Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
244. Trauttmansdorff an Ferdinand III Osnabrück 1647 Februar 7
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Osnabrück 1647 Februar 7
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 50b fol. 42–45’ = Druckvorlage – Konzept: Klattau TA Ka. 15
Inv.nr. 392 fol. 41–46 – Druck: DB VII nr. 1003 S. 321–324 (dat. 1647 Februar 17).
Verhandlung mit d’Avaux über die schwedische und hessen-kasselische Satisfaktion und über die
Religionsverhandlungen: Zusätzliche Zahlung von 1,2 Mill. Rt. an Schweden?; mildere Behand-
lung des Herzogs von Mecklenburg?; keine Säkularisierung der Stifter Bremen und Verden!;
Erhaltung der Reichsunmittelbarkeit der Stadt Bremen!; keine Berücksichtigung der neuen Zölle;
Überlassung erloschener stift-magdeburgischer Domherrenpfründe an Kurbrandenburg anstelle
des Hochstifts Minden?; kaiserlicher Vermittlungsvorschlag im Marburgischen Erbfolgestreit;
spanisch-kaiserliche Heiraten; mögliche französische Zugeständnisse an den Herzog von Lothrin-
gen ; französisches Nachgeben wegen der italienischen Festungen?; keine niederländische oder
kaiserliche Hilfe für Spanien in einem spanisch-französischen Konflikt? Ansuchen des kurbayeri-
schen Gesandten Krebs.
Nachdem uns die Schwedische gesandten und in ihrer beeder nahmen der
Salvius am fünften dieses ihre postulata
deren beantwortung begriffen gewesen, hat mich gestern nachmittag der
Französischer gesandter conte d’Avaux besucht und vast von allen puncten
und erstlich zwar von der cron Schweden praetendirter summa der 1 200 000
reichsthaler mit mir zu reden angefangen. Warauff ich ihme alßbaldt die
unbillichkeit dieses postulati vor augen gestelt, nachdem wir gedachten
Schwedischen gesandten nit allein Stettin (warumb diese summa ihrer
churfürstlichen durchlaucht zu Brandenburg angebotten worden) sambt der
insel Wollin und Garß, sondern auch noch ein mehrers, alß sy anfangs selbst
begert, erhalten, daß dieß ein ungerechtes begeren, darinn wir einmahl nicht
willigen könten, sondern es müesten die Schweden dißorths weichen und
sich mit deme begnüegen, daß wir sy dißorths mit dem so ansehnlichen
aequipollenti für Churbrandenburg und der expectanz auff Magdenburg in
sicherheit gesezt hetten.
Fürs ander, so tractirten sie, die Schwedische, den herzogen zu Mechelburg
gar zu scharpff, indeme sy diesem ohnedas durch gegenwertigen krieg ganz
erarmbten fürsten auff einmahl vierzigtausent gulden iharlicher einkommen
hinwegnehmen theten. Da wolte doch er, conte d’Avaux, seine officia bei den
Schwedischen einwenden, damit sy sich hierin der billichkeit nach finden
lassen wolten.
Drittens, so begerten die Schwedischen, die erz- und stiffter Bremen und
Verden in weltliche fürstenthumber zu verkeren und ihrer königin und cron
lauth der uns zuegestelter postulatorum erb- und ewiglich hinumbzulassen
und viertens der statt Bremen erlangte und bestettigte immedietet, unangese-
hen sy, die Schwedische, gedachte statt in ihren ahn dieselbe gethanen
underscheidtlichen schreiben für ein Kaiserliche reichsstatt erkent, tractirt
und in dieser qualitet zu gegenwertigem convent auch ihrestheils berueffen,
zu bestreitten und alß ein mediat- und erzstifftische statt zu besprechen. Das
erste könte gemelter conte d’Avaux unschwer erachten, das in unser macht
nicht stunde, und in dem anderen wurden ihre Kayserliche majestät von ihrer
einmahl mit guetem bedacht geschepffter und ergangener declaration nit
weichen. Unnd könten wir dahero auch dieser beeeden puncten halber uns
nicht einlassen noch das geringste nachgeben.
