Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
161. Trauttmansdorff, Nassau und Volmar an Ferdinand III Münster 1646 Dezember 11
Münster 1646 Dezember 11
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 52a fol. 201–202, 215 = Druckvorlage – Kopie: Giessen 208 nr.
48 p. 187–193 – Konzept: RK FrA Fasz. 92 XI nr. 1559 fol. 176–178.
Absprache mit den französischen Gesandten: Sendung Plettenbergs und Romains mit einem
Ultimatum zum Kurfürsten von Brandenburg; zusätzlich Angebot der bedingten Anwartschaft
auf das Erzstift Magdeburg. Schreiben des Kurfürstenrats; seine Bereitschaft zur Garantie der
schwedischen Satisfaktion. Trennung Frankreichs von Schweden?
Verweis auf nr. 154. Darauf sollen wir hiemit weiter referieren, das ermelte
Franzößische plenipotentiarii uns am negstgefolgten sambstag, den 8. diß,
durch die herren mediatores bedeüten innhalt
umb unser mainung anfragen lassen, ob und waßgestalt der herr churfürst zu
Brandeburg, so sich derzeit im Haag befinden solle, zu beschickhen und umb
seinen consens anzulangen sein werde. Warüber wir uns nit allein erclärt, das
wir unserstheils dessentwegen eine aigne taugliche person zu seiner chur-
fürstlichen durchlaucht abordnen, auch das churfürstliche collegium das ihrig
hiebey ebenmässig zu thuen anlangen wolten, sondern wir haben auch
alsogleich die Churbrandenburgische gesandten alhie in gegenwartt dess
Venetischen pottschaffters für uns erfordert und negst eröffnung diser
Schweedischen resolution von inen zu wissen begert, ob sie hierauf zu
handlen bemächtigt weren. Dieweiln die sich aber zue nichts anders erclären
wollen oder könden, als das sie alspald hiervon irem herrn relation thuen
wolten, so ists damaln bey unserm gefasten schlusß, so der Venetische
pottschaffter denn Franzosen auch zu überbringen benommen, verbliben,
gestalten der extractus prothocolli, litera A, mit mehrerm außweist.
Gestrigen nachmittags aber seint alle drey Franzößische plenipotentiarii
sambt dem Venetischen ambasciator in mein, grafens von Trautmanßdorf,
logiament kommen, und als wir samenthafft die Schweedische resolution
mehrers examiniert, zwar das dieselbe zimblich dunckhl und unlauter
scheinen thue, auch noch wol mehrers darunter verborgen ligen möchte,
allerseits darfür gehalten und derentwegen erwogen worden, ob nit vor allen
dingen ein notdurfft sein werde, die Schweedischen plenipotentiarios umb
mehrer erleüterung diser ihrer resolution zu belangen, so ist doch entlich
allen erwogenen umbständen nach mit denn Franzosen sovil verabschiedet
worden, das wir alspaldt den von Plettenberg
Georg Herting von Plettenberg (1600–1682); 1654 nobilitiert „Edler von“, 1668 Reichsfh.;
Hofkammerrat; seit 1634 im diplomatischen Dienst des Ks.s, 1645–1646 ksl. Ges. für das
Kg.reich Böhmen auf dem WFK, 1647–1654 und 1658–1666 Resident im niedersächsischen
Reichskreis in Hamburg, 1654–1655 in Schweden ( Repertorium S. 142, 165; Honsel-
mann , Plettenberg; Becker S. 240 Anm. 91).
abferttigen und ime die Schweedische alternativam vortragen, auch das
dennselben Vorpommern sambt Stettin, Garz und Wollin zu verbleiben,
hingegen seiner churfürstlichen durchlaucht Hinderpommern sambt dem
bisthumb Halberstatt und denn 1 200 000 reichstaler, sofern anderst die
Schweeden solche anforderungen nachzulassen behandlet werden köndten,
anzuweisen und seine durchlaucht sich damit zu begnüegen haben, deren
consens und einwilligung erforderen solten, mit der außtruckenlichen anzeig,
daß uff den widrigen fahl der frid mit Schweeden auf ganz Pommern, wie
von inen begert, geschlossen werden solt. Deßgleichen solten auch die
Franzosen ihren residenten de Saint Romain ebenmässig zu dem herrn
churfürsten abordnen und ine, warauf es mit denn Schweeden beruhen thet,
berichten, danebens aber sovil weiter macht haben, damit seine durchlaucht
destweniger ursach hette, sich dess consens zu verwaigern, inen auch eine
anwarttschafft uf das erzstifft Magdenburg, iedoch mit gewissen reservatis et
conditionibus anzutragen. Inmitelst aber und bis die antwortt dess herrn
churfürsten möchte eingelangt werden, sollen die Franzosen denn Schweeden
umb mehrere erleüterung irer resolution zueschreiben, auf das man sich
hernach desto besser entschliessen mög, ob undterdessen einige handlung mit
inen fruchtbarlich fortzusezen sein könde oder nit. Wie dann solches alles in
ein besonder memorial zu verfassen und bey dem Venetischen pottschaffter
in deposito ze lassen, veranlaast worden und dasihenig, so von uns aufgesezt,
sub litera B beyligend zu empfangen ist.
