Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
247. Nassau an Trauttmansdorff Münster 1647 Februar 8
–/ 247 / [ 252 ]
Münster 1647 Februar 8
Kopie: RK FrA Fasz. 54a (Teil II) fol. 74–77’; Giessen 208 nr. 145 p. 650–657; Giessen 209
nr. 35 p. 195–204 – Konzept: KHA A 4 nr. 1628/21 unfol.
Ansuchen der Mediatoren: Abschluß eines Waffenstillstands auf dem Westfälischen Friedenskon-
greß . Abweisung Bruns in Den Haag.
Gestern abendt seindt beyde mediatores zue mir in mein losament kommen
und angezeigt, das ihnen gebühren wolte, fleissig auff alle mittel und weege
zu gedencken, wie das friedenswerck am schleunigsten zu befürdern, umb
allen gefährlichen incidentien vorzukommen. Hielten also ahn ihrem orth
ohnvorgreifflichen darfür, das unmöglichen sein würde, zum friedenschluß
zu glangen, wan nicht zuvor und fürderligst ein suspension der waaffen
verglichen würde. Erinnerten sich zwar hiebey gar woll, daß hiebevorn
Kayserlicherseithen daß armistitium mehr schädtlich als vorträglich deßwe-
gen befünden, dieweilen bey damahliger postur die Kayserlichen und reichs-
waaffen dardurch mehrer würden ruinirt und ire quartier von den feindt do
sicherer und rühiger genossen werden . Es hette sich aber der status nunmehr
gar geändert, dannenhero zu befahren, da man kein stillstandt der waaffen
schliessen würde, bey itziger coniunctur der gegentheil viele weitere irer
Kayserlichen mayestät und dem Reich gefährliche unnd schädtliche progres-
sen thun würden, wie mans dan im werck albereit empfünde. Dan nitt zu
zweifflen, daß selbige im hauptwerck selbsten zu ihrem vorthel und hingegen
irer Kayserlichen mayestät und dem Reich zu mehrer nachthel und beschwe-
rung weiter fortzugehen intentionirt seindt, so darauß do mehr erscheinet,
weilen sie nitt allein plätz und stätt zu plündern oder zu behueff ihrer
quartier einnehmen, sondern auch vornehmer und hochimportirenden plät-
zen sich bemächtigen, wie mit Bregentz geschehen, auch anitzo der statt
Lindaw
und in gefahr setzten. Der herr Venetianisch abgesandter sagte, er bätte mich,
ich wolte Euer Excellence doch wohl repraesentiren, daß ihre unvorgreiffli-
che meinung dahin vornemblich zielete, ob Euer Excellentz gefallen möchte,
das armistitium anitzo zu Oßnabrück mitt den Frantzosen und Schweeden
zue tractirn und zu schliessen, damit der waaffen operationes gehemmet und
nitt etwan durch deren fernere progressen der friedenstractat verzögert, wo
nicht gar zerschlagen werden möchte. Hatt dabey etliche mahlen begehrt,
Ewer Excellentz gehorsamblichen und woll klärlichen zu erinneren, das man
die handtlung deß stillstandes nitt nacher Ulm an die deputirte daselbsten
In Ulm verhandelten zu dieser Zeit ksl., kurbayerische, schwed. und frz. Ges. sowie ein
Vertreter Hessen-Kassels. – Die ksl. Ges. waren Rosenberg (vgl. [ nr. 78 Anm. 3 ] ) und Otto
Ludwig von Wachenheim (Lebensdaten und -umstände konnten nicht ermittelt werden;
möglicherweise erwähnt bei Zedler LII Sp. 137). – Kurbayern wurde durch drei Ges.
vertreten, die vor dem 27. Januar 1647 dort eingetroffen waren ( Thorbjörnsson S. 27):
Johann von Reuschenberg (gest. um 1651); Offizier in ligistischem, kurbayerischem und seit
1648 in ksl. Dienst, 1640 Generalwachtmeister der Infanterie, 1644 Generalzeugmeister,
1648 Feldmarschall ( Heilmann II S. 1115–1116; ADB XXVIII S. 296–298 ). General-
kriegskommissar Johann Bartholomäus Schäffer (vgl. [ nr. 27 Anm. 6 ] ). Hof- und Kriegsrat
Georg Johann Kütner von Kiniz (gest. 1667); unter anderm 1644 Pfleger von Uttendorff
( Ferchl II S. 1160). – Schwed. Ges. waren anfangs Peter Brandt (vgl. [ nr. 57 Anm. 4 ] ) und
Robert Douglas. Sie waren am 17./27. Januar 1647 in Ulm eingetroffen ( Steckzén S. 143).
Robert Douglas (1611–1662); 1651 Fh., 1654 Gf.; 1631 in schwed. Dienst, 1643 Generalma-
jor und 1647 Generalleutnant der Kavallerie, 1651 General und Kriegsrat, 1652 Reichsstall-
meister , 1657 Feldmarschall ( SMK II S. 271–272). – Die frz. Ges. Marcilly Croissy (vgl. nr.
