Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
109. Ferdinand III. an Lamberg und Krane Preßburg 1646 November 8

[p. 182] [scan. 258]


1
–/ 109 /–

2

Ferdinand III. an Lamberg und Krane


3
Preßburg 1646 November 8

4
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 51b fol. 46–46’, 64 = Druckvorlage – Kopie: Giessen 208 nr. 21
5
p. 82–84 – Konzept: RK FrA Fasz. 51b fol. 45–45’, 65.

6
Die angeblich eigenmächtige Deputation der protestierenden Stände in Osnabrück.

7
Verweis auf APW II A 4 nr. 183 und auf die ksl. Weisung vom 19. Juni 1646

23
Ausf.: RK FrA Fasz. 51b fol. 71–71’ – Kopie: Giessen 207 nr. 167 p. 658–660 – Konzept:
24
RK FrA Fasz. 51b fol. 70–70’.

8
mit deren Beilagen

25
Ferdinand III. an die Hg.e von Braunschweig und Lüneburg, Linz 1646 Juni 14 (vgl. nr. 81
26
Anm. 3). Ferdinand III. an Kf. Johann Georg I. von Sachsen, Linz 1646 Juni 14 (Kopie:
27
Giessen 207 nr. 169 p. 664–666 – Druck: Meiern , APW III S. 309–310 ).
sowie auf die jetzt mitgeschickten Beilagen.


9
Beilagen


10
A Kf. Johann Georg I. von Sachsen an Ferdinand III., Dresden 1646 Oktober 9/19. Kopie: RK
11
FrA Fasz. 51b fol. 47–47’; Giessen 207 nr. 22 p. 84–87.

12
Auf das ksl. Schreiben vom 14. Juni 1646

28
Vgl. Anm. 2.
. Meinen Ges. habe ich das Nötige befohlen und an
13
die genannten F.en geschrieben

29
Diese Akten wurden nicht ermittelt bis auf ein kursächsisches Schreiben an Hg. August von
30
Braunschweig-Wolfenbüttel vom 10./20. Juli 1646 (Druck: Meiern , APW III S. 307–309)
31
und eines an den Adm. von Magdeburg vom 20./30. Juli 1646 (Druck: Ebenda S. 310).
. Ihre Antworten lege ich bei.


14
Beilagen


15
[1] Hg. August von Sachsen-Weißenfels

32
Hg. August von Sachsen-Weißenfels (1614–1680), zweiter Sohn des Kf.en Johann Georg I.
33
von Sachsen (1585–1656); 1628 als Adm. von Magdeburg postuliert, 1635 auf Lebenszeit
34
anerkannt ( ADB I S. 680–681 ; NDB I S. 450 ).
an Kf. Johann Georg I. von Sachsen, Schernicke

35
Wahrscheinlich Schermcke (Est. Magdeburg), nahe Oschersleben (Ht. Halberstadt) ( Zedler
36
XXXIV Sp. 1331).

16
1646 Juli 29/August 8. Kopie: RK FrA Fasz. 51b fol, 49–49’; Giessen 208 nr. 23 p.
17
87–89.

18
[2] Hg. Friedrich Wilhelm II. von Sachsen-Altenburg

37
Hg. Friedrich Wilhelm II. von Sachsen-Altenburg, gen. Posthumus (1603–1669); 1639 Hg.
38
( ADB VII S. 792–794 ).
an Kf. Johann Georg I. von Sachsen,
19
Altenburg 1646 Juli 31/August 10. Kopie: RK FrA Fasz. 51b fol. 51–54 = Druckvor-
20
lage
; Giessen 208 nr. 24 p. 90–97.

21
Auf das kf.lich-sächsische Schreiben vom 10.[/20.] Juli 1646

39
Wurde nicht ermittelt.
und den ksl. Brief vom 14.
22
Juni 1646

40
Wahrscheinlich gleichlautend mit dem ksl. Schreiben an die Hg.e von Braunschweig und
41
Lüneburg (vgl. [ nr. 81 Anm. 3 ] ).
. Meine Antwort an den Ks. und die Rechtfertigungen meiner Ges. lege ich bei.

[p. 183] [scan. 259]


1
Mit Euer Gnaden aber seindt wir in derne einerley gedanckhen und meinung, daß in
2
die Päbstisch catholische herrn chur-, fürsten und stände und besonders auch ihre
3
Kayserliche und königliche majestät respectu derer erbkönigreich, erzherzog-, für-
4
stenthümber und landen über neülichst beschehenes erbietten und erklärung, welche
5
Euer Gnaden legaten zu Oßnabrugg unß durch unsere abgesandten daselbst eröffnen
6
lassen

30
Vgl. wahrscheinlich die Vermittlungsvorschläge der ksl. Ges. vom 12. Juli 1646 (Druck:
31
Meiern , APW III S. 193–199 , hier S. 197–198).
und seitherdessen hoch- und wohlgedachter herrn catholischen chur-, fürsten
7
und stände abgesandte derer evangelischen chur-, fürsten und stände gesandten zu
8
Münster schrifftlich überreichen lassen, durch frembde waffen oder einzigen derglei-
9
chen gewaldt nicht zu tringen noch der politische friede lenger zu verzögern.

