt, daß sie
uber der Frantzosen newe postulata mehren bevelchs von ihrem gnedigsten
herrn principaln erwartten müsten, welches ich dan gar gern dahingesteldt
sein lassen, weil ja dießorths einige schuldt deß verzugs auff Euer Kayserli-
cher Mayestät seithen nitt gelegt werden köndte.
Beilage 2 zu nr. 207
[Protokoll der Verhandlung mit Wartenberg über Westfälische Kreisdefension, Münster 1646
Juni 18] . Fehlt.