Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
225. Trauttmansdorff, Lamberg, Krane und Volmar an Ferdinand III Osnabrück 1647 Januar 24

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1
–/ 225 /–

2

Trauttmansdorff, Lamberg, Krane und Volmar an Ferdinand III.


3
Osnabrück 1647 Januar 24

4
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 53a fol. 103–104, 127 = Druckvorlage – Kopie: KHA A 4 nr.
5
1628/21 unfol.; Giessen 208 nr. 121 p. 510–514; Giessen 209 nr. 25 p. 135–139.

6
Verhandlung mit den niederländischen und den kurbrandenburgischen Gesandten, mit d’Avaux
7
und Salvius: Diskurs über die kurbrandenburgische Entschädigung; Zurückweisung der schwedi-
8
schen Forderung nach ganz Pommern; keine Aufnahme westfälischer Stifter in die kurbranden-
9
burgische Entschädigung; die niederländischen Handelsinteressen und die schwedische Satisfak-
10
tion ; die pfälzische Restitution; die Religionsverhandlungen.

11
Ewer Kaißerliche Majestätt haben auß unser vorigen allergehorsambsten
12
relation

39
Druck: Nr. 220.
und miteingeschickten protocollo allergnädigst vernhommen, war-
13
auf das werck mit der Schwedischen satisfaction und Churbrandeburgischen
14
recompensa dhomals beruehet. In selbigen terminis erhaltet es sich noch, und
15
haben unß die Churbrandeburgische gesandten immitls, in abschrifft sub
16
numero 1 hiebey, communicirt, waß sie dem Frantzösischen gesandten
17
graven von Avaux, umb seine negotiation bey denen Schweedischen darnach
18
zu richten, an handt gegeben. Der hat auch mir, dem graven von Trautmans-
19
dorff , wißen laßen, daß er sambt den Hollendischen gesandten, umb die
20
Schweedischen zu annehmmung dern in alternativa einmahl pro satisfactione
21
beliebten Vorderpommerischen landen cum annexis zu vermöegen, allen
22
möeglichen fleiß angewendet, seithero aber noch nichts richten können.
23
Maßen sich auch die Hollender bey unß uber der Schweeden hartigkeit, daß
24
uber allen angewendten fleiß und allerhandt beweglichen zu gemüth geführ-
25
ten erinnerungen mit denselben nit außzukommen wüsten, beclagt, auch
26
derentwegen gestern unverrichteter sach wieder von hie nacher Münster
27
zurückgereist; die sich für iren abzug bey unß licentiirt, auch von unß
28
hingegen besucht worden, und führt beykommendes protocoll sub numero 2
29
mit mehrern nach, waß bey solcher hinc inde verrichteter heimbsuchung in
30
discursu fürgelauffen. Imgleichen hab ich, der graff von Trautmansdorff,
31
noch gestern durch Volmar bey dem graven von Avaux dieses wercks halben
32
und, wan man endtlich von denen Schweedischen in hoc puncto eine gewiße
33
erclehrung zu erlangen haben würde, nachfragen laßen. Und gibt die beylag
34
sub numero 3 zu erkhennen, waß für antwort erfolgt, waß auch dem graven
35
von Avaux von unserm fürhaben, umb sowol von denen Schweedischen alß
36
Churbrandeburgischen eine richt[ ig ]e erclehrung in diesem puncto zu erlan-
37
gen , anzudeuten gesinnet, entdeckt worden. Es ist auch denen Churbrande-
38
burgischen schon heüd deütlich dhavon angezeigt, nhemblich es renuntiire

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1
gleich Churbrandeburg auf gantz oder halb Pommern, daß man doch ein für
2
alle mahl wißen solle, daß derohalben kheine mehrere recompens, alß bereit
3
bewilligt worden, erstattet werden solle, darauff sich die Churbrandeburgi-
4
sche vernhemmen laßen, daß sie auf nichts anders, alß warüber sie sich schon
5
vernhemmen laßen, instruirt. Hetten aber irer churfürstlichen durchlauchtt
6
bey eigenem currier von allem verlauf gehorsamlich berichtet

