Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
30. [Ferdinand III. an Trauttmansdorff] [Linz 1646 April 24]
–/ 30 /–
[Linz 1646 April 24]
Fehlt.
[Inhalt: Wahrscheinlich Verweis auf Gutachten der Geheimen Räte, das als Beilage übersandt
worden ist]
Das Schreiben Ferdinands III. an Trauttmansdorff konnte nicht ermittelt werden. Wahr-
scheinlich handelte es sich um ein ksl. Handschreiben, das Trauttmansdorff um den 5. Mai
erhielt ( APW III C 2, 619f.; vgl. auch Ferdinand III. an Trauttmansdorff, Nassau und Vol-
mar , Linz 1646 April 24. Ausf.: RK FrA Fasz. 92 VIII nr. 1201 fol. 506–506’ – Konzept:
ebenda Fasz. 52 b fol. 10–10’). Zum vermutlichen Inhalt siehe APW III C 2, 631.
Gutachten der Geheimen Räte (Slawata, Khevenhiller, Gallas, Martinitz, Kurz, Kollowrat,
Kuefstein
Hans (Johann) Ludwig Kuefstein (1582/83–1656), konvertierte 1627 zum kath. Glauben, seit
1619 in nieder- und oberösterreichischen Diensten, 1628–1629 ksl. Ges. an der Pforte, 1602
und 1634/1646 Nobilitierung der Familie ( Schwarz , 271f.; NDB XIII, 183f. ; Reingrab-
ner , 44f.).
Khevenhiller, Gallas, Martinitz, Kurz, Kollowrat, Kuefstein, Puchheim, Prücklmair, Söldner),
[ Linz ] 1646 April 22, sowie Sondervotum Schlicks
Heinrich Gf. Schlick zu Bassano und Weißkirchen (um 1580–1650); zunächst im militärischen
Dienst u. a. Spaniens und des Ks., 1626 ksl. Feldzeugmeister, 1627 ksl. Feldmarschall, 1632
Hofkriegsratspräsident und GR ( ADB XXI, 495–499 ; Schwarz , 331–334).
FrA Fasz. 52 b fol. 21–28’, 29–30 – Kopie (unter Datum 1646 April 23): ebenda fol. 11–18’,
19–20 = Druckvorlage ].
Die kaiserlichen Geheimen Räte haben über APW II A 3 nr. 260 samt Beilage [ 1 ] beraten, damit
die Gesandten in Münster wegen der französischen Forderung auf Breisach und Neuenburg
schieden werden können. Unnd khönnen vorderist die gehorsambsten geheime räth Euer
Kayserlicher Majestät obristen hoffmeister nit allein kheineswegs nit verdenckhen, das er in
dem vor disem seinem in diser sach gehabten ampliori mandato wegen der hernach ihme
einkhommenen und auf daßiehnige, so über Rhein, restringierten verordnungen ichtwas
angestanden, sonderen müessen vielmehr dessen punctualitet in vollziehung Euer Kayserli-
cher Majestät befelchen rühmen und loben unnd wollen gehorsambst darvorhalten, daß der-
entwegen (da anderst sich an seithen der Franzosen ein aufrichtige intention zu dem ange-
bottenen armistitio sich befunden) ermelter obrister hoffmeister nit allein seither hierinnen
nichts verabsaumbt werde haben, sonderen daß ein fernerer gemessener befelch zum theill
pro abundantiori sua cautela gesuecht, zum theill auch, da Euer Kayserlicher Majestät iezi-
ger befelch noch vor ankhunfft einziger resolution von Paris einkhommen thette, sowohl
ihne, obristhoffmeister, alß seine mitgesandte aller perplexitet entübrigen khünde.
