Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
262. Trauttmansdorff, Lamberg, Krane und Volmar an Ferdinand III Osnabrück 1647 Februar 18
Osnabrück 1647 Februar 18
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 53a fol. 65–65’, 86–86’, praes. 1647 März 6 = Druckvorlage –
Kopie: KHA A 4 nr. 1628/21 unfol.; Giessen 208 nr. 153 p. 729–732; Giessen 209 nr. 44 p.
279–282.
Abschluß des kaiserlich-schwedischen Vorvertrags. Verhandlungen mit den schwedischen und den
kurbayerischen Gesandten und mit d’Avaux, besonders über die Stifter Minden und Osnabrück,
das Amt Wildeshausen und die Säkularisierung der Stifter Bremen und Verden sowie über die
Verbindlichkeit dieses Vorvertrags, die pfälzische Restitution, die französische Hilfe für die
katholischen Stände und die württembergischen Pfandschaften. Erläuterungen zum kaiserlich-
schwedischen Vorvertrag.
Verweis auf nr. 257 und auf die jetzt eingeschickte Beilage 1. Ob nun zwar
selbiger schluß auf schwehre conditiones außgeschlagen, weiln man sich
iedoch in beobachtung Ewer Mayestätt für und nach einglangten bevelch und
gegenwertigen des Reichs gefährlichen zustandts, uberdaß wir von denen
Churbayrischen, umb quocunque modo frieden zu machen, steits angelauffen
werden und dan die conditiones auf leidentlichere terminos zu bringen nit
möeglich gewest, so hat man lieber solche conditiones, wie hart sie auch
gewest, eingehen und belieben alß daß werck lenger in unrichtigkeit laßen
wöllen; zumahl auch der Frantzösische gesandter conte d’Avaux die vertrö-
stung gethaen, daß er auf völlige in hoc passu erfolgende richtigkeit den
Schweeden anders pro religione, alß bißhero hette beschehen können,
zusprechen würde, wiewol sich derselb hernacher unerachtet solcher zusag
beym schluß hefftig bemüehet, daß gantze werck mit einer praeiudicirlichen
reservation, so er dem recessui inserirter haben wöllen, schwehrer zu machen,
maßen von allem verlauff und umbständten beyverwahrte protocolla sub
numeris 2 et 3 mit mehrerm nachführen.
Umb aber die particulariteten waß mehr zu berühren, so scheint zwar bey
denen Schweeden die intention auf außrottung des geistlichen standts bey
denen ertz- und stifftern Bremen und Verden gerichtet zu sein, hat aber bey
unß bey dieser uberlaßung keine andere meinung gehabt, alß selbe stiffter in
solchem standt zu laßen, alß sie gefunden worden. Der hertzogen titul halten
wir auch mit dem geistlichen statu nit uncompatibl zu sein, weiln dergleichen
bey andern geistlichen stifftern im Reich, alß bey Cölln und Wirtzburg
Im Jahre 1180 hatten die Kf.en von Köln das Hgt. Westfalen und den Hg.stitel erworben.
Nach dem Scheitern ihrer ausgreifenden Territorialpolitik in der Schlacht von Worringen
1288 blieb ihnen davon nur ein Gebiet um Arnsberg (das Hgt. Westfalen) und die Veste
Recklinghausen. – Die Bf.e von Würzburg führten seit 1168 den Titel der Hg.e von Franken,
da ihnen damals die Gerichtsbarkeit in ihrem Bt. und im ehemaligen Hgt. Franken verliehen
worden war. In der folgenden Zeit hatten sie jedoch nicht vermocht, diesen Rechtstitel zur
Grundlage eines Territoriums zu machen ( Territorien-Ploetz I S. 58, 65, 91).
finden. Die condition wegen Mecklenburg in casum dissensus hat auch uf der
Schweeden selbst begehren hinzugesetzt werden müeßen, dhamit das werck
auf allen begebenden fall seine richtigkeit haben möege. Wirdt iedoch auch
selbiger hertzog von unß durch ein glimpflich schreiben umb hingebung
seins consens ersucht werden. Die bey der Churbrandeburgischen recompens
gesetzte wortte „ut et reliquas partes et loca, de quibus inter Caesareanos“
zielen auf den stifft Minden. Weiln sich aber die Frantzosen umb selbige
stiffts erhaltung understehen mit anzunhemmen, dhagegen iedoch die pro-
testirende sowol alß Schweedische der gesetzten regul de anno 1624 inhae-
rirn , wirdt man des außchlags und ob die Frantzosen hiebey bestendig
verbleiben werden, zu erwartten und sich dießeits darnach zu richten
haben.
