Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
111. Ferdinand III. an Trauttmansdorff Preßburg 1646 November 9
Preßburg 1646 November 9
Ausfertigung: TA Ka. 124 (Teil II) fol. 115–115’, Dechiffrierung: Ebenda fol. 115 =
Druckvorlage – Konzept: RK KrA Fasz. 163 fol. 28–29.
Kurbayerische Forderungen am kaiserlichen Hof; kaiserliche Resolution. Post.
Waß der churfürstlich Bayrische geheimber rath und hofcammerpraesident
Johan Mandel |:wegen der unmüglichkeit, den krieg fortzusezen, sondern
daß des churfürsten in Bayrn liebden ob inevitabilem necessitatem gezwun-
gen werde, sich quovis modo in particulari zu accomodiren [ angebracht]:|,
das habt ihr auß dem einschlues sub A mit mehrerm zu ersehen.
Ich habe mich darauf durch den ertheilten beschaidt erklärdt und besagten
abgeordneten |:die gefehrliche nachfolg, so bey diesem vorhaben zu befürch-
ten, repraesentiert,:| wie die andere beylag sub B außweiset. Hab es eüch zu
ewer wissenschafft und darmit ihr eüch darnach zue richten, communiciern
wollen. |:Er ist zwar darüber wieder einkommen und die priora repetirt
bin darauf gesonnen, ihme nochmahls alles hierauß entstehendes unheil zu
gemüeth zu fuhren:|. Und soll eüch vernere nachricht darüber erfolgen.
Die ordinari von Münster ist diese wochen, monttags und heündt, noch
außblieben.
A Memorial Mändls an Ferdinand III., s. l. 1646 Oktober 16, praes. Oktober 23. Kopie: TA
Ka. 124 (Teil II) fol. 121–127, Auflösung der Chiffre fol. 116–118’ = Druckvorlage –
Kopie: RK KrA Fasz. 162 fol. 330–332.
Der Kf. danke für die in dem Brief vom 4. Oktober 1646 ausgesprochene Hilfsbereitschaft
des Ks.s. Doch habe er den Eindruck, daß der Ks. den Krieg fortsetzen wolle. Dagegen aber
sprächen einige Gründe: Was ihn selbst anlange, so seien die kf.lich-bayerischen Lande von
Feind und Freund ruiniert worden. Selbst wenn der Feind aus dem schwäbischen und
fränkischen Reichskreis vertrieben werden würde, was ihm ganz unmöglich erscheine, wären
Winterquartiere für die ksl. und die bayerische Armee unmöglich, so daß Meutereien der
Soldaten befürchtet werden müßten. Er selbst habe wegen seines hohen Alters und der
Verantwortung für seine Familie den Frieden nötig. Darüber hinaus sei von anderen
Reichsständen keine Hilfe zu erwarten, denn entweder seien ihre Lande erschöpft, oder sie
hätten sich neutral erklärt. Die Bitten des Ks.s. um kurbayerische Kriegsmittel deuten darauf
hin, daß er selbst wenig zur Verfügung habe. Die (schlechte) Situation im Armeekommando
kenne der Ks. selbst am besten. Über die geringe Disziplin der gemeinen Soldaten würden
überall bittere Klagen geführt.
Auß welchem allem unschwer zu schliessen, was man sich |:auß einem solchen
ungluckseligen, ubel bestelten krieg für eines effects und außgangs zu getrösten, wie man
dan laider mit unwiederbringlichem schaden bißhero erfahren, das es alle ihar nur arger
und ein landt, vestung, pass und wasserstromb nach dem andern biß an das wenige, so
noch überig und ebenmessig in eusserister gefahr der perdition ist, verlohren worden.:|
Und diweil es dan an |:allen orthen und an allen requisitis, als quartier, geldt, volck,
proviandt, pferdt, fuhrwerck, munition, kriegscapi und disciplin, ermanglen:| und ihre
churfürstliche durchlaucht weder |:mittel noch krefften haben, noch wissen,:| den |:
krieg ferner zu continuiren:| und |:dero reichsarmada zu underhalten, man praesumier:|
und |:vermaine gleich anderer orthen von deroselben und ihren mittlen, was man immer
wolle, weilen es niemandt besser wissen kan und soll alß sy selbst,:| also haben sie
solches Euer Kayserlicher Majestät in aller gehorsamb und aus trewpflichtiger wahrnung
zu dem endte anfuegen wöllen, damit Euer Kayserliche Majestät sich nit |:auf ein anders
oder etwan auf außlendische hilfen, deren man sich nichts zu getrösten, verlassen und
antragen, sonder durch mittel der friedenshandtlungen, wie sy nur immer stattfinden
(was nit wieder Gott und das gewissen ist) dem krieg ein endt machen. Deshalb solle
Trauttmansdorff auf dem WFK bleiben und den Friedensvertrag mit den Kronen abschlie-
ßen .