43
Wahrscheinlich die Relation vom 13./23. Januar 1647 (Druck: UA IV S. 494–508).
, undt ersuchen
7
die Kaißerlichen herren abgesandten, das [ sie ] der alternativae vestiglich
8
inhaerirn und zu gantz Pommern kheine apertur geben wölten. Die Schwee-
9
dischen giengen zwar noch mit den gedancken umb, gantz Pommern zu
10
erlangen, maßen ihnen, Churbrandeburgischen, dhagegen beede stiffter Hil-
11
desheimb unnd Münster loco aequipollentis zuweege zu bringen zu verstehen
12
geben. Sie hetten aber solche insinuation mit deme divertirt, daß sie nit darauf
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instruirt wehren, die churfürstliche durchlauchtt, iren gnedigsten herrn, auch
14
also gesinnet wüsten, daß dieselbe nit begehrten, einem andern das seinig zu
15
nhemmen. Patten also nochmals, wir wölten mit ihnen hirin treülich
16
zuhalten und irer churfürstlichen durchlauchtt unß laßen befohlen sein. Ich,
17
der graff von Trautmansdorff, habe geantwortet, daß man sich dießeits uber
18
gantz Pommern woll nit würde herauslaßen. Man hette auch stante resolutio-
19
ne serenissimi electoris darzu keine ursach, und würden sich die Churbrande-
20
burgische aller vertreülichen correspondentz uber alles, waß bey diesem
21
werck fürlauffen möegte, zu versichern haben. Und solle irer churfürstlichen
22
durchlauchtt interesse mit solchem fleiß in obacht genhommen werden, alß
23
von iro selbst gegenwertig würde beschehen können. Seie auch zu verhoffen,
24
wan die Schweeden vermercken werden, daß mans allerseits hirin werde
25
einig sein, daß sich alßdan auch desto ehender bequemen werden. Warauf die
26
Churbrandeburgische sich wol befriedigter bezeigt und von unß abgeschie-
27
den . Und weiln gleich itzo der Salvius bey mir, dem graven von Trautmans-
28
dorff , gewest, so gibt die beylag sub numero 4 von deßen anbringung fernere
29
nachricht.


30
Beilagen


31
1 Erklärung der kurbrandenburgischen Gesandten betreffend die Überlassung Pommerns und die
32
kurbrandenburgische Entschädigung (lat.) – in 3 Fassungen

44
Vgl. Breucker S. 84 Anm. 2.
, [Osnabrück] 1647 Januar
33
[9/19]. Fehlt [1. Fassung: Kopie: RK FrA Fasz. 92 XI nr. 1620 fol. 364–366’ (rechte
34
Blattseite) – Druck: Meiern , APW IV S. 240–242; Baltische Studien 14 (1852).2 S.
35
185–188; 2. Fassung: Druck: Meiern , APW IV S: 225–227; Baltische Studien 14
36
(1852).2 S. 188–190; 3. Fassung: Kopie: RK FrA Fasz. 92 XI nr. 1620 fol. 364–366’ (linke
37
Blattseite) – Druck: Meiern , APW IV S. 236–237; Baltische Studien 14 (1852).2 S.
38
182–183].

39
2 Protokoll, [Osnabrück] 1647 Januar 21, 22. Kopie: RK FrA Fasz. 53a fol. 109–116’ =
40
Druckvorlage; RK FrA Fasz. 91 II fol. 290–300; KHA A 4 nr. 1628/21 unfol.; Giessen 208
41
nr. 119 p. 494–502, nr. 120 p. 503–510; Giessen 209 nr. 22 p. 112–121, nr. 23 p. 121–128.
42
Vgl. APW III C 2 S. 797 Z. 30 – 799 Z. 37.