Er hat mir wegen der 1 200 000 reichsthaler zur antwort geben, das die
summa geringert und wegen Mechelburg ein milterung getroffen werden
könte. Von dem dritten und vierten aber, vermeinte er, wurden die Schweden
weichen. Und dweilln gemelte Schwedische in ihren schrifftlichen postulatis
auch der modernorum vectigalium gedacht und solche nit weniger behalten
wolten, dieses aber wegen der praetendirten freyheit der commercien ein
beschwernüß verursachen wurde, so werde auch das wort „modernis“
außgelassen werden müessen, weilln die ständt und zumahlen die reichs- und
Hanseestätte sich starck darwieder sezen werden.
Obbesagter d’Avaux fragte hierauff, ob und wie weit wir mit denen Chur-
brandenburgischen verglichen. Er vernehme ia, das sy sich beschweren, samb
sy zu wenig einkommen von dem ihnen offerirtem aequipollenti hetten, und
dahero den stifft Minden noch praetendirten. Ich hab ihme geantwortet, daß
wir von dem stifft Minden nit weichen, sonder selbigen für die catholischen
behalten müesten. Damit aber ihre churfürstliche durchlaucht zu Branden-
burg auch der einkommen halber sich desto weniger zu beschweren hetten,
so könten wir endtlich geschehen lassen, daß wo im erzstifft Magdenburg vor
diesem achtzehen dombherren gewesen, das die zahl endtlich auff zwölff
reducirt und, wehr von denen achtzehn nach und nach absterben wurde, das
die reditus seines canonicats ihrer churfürstlichen durchlaucht heimbfallen
solten. Auff eben eine solche weiß könte auch dem herzogen von Mechelburg
auß denen stifftern Ratzeburg und Schwerin anstatt dessen, waß er den
Schweden zurucklassen mueß, ein ertragliches einkommen gemacht werden,
welches er ihme auch seinerseits nit mißfallen lassen.
Von diesem ist mehrgedachter d’Avaux auff die Spanische sachen und die
infanta in Hispanien kommen, mit vermelden, das sy in Franckreich lieber
sehen wurden, wan es mit derselben zu einer heyrath kommen solte, daß
selbige ehender Ewer Kayserlicher Majestät secundogenito alß dem primoge-
nito , damit die monarchia nicht in ein haubt erwuchse, verheyrathet wurde
Ich hab mich dißorths mit ihme nichts einlassen mögen, sondern vermeldt,
das man auff diesen casum (zwar daß diese infanta nicht anderst alß einem
Ewer Kayserlicher Majestät herren söhne verheyrathet werden wurde) noch
nit kommen were. Die sach stunde noch in anderm standt und wurde noch
wohl zeit leiden. Er nahme hierauf anlaß, von Ewer Kayserlicher Majestät
princesin, der erzherzogin Mariana, zu reden, und gab vor, daß mir nachge-
geben wurde, alß wan ich lieber gesehen hette, das ihre erzfurstliche
durchlaucht in Franckreich alß Spanien kommen weren
Die Verlobung der Ehg.in Maria Anna von Österreich (1635–1696) mit Kg. Philipp IV. von
Spanien (1605–1665; 1621 Kg.) war von span. Seite am 12. Januar 1647 veröffentlicht
worden. Der Heiratsvertrag wurde in Spanien am 28. März, in Wien am 20. Mai 1647
unterzeichnet. Eineinhalb Jahre später, am 8. November 1648, erfolgte in Wien die Trauung
( Mecenseffy , Span. Heirat S. 57–64).
antwort geben, das ich mich dessen nit zu entsinnen wuste, wohl aber darvor
gehalten, daß sy an ein oder ander orth kommen wurde.
Sonst hat er sich wegen Lottringen mehr alß sie, die Franzosen, nie
heraußgelassen, mit vermelden, das die cron Franckreich dem herzogen
jahrlichen einmahlhunderttausent cronen, dessen herrn bruedern iahrlich
vierzigtausent und der Nicolain
cher einkommen geben, nach zehen jahren aber ihme daß herzogtumb
Lottringen, iedoch außgenommen Bar, Clermont, Jamé und Aistené
Die Städte und Festungen Bar-le-Duc an der Ormain ( Zedler III Sp. 375), Jametz an der
Loison ( ebenda XIV Sp. 189) und nordwestlich davon Stenay (vgl. Orbis Latinus III S.