Sodann folgt litera C, was wir dem von Plettenberg vor eine instruction,
darauf er sein anbringen zu stellen haben solle, zuegestellt.
Die vom churfürstlichen collegio haben anstatt irer schickhung sich uf ein
bewegliches schreiben entschlossen
zuekommen lassen, waraus Eur Kayserliche Mayestät allergnädigst zu erse-
chen, das sie nit allein dasihenig, was dem herrn churfürsten zu seiner
ergözlicheit anerbotten worden, implicite ratificieren, sondern gleicherge-
stalt, das der cron Schweeden uf den fahl, seine durchlaucht nit einwilligen
wolt, ganz Pommern mit Eur Mayestät und dess Reichs versprechender
handthabung verbleiben solle, belieben thuend, daher es im übrigen desto
leüchter durchzubringen sein würdt.
Als sich auch offtberüerte Franzößische plenipotentiarii von uns licenziert,
hab ich, graf von Trautmanßdorf, die anfrag gethan, wann ie die Schweeden
über so billiche und willfährige nachgebung den friden nit schliessen,
sondern weitere tergiversationes suechen und den krieg ferners zu continu-
ieren, die protestierenden an sich zu ziechen understehen solten, ob dan die
cron Franckreich gleichergestalt mit inen ferners im krieg bleiben und so
ungerechte praetensiones verfechten helffen wolte, haben sie in unser aller
beysein und ore rundt geantworttet, das einmal die cron Franckreich den
friden haben und den krieg mit Schweeden weiter nit continuieren wolle.
B Kaiserlich-französischer Rezeß betreffend die schwedische Satisfaktion und die kurbranden-
burgische Entschädigung – kaiserliches Instrument, Münster 1646 Dezember 10. Kopie: RK
FrA Fasz. 52a fol. 205–206; ÖstA Tirol Fasz. 20f. p. 2845–2847 – Konzept: RK FrA
Fasz. 92 XI nr. 1558 fol. 173–174.
C Instruktion der kaiserlichen Gesandten für Plettenberg, Münster 1646 Dezember 10. Kopie:
RK FrA Fasz. 52a fol. 211–214 = Druckvorlage; Giessen 208 nr. 50 p. 197–207 –
Konzept: RK FrA Fasz. 92 XI nr. 1560 fol. 180–183.
Erstlich hat ermeldter von Plettenberg hienebens ein credenzschreiben ahn ihre chur-
fürstliche durchlaucht mit beyligender abschrifft sub litera A zu empfangen unnd mit
demselben sich nach dem Grafenhaag, alwo sein durchlaucht sich anyezt befinden sollen,
zu erheben, auch nechst gebührlicher einliferung deß originals umb audienz anzesue-
chen. Sodan die ihme verstattet, soll er seinen vortrag praemissis curialibus nachfolgen-
der gestalt mündtlich ablegen
schrifftlich memorial von sich geben: Es sezten die Keyserlichen plenipotentiarii ausser
allem zweifel, sein churfürstliche durchlaucht wurden nun von gueter zeit her durch
deroselben zue Münster unnd Oßnabrugg haltende gesandtschafften verständigt worden
sein, mit was schwehren postulatis die königlich Schweedischen plenipotentiarii in
puncto satisfactionis außgebrochen unnd solche mit grossem nachtet und schaden sowol
anderer vornehmer ständten deß Reichs alß ihrer churfürstlichen durchlaucht selbst
heraußzepressen vorgenohmen, inmaassen es dann nunmehr dahin komben, daß, obwol
die Keyserliche gesandte sich nun uber jahr unnd tag auff das allerfleissigist unnd
hefftigiste bemüehet, gedachte Schweedische plenipotentiarios von solchen überschweh-
ren anforderungen abzelaitten, ja auch in nahmen ihrer Kayserlichen majestädt und dern
hochloblichem hauß gegen der cron Franckhreich mit hinderlassung der uralten Öster-
reichischen patrimoniallandtschafften under andern auch diese condition vornemblich
bedingt unnd in pactum gezogen, daß durch derselben plenipotentiarien vermittlung die
cron Schweeden zue etwas leidenlicheren satisfactionsmitlen behandlet werden möcht,
welche sich auch dessen mit guetem eifer undterfangen unnd noch jüngstens den 29.