Es werde nun dises von den Kayserlichen gesandten zu einem oder anderen ende gesuecht,
so helt man underthenigist darvor, daß auß folgenden rationibus Euer Kayserliche Majestät
sich gegen ihnen hernachgehendermassen ohne verliehrung einziger zeit allergnädigst resol-
vieren möchten. Unnd erstlich werden sich Euer Kayserliche Majestät gnädigst erinneren,
waß deroselben für bewegliche rationes vorgebracht worden, warumben die zuruckhlassung
beeder Ellsas sambt dem Sundtgaw und also desiehnigen, so ienseith Rheins, nicht zu diffi-
cultieren , sonderen umb friedens willen und erhaltung Euer Kayserlicher Majestät erbkönig-
reich und landen, alß auf deren conservation haubtsechlich cron und scepter weit mehrers
alß uf einem verlohrenen lande beruehet, nachzusehen möchten sein. Seithero nun befinden
die gehorsambste räth nicht, daß sich der status rerum vor Euer Kayserliche Majestät ver-
bessert , sonderen vilmehrers, daß sich die damahls besorgte gefahren deß Türckhen, deß
Ragozi
Georg Rákóczy (1593–1648), 1630 F. von Siebenbürgen ( Isenburg IX T. 102), vereinbarte
1643 November 16 mit Schweden ein Kriegsbündnis gegen den Ks. (Druck: ST V.2,
539–543), das 1645 durch ein Abkommen mit Frk. ergänzt wurde (Druck mit Zusatzverein-
barungen : ebenda , 545–561). Im Dezember 1645 schloß Rákóczy jedoch mit Ferdinand III.
den Frieden von Linz (Druck: Gooss nr. 75, 718–784, dazu Depner , 138–180).
prolongation des Sächßischen stillstandtes, die unvermögenheit Euer Kayserlicher Majestät
erbkönigreich unnd landen augmentiert, bevorab aber, daß die unmügligkheit der resistenz
nicht allein von Churbayren, sonderen auch von ihr erzfürstlicher durchlaucht, dem erzher-
zog , seith selbiger zeit nur mehr unnd mehrers attestiert und confirmiert worden.
Es wolten disem nach die gehorsambste räth der underthenigisten, unvorgreifflichen mai-
nung sein, daß Euer Kayserliche Majestät wegen Breisach unnd Newburg am Rhein, unnd
waß auch derenthalben für difficulteten noch vorkhommen möchten, dero obristen hoff-
meister ganz freye handt geben unnd lassen sollen. Da aber seiner bey disem ganzen werckh
erwiesenen rühmblichen circumspection und behuetsambkheit, auch deriehnigen experienz,
so er in rebus agendis, unnd die vor dißmahl mehrers in selbsteigner beywohnender dexte-
ritet alß in vorschreibung ein oder anderer gradus bestehen khan, ichtwas adiungiert khunte
werden, so hielte man underthenigist darvor, daß es auf folgendem zu beruehen hette:
Erstlichen, daß gleich wie die Franzosen melden, daß Ober- unnd Underelsas sich derent-
wegen nicht dividieren lasse, daß kheine reales limites verbanden, consequenter man nicht
ohne zanckh und unfriden sein khönte, also khönte (wolle man anderst zwischen Franckh-
reich unnd Teütschlandt in rueheiger nachbarschafft unnd ohne continuierliche mißver-
ständt leben) khein anderer limes alß disorths der Rhein sein. Zu dem anderen, nachdem
man der cron Franckhreich gundte, daß sie sich dißorths bis an Rhein extendierten, welches
sy auch selbsten allein meistens bey disem krieg gesuecht, also khönte die von ihnen prae-
tendierte tran[s]gression dises limitis zu nichts anders alß zu dem nachdenckhen dem Reich
uhrsach geben, daß sie noch tieffer in das Reich zu greiffen gesonnen weren. Drittens, wenn
sy von Breisach und Newburg am Rhein nicht weichen wurden, möchte ihnen Zaberen
und Bennfeldt offeriert werden, dan nit unbillich, weil Euer Kayserlicher Majestätt erzhauß
umb fridens willen sovil thuet, daß auch daß bistumb Straspurg
Das Hst. Straßburg, in dem seit der 2. Hälfte des 16. Jh.s kath. Restaurationsbemühungen
eingesetzt hatten, stand seit 1595 unter habsburgischem Einfluß. Seit 1595 war Ehg. Leopold
V. Koadjutor, dann 1607–1625 Bf., und 1625–1662 war Ehg. Leopold Wilhelm Bf. ( 2 LthK
IX, 1106f.). Vom links- und rechtsrheinischen Landbesitz (vgl. Stein , 26f. und Karte II) des
Hst.s sollte jedoch nur über den linksrheinischen Teil verfügt werden ( Ruppert , 172; zur
Vorgeschichte ebenda , 150).