62 Anm. 2) und Prouville de Tracy waren ebenfalls am 27. Januar 1647 in Ulm eingetroffen.
Alexandre de Prouville marquis de Tracy (gest. 1670); 1643 intendant de l’armée, 1651
lieutenant général ( Chéruel , Mazarin I S. 963). – Als Vertreter Hessen-Kassels war
Oberstleutnant Mey (vgl. [ nr. 168 Anm. 9 ] ) anwesend ( Thorbjörnsson S. 27).
remittiren, sondern Ewer Excellentz gelieben möchte, solchen zu Oßnabrück
anitzo fürderligst zu schliessen, wanß auch nur auff 14 tage oder 3 wochen
sein solte. Und weilen die vergleichung der quartier waß mehr zeit erfordern
würde, so könde doch auf Ewer Excellentz belieben deren quartierverglei-
chung droben zwischen denn generalen unterdessen besser unnd bequembli-
cher geschehen. Er vermeinte, wie hiebevor solcher stillstandt Kayserlicher-
seithen beschwerlich und nachtheilig zu sein geschienen, selbiger nunmehr
auff also veränderten statum nützlich und nöthig sein würde, dan dadurch
deß gegentheilß glückliche progressen gestutzet würden. Und gedächte ihme,
man würde noch weiters sonderlichen diesen nutzen davon haben, weilen die
Schweedische gesandte sich vor diesem verlautten lassen (wie Euer Excellentz
sich ohne zweiffel noch woll erinneren werden), das sie nicht versichern
könten, ob ihre kriegesgeneralität ohne außtrücklichen königlichen befehl
auß Schweden daßienige executirn würden, waß sie, Schweedische gesandte,
alhie tractirn und schliessen möchten , man alßdan im werck zu verspüren
hette, ob der general Wrangel, waß zue Oßnabrückh mitt Ewer Excellentz
wegen deß armistitii geschlossen, executirn und folg leisten würde. Da nun
auff ihr, der Schweedischen gesandten, zuschreiben der Vrangel denn
anstandt der waaffen annehmen, wehre es eine gewisse anzeig, daß er auch im
hauptwerck der Schweedischen gesandten schluß gleichergestalt folgen und
nachkommen werde. Auff welchen fahl man auch mit denn Schweedischen
wegen der satisfaction pro militia do leichter und leidtlicher würde handlen
und resolviren können, wan man sicherlich würde verspühret haben, daß der
Vrangel und die unterhabende soldatesque ihrer verordnung gehorsambst
leisten. Solte er aber in diesem puncto deß armistitii kein folg leisten, würde
es hergegen eine gewisse consequentz sein, das er im haubtwerck noch
weniger folgen würde.
Die herrn mediatores seint gewillet, waß sie dieses armistitii halber anitzo bey
mir angebracht, heut nachmittages dem hertzogen vonn Longeville gleicher-
gestalt vorzutragen. Verhofften, die Frantzosen zue einwilligung desselben zu
bewegen. Die Churbayrische könten sie versicheren, daß des stillstandts
gantz begierlich wehren. Die Schweedische hette man an ihre hiebevorn
gegebene erklehrung zu erinnern und beim wort zu nehmen, dan sie sich
iederzeit erclehret hetten, wan die friedenstractaten mitt ihnen zum schluß
naherten und sich woll anliessen, die suspensionem armorum ihrerseits gern
einzuwilligen. Sie, mediatores, hielten davor, das man anitzo in solchen
terminis begriffen, dieweilen man nicht allein in friedenswerckh weit advan-
cirt , sondern auch der punctus satisfactionis coronarum wie fast gantz
verglichen seie. Vermeinten dahero, höchstnöttig zu sein, das mit solchem
anstandtsschluß zu Oßnabrückh von Euer Excellence absolutlich geschlossen
würde, befahrten sich sonsten gewißlichen noch vieler und grösser inconve-
nientien . Ich vermerckt fast soviel, das die Schweeden durch die Frantzosen
selbst droben weitere progressus zu thun instigirt würden und daß schon
zwischen denselben eine convention gemachet, hernegst denn Frantzosen zu
cedirn, waß die Schweedische droben anitzo einnehmen
noch nicht resolvirt wehre, wohin die soldatesque bey erfolgendem frieden-
schluß abzuführen wehre. Vermeinten, das es woll ein hauptpunct, welcher
bey zeitten und woll in acht zu nehmen seie, damit auf solchen erfolgten
frieden die soldatesque in der menge und so starckh nicht beysamen [ bleiben ]
und ein guter theil gegen den Türcken gebrauchet werden mögte.
Erzehlten dabey auch, eß hette Servient, alß er vernohmen, das der herr Brün
im Haagen ankommen würde, alsopalt gegen die Generalstaaden starckh
dagegen protestirt, mit außtrücklichen betrewungen, da sie den herren Brün
zulassen würden, er selbigen tags aussm Haagen abreissen und wegen
Franckreich mitt ihnen, Niederländern, brechen wolte. Warauf dan die
Generalstaaden den herrn Brün entgegengeschickt und ihn ersuchen lassen,
nit in Haagen zu kommen
Vgl. [ nr. 205 Anm. 2 ] .
Ich habe nach beschehener dancksage ihres bezeigten eiffers und fleisses, das
gemeine friedenswerckh zu befordern, mich gegen sie erbotten, Ewer Excel-
lentz vonn solchem allem unbständtlichen zu berichten, wie dan solches auf
ihr beschehenes embsiges und offt widerholtes begehren hiemit thun sollen.