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1
[ 1647 Januar 21 ]

2
Sein die Holländische gesandte bey irer excellentz herrn obristhofmeister praesente
3
illustrissimo comite de Lamberg, Volmar und meiner, Cran, erschienen und sich licentiirt,
4
darbey den punctum recompensae in favorem Churbrandeburg, sodan die Pfaltzische
5
sach abermals recommendirt. Bey dem puncto recompensae erinnerten sie, von denn
6
Churbrandeburgischen zu haben, daß sein churfürstliche durchlauchtt gegen daßienig,
7
waß sie zurücklaßen müsten, khein aequivalens uberkommen. Man wölte deroselben
8
zwar auf den ertzstifft Magdeburg ein expectantz geben, würde aber noch lange anstehen,
9
ehedan dhavon waß würden zu genießen haben, und wer weiß waß noch darzwischen-
10
kommen könte. Seie also mit selbigem ertzstifft eine ungewiße oder ia eine solche sach, so
11
noch ab eventu dependire. Sie, Holländer, begehrten sich zwar hiebey nit interessirt zu
12
machen, weiln sie iedoch umb einwendung irer officien anglangt worden, hetten sie alß
13
benachbarte und gute freündte diese erinnerung thuen wöllen wie imgleichen auch
14
nochmaln die Pfaltzische sach recommendirn. Sie hetten vermeint, die churfürstliche
15
dignitet sölte post obitum des hertzogen in Bayern wieder zurück auf die pfaltzgraven
16
gefallen, auch die lande allerdings wieder restituirt worden sein. Nuhn vernheme man
17
aber, daß die chur beym hauß Bayern wölte perpetuirt, auch die Oberpfaltz außgenhom-
18
men werden. Gehe den pfaltzgraven und andern interessirten tieff zu gemüth. Und hetten
19
sie, abgesandten, von iren principaln bevelch, wegen dieser sachen zu erinnern, dhamit
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die conditiones darbey möegen gemiltert und moderirt werden. Ihre excellentz herr
21
obristhofmeister bedanckten sich der erwiesenen ehr und heimbsuchung und antworteten
22
ad primum, daß die Churbrandeburgische sich einigs abgangs oder mangel geforderten
23
aequivalentis zu beschwehren kheine ursach hetten. Die uberkämen mit Halberstatt und
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Camin mehr, alß sie zurücklaßen, Magdeburg seie merum opus supererogationis, prout
25
ex matricula Imperii id fuit demonstratum . Man wolle itzo sie, die Hollandische
26
abgesandte, selbst urtheilen laßen, ob nit der Vorderpommerischen landte sambt Stettin
27
und Wollin zurücklaßung gnugsamb ersetzt. Man solle betragten, wie gelegen die stiffter
28
dem churfürsten liggen, wie seine lande dardurch könten meliorirt werden. Des anfals des
29
stiffts Magdeburgs sein sie gnugsamb versichert, stehe nur auf zwey augen. Daß man aber
30
den itzigen herrn administratorem verstoißen und Churbrandeburg den stifft alsopaldt
31
einraumen sölte, würde sich nit thuen laßen. Kayserliche mayestätt werden Chursachßen,
32
einen so hoch meritirten churfürsten, wegen einer sölcher sach nit offendirn. Illi fallen
33
irer excellentz in die rede und insinuirn vom stifft Minden. Ihre excellentz: Die
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Churbrandeburgische wüsten es wol, daß es causa communis statuum catholicorum seie
35
und sich selbe stendte insgesambt, benebens auch die cron Franckreich opponire. Die
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Churbrandeburgische theten ihnen selbst ubel hiebey, daß sie die offerirte conditiones nit
37
annehmen und denen Schweedischen ipso effectu zu verstehen geben, daß sie mit denn
38
Kaiserischen hirin eins sein, wohdurch dieselbe soviel desto mehr würden constringirt
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werden, sich in terminis alternativae zu halten, dha man hingegen durch die ubermeßiche
40
geforderte recompens denselben nur zu einbehaltung gantz Pommern anlaaß gebe. Ad 2.
41
antworteten ire excellentz, daß ie die Holländische gesandten alß verstendige und in
42
staatssachen wolerfahrne leüthe für recht und billich erkennen würden, daß die pfaltzgra-
43
ven einmahl den kriegscösten zu zahlen schüldich. Kayserliche majestätt hetten Chur-
44
sachßen den halben theil des gantzen uncöstens selbst zahlt und dhafür die Lausnitz in
45
solutum uberlaßen, dhagegen aber bey denen pfaltzgraven noch keinen regressum, wie sie
46
wol befüegt wehren, gesucht, für den andern halben theil Churbayern die Obere Pfaltz
47
eingeraumbt. Woh pleiben so viel million, so ire mayestätt auß iren erblanden herschie-
48
ßen müeßen? Daß Elsaß gehe auch hinweg, in Ungarn sieben vornheme graffschafften

