Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
88. Lamberg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1646 Mai 10
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Osnabrück 1646 Mai 10
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 51a fol. 31–31’, PS fol. 53–53’, praes. 1646 Mai 21 – Kopie:
KHA A 4 nr. 1628/20 unfol.; Giessen 207 nr. 83 S. 311–314; ebenda 210 nr. 110
S. 1190–1192 – Druck: Gärtner IX nr. 111, 679ff.
Übergabe des kaiserlichen Textvorschlags für das IPO an die schwedischen Gesandten. Benach-
richtigung der kurbrandenburgischen Gesandten über die schwedische Satisfaktion.
PS Übergabe des kurbrandenburgischen Protestes gegen die Abtretung Pommerns.
Aus nr. 69 geht hervor, welchergestalt wir mit einrichtung des instrumenti
pacis bemüehet gewest. Nun sein wir noch für dero obristen hoffmeisters, des
herrn graffen von Trautmansdorff, exzellentz abreiß von hir dhamit aufkom-
men und auf deßen gutbefinden und befehl selbigs vorgestern, den 8. dieses,
denen Schweedischen abgesandten uberbracht, auch noch selbigen tags denen
Churbrandeburgischen abgesandten von allem, waß circa punctum satisfac-
tionis mit denen königlich Schweedischen abgesandten verhandtlet worden,
communication gethaen, und belieben Ewer Mayestätt auß der beylag sub
numero 1 allergnädigst zu ersehen, wie das instrumentum pacis eingerichtet,
auch auß der beylag sub numero 2 ihro allergnädigst referirn zu laßen, waß
ein und andern orts bey unser verrichtung, sowol bey denen Schweedischen
alß Churbrandeburgischen, fürgelauffen.
PS Indeme wir gleich in abfertigung dieser post begrieffen, sein die Chur-
brandeburgischen abgesandten, der graff von Wittgenstein, freyherr von Lö-
wen und Dr. Wessenbecius, bey unß erschienen und beyverwahrte schrifft-
liche protestation wegen Pommern uberreicht mit ersuchen, dieselbe an
Ewer Mayestätt allergehorsamst zu überschicken, so wir mit wiederholung
unser vorigen antwort, daß es zwar dergleichen protestation bey unß nit
vonnöthen hette, iedoch weiln es alß von unß begehrt würde, zu thuen gut-
willich aufgenhommen. Sein darauf in discursum wegen des instrumenti pa-
cis gerathen und von selbigen Churbrandeburgischen berichtet worden, ob
solten die Schweedische morgen uber unser ihnen zugesteltes concept mit
denen protestirenden zu communicirn und von punct zu punct, wie selbiges
einzurichten und zu ändern, zu berathschlagen gemeindt sein. Man hette
aber sie, Churbrandeburgische, zweifelsohne der ursachen halben, daß man
sie wegen Pommern dhabey interessirt wiße, mit der ansage vorbeygangen,
begehrten sich auch nit bey dergleichen consiliis mit finden zu laßen. Be-
clagten es, daß es bey diesem convent also hergehe und sich die stendte
selbst im rath der reichsfeinde finden ließen, ia gleichsamb deren raths-
gebere wehren.
Beilage 2 zu nr. 88
Protokoll, [ Osnabrück] 1646 Mai 8. Kopie: RK FrA Fasz. 51a fol. 32–37 = Druckvorlage;
KHA A 4 nr. 1628/20 unfol.; Giessen 207 nr. 82 S. 300–311; ebenda 210 nr. 108
S. 1147–1157 – Druck: Gärtner IX nr. 103, 634–642.
Am 8. Mai 1646 haben wir bey denen königlich Schweedischen abgesandten unsern aufsatz
des instrumenti pacis uberbracht und darbey angezeigt, daß es nur das erste concept seye
und dhahero zu unser verwahrung nothwendig etliche clausulae, auch allerhandt sachen
narrative hineingerückt werden müeßen, wegen dern außlaßung aber es hernegst, wan man
in allem wirdt vergliechen sein, khein bedencken geben werde. Haben auch bey solcher
gelegenheit die Schweedische abgesandten ersucht, bey denen Frantzösischen abgesandten
zu Münster gute officia einzuwenden, dhamit dieselbe ire praetension wegen Breysach möe-
gen fallenlaßen. Seie es etwoh umb selbiger vestung demolition zu thuen, würde man sich
darin nit weigern, nur daß der platz, alß welcher zum Elsaß nit gehörig, den unschüldigen
ertzfürstlichen pupillen, die ohnedaß gnugsamb gravirt würden und so vornhembes, altvät-
terlich fürstenthumb zurucklaßen müesten, möege gegönnet werden.