bus desuper conveniendis, wie es sich mit einem catholischen könig, alß Franckhreich ist,
thuen möchte lassen. Euer Kayserlicher Majestät erzhauß würdt hierdurch umb sovil weni-
ger verliehren, dieweilen dises stifft bey disen Franzößischen allzu nahender nachbarschafft
nur umb sovil mehrers temporaneum quid sein würdt, die capitula mitlerweil Franzößischer
intention mehrers addicirt und ermeltes stifft bey Euer Kayserlicher Majestät erzhauß ohne-
das schwer lang erhalten werden. Solte auch dieses nit verfangen, so möchte viertens, wan sy
ia von diser seithen des Rheins totaliter nit weichen wolten, ihnen eher Philippsburg
Breysach gelassen werden. Wolte es dan noch darmit nit gethan sein, so khönte fünfftens
mit ihnen die demolition der vestung Breisach accordiert werden. Newburg am Rhein
ist ohnedas nichts nuz, befördert und verhindert facta pace die communication auf Basel
gar nicht.
Bey allen disen vorschlägen aber helt man dises pro maxima, daß man mit solchen die zeit
nit übrigs versaumben noch auch das werckh deretwegen auf einhollung weiterer befelch
von Paris stellen, sonderen das absehen iederzeit haubtsächlich darauf haben solle, das vor
eingehender campagna das armistitium in ordine ad pacem geschlossen möge werden. Und
wolten derowegen die gehorsambste räth der underthenigisten mainung sein, das wan ia,
ohne zuruckhlassung Breisach, ieztermelter scopus armistitii in ordine ad pacem vor noch
angehendem veldtzug nit zu erhalten möchte sein, daß auch entlich eher Breisach und New-
burg am Rhein ohne demolition zuruckhgelassen alß alle andre Euer Kayserlicher Majestät
getrewe erbkönigreich und länder in gefahr noch mehrer desolation oder wohl gar eines
totalsverluests gesezt werden solten, zumahlen auch daß Euer Kayserlicher Majestät Kayser-
liche gesanten zu Münster aus sehr erheblichen uhrsachen, mit denen sich nit weniger all-
hierige geheimbe räth allerdings und bevorab in respect der gegenpraestandorum ex parte
Galliae verglichen, zu einem solchen inclinieren und dise nachsehung nit vor unrathsamb
erachten. Warbey dan ferner gleichfalls in diser consultation folgende cautelae erinnert wor-
den : Erstlich, daß mehrermelter herr obristhoffmeister am allerbesten zu penetrieren werde
wissen, ob die conditiones des anerbottenen Franzößischen armistitii aigentlich zum friden
möchten angesehen sein oder aber ob die Franzößischen ministri zu nachsehung Breisach
und einer hierin von Euer Kayserlicher Majestät erfolgender erclerung vil mehrers zu dem
endt sich bedienen wolten, daß sy Lothringen hierdurch in desperation und darmit Nider-
landt in äusseriste gefahr als den friden auf besseren fueß sezten. Zu dem anderen, daß sich
mehrgemelter herr obristhoffmeister genuegsamb versicherte, daß man ex parte Franckh-
reich weiterer ruptur sich nit zu besorgen, sonderen des darauf erfolgenden fridens unfehl-
bar vergwißt werde, doch das darüber auch die weittere handlung wegen ihrer foederierten
vorgenommen, aber ohne ruptur und hostilitet mit der cron Franckhreich zu endt gebracht
wurde. Drittens, so hette man sich auch sovil möglich der von den Franzosen selbst aner-
bottener condition in puncto evictionis wegen der Oberen Pfalz, entweder per renunciatio-
nem Churbayrens auf die 13 millionen unnd dargegen per obligationem der cron Franckh-
reich , den churfürsten bey der Oberen Pfalz zu manutenieren, deinde dispositionis der
Schweden ad moderatas conditiones pacis, et quidem ohne Euer Kayserlicher Majestät erb-
länder entgelt, assistentiae in puncto gravaminum, amnistiae, subsidiorum contra Turcam
etc. zu versicheren. Dieweilen aber dises alles solche sachen sein, die auf dexteritet deriehe-
nigen , so in loco verhanden, beruehen, also würdt solches alles allein pro avvertimento al-
hier erinnert und dahingestelt, ob Euer Kayserliche Majestät für nothwendig erachten, daß