50
Im ksl.-siebenbürgischen Linzer Frieden vom 16. Dezember 1645 (Druck: Gooss S.
51
772–778) hatte F. Georg Rákóczy von Siebenbürgen (1593–1648; 1630 F.) die sieben
52
oberungarischen Komitate (aufgezählt bei Meienberger S. 193 Anm. 4), die in der Zeit von
47
1620/1622–1629 schon einmal im Besitz des siebenbürgischen F.en Bethlen Gabor
48
(1580–1629; 1613 F.) gewesen waren, für sich persönlich erworben, zwei davon auch für seine
49
Söhne ( HEG III S. 1106–1108).
;

[p. 432] [scan. 508]


1
der schade rühre gleichwol uhrsprünglich von dem Pfaltzischen unweesen her. Wegen
2
der churfürstlichen dignitet hetten sich die pfaltzgraven nit zu beschwehren, erlangten
3
dieselbe wieder, und beschehe nur mutatio sessionis. Die chur bleibe in iren eignen hauß,
4
und seien nur zween weltliche printzen in der Bayrischen, hingegen fünff in der
5
Pfaltzischen lini

50
Zu den beiden Söhnen des bayerischen Kf.en vgl. [ nr. 217 Anm. 6 ] ; zu den fünf damals noch
51
lebenden Söhnen Kf. Friedrichs V. von der Pfalz (1596–1632) vgl. [ nr. 125 Anm. 4 ] .
. Wie paldt könte sich der fall zutragen, daß alles wieder auf Pfaltz falle?
6
Es ersuchten ire excellentz die abgesandten, auch ire officia bey denen pfaltzgraven
7
einzuwenden, dhamit [ sie ] die ahnerbottene conditiones mit danck acceptirn und sich
8
hiebey lenger nit aufhalten wölten. Es würde in ubrigen der Generalstaaden beschehene
9
recommendation bey ein und anderer sach in obacht gehalten werden, und weiln man
10
vernheme, daß sie, abgesandte, wieder zurück und iren principaln von dem verlauf
11
relation thuen würden, so versehe man sich, sie werden bey iren principaln von dem an
12
seithen Kaißerlicher majestätt verspührten eiffer zu beforderung des lieben friedens
13
attestation thuen und deßen in irer relation gedencken wöllen. Illi: Sie würden iemandt
14
auß iren mitl zu der generalitet schicken und von allem verlauf uberbringen laßen, die
15
gesandtschafft sich aber zu Münster aufhalten. Seie den Generalstaaden daran gelegen,
16
von deme, waß fürgehe, nachrichtung zu haben, umb sich dhabey in acht zu nhemmen.
17
Sie befunden die sach in puncto satisfactionis dhahin reducirt, daß die cron Schweeden
18
ferners nit auß handen gehen könte, sondern die in alternativa verglichene stücke auf
19
nuhmehr erfolgten churfürstlich Brandeburgischen consens anzunhemen und sich dhamit
20
zu befriedigen schüldig und verbunden sein. Die cron Franckreich seie ratione reputatio-
21
nis hoch hiebey interessirt, daß die Schwedische zu solcher acceptation anzuhalten ursach
22
hette. Die Frantzosische gesandten hetten das werck mit denn Schweedischen abgehandt-
23
let , auf die alternativam eingerichtet, darüber die Kaißerliche gesandte es ahn den herrn
24
churfürsten zu bringen ersucht, maßen geschehen, und seie des churfürsten erclehrung
25
darauf erfolgt. Sähen nit, wie sich die Schwedische hiebey könten außreden. Sie,
26
Holländische gesandten, hetten dieselben nun zu unterschiedtlichen mahln zugesprochen,
27
des wercks wichtigkeit gnugsamb repraesentirt und sie zu miltern gedancken ermahnt,
28
vermercken aber dern absehen auf gantz Pommern gerichtet zu sein und das werck
29
immitls so lang, biß die negste campagna herzukomme und der krieg fortgesetzt werden
30
möege, aufzuziehen. Der Generalstaaden meinung aber seie nit, daß man ferners kriegen,
31
sondern ein universalfrieden in der christenheit machen sölte, dhamit man dem herfürbre-
32
chenden Turcken möege gewachßen sein. Bey Kaißerlichen seithen befinden sie eine
33
aufrichtige intention und realitet, seien in iren sachen bestendich und gehen mit
34
fundament. Bey den Schweeden könte man zu keiner erclehrung gelangen, seien nur
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lautere variationen et tergiversationes, bey welcher bewandtnuß und der Schweeden also
36
verspürten wiedrigen intention es ihr, der Holländischen gesandten, gelegenheit nit, sich
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alhie lenger aufzuhalten, wölten iren weeg wieder nacher Münster zurück und also
38
dhamit von unß abschiedt nhemmen.