Novembris in beysein deß Venetianischen pottschaffters mit dem Schweedischen pleni-
potentiarius Johann Adler Salvio diesen vorschlag veranlaaßt, das die Schweeden
Vorpommern eintweder ohne die zu Hinterpommern gehörigen stuckhen, alß Stettin,
Garz unnd der insul Wollin, gegen bezahlung 1 200 000 reichstaler, durch ein gemeine
reichscontribution zu erhandlen, oder, wa sie zuemalen auch diese pläz zue Vorpommern
innbehalten würden, die 1 200 000 reichstaler, seiner churfürstlichen durchlaucht neben
Hinderpommern sambt denn bisthumbern Camin unnd Halberstatt eingeraumbt, auch
deroselben die wahl, ein oder andern vorschlag anzenehmben, heimbgestellt werden
solte, wie auß dem zetl litera B mehrers zu ersehen, so were doch biß daher alle
angewendte müehe unnd arbeit so weit vergebens abgeloffen, daß mehrbesagte
Schweedische plenipotentiarii nechstverwichnen freytags, den 7. diß, ihre endtliche
resolution ahn die Franzößische gesandten undterm dato 25. Novembris stylo veteri
deß summarischen innhalts eingeschickt, das der cron Schweeden das herzogthumb
Vorderpommern mit denen in ihrer vorigen, den 17. Novembris eröffneten erklährung
angehenckten stuckhen, das ist Stettin, Garz unnd der insul Wollin, verbleiben, auch
zuegleich zue ainem praetendierten aequivalente deß fürstenthumbs Hinderpommern
die bestimbte 1 200 000 reichstaler par bezahlt werden solle, mit dem anhang, wann
sein churfürstliche durchlaucht hierzue einwilligen unnd ihren verzüg erthailen wür-
den, daß alßdann deroselben Hinderpommern sambt dem bisthumb Camin unnd der
statt Collberg wie auch die in dero churfürstenthumb noch mit Schweedischem
kriegsvolckh besezte pläz abgetretten, wa aber sein churfürstliche durchlaucht den
consens nit erthailen wolten, alßdann beede fürstenthumb Vor- unnd Hinderpommern
mit allen geistlichen unnd weltlichen zu- unnd eingehörden der cron Schweeden uff
ewig investiert unnd uberlassen, auch selbige dabey von dem Heyligen Römischen
Reich wider jedermeniglich handtgehabt werden solle; alles laut beyligender abschrifft
litera C.
Nun stellten es gleichwol ihrer Kayserlichen majestädt plenipotentiarii zue ihrer chur-
fürstlichen durchlaucht freyem belieben, was sie hierunder thuen wolten. Seitemaln
aber erscheint, daß die Schweeden diese ihre erklährung vor ihre letstere resolution
gehalten haben unnd sich weiter nit treiben lassen wöllend, so hette man an seithen
ihrer Kayserlichen majestädt seiner durchlaucht hiemit gebührend anzuefüegen nit
undterlassen khönden, daß ihr majestädt einmal entschlossen sein unnd bleiben, dieser
zwischen Schweeden unnd seiner churfürstlichen durchlaucht füehrender praetensio-
num halber den friden lenger nit auffhalten ze lassen, noch derentwegen mit der cron
Schweeden lenger in krieg unnd feindtschafft zue stehen, sonndern auf stetigs flechen,
pitten unnd anvermahnen aller anderer chur-, fürsten unnd ständten deß Reichs, ja auch
auf der cron Franckhreich selbstaignes antraiben der sachen dermaln ein ende ze
machen unnd, wafern sein churfürstliche durchlaucht mit ihrem consens lenger an sich
halten wolten, mit denn Schweedischen plenipotentiariis ihrem andern vorschlag gemäß
einen endtlichen schluß zue treffen. Demnach so ersuechten die Keyserlichen plenipo-
tentiarii seine churfürstliche durchlaucht, sie wolten sich unbeschwerdt einer gewissen
unnd satten erklährung uff die Schweedische alternativam vernehmben lassen unnd an
ihrem ort ebenmäsßig zu erhebung eines endtlichen unnd bestendigen fridens verholf-
fen sein.
