Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
335. Nassau an Trauttmansdorff Münster 1647 März 23
Münster 1647 März 23
Ausfertigung: TA Ka. 114 Z 8 nr. 78 unfol. = Druckvorlage – Kopie: RK FrA Fasz. 53a fol.
127–129; ebenda fol. 169–172’; Giessen 208 nr. 203 p. 1072–1080 – Konzept: KHA A 4
nr. 1628/43 unfol.
Die Mediatoren: Zusicherung einer Initiative der französischen Gesandten bei den schwedischen;
Rückkehr Trauttmansdorffs nach Münster zur Beschleunigung der französisch-spanischen Ver-
handlungen ?; deren hohe Bedeutung für den Kaiser angesichts des Ulmer Waffenstillstands und
der unsicheren spanischen Militärhilfe.
Diesen abend sein die herren mediatores zu mihr kommen und angezeigt,
daß sie daßjenig, waß von Ewer Exzellentz wegen ich ihnen gestern
proponirt, heut den Frantzoßen vorgetragen. Verhoffen, efficaciter und mit
nutzen mit ihnen gehandlet zu haben, dan sie dieselbe sehr woll disponirt
befunden und hetten sich den vortrag sehr woll gefallen und belieben laßen,
mit anzeige, daß sie die gefahr, so der catholischen religionsach ihrer cronen
selbsten endtlich daraußer zuwachßen mogte, erkenneten, auch woll verspur-
ten , daß ihre bißhero, wiewoll sehr embsiche und fleißige officia bei den
Schweedischen gar geringe wurckung gehabt hetten. Und obschon sie sich
befahren musten, daß ihre fernere remonstrationes bei denselben gleicherge-
stalt ohne frucht abgehen mögten, so wehren sie gleichwoll erpietig, nach-
mahlen mit mugligsten nachtruck, eiffer und fleiß sich zu bearpeiten, die
Schweedische und protestirende zu milterer erclärung zu bewegen. Und
damit man im werck ihren auffrichtigen eiffer hiebei dahmehr verspuren
konte, wehren sie resolvirt, ahm königlichen hoffe zu Paris diese, der
Kayserlichen gesandten, proposition also favorabiliter zu uberschreiben, daß
sie nicht zweiffleten, sondern sich gentzlich versicherten, darauff eine gute
und der sachen notorfft nach zulängliche resolution mitt ehisten zu erhalten.
Sie wolten alß morgen auch ihren residenten, monsieur de la Court, nacher
Oßnabrück schicken, nicht allein ferners in die Schweedische und protesti-
rende obgedachtermaßen zu setzen, sonderen auch, dah es Ewer Exzellentz
gefällich sein mögte, von dieser unser, der Kayßerlichen, beschehener propo-
sition mit Ewer Exzellentz confidenter zu conferiren und zu handlen. Hette
auch der graff von Avaux sich ercläret, daß er zwar selbsten gerne zu dem
ende wieder nacher Oßnabruck reißen wolte, weilen sie aber, wie auch die
herren mediatores, darfurhielten, viel sicherer, schleuniger und fruchtbahrer
alhier alß zu Oßnabruck könte tractirt werden, alßo wolten sie sämbtlich fur
hochnötig achten und wunschen, wan Ewer Exzellentz sich wolten gefallen
laßen, mitt ehisten wiederumb sich anhero zu begeben, alstan diese sache
nicht allein alhier konte abgehandlet werden, sondern hielten auch gewiß
darfur, Ewer Exzellentz anherokunpft sowoll den Schweedischen alß prote-
stirenden großes nachdencken, jalousie und zu milteren resolutionen ursache
geben wurde.
Die herren mediatores liesen sich weiter vernemmen, gleichwollen mit der
außtrucklicher bedingung, daß folgendes nicht der Frantzoßen andtwordt
noch von selbigen herkomme, sonderen ihrer, der herren mediatorn, hoff-
nung und meinung wehre: Wan Ewer Exzellentz alhier sein wurden und sich
die Frantzosen Ewer Excellentz und der Kayserlichen intention gewiß
versicheren konten, – dan selbige alß in den gedancken und sorgen stehen,
dergleichen propositionen zu dem ende von den Kayserlichen geschähen,
darmit man sie heraußlocke und alßo sie mit ihren alliirten in mißverstand
und uneinigkeit bringe und von denselben separire – in dieser sache woll
etwaß fruchtbarliches negotiirt und verglichen werden könte. Mich will fast
beduncken, daß die mediatores tecte et obscure gerne insinuiren wolten, dah
die sachen ja zu Oßnabruck zu keinen guten endt außschlagen wolten, noch
dieserohrter woll eine gute zusammensetzung, sonderlich dah der Spannische
frieden geschloßen werden konte, zu erhandlen sein solte. Und weil ich
solchs reassumirt und gefraget, ob ichs Ewer Exzellentz uberschreiben konte,
haben sie geandtwortet, daß sich diese sache nicht woll schreiben, sonderen
beßer mundtlichen und gegenwertig tractiren ließen. Sie, herren mediatores,
vermeinten auch, daß Ewer Exzellentz gegenwahrt bei den Spannischen und
Frantzosischen tractaten, welche sie dergestalt avanzirt befunden, daß sie es
fur Gott und der weit unverandtwortlich hielten, dah man umb der noch
weinigen unverglichenen, von geringer importance noch übrigen puncten
selbige zerschlagen laßen solte, hochstnötigst sein wurde. Vermeldeten
weiter, weilen sie underschiedtliche mahlen vernommen, daß wegen ihrer
Kayserlichen mayestätt Ewer Exzellentz den frieden mit Franckreich ohne
den Spannischen nicht schließen wolte, es wurde die hochste nohtturfft
erforderen, daß mit allen ernst und eiffer selbiger friede insgesambt alhier
negotiirt und beschleuniget wurde.