39
Ire excellentz: Es hetten gleichwol die Schweedische wol ursach, der Generallstaaden
40
erinnerung in acht zu nhemmen. Die könten paldt bey ihnen sein und etwoh ehender, alß
41
sie von oben herab auß dem Reich oder Schweeden völcker zum widerstandt schicken
42
könten, hetten die gelegenheit, mit dem Weßerstromb ihnen unversehens aufm halß zu
43
kommen, der könig in Dennemarck selbst würden ihnen den paß durch Holstein nit
44
abschlagen.

45
Illi: Die Schweeden hetten so gelegene seehaven im Reich in irem gewaldt, daß sie gantz
46
Europam könten zittern machen, wan man ihnen in allen solle stillschweigendt zusehen

[p. 433] [scan. 509]


1
und sie aufwachßen laßen. Es müste auf andere mitle gedacht werden. Haben darauf iren
2
abschiedt genhommen.

3
[ 1647 Januar 22 ]

4
Haben herr graff von Lamberg, Volmar und ich, Crane, die Holländische revisitirt, wegen
5
aller unß erwiesenen ehr gedanckt und ihnen glück auf die reiß gewünscht, dhagegen
6
dieselbe höflich complementirt und ihr mißfallen bezeigt, daß sie bey denen Schweeden
7
nichts richten können. Würden zwar noch einmahl heüd nachmittag denselben zuspre-
8
chen , morgen aber iren weeg wieder nacher Münster zurücknhemmen, und seie schon
9
heüd einer von ihnen, nomine Ripperda, voran gereist. Sie müsten denen Kaißerlichen,
10
auch königlich Spanischen gesandten daß zeugnuß geben, daß dieselbe beyderseits in
11
allem, waß zu erhebung des lieben friedens nützlich und dienlich gewest, dapffer daß
12
irige gethaen. Wölten auch die Kaiserliche ersucht haben, von solcher friedtfertigen
13
intention nit außzusetzen und kheinen verdruß darbey zu haben. Daß werk würde sich
14
algemach selbst schicken, möegten wünschen, daß die stendte des Reichs under sich
15
könten vergliechen und der punctus gravaminum zum schluß gebracht werden. Es müße
16
einer dem andern nachgeben; seie eine zarte sach, die gewißen zu zwingen, dha müße zart
17
mit umbgangen werden. Nos: Man verlange diesseits nichts mehrers alß selbiger sachen
18
vergleichung und daß man wieder möege zusamentretten. Es hettens aber die Schwedi-
19
schen gesandten dhahin gespielet, daß die protestirende stendte denselben das gantze
20
religionsweesen irestheils mit denen Kaiserlichen gesandten zu vergleichen in handt
21
gestelt und anheimbgegeben. Würde also nit mehr in der protestirenden irer macht sein,
22
diesem werck abzuhelffen, obzwar deßen beforder- und abhelffung höchst verlangten,
23
man sich auch dießeits alle stundt zu der communication bereith und gefast hielte. Die
24
Schweeden hetten sich gegen die protestirende selbst vernhemen laßen, daß zuvorderist