Die Schweedische haben sich bedanckt, daß man ihnen das instrumentum pacis also com-
municirn wöllen, wölten sich darin ersehen und erstes tags darüber mit unß fernere commu-
nication pflegen. Wegen Breysach wölten sie ihnen der sachen beforderung angelegen sein
laßen, zuvorderist aber mit dem alhie anweesenden Frantzösischen residenten, monsieur de
la Barde, reden, dhamit derselb denen Frantzösischen hirüber zuschreiben möegte. Der Sal-
vius vermeinte, man würde zu Münster hirin schon solchergestalt vergliechen sein, nhemb-
lich daß der ort dem ertzhauß gelaßen und die vestung demolyrt werde, oder ie solche
condition ex parte Franckreich nit außchlagen.
Der Oxenstern fragte, ob es dan mit dem puncto satisfactionis gegen die Frantzosen so
weith seine richtigkeit habe, daß es nur allein an Breysach haffte. Wir haben mit ia geant-
wortet, daß unsers dhafürhaltens nichts mehr ubrig, alß waß noch etwah ratione conditio-
num wegen Elsaß unvergliechen seyn möegte, warüber man aber in handtlung begrieffen.
Darauf der Oxenstern mit diesen formalien herausgangen: Er vernheme solches gern, man
habe sönsten sagen wöllen, ob solten die Frantzosen auf fortsetzung des kriegs gedencken,
hat auch solche red zum andernmahl wiederholt und noch dieses hinzugesetzt: Ihnen,
Schweeden, prognosticire man auch, daß man ihnen viel geben, aber nit lang in handen
laßen, sondern paldt wieder dhavon verstoißen und mit krieg anfallen werde. Nos: Wan die
Frantzosen gegen uberlaßung so ansehentlicher landt und leüthe noch nit friede eingehen,
sondern den krieg weiters fortsetzen würde, würden sie scheinbarlich von Gott gestrafft
werden. Gegen Kayserliche mayestätt und das Reich hete man sich wol zu versichern, daß
dieselbe, waß sie bey diesem friedenschluß würden eingehen, uberlaßen und zusagen, auch
halten würden, und hette die Teütsche nation alzeit den nahmen bey der gantz weldt ge-
habt, daß sie ire zusag gehalten, würde solche redlichkeit nit laßen undergehen. Der Oxen-
stern: Es befinde sich gleichwol in der Kayserlichen cantzley, so in der Leipziger schlacht
uberkommen worden, eine instruction auf den fürsten von Lichtenstein
F. Karl von Liechtenstein (1569–1627), konvertierte 1599 zum kath. Glauben, seit 1599 in
mährischen Diensten, seit 1607/1608 auf seiten Ehg. (Kg.) Matthias’, im böhmischen Aufstand
Eintreten für Kg. Ferdinand II., 1620 ksl. Generalbevollmächtigter, 1622 Statthalter und
Vizekg. von Böhmen ( NDB XIV, 515ff. ).
gesandten an den Betlem Gabor, fürsten in Siebenbürgen, darin sonderlich ein paragraphus
zu finden, wie gefehrlich man mit selbigen fürsten hab umbgehen und die worte also ein-
richten und auf schrauben stellen wöllen, daß selbiger fürst des abgehandelten friedens nit
würde versichert gewest sein
Die Instruktion wurde nicht ermittelt. Oxenstierna spielt wahrscheinlich auf das Übereinkom-
men zwischen Ferdinand II. und Béthlen Gabor (Wien, 1620 Januar 23; Druck: Gooss
nr. 58) an, an dem Liechtenstein aber keinen Anteil hatte. Er wird allerdings als ksl. Kommis-
sär in einem Geleitsbrief Béthlens für die Waffenstillstandsverhandlungen genannt ( ebenda,
488 Anm. 1).
glauben, daß einige gefehrlichkeit bey selben tractaten gebraucht worden et declinando
eiusmodi discursus haben wir unsern abschiedt genhommen, zumahl sich die Schweedische
in materialibus pacis zu nichts herauslaßen wöllen, biß sie unser proiect würden verlesen
haben.