10
Es will aber gleichwohl unsers unmaßgeblichen erachtens gewissens halben und umb
11
Gottes ehre willen sich noch ferner dahin zu bemühen sein, ob ihrer Kayserliche und
12
konigliche majestätt zusambt derer andern catholischen chur-, fürsten und stände
13
herzen und gemüther (woran in religionssachen am meisten gelegen) durch andere
14
güetliche und christliche schrifftmessige mittel nochmahls dahin zu bewegen und
15
durch Gottes gnade zu gewinnen, daß ihre majestätt und liebden seinen heiligen
16
nahmen zu lob und preiß, zu volbringung seines Göttlichen willens und außbraitung
17
der rainen alleinseeligmachenden evangelischen warheit der Augspurgischen confes-
18
sion auch ihren königreichen und landen eine freyen lauff und exercitium publicum
19
gönnen und verstatten wolten, inmassen Euer Gnaden und unsere, auch anderer
20
evangelischen chur-, fürsten und stände hochlöbliche und löbliche vorfahren in
21
vorigen zeitten nicht allein durch vorbitt und intercessiones, sondern auch publicis
22
scriptis und besonders tempore concilii Tridentini

32
Das Konzil von Trient, das 19. allgemeine Konzil, tagte vom 13. Dezember 1545 bis zum 11.
33
März 1547, vom 1. Mai 1551 bis zum 28. April 1552 und vom 18. Januar 1562 bis zum 4.
34
Dezember 1563 ( HKG IV S. 487–500, 510–520).
in der „Statlichen außführung
23
derer ursachen, warumb sie solches nicht besuechen lassen könden“ (so erstmahls
24
anno 1566 und neulichst widerumb mit Euer Gnaden sonderbahren churfürstlichen
25
privilegio anno 1629 zu Dreßden in offenen druckh kommen)

35
Gemeint ist die Stattliche Auß= || fürung der Ursachen / da= || rumben die Chur / und
36
Fürsten / auch || andere Stende der Augspurgischen Con= || fession / des Babst Pij IIII.
37
außgeschriben ver= || meynt Concilium, so er gegen Trient angesetzt / nit || besuchen
38
kh[xxx]unden / noch z[xxx]u besuchen schuldig gewe= || sen sind / Sonder dasselb / als hochver-
39
dechtig / auch || z[xxx]u gemeyner Christenlicher einigkeyt undienstlich / || Anfangs z[xxx]ur
40
Naumburg [ 1561 ] / und volgends auff || jüngst gehaltenem Wahl / und Cr[xxx]onungs Tag /||
41
z[xxx]u Franckfurt [ 1562 ] in schrifften billich ver= || wegert haben. […] Nach dem Straßburgi-
42
schen Exemplari Chr. M[xxx]ull. || 1566 von Wort zu wort / || Mit Churf[xxx]ur: Durchl: zu
43
Sachsen Special= || Begnadigung || Gedruckt zu Dreßden 1629. Die erste Ausgabe dieser
44
umfangreichen, 1565 und 1597 in Straßburg in lateinischer Übersetzung herausgegebenen
45
Flugschrift war – im Unterschied zu der Angabe im Text – s. l. 1564 erschienen, es folgten
46
die Ausgaben Straßburg 1566, Tübingen 1573, Frankfurt 1583 sowie die hier genannte. (Zum
47
Inhalt vgl. Häberlin V S. 113–121; zu Verfasser und den Ausgaben Bertram IV S.
48
159–164; für Hilfe und Auskünfte danke ich Herrn Thomas Brockmann sowie der Sächsischen
49
Landesbibliothek Dresden ) .
durch gründtlichen
26
beweiß und helle klare gezeügnus Göttlicher schrifft, auch nicht eines geringen theils
27
ihrer, der herrn catholicorum, eigener scribenten (die sich der wahren gottesfurcht
28
und reiner Göttlicher warheit etwas herzlicher befliessen) dergleichen auch höchst-
29
löblichst , löblich und rühmblich gethan.

[p. 184] [scan. 260]


1
Sovil dan insonderheit den geistlichen fürbehalt belanget (darüber sich iezo zu
2
Münster und Oßnabrugg fast der grösseste streit erhelt): Und stehet gleichergestalt
3
männiglichen in offenen druckh für augen, wie hochermelte unsere christseelige
4
vorfahren deßwegen ufm reichstag zu Augspurg anno 1555

