Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
183. Trauttmansdorff an Ferdinand III Münster 1646 Dezember 28
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Münster 1646 Dezember 28
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 50b fol. 41–43’, praes. 1647 Januar 12 = Druckvorlage –
Konzept: TA Ka. 112 Z 6 nr. 73 fol. 219–222’.
Peñaranda: Kein Friedenswille bei Schweden und Franzosen; unzulässige französische Ansprüche
auf die Königreiche Spaniens nach dem Tod des spanischen Thronfolgers; Hilfe allein durch eine
militärische Entscheidung, die Auflösung des Westfälischen Friedenskongresses und die Abreise
Trauttmansdorffs.
Alß ich am 26. dieses zuendtlauffenden monats Decembris dem |:hiesigen
Spanischen plenipotentiario grafen Penneranda:| durch Ewer Kayserlicher
Majestät |:secretarius Schröder:| hiebeigefüegten extract ihrer ertzfürstlichen
durchlaucht underm dato, den 13. dits, an mich gethanen genedigsten
schreibens communiciren lassen, damit er darauß den zuestandt der Kaiserli-
chen reichswaffen vernehmen und auch sich seinerseits in befürderung dieser
allgemeiner friedenshandtlung darnach richten möchte, hat gemelter |:graf
Penneranda:| anfenglich ein sonderbares mitleiden bezeigt, daß sich die
sachen in einem solchem standt erhielten, und darauff sich alßbaldt in einen
discurs eingelassen, darinnen er den bißherigen verlauff dieser tractaten,
sowohl mit den cronen alß protestierenden, wiederholt und endtlich dahin
geschlossen, daß er hierauß sowohl alß andern ihme taglich zuekommenden
nachrichtungen nicht abnehmen könte, daß die cronen einzigen lust oder
ernst zum frieden hetten. Und wan dan deme also, wie es dan gewiß nit
anders sey, das nach denen so vielfeltig gethanen grossen offerten und
nachgebungen die gegentheilen so gar kein frieden begerten, die waffen sich
auch in solchem standt, wie ihr erzfürstliche durchlaucht schrieben, befinde-
ten, so könte nichts anders erfolgen, wan der |:exercitus heraußen im Reich
zugrundt gienge:|, daß alßdan zugleich auch |:daß Reich unnd die erbländer
mit verlohren gehen müessen:|. Und dieses besterckte ihne in seiner mainung
umb so viel mehr, daß der feindt sowohl alß wir selbst die beschaffenheit |:
unserer schwachheit:| und vorangeregte |:hieraus besorgende und gewis nit
außbleibende consequenz wüßte[ n]:|, für eins. Zum andern, so hetten die
Franzosen, wan sy gleich anfangs ein intention zum frieden gehabt hetten,
nach dem erfolgten unverhofften thodtfahl des prinzen in Hispanien ihre
consilia geandert, und seye bekandt, welchergestalt sy die von der iezt
regierenden königin in Franckreich beschehene renunciationem auff die
Spanische königreich und länder
chen und auff allen unvermueteten fahl, da der könig in Hispanien und die
infanta ohne eheliche leibserben mit thodt abgehen solten, ihnen zu der
succession das recht selbst geben theten, unangesehen solche renunciation
von beeden konigen
reich
Die parlements in Frankreich waren kg.lich Gerichte, die neben judikativen Funktionen auch
polizeiliche, administrative und legislative Aufgaben wahrnahmen. Sie beanspruchten das
Recht, alle legislativ-administrativen Entscheidungen der Regierung zu begutachten und zu
registrieren. Im Jahre 1615 bestanden neun parlements, und zwar in Aix, Bordeaux, Dijon,
Grenoble, Paris, Pau, Rennes, Rouen und Toulouse ( Zedler XXVI Sp. 987–982; Mager S.
124–131).
anderen rechtmessigen antagonisten alß Ewer Kayserliche Majestät und
deroselben mit weilandt dero nechstabgelebten kaiserin Maria, meiner aller-
genedigsten frawen höchstseeligsten andenckens, erzeügte junge herrschafft
Die zu dieser Zeit lebenden Söhne des Ks.s waren Ehg. Ferdinand IV. (1633–1654) (vgl. nr.