dem herrn obristen hoffmeister (der, wan er freye handt, genuegsamb instruiert ist) deßwe-
gen weiter ichtwas an die handt zu geben seye, massen man dan auch nit findt, daß dem
herrn obristen hoffmeister ratione modi et temporis armistitii (zumahlen auch, daß dises
armistitium auf weittere disposition der Schwedischen zu einem ebenmeßigen gestelt ist)
vorschreiben oder ihne auch auf die vorhin in puncto armistitii gehabte instructiones bin-
den , sonderen hierin allerdings freye handt lassen
räth vernemmen müssen, daß die Franzosen sich beruhmen, alß wan sy Euer Kayserlicher
Majestät resolutiones fast eher von hier alß von Bayren wüßten, welches, ob es also wahr
oder nur erdichtungen sein, man dahingestelt sein laßt, alß wolte man vor rathsamb halten,
daß Euer Kayserliche Majestät, waß ihr auf dises gehorsambste guetachten belieben würdt,
bey sich und in pectore, auch ohne entdeckhung dero geheimen räthen, doch daß es auch
durch andere weeg andern räthen nit zu ohren khomme, selbsten behalten und aigenhendig
dero obristen hoffmeister dero entliche resolution uberschreiben wolten, dann leichtlichen
zu erachten, das die Franzosen, wan sy dessen, waß sie sich zu wissen berühmen, ein sicher-
heit hetten, nit allein mit solchen, sonderen noch mit einem mehrern nit content wurden
sein. Es würdt aber alles zu Euer Kayserlichen Majestät allergnädigsten belieben gestelt,
dero sich die gehorsambste geheime räth zu beharlichen Kayserlichen gnaden in underthe-
nigkheit befehlen thuen. Praesentibus wie in des Söldners original zu befinden.
Conclusit sua maiestas, daß guetachten in ziffer zu sezen und ihr zuzustellen. Die wollen es
herrn obristhoffmeister selbsten einschliessen und uber ein anders sich weiter gnädigst er-
khleren .
Lectum hoc votum domini comitis Schlick a prandio et desuper eius votum petitum. Der ist
der meinung, vor einem jahr seye man mit Breisach gar zu weit gangen, darüber er aber nit
befragt worden, welches villeicht außkhommen sein würdt, darauf ohne zweifel die Franzo-
sen aniezo beharren thuen. Khönte man aber gegen erhaltung Breisach noch ein anders
halbes Elsas ienseith Rheins wegkgeben, wurde es zu verschmerzen sein. Ist aber in dem
übrigen auf den eüsseristen nothfall wegen zuruckhlassung Breysach und Newburg am
Rhein mit dem guetachten einig, allein vermeint derselbe, Bennfeldt gegen Breisach zu offe-
rieren , welches gleichwohl wegen seiner situation und morasts darumb zu einer stattlichen
vestung zu machen, aber Newburg seye nit werth, daß man Zabern dargegen geben solle.
Zabern seye deß hohen stiffts Straßburg residenz, da ganz Newburg nit 10000 gulden werth
sein solle. Solten sich aber die Franzosen mit Bennfelden nit contentieren lassen, so khönte
alßdan Philippsburg, so weitter herunter beim Rhein gelegen und den Oberösterreichischen
landten nit so nachendt ist, vorgeschlagen werden. So aber auch dises nit zu erhalten, so
solle man auf demolition deß alten und newen Breysach accordieren. Werden die Franzosen
ernst zum friden haben, würdt man derselben intention bald daraus abzu[n]emmen haben.
Solte es aber ia zu erlangung des fridens nachgesehen werden, so were gar vleissig darauf
achtzugeben, daß die limites, so zu dem ambt Breisach gehörig, nit überschritten, sonderen,
was darzue nit gehörig, den andern Breißgewischen ämbtern gelassen wurde. In übrigen
puncten vergleicht sich der herr graff mit der anderen herrn geheimen räthen gegebenen
7 guetachten] Im Konzept (fol. 30) folgt: Lectum sacrae Caesareae maiestati 23. Aprilis,
Linz, anni 1646, unnd haben ire Kayserliche majestät geschlossen, diß gantze guettach-
ten dem graven von Trautmansdorff einzuschliessen, iedoch die vornembsten puncta in
ziffer zu sezen, 2. daß vor offerirung Philipsburg die demolition der vestung Preisach,
daß es die Franzosen selbst thuen, gesucht werden möchte. Danach folgt die Anwesen-
heitsliste .