25
der punctus satisfactionis Suecicae, ehedan der punctus gravaminum fürgenhommen
26
werden könte, seine richtigkeit haben müße. Bleibe also selbigs weesen wieder beyder
27
religionständt iren willen in suspenso. Illi: Die fürstliche Sachßen Altenburgischen
28
würden zu ihnen kommen und sie alßdan mit denselben hirauß zu reden gelegenheit
29
haben. Nos: Es understünden sich auch die Schweedische, die statt Bremen mit in die
30
satisfaction zu ziehen und wölten dieselbe under die cession des ertzstiffts schlagen. Seie
31
gleichwohl eine reichsstatt, von den Schweeden selbst dhafur erkendt und in tali qualitate
32
anhero beschriben worden. Illi: Sie hetten nit allein von diesem, sondern noch fernere
33
nachricht, daß die Schweeden auch ein anders tractament mit des Reichs underthanen, so
34
ihnen undergeben werden solten, fürhaben. Nos explicirten ihnen, waß die Schweeden
35
per modum conditionis wegen selbiger underthanen, dhamit dieselbe ihnen in allen
36
kriegen außerhalb Reichs folge zu leisten schüldig sein sölten, in letzter mit unß
37
gehaltener conferentz insinuirt hetten. Illi: Solchergestalt würden sie auß freyen reichsun-
38
derthanen schlaven und leibeigne machen wöllen. Darzu müße mans nit kommen laßen.
39
In Schweden seie servile imperium, es würden sich aber die reichsunderthanen nit
40
darnach wöllen guberniren laßen, dhahero soviel desto mehr vonnöthen sein wölle, sich
41
wieder dergleichen gefahrlichs fürhaben zu verwahren und der reichsunderthanen staat
42
und weesen mit allerhandt heylsamen clausulis, dhamit dieselbe bey irer hergebrachten
43
libertet, privilegien, rechten und gerechtigkeit gelaßen und in kheine schlaverey gezogen
44
werden möegen, in acht zu nhemmen, maßen sie, Holländische gesandten, unß auch
45
ersuchen thäten, den punctum commerciorum in dem instrumento pacis wol zu beobach-
46
ten und nit zuzugeben, daß derselb in ein anders nebeninstrument, alß etwoh investiturae
47
oder dergleichen, gezogen werde. Dha seie ein groß unterschiedt zwischen dem instru-
48
mento pacis und anderen nebeninstrumenten. Daß instrumentum pacis würde gleichsamb
49
alle christliche potentaten pro sponsoribus haben, die nebeninstrumenta aber nur zween
50
contrahenten vinculirn und viell mehr die eigenschafft eines privatcontracts alß pacti
51
publici haben. Die Staaden von Hollandt befinden sich bey diesem puncto dergestalt
52
interessirt, daß sie es nit könten ungehindert laßen. Nos: Es seie dieser sach schon in dem
53
instrumento pacis gedacht worden, iedoch auch nit ohne, daß die Schweedischen bey unß

[p. 434] [scan. 510]