Dan da es nit noch diesen herbst, ehe und dan die reichsfeinde die kriegsmittel auf
kunftige campagna ergreiffen und zu continuation des kriegs anstalt machen, geschehen
solte, so sein ihr churfürstliche durchlaucht auß wissentlicher eüsserister necessitet
getrungen und, wie oben gemeldt, gewissens und pflicht halber, so sy gegen ihren von
Gott anvertrawten landten tragen, schuldig, sich dieses unertreglichen last zu entledigen,
dero landt und leuth, ihre herzliebste gemahlin, kinder und ganze posteritet vor
entlichem undergang und bey der alleinseligmachenden religion, welche bey sogestalten
sachen in höchster gefahr stehet, durch andere mittel, wie und so guet sy könden, zu
salvieren und zu erretten, inmassen von anderen chur-, fürsten und ständen des Reichs,
auch mit guethaissen Ewer Kayserlicher Majestät, beschehen.
Es tue ihm leid, er wäre viel lieber Ewer Kayserlicher Majestät socius pacis, wie sy in 28
jahr hero ein trewer, bestendiger socius belli gewesen. Aber gerade wegen dieser 28jährigen
Dienste hoffe er, für diese Entscheidung Verständnis zu finden.:| Er bitte um eine Resolution
des Ks.s.
B Kaiserlicher Bescheid für Mändl, Preßburg 1646 November 3. Kopie: TA Ka. 124 (Teil II)
fol. 128–138’, Auflösung der Chiffre fol. 185–188 = Druckvorlage – Konzept: RK KrA
Fasz. 163 fol. 4–4’, 13–13’, 5–12’.
Referat des Memorials Mändls. Der Ks. bemühe sich weiterhin um die Stärkung der Armee,
wie der Kf. von Bayern noch kürzlich geraten habe. Der Ks. habe Verständnis für die Klagen
des Kf.en. Die angeführten Mißstände seien ihm bekannt. Jedoch wisse der Kf., was der Ks.
bisher für den Frieden getan habe. Da der ndl.-span. Friedenschluß und die Erklärung der
Franzosen, was sie mit oder ohne Schweden zu tun gesonnen seien, kurz bevorstehe und
dahero alleß so weit kommen, daß des friedens entlicher schlüß, auf den die ganze
christenheit so vil lange jahr mit so viel seüffzen gewartet, durch |:nichts alß durch
Separation beeder löblichen heüser aniezo underbrochen kan werden,:| also geben ihre
Kayserliche majestät ihrer churfürstlichen durchlaucht hinwider zu erwegen,|: ob nit all
nach lengs erzehlte gefahren noch mehrers aggraviren:| und |:allen ubelstandt weit ärger
machen würde:| und |:müesse,:| wan |:die reichsfeinde einzige inclination bey ihrer
churfürstlichen durchlauchtkeit vermercken solten, das sy gesonnen weren, bey noch
werrender oder etwan auch kunfftigen campagna von:| ihr Kayserlichen majestät und
dero loblichen erzhauß, dergestalt auch von |:der ganzen allgemeinen sachen sich zu
separiren,:| und |:ob nit ihre:| churfürstliche durchlaucht |:die hochbeschwehrliche
verantworttung bey der ganzen christenheit auf sich laden wurden, daß durch derglei-
chen unzeitige resolutiones alle hoffnung zum frieden, alle bißhero daran gewendte
mühe:| und |:arbeit auf einmahl gefallen:| und |:verschwunden were! Der Ks. habe
Neutralitätsverträge nie gebilligt. Auch hätten die Stände, die diese eingegangen seien, keinen
Vorteil daraus gezogen, sondern seien nur noch mehr unter das Joch der Feinde geraten; dieses
drohe sogar den früheren Freunden und Verbündeten der Kronen. Daher sei der Kf. auch nach
einer Einigung mit Franzosen und Schweden nicht vor der schwed. Forderung nach
Freistellung der Religion in seinen Landen sicher. Demgegenüber beruhe die Erhaltung der
kath. Religion in Deutschland allein auf der ksl.-kurbayerischen Einigkeit.
Die 28jährigen Dienste des Kf.en seien unvergessen. Gerade deshalb solle er nicht die
Verantwortung für die Separation auf sich nehmen, denn diese würde ihm selbst und dem
ganzen Vaterland nur Not und Leid bringen.