Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
111. Trauttmansdorff an Ferdinand III Münster 1646 Mai 18
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Münster 1646 Mai 18
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 50a Konv. A fol. 112–113’ – Druckvorlage – Konzept: TA Ka.
111 Z 5 nr. 69–70 unfol.
Niederländische Gesandte: Baldiger Friedensschluß mit Spanien. D’Avaux: Mazarin, Breisach-
frage . Angebot Trauttmansdorffs: Französische Souveränität über das Elsaß gegen Verzicht auf
Breisach. Französische Forderungen für Frieden mit Spanien: Roussillon, Artois, Gravelines,
Bourbourg, Thionville. Trauttmansdorff: Spanische Forderungen: Katalonien, keine französische
Unterstützung des Herzogs von Braganza. Derzeit schwache französische Verhandlungsposition.
Kurbayerische Intervention zugunsten französischer Satisfaktion; Gerüchte über schwedische Zu-
friedenheit mit Satisfaktionsverhandlungen. Verhandlungen erleichtert durch spanisch- holländi-
sche Übereinkunft.
Alß ich gestern, den 17. dits, vormittags die Holländische gesandten revisitirt
und wir von ihren tractatibus mit Spanien geredt, haben sie in veranlaster
geheimb vermeldt, das sy der Spanischen erklerung alß heudt erwarten und
alßdan in zweyen tagen gewiß schliessen wollen, wardurch dan unsere trac-
taten mit den cronen auch umb soviel mehrers befürdert werden.
Nachmittags kam der conte d’Avaux underm vorwandt, mich zu besuchen,
aber, wie ich ex discursu hernacher abnehmem können, mit rath und guet-
befinden seiner collegarum zu mir, protestirte zuvorderist von seiner aufrich-
tigkeit und begirde zum frieden und begerte, das dasienige, waß er mir in
vertrawen eröffnet, biß nach dem friedenschluß in geheimb verpleiben
möchte, welches dieses ware: Von seinem secretario Prefontaine, so er bey
dem cardinal Mazarini zu Paryß gehabt, seye er berichtet worden, das ge-
dachter cardinal gegen Ewer Kayserliche Majestät ein sonderbare devotion,
gegen mir aber eine solche benevolenz truege, daß er auch nach geschlosse-
nem frieden mit mir correspondiren, auch seine actiones nach der cron
Franckreich dienst und Ewer Kayserlicher Majestät nützen richten wolte, be-
gerte aber hingegen, Ewer Kayserlicher Majestät allergenedigster protection
auf allem fahl versichert zu sein, dan er nach gedachtem friedenschluß viel
aemulos und verfolger auch under denen Franzosen selbst haben wurde. Da
Ewer Kayserliche Majestät aber nicht wolten, müeste er sich in andere armb
werffen, welches obgemelter secretarius ihme, conte d’Avaux, also auß obbe-
sagtes Mazarini bevelch referirt, gestalt darüber meine gemüethsmeinung zu
vernemben.
Von diesem ist er auf die negotia kommen, und nachdem er des Servients
hartneckigkeit angeschuldigt, sagte er, das auch kein müglichkeit seye, die
cron Franckreich von Breysach abzubringen, wolte dahero verhoffen, Ewer
Kayserliche Majestät wurden den frieden daran nit hafften lassen. Ich repli-
cirte , das ich mich darzue durchauß nit verstehen könte, sondern von Ewer
Kayserlicher Majestät außtrücklich im bevelch hette, ihnen, den Franzosen,
dißseits Rheins nichts einzuwilligen; ia ehe Ewer Kayserliche Majestät Brey-
sach hindenlassen wolten, ehender wurden sy die soverainitet oder oberpott-
messigkeit über Elsas fallenlassen, welches dan für die cron Franckreich auch
viel nuzlicher sein wurde, alß das sy eine vestung, die ihnen nuhr grossen
unkosten und denen umbligenden nachbaren eine immerwehrende gelosiam
verursachen thete, mit gewalt behaubten solten. Er liesse ihme diesem leztern
vorschlag nit mißfallen und sagte, wan er vollmacht hette, das er mit mir
schliessen wolte.