1
umb dern außlaßung und daß selbe dispositio in daß instrumentum investiturae einge-
2
rückt werden möegte, insinuirt. Man würde aber irer, der Stadischen abgesandten,
3
erinnerung hiebey in obacht nhemmen und in solche außlaßung oder separation nit
4
willigen; möegten unserstheils gern sehen, daß dergleichen erinnerung auch bey den
5
Schwedischen beschehe. Illi: Hetten es schon in willen, zu thuen. Und wan man dießeits
6
das negotium commerciorum, wieviel dem Römischen Reich daran gelegen, daß selbigs
7
nach geendigtem krieg wieder zue waßer und lande in seinen alten freyen gang gebracht
8
und darin erhalten werde, recht werde betrachten, so zweifleten sie nit, man werde von
9
sich selbst sorgfeltig dhahin sehen wöllen, dhamit solches weesen und rechthumb

40
Vielleicht im Sinne von ‘rechtung’, Gerechtsame ( Grimm XIV Sp. 442).
bey
10
des Reichs underthanen verpleibe und einem außlandischen potentaten nit möege
11
eingeraumbt werden. Es geben es die Schweeden gnugsamb zu verstehen, daß sie diesem
12
werck, umb die commercia im Reich allein ahn sich zu ziehen, embzig nachtrachten;
13
soviel desto mehr müße man sich dhagegen in obacht nhemmen, dhamit es bey der
14
Teütschen nation erhalten werde. Nos: Erfordere unsere schüldigkeit, des Reichs interesse
15
und wolfahrt nach unserm besten vermöegen in obacht zu halten, waran von unß geliebts
16
Gott hiebey nichts solle versaumbt werden.

17
Illi: Die Schweeden gedencken nit zuruck, wie mißlich daß glück im krieg seie. Nach der
18
Nördtlinger schlacht

41
Die Schlacht bei Nördlingen am 26. August/5. September und 27. August/6. September 1634
42
( TRE IX S. 179).
habe es sich bezeigt, wie gering dero macht seie, indeme so viel jahr
19
hetten zubringen müeßen, ehedan sich wieder erholen und im veldt sehen laßen können.
20
Hingegen seien Kayserlicher majestätt und dero ertzhauß Österreich große macht auß so
21
vielen niederlagen et ex ipsis cladibus bekandt und formidabl worden. Woher wölten die
22
Schweeden ohne der Frantzosen gelder und der reichsunderthanen contribution mittl, um
23
krieg zu führen, haben? Sie, Holländer, hetten 80 jahr krieg geführt, und obzwar ire lande
24
nit dardurch verarmet noch auch solchergestalt, wie man im Reich sehe, ruinirt worden,
25
so verlangten sie iedoch nach dem lieben frieden und hetten den frieden dem krieg
26
fürgezogen. In Schweeden stündten die sachen gleichwol in solchem standt nit, daß die
27
Schweeden ursach haben könten, auf continuation außwertiger kriege zu gedencken und
28
den friede außzuschlagen, aber es scheine, daß sie in irem glueck verblendet. Man müeße
29
es Gott und der zeitt befehlen. Nos: Man sehe dießeits gerne, daß die Holländische
30
gesandten selbst in rem praesentem kommen, sich uber alles informirt und gesehen,
31
waran der mangl seie, daß man nit zum frieden gelangen könne. Man habe diesseits zu
32
erhebung des friedens gethaen, waß man gekönt; müßen in ubrigen die sach Gott
33
befehlen. Warauf wir von ihnen abschiedt genhommen.

34
3 Protokoll, [Osnabrück] 1647 Januar 23. Kopie: RK FrA Fasz. 53a fol. 119–121’; RK FrA
35
Fasz. 91 II fol. 327–329’; ÖstA Tirol Fasz. 20g p. 62–66; KHA A 4 nr. 1628/21 unfol.;
36
Giessen 208 nr. 122 p. 514–520; Giessen 209 nr. 24 p. 128–134 – Druck: APW III C 2
37
S. 800 Z. 1 – 801 Z. 35.

38
4 Protokoll, [Osnabrück] 1647 Januar 24. Kopie: RK FrA Fasz. 53a fol. 123–125; RK FrA
39
Fasz. 91 II fol. 331–334’ – Druck: APW III C 2 S. 802 Z. 1 – 803 Z. 44.

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