Eodem sein wir bey denen Churbrandeburgischen abgesandten gewest und denselben ange-
zeigt, waßgestalt man mit den königlich Schweedischen abgesandten uber den punctum
satisfactionis zu underschiedtlichen mahlen und noch vorgestern, wie dieselbe bey irer ex-
cellentz, herrn graffen von Trautmansdorff, ire visita abgelegt und urlaub genhommen, in
conferentz gerathen, darbey denselben solche bewegliche motiven und bedencken zu ge-
müth geführt worden, daß man in hoffnung gestanden, es solten sich dieselbe dardurch zu
waß milter erclehrung herausgelaßen haben, wehren aber auf uberlaßung ganz Pommern,
Wießmar und beeder ertz- und stifften Bremen und Verden dergestalt unbeweglich bestan-
den, daß durch kheine rationes dhavonzubringen gewest, derhalben dan die Kayserliche
herren abgesandten, weiln sie vermerckt, daß anderergestalt auß dem werck nit zu kommen,
sich von Kayserlicher majestätt wegen dhahin erclehrt hetten, daß dieselb wegen solcher
landt und leüthe, wan nur mit dern zurücklaßung der friedt erhoben werden möegte, den
frieden lenger aufzuhalten oder den krieg zu continuieren nit gemeindt, sondern es irestheils
und soviel sie uber selbe lande zu disponirn hetten, geschehen laßen, daß dieselbe der köni-
gin in Schweeden certis conditionibus gelaßen werden möegten, iedoch auf ratification und
genhembhaltung chur-, fürsten und stendten des Reichs, auch mit vorbehalt der interessir-
ten, bevorab irer churfürstlichen durchlauchtt zu Brandeburg, consens und miteinwilligung.
Es hetten des herrn graffen von Trautmansdorff exzellentz noch für dero abreiß von hir unß
aufgeben und befohlen, denen Churbrandeburgischen abgesandten von diesem verlauf zu
berichten, und wölle man sich dhabey versehen, es würde die churfürstliche durchlauchtt
sich uberwinden und, dem betrangten vatterlandt zu trost, diese cession des Pommerlandts
an die königin in Schweeden beschehen laßen wöllen, in erwegung, darbey deütlich ver-
wahrt und außgedingt worden, daß die concession nur auf eine generationem masculinam
solle gerichtet, 2. ire churfürstliche durchlauchtt und dero churfürstliches hauß simultanee
investyrt, 3. auch demselben succession in casum aperturae vorbehalten sein, maßen dan
auch 4. Kayserliche majestätt dhabenebens geschehen ließen, daß der churfürstlichen durch-
lauchtt der stifft Halberstadt möege zu einer ergetzlichkeit uberlaßen, sodan ferners mit
chur-, fürsten und stendten von weiterer gegenerstattung gehandtlet werden, warzu Kayser-
liche mayestätt irestheils gerne aller beforderung thuen wölten.