Beilagen
1 Schwedischer Satisfaktionsartikel (Art. X IPO) – Kaiserlich-schwedischer Vorvertrag, Osna-
brück 1647 Februar 8/18. Fehlt [Kopie: RK FrA Fasz. 96 V unfol.; Giessen 208 nr. 155 p.
805–819 (ohne den Articulus secretus ) ; StK FrA Ka. 5 (WF LXXIV) unfol. (nur Articulus
secretus ) ; GehStReg Rep. N Ka. 95 Fasz. 68 pars 3 nr. 8 (ebenso) – Druck: ST VI.1 S.
152–159; Odhner S. 341–353].
3 Protokoll, [Osnabrück] 1647 Februar 17. Kopie: RK FrA Fasz. 53a fol. 76–84 = Druckvor-
lage ; RK FrA Fasz. 91 II fol. 395–400’; KHA A 4 nr. 1628/21 unfol.; Giessen 208 nr. 154
p. 733–739, 800–804; Giessen 209 nr. 43 p. 267–279.
Auff ihr excellentz herrn obristen hoffmeisters befehl sein herr graff von Lamberg und
ich, Crane, zu dem Frantzosischen gesandten comte d’Avoux gefahren und underschiedt-
liche puncta negotiirt, alß erstlich, damit die clausula „quousque instituta cum Gallis
tractatio perficiatur“, so der graff von Avoux dem recessui in puncto satisfactionis
Suecicae wollen eingerichtet haben, moge außgelaßen werden, in erwegung, sonsten
durch solche einruckung alles, waß zu Münster geschloßen, in effectu wieder wolle
auffgehoben und selbiger schluß mehr pro tractatione adhuc complenda alß pro
conventione perfecta gehalten werden, so man aber diesseiths nit nachgeben konte, sich
auch nit versehen wölte, daß es bey denen Frantzosischen gesandten eine solche meinung
haben werde. Zu Münster seie zwar bey dem puncto satisfactionis pro corona Galliae
diese clausul gesetzt worden „quod conventio pro valida haberi non debeat, nisi simul
etiam cum corona Sueciae super satisfactione fuerit conventum“. Nachdeme man aber
nuhn auch mit der cron Schweden hierinnen einß worden, seie die conditio, so in den
Münsterischen receß gesetzt worden, purificirt. Were consequenter selbiger schluß ein
verbindtlicher schluß, und bedörffe es bey diesem Oßnabrückischen receß derentwegen
einiger clausulae reservatoriae gar nit. Er, comte d’Avoux, habe die ehr hiebey gehabt, daß
er pro interpositore seye gebraucht worden. Man wolle sich versehen, waß er also habe
abhandtlen und vergleichen helffen, daß er solches auch gehrn werde wollen gehalten
haben und nit selbst der erste sei, der solche vergliechene sach von newen wieder
schwehrer machen wolte. Warauff der comte d’Avoux geanthworttet, daß ohne solcher
clausul kein friedenschluß zu verhoffen. Wiße woll, waß zu Münster geschloßen und waß
für conditionen hineingerückt werden. Selbigen schluß begehre die cron Frankreich nit
zu ändern; daß man aber deroselben gedencke mit einer handt den frieden zu geben, mit
der andern zu bekriegen, würde nit angehen und ehender alles wieder auffgestoßen
werden. Die cron Franckreich wolte sich verpflichten, Kayserliche majestätt noch alß
Römischen kayßern, noch alß ertzhertzogen zu Osterreich zu bekriegen, hingegen aber
auch versiechert sein, daß sie von Kayserlicher mayestätt noch in einer, noch andern
qualitet solle bekrieget werden. Solte Kayserliche mayestätt in qualitate alß ertzhertzog
von Osterreich eine offene, freye handt behalten, wurde es eine große unbillichkeit sein.
Franckreich wolle nit einen halben, sondern einen gantzen frieden haben, und darauff hin
müste die handtlung gerichtet und der schluß gemacht werden. Nos: Man mercke es woll,
waß er, graff von Avoux, sagen wolle, Franckreich wolle mit Kayserlicher mayestätt
keinen frieden machen, wan nit zugleich auch mit Spanien frieden werde. Man laße selbe
resolution ahn seinem orth gestelt sein. Es liege aber ahn der cron Franckreich, den
frieden mit Spanien zu schließen, wan sie wolte. Sein ex parte Spanien so reputirliche
conditiones anerbotten worden, daß sie keine ursach habe, dieselbe außzuschlagen.
