Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
179. Trauttmansdorff, Nassau und Volmar an Ferdinand III Münster 1646 Dezember 24
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Münster 1646 Dezember 24
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 52a fol. 235–237, praes. 1647 Januar 8 = Druckvorlage – Kopie:
KHA A 4 nr. 1628/42 unfol.; ÖstA Tirol Fasz. 20f. p. 2893–2897 – Konzept: RK FrA Fasz.
92 XI nr. 1583 fol. 266–268.
Contarini über die spanisch-französischen Verhandlungen: Schlechte Aussichten wegen der
französischen Forderung nach Porto Longone, Piombino und anderen Festungen. Bestätigung
durch Servien; Zurückweisung der spanischen Gesandten. Geringe Bedeutung der italienischen
Festungen. Rückkehr Plettenbergs in Kürze.
Eur Kayserlicher Mayestät haben wir in negstvorgehender relation aller-
underthenigst anregung gethan, waßgestalten die Franzosen sich ansechen
lassen, vor allen dingen den friden mit Spania in richtigkeit zu bringen, und
wessen sich auch die herren mediatores gegen uns hetten verlauten lassen.
Nun zweiflen wir nit, Eur Mayestät werden die mehrere bewandtnus von
dem Spanischen ambasciator, duca di Terranova, gnädigist vernommen
haben, wir solten aber auch hienebens allerunderthenigist zu berichten nit
underlassen, das, als ich, Volmar, gestern bej dem Venetischen pottschaffter
gewesen, er mir zu verstehen gegeben, wie das sich angedeüte handlung
zwischen Spania und Franckreich mercklich stossen wollen, indeme die
Franzosen nit nur etlich pläz in denn Niderlanden, so nochweils in dess
königs zu Spanien gwalt verbleiben, als Charlemont
Philippeville
sondern auch durch die [ durch die ] Hollendische deputatos zwischen inen
und denn Spanischen ministris gepflogne mittlung fast vor ein verglichne
sach anziehen thuend, das inen auch die in Italia entzwischen eroberte ortt
Piombino und Porto Longone verbleiben solten, angesechen, dise pläz ir, der
Franzosen, vorgeben nach, gedachte Hollendische deputati in ihren general-
vorträgen mit begriffen gewesen, indem selbige gesagt hetten, das der cron
Franckhreich auch das, so sie in Italia gewunnen, verbleiben solt, darzu sich
aber die Spanier keinesweeges verstehen, hingegen die Franzosen diese posti
nit lassen wolten. Und scheine wol, wa inen dißortts nit nachgegeben wurde,
das sie alle fridenstractaten zerschlagen möchten, wie dann albereit so vil
nachricht obhanden, das die Schweeden und protestirende keinen frieden
begerten. Und werde auch der churfürst zu Brandenburg mit seinem dissensu
den punctum satisfactionis sehr schwer machen. Neben deme haben die
Franzosen albereit nachricht, das pfalzgraf Carl Ludwig
Pgf. Karl Ludwig von der Pfalz (1618–1680); 1649 Kf. ( NDB XI S. 246–249 ).
electoratum anzunemmen nit bedacht, sondern uf die völlige restitution
dessen, so das Pfalzische churhauß von altem her gehabt, tringen thet, daher
sich die Franzosen selbst besorgen wolten, man wurde in diser materi so
schleinig nit, als man verhofft, durchkommen mögen.