Die Churbrandeburgische haben auf genhommenen bedacht geantwortet, daß ihnen diese
anzeigung gar befrömbt und unvermüetet fürkomme und nit weeniger thuen khönten, alß
zu erhaltung irer churfürstlichen durchlauchtt rechten a die notitiae darwieder zum zierlich-
sten zu protestirn. Khonten irestheils hiezu nit verstehen noch einwilligen, wüsten auch,
daß ihr gnädigster herr, die churfürstliche durchlauchtt, in ewigkeit darzu nit einwillichen
würden. Hetten nit verhofft gehabt, daß man sich dergestalt mit diesem werck würde uber-
redet haben, dan ihnen bewust, daß die cron Schweeden sich endtlich mit anderen erträgli-
chern mitlen würde haben abfinden lassen. Nunmehr aber, weiln man sich an Kayserlicher
seithen also herausgelaßen, seie es nit mehr res integra, und komme ihnen das werck nit
anders für, alß habe man der churfürstlichen durchlauchtt allein den haß aufn halß schieben
und dieselbe gleichsamb ahn die cron Schweeden verweisen wöllen. Die würden sich bey so
bewandten sachen, dha sie dergestalt von Kayserlicher Majestätt verlaßen würden, in obacht
zu nhemmen und auf mitle zu gedencken wißen, wie sie sich selbst erretten könten. Gott
würde dieselbe in irer gerechten sach nit verlaßen. Daß man aber auf ein aequivalens gehen
wölte, dha hielten es die churfürstliche durchlauchtt dhafür, daß khein aequivalens gegen
Pommern zu finden seie, auch selbe landtschafft ihr vor geldt nit feyl. Halberstatt begehrten
sie nit, wölten ihr fürstenthumb und kein anders haben. Patten, ihnen unsere vertrag
schrifftlich zu communicirn, sodan von denen schrifften und aufsätz, so den Schweedischen
darüber außgeantwortet worden, abschrifft mitzutheilen.
Responsum, daß man bey denen Churbrandeburgischen herren abgesandten nur per mo-
dum visitae erschienen und von diesem verlauff auß gutem vertrawen ploß ad notitiam, nit
aber solchergestaldt angezeigt hette, umb dhadurch irer churfürstlichen durchlauchtt einig
praeiudicium zuzufüegen. Könten zwar die abgsandten nit verdencken, daß sie alß trewe
ministri darbey irer gnädigsten herrschafft interesse beobachteten, seie aber bey unß deswe-
gen zu protestiren unnötig, weiln ihnen sowol alß unß dero Kayserlicher majestätt aufrich-
tige intention bekhandt, wie gern dieselbe irer churfürstlichen durchlauchtt diese lande gön-
nen und darzu wider verhelffen möegten, wans nur zu erheben möeglich wehre. Die sähen
aber nit, warumb bey abgang aller mitlen der liebe friede derentwegen lenger aufzuhalten.
Es treffe Kayserliche majestätt selbst und dero ertzhauß hart gnug, wölten aber auch lieber
ein so vornhemes stück, so uber 600 jahren bey dero ertzhauß gewest, fahren laßen, alß dem
vatterlandt nit den frieden dhamit erkauffen. Waß die begehrte schrifftliche communication
anlangte, ob wir zwar unserstheils dhawieder khein sonderbahres bedencken hetten, so ge-
deüchte unß gleichwol, daß es daß ansehen einer schrifftlichen intimation gewinnen würde,
warüber wir aber nit instruirt wehren. Wölten dhahero lieber sehen, wan unß möegte so viel
zeit erlaubt werden, umb unß bey des herren graffen von Trautmansdorff exzellentz zu
befragen und bescheidts zu erholen , dhamit wir hiebey soviel desto weeniger anstoßen
möegen.
Die abgesandte sein wol dhamit zufrieden gewest, aber ire vorige beschwehrung wiederholt,
daß die uberlaßung Pommern des churfürstlichen haußs Brandeburg gäntzliche ruin nach
sich ziehe und würde selbigs dardurch der cron Schweden zum raub undergeben. Selbigs
fürstenthumb seie 70 meil weegs lang. Die churfürstliche durchlauchtt würden ehender ad
desperata consilia alß zu einwilligung zu deßen hinderlaßung gebracht werden. Man ver-
meine etwoh die Schweeden dhamit zu frieden zu bringen, werde sich aber betrogen finden
und das wiederspiel erfahren, daß nhemblich dieselbe durch dergleichen veranlaßung, dha
sie vermerckten, daß im Römischen Reich so leichtlich zu fürstenthumben und landt und
leuthe zu gelangen, allererst zu fortsetzung des kriegs würden angefrischt werden, maßen
man dan schon die gewiße nachrichtung habe, daß ein newer succurs auß Schweeden ge-
schickt würde, und hetten sie, Churbrandeburgische, von dem frieden nuhmehr kheine
hoffnung mehr. Haben endtlich alles ad referendum angenhommen und würde der von Lö-
wen selbst deswegen zum churfürsten, umb von allen umbstendten relation zu thuen, ver-
reisen. Atque ita ab invicem discessum.