Warumb sie nit selbst das werck beforderten? Das ertzhauß Osterreich werde sich nit
trennen laßen, und seye contra iura naturalia et gentium, daß Kayserliche mayestätt solte
zugemuthet werden, sich ihres und ihrer jungen herrschafft einiges erbpatrimonii nit
anzunehmen. Ille: Er konte unß nit verdencken, daß man des ertzhauß Osterreich recht
und gerechtichkeit in acht nehme, hingegen auch er nit verdacht werden, daß er
daßienige beobachte, warzu sich die cron Franckreich interessirt befinde. Es seie nuhr
umb zweyen schlechte örther, nemblich den porto Longone und Piumbino zu thuen.
Warumb resolvire sich Spanien nit, dieselbe zuruckzulaßen? Nos: Warumb laße Franck-
reich nit selbe praetension, weilen es so schlechte örther sein, fallen? Man stehe in
terminis tractatuum, da einer dem andern solte nachgeben. Ob dan selbe cron derentwe-
gen den krieg continuiren und ihr glück in gefahr setzen wolte? Ille: Bey der cron
Franckreich seie einmahl diese maxima gelegt, nichts von deme, waß sie einbekommen,
wieder zuruckzugeben, solange sie nit alles, waß ihro bey vorigen zeiten abgenohmen
worden, zurück habe: Non tollere ipsam aliena, sed recuperare propria. Nos: Es haben
sonsten hiebevor die contestationes a parte Franckreich anders gelautet, nemblich daß
alles, waß erobert würde, bey der friedenshandtlung wieder solle zurückgegeben werden.
Ille: Statum esse mutatum. Nos: Waß dan endtlich wegen obgemelter clausul zu thuen,
damit der schluß mit Schweden moge in einen schrifftlichen receß gebracht werden? Seie
gleichwoll zu erhaltung der cron Franckreich intention nit nöthich, eine solche gefährli-
che und in effectu prioris conventionis revocatoriam clausulam einzurücken. Ille: Habe
sich gegen die Schwedische gnugsamb erclehrt, daß seine gedancken hiebey nit sein,
daßienig, waß einmahl geschloßen, wieder in zweiffel zu ziehen. Es bestehe aber der cron
Franckreich volliche satisfaction nit nur ploß in deme, waß zu Münster geschloßen
worden, solches gehe nur terras et acquisita pro sumptibus bellicis ahn. Die vornembste
satisfaction stehe in der versiecherung, daß sie vom ertzhauß Osterreich inskünfftich nit
möge bekriegt werden, dan selbigs ertzhauß macht seie bey ihro considerabl, und müße
sich dawieder in acht nehmen. Wofehrn ethwo obgemelte wortt waß bedencklich sein,
konte man andere gebrauchen und das werck mit solchen terminis temperirn, so dem
Münsterischen schluß nichts benehme, noch der cron Franckreich ahn ihrer ubrigen
praetension verhinderlich seie. Prout fuit hinc inde acceptatum, daß man darauff
beyderseiths, wie ein solches temperamentum zu finden, wolle bedacht sein.
Propositum deinde dicto legato Gallico, waßgestalt sich die sach bey dem puncto
gravaminum ie lenger, ie schwehrer veranlaßen. Die protestirende sein nit zu ersettichen.
Dafehrn denselben alles, waß sie praetendirn, solte eingeraumbt werden, seie es mit der
catholischen religion in Teutschlandt gethan. Haeresin in Germania hactenus quasi
mutam fuisse, nunc incipere voce publica loqui. Man habe den uncatholischen ertz- und
stifftern sessionem et votum einraumen müßen, fingen ahn, zu weith zu greiffen. Es seie
ihme, graff von Avoux, vorhin schon bekandt, waß für eine erclehrung ex parte
catholicorum noch underm dato, den 12. Julii, in vorigem iahr außgeanthworttet worden.
