Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
92. Trauttmansdorff an Ferdinand III Münster 1646 Mai 11
–/ 92 /–
Münster 1646 Mai 11
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 50b fol. 13–15, praes. 1646 Mai 21 = Druckvorlage – Konzept:
TA Ka. 111 Z 5 nr. 69–70 unfol.
Französische Gesandte: Beharren auf Breisach. Schwedischer Einwand dagegen. Kurbayern: Ab-
tretung Breisachs, sonst Separatverhandlungen mit Frankreich. Generalstaaten: Verständnis für
kaiserliche Verhandlungsposition, Hoffnung auf nahen Abschluß mit Spanien, Vermittlung zwi-
schen Spanien und Frankreich, Pommern.
Den 9. diß monats Maii haben mich die Frantzösische gesandten besucht
unnd seint nach abgelegten complimenten alßbaldt in die negotia getreuen.
Alß ich ihnen nun die unbilligkeit ihrer praetension auf die vestung Breysach
repraesentirt unnd sy mit allerhandt beweglichen unnd trifftigen argumentis
von ihrer obstination zu bringen mich bemühet, sagte der d’Avoux: noi, non
siamo capaci d’attendere raggioni. Wie ich ihm aber darauff entgegenstelte,
daß die Schwedische gesandten selbst benebst den protestirenden auch nicht
gern sehen noch zuegeben würden, daß ihnen, den Frantzosen, diese vestung
verpleiben solte, fuhre der Servient herausß mit diesen formalibus: Noi, non
vogliamo consiglio né d’amici né d’inimici, unnd wan man ihnen die vestung
nit lassen wolte, so weren sy entschlossen, ietzt erst die protestanten unnd die
Schweden mit ihren praetensionibus alziren zu machen. Wiewohl ich von
meinem mitabgesandten zu Oßnabrugg, dem graven von Lamberg, berichtet
worden , daß ihme die Schwedische gesandten nach meiner abreyß zuegesagt,
wan es ahn Breysach allein hafften thete, daß sy bey den Frantzosen zue zu-
ruckhlassung oder demolirung dessen alle güette officia einwenden unnd ver-
hoffen wolten, dieselbe darzue zu disponiren.
Sonst seindt gesteren vormittag die Churbayrische gesandten auch in dieser
materia bey mir gewesen und haben, wie im anfang mit Elsas, also auch an-
ietzo wegen Breysach ihre comminationes wiederhohlt. Wan nemblichen
Ewer Kayserliche Majestät denen Frantzosen die vestung Breysach nicht
uberlassen wolten, daß sy von ihrem gnedigsten herren befelcht weren, mit
den Frantzosen ad partem zu tractiren, und zweiffele ich nit, Ewer Kayserli-
che Mayestät werden von ihrer churfurstlichen durchlauchtt dißfals nit weni-
ger behelligt worden sein. Ich bin aber meinesorths auff Ewer Kayserlicher
Mayestät habenden befelch bestendig verharret und hab sy, die Churbayri-
sche , benebenß ermahnt, von dergleichen betrohungen abzustehen und Ewer
Kayserliche Mayestät unnd die cron Spanien zu keinen extremiteten zue
treiben.
Den nachmittag haben bey mir sich alle Hollendische gesandten eingefunden
und nach verrichteten wenigen complimentis so vertrewlich in den negotiis
heraußgelassen, alß wan wir lang jahr freundt gewesen weren, auch begert zu
wissen, warauff die handlung zwischen unß unnd Franckhreich stehen thete.
Nachdem ich ihnen nun vermeldet, waß fur ansehentliche offerten wir denen
Frantzösischen gethan, hingegen wie hart dieselben auff der vestung Brey-
sach , und zwaren darumb bestunden, damit sy aufs newe die gelegenheit het-
ten , das Reich, wan sy nur wolten, zu überziehen, wir aber unß endtlichen,
das friedenwerckh desto mehrers zu befurderen, dahin erklert hetten, damit
die Frantzosen dieser vestung halber keine gelosia zu schöpffen, selbige
sambt der bruggen demoliren zu lassen und ihnen gleichwohl freyzustellen,
ienseits Rheins ein andere zu ihrer Ssicherheit zu bawen, haben sy, die Hollen-
dische gesandten, unsere erklerung fur gantz billig erkent unnd sich verwun-
dert , daß die Frantzösische gesandten solche nicht annehmen noch eingehen
wollen.
Ich hab sy hingegen gefragt, wie eß umb ihre tractaten mit Spanien stünde,
unnd sy ermahnt, ihresorths auch dieselbige zu befurderen, warzue sy sich
dan nicht ungeneigt erwiesen mit vermelden, daß sy es nit lang machen wol-
len und vielleicht in einer session schliessen werden können. Wolten auch
ihrestheilß gern cooperiren unnd helffen, damit zwischen Spanien und
Franckhreich auch ein billicher friedt gestifftet werden möchte, warzue ich sy
dan meinesorths animirt, daß sy hierdurch die ehr würden erlangen, alß
neuntzigjahrige feindte
Trauttmansdorff spielt hier auf den Bürgerkrieg an, der mit dem ndl. Aufstand 1566 ausbrach.
Entgegen der im Niederländischen verbreiteten Bezeichnung als „Achtzigjähriger Krieg“ sieht
Trauttmansdorff hier anscheinend schon den Beginn der Regierungszeit Philipps II.
(1527–1598, 1556 Kg. v. Spanien) als den Anfang der Auseinandersetzungen ( HEG III,
663–688; Presser ) .
darzue zwischen so nahen ahn- unnd bluetsverwandten mittler zu sein.
Von diesem fielen sy auff Pommeren mit vermelden, daß sy zwaren solches
lieber in des herrn churfursten zu Brandenburg alß der Schweden händen
gesehen hetten. Wan eß aber ie nit anderst sein könte, begerten sy ihresorths
derentwegen kein newen krieg anzufangen.
Ich hab nit underlassen, von demienigen, waß Spanien betrifft unnd ober-
zehltermassen zwischen unß vorgeloffen, noch gesteren abendt dem Spani-
schen plenipotentiario, graven Peneranda, nachricht zu geben, damit er sich
darnach in seiner negotiation zu achten haben möge.