Der herr Venetus discurrirte weitleuffig, in waß gefahr ihre Kayserliche
mayestätt und dero allerhochstlöbligstes ertzhauß in Teutschland sich anietzo
befunde, sonderlich weil, wie sie berichtet wehren, Churbayern des armisti-
tium mit Franckreich und Schweeden albereit separatim geschloßen und
darbei verwilligt haben solte, die helffte dero völcker abzudancken, den
Frantzoßen gegen abtrettung Rhain und anderen vom gegentheil ihn ihrem
land occupirten ortern Heilbrun einzuraumen
Der Ulmer Waffenstillstand vom 4./14. März 1647 (Druck des schwed. Instruments (dt.):
Londorp VI S. 186–191; DuMont VI.1 S. 380–384; ST VI.1 S. 58–76; Druck einer
Kurzfassung (dt.): Meiern , APW V S. 12–13 . Druck des frz. Instruments: DuMont VI.1 S.
377–380 (frz. ÜS); NS IV S. 251–258 (lat., frz. ÜS, mit anderer Artikelzählung); Meiern ,
APW V S. 6–12 (lat.); ST VI.1 S. 82–90 (lat.). Druck einer Kurzfassung (frz.): DuMont
VI.1 S. 376–377). – Im schwed. Instrument war dem bayerischen Kf.en die Abdankung seiner
Truppen freigestellt worden (Art. VI), im frz. Instrument wurden er und der Kf. von Köln
verpflichtet, nach dem Eintreffen der frz. und schwed. Ratifikationen ihre ganze Armee bis auf
einen ausreichenden Schutz für ihre Länder und ihre Garnisonen zu entlassen (Art. VI). Nach
letzterem sollten auch die Garnisonen in Heilbronn und in Weißenburg in Bayern (früher
Weißenburg im Nordgau) gegeneinander ausgetauscht werden (Art. IX).
den wiederumb für Lindaw gerucket sein, der Köningsmarck aber nacher
Boheimb und den Kayserlichen erbländeren marchiren
Anfang März 1647 war Wrangel (1613–1676), nachdem er schwed. Besatzungen auf der Insel
Mainau, im Schloß Langenargen und auf der Burg Neuburg (nahe Götzis) zurückgelassen
hatte, von Lindau nach Ravensburg abgezogen. Von dort war er nach Ulm gegangen und
marschierte Ende März 1647 Richtung Nördlingen weiter. Königsmarck war schon um den
15./25. Januar 1647 Richtung Westfalen aufgebrochen, um dort die Quartierbeschaffung zu
organisieren und der Hauptarmee den Rücken zu decken. Am 1./11. März 1647 hatte er
Kirchhain (östlich Marburg; Lgft. Hessen-Kassel) erobert ( Steckzén S. 140–141; 154–156). –
Hans Christopher von Königsmarck (1600–1663); 1651 Gf.; 1630 in schwed. Dienst, 1639
selbständiger Truppenbefehlshaber, 1644 Generalleutnant der Kavallerie, 1646 General, 1648
Feldmarschalleutnant, 1655 Feldmarschall; 1651 Reichsrat ( SMK IV S. 392–393).
sich die sachen zu Oßnabruck ferners alßo beschwerlich anlaßen solten,
Ewer Exzellentz die resolution wurden nemmen mußen, die sachen mit
Spannien und Franckreich und alßo zugleich auch mit dem Reich zum
schluß zu bringen und solchennach eine gute und starcke zusammensetzung
zu erhandlen, oder aber, dah der Spannische und Frantzosische friede nicht
zu erheben sein solte, – wie sie gleichwoll verhoffen, daß derselbe, dah nur
gesambter handt und in Ewer Exzellentz gegenwahrt und mit dero hoch-
nachtruckligen cooperation hierin unnachläßlichen und beederseits parteyen
woll beweglichen zugesprochen wurde, vermittelß Gotlicher gnaden noch
woll und gar in weinig stunden oder tagen wurde zu erheben sein – wurde die
coniunction zwischen ihrer Kayserlichen undt königlichen mayestätt in
Hispannien undt solcher anstalt den krieg zu continuiren, balt undt starck
gemacht undt ihrer Kayserliche mayestätt dazu eine erkleckliche geltssumme
von Spannien ubermacht werden mußen. Dah man aber dern dazugehörigen
mittelen nicht woll versichert wehre, wolte er seinsohrts vielmehr rahten, daß
der Spannische friede zum schluß gebracht und die darin itz vorlauffende
difficulteten auß dem wegh geraumet und darauff so hoch nicht gesehen
wurde, welchs er ihrer Kayserlichen majestätt und dero allerhochstlobligsten
ertzhauße, auch Spannien selbst ahn vorträgligsten erachten wolte. Beede
hern mediatores wolten dafurhalten, es lege dießmahl alles ahn gewinnung
der zeit, endtweeder den frieden balt zu machen oder sich ohne einige
zeitverliehrung in solche postur zu stellen, daß man den krieg zu continuiren
gnugsamb bastant seye, dan einmahl gewiß, dah durch protrahirung des
friedenschlußes es wieder zu einer campagnia gerahten solte, dardurch alle
wege zu fernerer friedenshandlung abgeschnitten sein wurden. Weilen ich
dan dafürhalte, daß Ewer Exzellentz diese nachricht angnemb, auch so balt
zu wißen nötig sei, habe ich noch diese nacht per expressum dieselbe darvon
hiemit gehorsamblich berichten wollen.