Die koniglich Frantzosische gesandten hetten es selbst darfuhr gehalten, daß die
catholische stände mehr alß zuviel gethan, ia dieselbe erinnert, weiters nit zu gehen oder
denen protestirenden ein mehrers einzuraumen. Die catholische stande hetten iedoch,
deme unangesehen, noch ein ubrigs gethan und sich under dato, den 30. Novembris
solchergestalt erclehrt, daß sich nit anders versehen gehabt, es würde selbe erclehrung mit
danck von den protestirenden sein angenohmen worden. Wolle aber alles bey denselben
nit verfangen. Die brächten abermahls newe postulata uf die bahn, und vermercke man
dern intention gar uf exstirpation der catholischen religion im Römischen Reich gerichtet
zu sein. Gebrauchten sich dabey der cron Schweden authorität und assistentz; die rede,
proponire und handtle bey den conferentiis für die protestirende, und waß von den
protestirenden mit persuasionibus oder halßstarricher opposition nit könte durchgetrun-
gen werden, wolte under authorität und protection der cron Schweden durchgetrungen
werden, maßen daß exempl mit beyden stifftern Oßnabruck und Minden vorhanden.
Hingegen stehen die catholische stände bloß, hetten außerhalb Kayserlicher majestätt
niemandt, der sich derselben annehme, würden von menniglichen verlaßen, würden also
getrungen, mehr nachzugeben alß in gewißen zu veranthworten. Man begehre diesseiths,
von ihme, comte d’Avoux, zu vernehmen, waß man sich nuhmehr, da man mitt beyden
cronen dern satisfaction halber vergliechen seie, für assistentz der religion halber bey
Franckreich zu versehen habe. Ille: Er höre ungehrn, daß die religionssachen im Reich
solchergestalt in verlauff gerahten. Seie der cron Franckreich intention bey diesem krieg
nit gewest, der religion schäden zufügen zu laßen, darumb selbigs in confoederatione
außdrücklich außgedingt worden. Wiße sich woll zu erinnern, daß die Frantzosische
gesandten denen catholischen ständen noch hiebevorn eingerahten, denen protestirenden
weiters nichts einzuraumben. Er verbleibe noch in solcher meinung, das man ahn
Kayserlicher und catholischen stände seithen bestendich auff der negativa beharren sölle.
Die cron Schweden und protestirende würden sich woll bedencken, ehedan wieder die
catholische einen krieg anfangen. Es würden morgen die protestirende zu ihme kommen,
wolte es denselben ungeschewet zu verstehen geben, daß es die cron Franckreich nit
würde zugeben, daß denen catholischen weiters waß solte entzogen werden. Nos: Es
würden dergleichen mündtliche erinnerung wenig helffen, der catholischen stande
weigerung und negativa auch von den protestirenden außgelagt werden, wan nitt eine
realhandtbietung erfolgen solle. Die catholische stande wehren bey dem krieg dergestalt
abgemattet, daß durch macht der waffen die kirch gegen so großen gewaldt zu
beschützen keine mittle mehr ubrig hetten. Ille: Er konte unß woll versiechern, daß die
cron Franckreich ihre waffen mit denen Schweden nit coniungirter wieder die catholische
halten, sondern solchesfahls zurückfordern werde. Ob sie aber mit der cron Schweden
deßwegen brechen und denen catholischen positive assistirn werde, darob konte er keine
versiecherung thuen. Habe doch, weilen er deßwegen von den catholischen ständen
belangt worden, ahn seinen gnädigsten konig in hac materia geschrieben und erwahrte
der anthwort. Vermeindt, daß man immittels, biß des konigs erclehrung einlangen würde,
die sach in puncto gravaminum, auch wegen beyder stiffter Oßnabrück und Minden, in
suspenso laßen und ethwo darzwischen, umb zeit zu gewinnen, gravamina politica
abhandtlen solte.
Nos erinnern weiters, daß man auch wegen der dreyen im hertzogthumb Wirtenberg
gelegenen Osterreichischen ämbtern, Achalm, Blawbeurn und Hohenstauffen, angelauf-
fen würde. Weilen aber die cron Franckreich hiebevorn zusag gethan hette, mit darob zu
halten, damit selbige ambter bey dem erzhauß mogen erhalten werden, alß verlange man
auch, daß er, comte d’Avoux, denen fürstliche Wirtenbergischen sowoll alß protestiren-
den ständen, die sich des hertzogen hiebey annehmen, zusprechen wölte, daß das
ertzhauß bey seiner inhabenden possession moge gelaßen werden. Ille wolte es thun,
rathe aber seinestheils darzu, daß dahin zu sehen, wie selbige sach auff ein compromiß
oder vergleich zu richten. Weilen dan auß selbiger anthwortt so viel zu vernehmen
gewest, daß sich die Frantzosen umb dies werck nit viel werden annehmen wöllen, haben
wir weitere instantz zu machen vergeblich zu sein erachtet und damit unßern abschiedt
genohmen.