42 Anm. 7) und Ehg. Leopold (1640–1705; 1655 Kg. von Ungarn, 1656 Kg. von Böhmen,
1658 Ks.) ( NDB XIV S. 256–260 ).
Dieselbe wurde die cron Franckreich aufs eüsseriste zu verfolgen, ia, wan sie
könte, ganz und zumahlen zu vertilgen, alle übrige krefften dran strecken
unnd auff diese weiß sich ihres rechtens versicheren wollen. Dannenhero
kein anders mittel, sich zu salviren, alß die waffen und die dissolution dieses
convents (welchen ihnen die gegentheilen trefflich zu nuzen machten, Ewer
Kayserlicher Majestät aber, dem Reich, dero hochlöblichsten erzhauß und
der catholischen religion zu unwiederbringlichem schaden gereichte) und
dan, das man den cronen zaigen thete, das man noch ohne frieden leben
könte. Wan die gegentheilen solches mercken theten, wurden sy sich baldt
eines anderen bedencken. Ich hette bißhero zwar zu erhebung des friedens
mein eüsseristes gethan, aber selbst gleichwohl erfahren, daß weder mit
denen nachgebungen gegen der cron Franckreich noch auch in puncto
religionis gegen denen protestirenden ichtwas anders gerichtet, alß das die
catholische, welche biß dato es mit uns gehalten, darmit so wenig alß die
protestierende selbst zufrieden. Und der außgang wurde es geben, das
ebensowenig die Franzosen mit der bereits acceptirten alß die Schweden mit
der iezt praetendirten satisfaction sich begnüegen lassen wurden. Dan er
wolte sein kopff zu pfandt geben, daß die Franzosen noch darzue Hammer-
stein
Nachdem mit Hilfe frz. Truppen die span. Garnison in Trier zum Abzug gezwungen worden
war, lag dort seit Ende 1645 eine kf.lich trierische Besatzung, die vom frz. Kg. mit unterhalten
wurde. Kf. Philipp Christoph von Trier (1567–1652; 1623 Kf.) versuchte, an der Moselbrücke
mit technischer und finanzieller Unterstützung der Franzosen Verteidigungsanlagen zu
errichten ( Abmeier S. 28–49). Das Schloß in Antwerpen (früher auch Antorff), das Fernando
Alvarez de Toledo Hg. von Alba (1507–1582) 1567 hatte erbauen lassen und das neun Jahre
später geschleift worden war, hatte zu seiner Zeit als Meisterwerk der Festungsbaukunst
gegolten ( Duffy S. 67–69).
Mainz und vielleicht wohl Speyr darzue begeren und dannoch nit zufrieden
sein wurden. Deren friedthessigkeit [ sei] auß diesem gnueg abzunehmen, daß
sie nit allein den Porto Longone zu behalten, sondern noch darzue von der
republica zu Venedig die statt Crema zu einem sammelplatz, gestalt von
dannen auß den Meyländischen stadt zu bekriegen, begert hetten. Diesem
allem aber unerachtet wolte ich meinestheilß noch hoffnung zum frieden
geben, die weder er noch einige andere abgesandten absehen könten, und
wurde durch solche gefaste hoffnung Ewer Kayserlicher Majestät und dem
gemeinen wesen nur mehrers geschadet, indeme die ständt, sich darauff
verlassende, kein anderwertliche hülff noch rath zu fortsezung des kriegs
beytrüegen noch auch die soldatesca daß ihrige thete und an deme gnueg
gethan zu haben vermeinte, wan sy nur des friedens erwarteten.
Obgemelter |:secretarius Schröder:| antwortete, daß die vornembste hoff-
nung des allgemeinen friedens von dem Spanischen frieden mit Hollandt
dependirte. Wan nun selbiger geschlossen, wurden sich die cronen baldt eines
anderen bedencken.
Der |:graf Penneranda:| replicirte, es were |:fast ein ding:| zwischen den
Hollendischen und |:unseren:| tractaten. Den ersten Julii diß jahrs hetten sy
allerseits die conditiones obfirmirt und sub ratificatione underschrieben
|:bis dato aber hetten sy mit Hollandt zu kheinem schluß khommen khön-
nen:|.
Ewer Kayserlicher Majestät |:secretarius:| fragte, |:was dan zu thuen sey:|.
Der pottschaffter wiederholte sein vorigen discurs und beschlusse mit deme,
daß |:mein anwesenheit alhie:| Ewer Kayserlicher Majestät, dero gesambtem
hochlöblichem erzhauß und der catholischen religion (wiewohl wieder mein
intention, die er aufrecht und eyfferig zu sein wüste) nur mehrers schaden alß
nüzen wurde, dan solang ich alhie verpliebe, so lang hetten die gegentheilen
hoffnung, ein mehrers zu erhalten, hingegen das bei Ewer Kayserlicher
Majestät hoff ich meine consilia zu besserer führung des kriegs hette
beytragen und nunmehr der Ungarische landttag (welchen er ein inventum
diaboli genennet) geschlossen und Ewer Kayserlicher Majestät albereit bei
dero armaden sein könten.
[1] Ehg. Leopold Wilhelm von Österreich an Trauttmansdorff (Auszug), Burgheim
Dezember 13. Ausfertigung (vollständig): TA Ka. 128 Cc 2 nr. 4 unfol. – Kopie: RK FrA
Fasz. 50b fol. 44–44’, Auflösung der Chiffre fol. 45 = Druckvorlage.
Im ubrigen mueß ich auß ewerem schreiben absehen, das |:ewer fundament deß
fridens noch auf die waffen seze und daß nur so lang die hoffnung deß so vilerwünsch-
ten fridens erscheinen würde, alß lang die Kayserlichen waffen in dem formb, wie sie
aniezo stehen, aufrecht gehalten werden. Da ich mich doch besorge, es werden die
armaden ie lenger, ie mehr ins abnehmen gerathen und der ruin underworffen sein,
zumahlen man zu kheinem einzigen erkhleckhlichen mittlen gelangen khan, sich auch
deß herrn churfürsten in Bayren liebden kheineswegs angreiffen noch zu einiger
verfassung verstehen wollen, dahingegen der feindt sich täglich versterckhet unnd alle
krefften zum krieg anwendet. Und sehe ich nit, wie bey dergleichen ublen bestellungen
die kriegsoperationes dißeiths weiter fortzusezen:|.