Heüt vormittags hat mich, grafen von Trautmanßdorf, der Franzößische
plenipotentiarius Servient besuecht , theils wegen anwüntschung frölicher
weyhenachtsfeyrtagen, theils aber wegen seiner vorhabenden raiß nach dem
Haag urlaub von mir zu nemmen, mit welcher gelegenheit er dann auch die
pacificationsmateri mit Spania berüert und ohne scheüch heraußgangen, das
Franckreich ohne überlasßung dess Porto Longone und Piombino einmahl
keinen friden schliessen werde, und sobaldt sich die Spanischen dißortts mit
einer abschlägigen antwortt würden vernemmen lassen, so heten sie, Franzo-
sen , bevelch, die continuation dess kriegs anzukinden. Waferrn aber Spania
die cession ermelts meerhafens und Piombino einwilligen thet, so sey damit
der frid ohne alles weiter inströwen geschlossen, dessen man sich versichert
halten könde. Und ob ich ime zwar allerhandt considerationes entgegenge-
halten , auch angedeütet, das der sachen diser 2 pläz halber etwan mit einem
anstandt uf etlich iar oder mit depositierung ad tertias manus möchte zu
helffen sein, so hat er doch repliciert, das sie einigen mittelweg anzunemmen
nit bevelcht, sondern absolute uf genzlicher cession verharren müesten. Dann
es thete der cardinal Mazarini sonderlich vor sich selbst hoch darauf tringen,
weil er disen acquisto seinen aignen partum nennete und ein grosses guet
darauf spendiert wer worden, derentwegen ime die restitution grossen
unwillen im königreich erweckhen wurde. Name sich dabej ahn, das er
übermorgen sein raiß nach dem Haag fortsezen, iedoch vorderist gern die
sach mit Spania zu einem schluss gerichtet sehen wolte. Wann auch solches
erfolgen solt, möchten wir uns versichert halten, das sie, gesambte Franzößi-
sche plenipotentiarii, bevelcht weren, sich der Schweden und protestierenden
unmäsßigen postulatis nach aüsseristem vermögen entgegenzusezen und
dißorts mit uns anzuhalten; ausserhalb dessen aber wurden sie sich der sachen
wenig annemmen können.
Mit denn Spanischen plenipotentiariis haben wir dessentwegen noch derzeit
haubtsächlich nichts gehandlet. Befinden aber, das sie ungern an solche
cession kommen werden, sondern thuend sich nit allein uf ermanglenden
königlichen bevelch entschuldigen, sondern auch bestendig anzeigen, das von
denn Hollenderen dergleichen generalvertröstung, darundter auch Piombino
und Porto Longone solte verstanden worden sein oder verstanden werden
könden, niemaln geschechen und were derselben ganze vermitlung nach laut
inen deßwegen zugestelten besigleten memorials
Dieses Memorial konnte in den bisher veröffentlichten Akten nicht ermittelt werden. Die
Interposition der ndl. Ges. bei den span.-frz. Verhandlungen war nach Vorgesprächen im Juni
und Juli 1646 in der zweiten Hälfte des Septembers 1646 aufgenommen worden ( Poelhekke
S. 340–342; vgl. NS III S. 462–466).
ten allein [ auf ] dasihenig, was die Franzosen in Niderlanden eingenommen,
uf Pinerolo in Italia und uf die grafschafft Rossiglion
sodann einen anstandt uf 30 jahr mit Catalonia gerichtet gewesen, also
Piombino und Porto Longone niemaln gedacht worden.
Deme sey aber, wie da wölle, so stehet iedoch sehr wol zu bedenckhen, ob
dise beede pläz von solcher importanz seyen, das darumb dise fridenstracta-
ten zerschlagen und mit grosser gefahr der ganzen catholischen christenheit
denen schweren kriegsempörungen bey ieziger so wenig firmierter königlich
Spanischer succession in Teütschlandt, Niderlandt, Spania und Italia der lauff
weiter solle gelassen werden. Dahero wir auch nit underlassen wollen, die uf
ein und andern fahl befahrende consequentias denn Spanischen plenipotenti-
ariis mit gueter dexteritet ferrer zu remonstrieren.
Im ubrigen die tractaten mit denn Schweeden betreffend, seint wir dess von
Plettenberg zuruggkunfft aus dem Haag mit außgang diser wochen gewärt-
tig , welche dann an handt geben würdt, waß dissortts ferner zu handlen sein
möcht.