Solte nun der herr churfürst hierauff etwan in seiner antwort dahien gehen, daß er seinen
consens so hoch nit difficultieren wolt, wann er vorderist wissen solt, waß mann ihme
vor ein aequivalente dargegen geben wurde, so ist zu replicieren, daß allem ansehen nach
khein hoffnung ze machen, daß die Schweeden Garz, Stettin unnd Wollin zuruckhgeben
werden. Was aber die 1 200 000 reichstaler anlangte, wafern dieselbe von Schweeden
quittiert, inmaassen die Franzosen derentwegen ahn selbe ze sezen sich erbiethig
gemacht, so hette es dem ersten vorschlag nach dabey zu verbleiben, daß diese summe
gelts ihrer churfürstlichen durchlaucht vom Römischen Reich abgestattet, auch noch
darzue daß bisthumb Halberstatt auf gewisse maaß unnd weiß eingeraumbt werden sott,
mit wölchem dann sein durchlaucht mehr dann gnuegsamb recompensiert sein wurden.
Dann es wurden selbe sonder zweifl vorderist wissens tragen, was die Schweedischen
plenipotentiarii selbst für argumenta zue gebrauchen pflegen, derentwegen sein durch-
laucht sich darwider zu beschwehren khein ursach hetten, alß namblich, daß sie wegen
Preüssen noch in bewüßter unrichtigkhait stüenden, die bisthumb Brandenburg, Havel-
berg unnd Lebus uber 100 jahr genossen unnd darvon dem Reich kheine dienst gelaistet,
von dero fürstenthumb Crossen
zugleich vil tonnen goldts verfallner landtschazung schuldig verbliben unnd, wie die
Schweeden sagen, dero herr vatter
Kf. Georg Wilhelm von Brandenburg (1595–1640); 1619 Kf. Dem schwed. Eingreifen in
Deutschland (1630 Juni 26/Juli 6 Landung auf Usedom) hatte er reserviert gegenübergestan-
den ( ADB VIII S. 619–629 ; NDB VI S. 203–204 ).
reichsboden eingeladen. Deme aber sey, wie ihm wolle, so hetten ihr churfürstliche
durchlaucht gleichwol zu bedenckhen, daß sie vorderist ihr ganzes churfürstenthumb
ungeschmälert, wie solches von ihren vordem auff sie ererbt worden, innbehielten, ein
ansehenliches fürstenthumb, so sie unnd ihre vordem niemaln in leiblicher besizung
unnd nüesßung gehabt, unnd vor den anderen aus ihrer anwartschafft zuruckhbleiben-
den theil das bisthumb Halberstatt, so nit weniger einem ansehenlichen reichsfürsten-
thumb zu vergleichen, auch uber diß alles ein so starkche summa gelts bekomben theten,
hingegen aber zu betrachten hetten, daß ihr Keyserliche majestädt unnd dern hochlobli-
ches hauß ganz unverschuldter dingen so treffliche unnd über 600 jahr in deren erb-
unnd aigenthumb gestandne landtschafften
leütten, allein dem Römischen Reich dardurch den friden desto leichter zu erkhauffen,
dahinden lassen müessten.
Ob dann hierauff der herr churfürst etwan mehrere forderung wegen seiner ricompens
eröffnen, sonnderlich aber auf das erzbisthumb Magdenburg andeütung thuen lassen
wolte, so solle der von Plettenberg antwortten, daß er khein weitern befelch hette, alß
seiner churfürstlichen durchlaucht dasjenig, wie vorstehet, anzuezeigen, worüber sie sich
dann zu erklähren geruehen wolten, allermaassen er dann hierauff sein abfertigung ze
sollicitieren unnd sich ungesaumbt wider zuruckh zu begeben wissen würdt.
Unnd dieweil die herrn Frantzösischen plenipotentiarii ebenmässig jemandt der ihrigen
zu dem herrn churfürsten abzeordnen vorhabens, so soll er mit demselben, was bey
seiner durchlaucht anzebringen, jedoch behuetsamblich, communicieren, sonnderlich
deß churfürsten recompensforderung halber sich eines mehrern, alß obstehet, nit
außlassen, sonndern, wa durch den Franzößischen abgeordneten etwas wegen Magden-
burg bey dem herrn churfürsten angebracht, es dahin stellen, daß dessentwegen die
weitere handlung alher nach Münster ze remittieren sein werde.