333) an der Maas ( Zedler XXXIX Sp. 1820–1821) im Hgt. Bar sowie Clermont-
en -Argonne, in der gleichnamigen Gft. an der Aire gelegen ( ebenda VI Sp. 398), waren in
dem von Hg. Karl IV. von Lothringen nicht eingehaltenen Vertrag von Saint-Germain (1641
März 29; Druck: DuMont VI.1 S. 211–212) der Krone Frankreich zugewiesen worden.
ren wolte; warüber ich mich noch zur zeit weeder viel noch wenig erklert,
sondern ihne mit diesen vorschlägen auff die Spanische verwiesen.
Mehrgedachter d’Avaux fragte mich hierauff, wie es umb die Hessen Casseli-
sche satisfaction stunde. Ich antwortete, soviel die Marpurgische sach betref-
fe , das ich herren landtgraf Geörg dahin disponiren wolte, das seine fürstliche
gnaden der Casselischen lini in terreno stabili zwainzigtausent gulden
einkommen assigniren und abtretten solle, warüber er die handtlung mit
Cassel anfangen wolle. Dan so solte sy von den inhabenden stifftern das stifft
Hirschfeldt
zuruckgeben und von der praetension der sechsmahlhunderttausent reichs-
thaler
Vgl. [ nr. 140 Anm. 3 ] .
Was sonst ihren der cron Franckreich mit Spanien habenden friedtstractat
betreffen thuet, da gab gedachter d’Avaux soviel zu verstehen, wan man der
cron Franckreich anstatt Piombino und Porto Longone endtlichen etwas
anders geben thete, das sy wohl darvon abstehen wurden. Contestirte dabey,
läse auch schreiben vom Französischen hoff ab, des inhalts, das er bevelcht
sey, nicht von hinnen weeg zu raisen, es seie dan der friedt geschlossen
inmassen sy, die Franzosen, dan auch intentionirt seyen, ihrerseits mit
Spanien nicht weniger zu schliessen, und von Hollandt allein diese garentia
begerten, wan Spanien mit Franckreich am ersten brechen und dasselbe
bekriegen wurde, das alßdan ihro, der cron Franckreich, die Hollender
wieder Spanien hulff laisten solten. Hingegen begerte er auch, das Ewer
Kayserliche Majestät auff solchen fahl auch ihrestheils der cron Spanien
keinen beystandt leisten wolten. Ich hab under wehrendem ablesen des
schreibens, so der d’Avaux vom Französischen hoff und dem Mazarini
bekommen, vast soviel vermerckt, das er dasienige, was iezt wegen Piombino
und Porto Longone angeregt worden, selbst hinzuegesezt, inmassen er dan
auch dessen, waß er also in confidentia gegen mir geredt zu haben vermeldt,
keinen nahmen haben wollen, alß wan es von ihme herkommen thete. Sonst
hab ich diesen punct ebenergestalt auff die Spanische gewiesen, was aber die
garentiam und daß Ewer Kayserliche Majestät dem könig in Hispanien kein
hülff schicken solten, betreffen thete, replicirt, wan zwischen Ewer Kayserli-
cher Majestät, dem Reich und der cron Franckreich der friedt geschlossen
sein wurde, das sie alß Römischer kaiser und wegen des Reichs der cron
Spanien wieder Franckreich kein assistenz leisten wurden. Wegen dero
hochlöblichstem erzhaußes Österreich aber were es zwischen dem heraussi-
gen und drinnigen hauß ein individuum, welches sich nit trennen lasse, und
wurden dahero Ewer Kayserliche Majestät der königlichen majestät zu
Hispanien, wan sie angefochten wurden, wie billich assistiren und beyste-
hen .
Zum beschluß hat er begert, das man in compositione gravaminum fortfahren
und sehen wolte, wie man dißorths auch zum vergleich kommen möchte,
dessen ich ihne also vertröstet und daß man alß heüdt vormittag, wie
beschehen
Vgl. [ nr. 243 Anm. 1 ] .
Nachdem der d’Avaux hinweeg gewesen, ist der Churbayrische adiunct Dr.
Crebs zu mir kommen und hat auch seinestheils ex professo bei mir
negotiiren wollen, das Ewer Kayserliche Majestät für sich der königlichen
majestät zu Hispanien wieder Franckreich nit assistiren wolten. Ich hab ihne
aber stracks ab- und auff dasienige gewiesen, waß seines heren aigene sachen
seint.