Fiele hiervon auff ihre tractaten mit Spanien: Da hafftete das werck an deme,
das, wan die cron Spanien ihnen, den Franzosen, die ganze grafschafft Rossi-
lion , item Artoys und benebens Gräveling
ben thete, das alßdan der friedt darmit geschlossen sein wurde, darbey dan
diß nicht ausser acht zu lassen, das sie, die Franzosen, gleichwohl sechszehen
pläz zuruckgeben, darunder acht also beschaffen seyen, das deren wiederer-
oberung eine formalbelägerung erforderte . Cathalonien und Portugal betref-
fend könte man wegen des einen ein temperament zu satisfaction des königs
in Hispanien treffen.
Ich antwortete ihme, d’Avaux, das ich zwar für mich selbst denen Spanischen
plenipotentiariis nicht vorgreiffen könte, hielte aber darvor, wan die cron
Franckreich dem könig in Hispanien alles, was sy in Cathalonien innenhat,
wieder abtretten und sich verbündtlich erkleren thete, der Portugesischen
sach nicht beyzupflichten noch wieder den konig dem duca de Breganza und
seinem anhang einige hulff noch assistenz zu leisten, daß ich mich bey den
Spanischen bemühen wolle, daß wegen Rossilion und Artoys der friedt nit
auffgehalten werden solle. Er hat alleweil von nein gesagt, ich vermerckte
aber hierunter soviel, das sy derentwegen nicht brechen werden.
Die ursach dessen sowohl alß das er, d’Avaux, dergestalt an mich angebun-
den , ist meines erachtens haubtsachlich diese, daß die Holländische gesand-
ten mit den Spanischen kurzumb und für gewiß schliessen wollen, welches
ihnen, den Franzosen, bekant. Fürs ander, das sy das Engellendische wesen
gar starck begreiffen, und hat er auff meine remonstration selbst gestehen
müessen, das sy dißorths in materia rationis status mehr verlohren, alß gegen
Ewer Kayserliche Majestät und dero hochlöblichem erzhauß gewonnen.
Nachdem gedachter conte d’Avaux (welcher sich vast ein paar stundt bey mir
aufgehalten) hinweg gewesen, seint die Churbayrische erschienen, welche
vermeldt, das ihnen gemelter conte d’Avaux underwegs begegnet und zu ver-
stehen gegeben, waßgestalt er bey mir gewesen und wegen Breisach fernere
instanz gethan. Ich hette ihme aber anstatt dessen des Elsas halber solchen
vorschlag gethan, der ihme seinesorths nicht mißfallen. Seine collegae theten
seiner draussen vor der statt erwarten, zu denen wolte er hinaußfahren, und
wan auch sie darwieder kein bedencken hetten, so wolten sy alßbaldt einen
currier nacher Paryß abfertigen und sich dißorths weiterer resolution er-
holen .
Es haben aber erstgedachte Churbayrische bey mir nit weniger ihresorths we-
gen zurucklassung vorbesagter vestung Breysach anregung gethan, mit ver-
melden , das ihr genedigster herr Ewer Kayserliche Majestät durch aigens ab-
gefertigten currier nochmahls beweglich erinnern und ersuchen lassen, den
frieden hieran allein nit hafften zu lassen. Wolten also hoffen, ich wurde hier-
unter fernern allergnädigsten bevelch empfangen haben. Sonsten were ihnen
gewisse nachrichtung zuekommen, waßmassen der Ochsenstiern dem
Schwedischen residenten alhier, Rosenhan genant, zuegeschrieben habe, de-
nen Französischen gesandten anzuzaigen, das er, Ochsenstiern, mit denen
Kaiserischen der cron Schweden satisfaction halber zufrieden seye, sie, die
Franzosen, solten auch ihrerseits zur sachen thuen, dan er entschlossen und
bevelcht were, mit uns den frieden ehistens zu schliessen.
Ich hab mich gegen denen Churbayrischen der communication bedanckt und
denselben eben denienigen vorschlag, welchen ich dem d’Avaux wegen Elsas
gethan, eröffnet, der auch ihnen nicht zuwieder gewesen. Vermercke mei-
nestheils auß diesem allem soviel, daß die tractaten zwischen Spanien und
Hollandt die cronen zu anderen gedancken, alß sy bißhero scheinen lassen,
bewegen und, sobaldt der schluß zwischen ihnen gemacht, auch wir mit den
cronen desto ehender fertig zu werden verhoffen.