42
Der Augsburger RT vom 5. Februar bis zum 25. September 1555 ( Ritter , ARF ; Simon ,
43
ARF ; Lutz , Christianitas S. 352–374, 423–445).
sambt folgenden vielen
5
reichsversamblungen ihr christliches gewissen derogestalt nottürfftig verwahret, das
6
ob sie zwar gedachten vorbehalt niemahl vel expresse vel tacite approbiren oder
7
billichen wollen noch können, daß sie doch solchen endtlich zu deren herren
8
Päbstisch catholischen (welche durch keine trewlich wohlgemainte, güetliche remon-
9
stration der Göttlichen unwidersprechlichen warheit und christliche erinnerung
10
darvon abzubringen) gewissensverantworttung und diese sache Gottes, des allerhöch-
11
sten , dessen eigene sie ist, wohlgefelliger allzeit heilsame gubernation und gerechten
12
gerichte christlich und friedtfertig anheimgestellet haben, derowegen biß dahero alle
13
unsere instructiones mit sonderm bedacht dahin eingerichtet und mehrgedachten
14
unsern räthen und gesandten anbevohlen, in solchen terminis zu verbleiben und mit
15
Euer Gnaden gesandten über derer evangelischen fürsten und stände gravaminibus
16
sowohl derer herrn Päbstisch catholischen gegengravaminibus, tam et ecclesiasticis
17
quam politicis, sich mit fleiß zu unterreden, derer vernünfftige gedankhen zu
18
vernehmen und mit ihnen einstümmiger votorum sich möglichst zu vereinigen. Gerne
19
hören wir aus den Relationen unserer Ges. , daß in Münster und Osnabrück eine Einigung
20
kurz bevorstehe. Doch wünschen wir weiterhin, daß das Exercitium publicum, mindestens
21
das Exercitium privatum in den ksl. Erblanden gestattet werde und daß Euer Gnaden
22
dazu mithelfen. Außerdem bitten wir, unsere Gedanken dem Ks. so darzulegen, daß
23
dieselbe ausser allen zweiffel zu stellen geruhen wolle, wie wir iederzeit deroselben
24
und des Heyligen Reichs getrewer und gehorsamer fürst sein und bleiben werden.


25
Beilagen


26
[1] Fehlt.

27
[2] Fehlt.

28
[3] Hg. Wilhelm IV. von Sachsen-Weimar

44
Hg. Wilhelm IV. von Sachsen-Weimar (1598–1662); 1605 Hg. ( ADB XLIII S. 180–195 ).
an Kf. Johann Georg I. von Sachsen, Weimar
29
1646 August 18/28. Kopie: RK FrA Fasz. 51b fol. 55–60 = Druckvorlage; Giessen 208
30
nr. 25 p. 98–111.

31
Auf ein kf.lich-sächsisches

45
Wurde nicht ermittelt.
und ein gleichlautendes ksl.

46
Vgl. Anm. 8.
Schreiben. Wie unß nun und
32
allen getrewen reichsstenden obliget, ihrer Kayserlichen majestät oder dero plenipo-
33
tentiariis aus schuldiger devotion in denen puncten, so mit den cronen zu tractieren
34
und daß Römische Reich concernieren (mit dem punct der gravaminum ecclesiastico-
35
rum , welche die stende allein angehen und da ihre Käyserliche majestät neben den
36
catholischen ständen hoch interessiert seindt, hat es vil eine andre beschaffenheit, und
37
will sich gewissens halben anders nicht leiden, alß daß sich die evangelischen ihres
38
eigenen freyen voti miteinander gegen die catholischen gebrauchen, soofft es nöthig)
39
zu erlangung des lieben friedens trewlich beyzuspringen, also haben wir allweege
40
unsere consilia und unsere Instruktion darauf ausgestellt, die Trennung unter den
41
Reichsständen zu verhüten. Unser Ges. hat sich bisher immer daran gehalten. Die ev.

[p. 185] [scan. 261]


1
Deputation ist von den kath. und den übrigen ev. Ständen anerkannt worden. Die weil
2
dan kundtbar, daß insonderheit aus den überheüfften gravaminibus ecclesiasticis
3
wider den Paßawischen vertrag, religionfriedt und demselben anhengige andere
4
reichsabschiedte undt declarationes gleichsamb als einem zunnder daß schädliche
5
mißtrawen unter den reichsstenden und der daraus entstandene bluetige krieg und
6
gegenwertiger ganz gefehrlicher zustandt deß geliebten vatterlandts Teütscher nation
7
seinen ursprung genommen und, wo denselben nicht aus dem grunde remediert
8
wirdt, nimmermehr ein bestendiger friede zu hoffen, gestalt die frembde cronen in
9
ihren replicis darauf ihr fundament sezen

40
Vgl. [ nr. 81 Anm. 5 ] . In ihrer Replik vom 28. Dezember 1645/7. Januar 1646 (Druck der den
41
Reichsständen mitgeteilten Fassung des Protokolls ihrer Eröffnung: Meiern , APW II S.
183–190 ) waren die schwed. Ges. auf diese Forderung zurückgekommen.
und die bestendige beylegung der
10
gravaminum vor eine unumbgengliche condition eines sicheren friedens achten, so
11
halten die evangelischen darfür, die friedensverhinderung beruehe allein darauf, daß
12
den eingerissenen gravaminibus nicht mit rechtem ernst abgeholffen werden wolle
13
und die catholischen nicht allein ihrestheils der evangelischen gravamina wider sie
14
fast darniderschlagen, sondern auch dargegen sich mit andern weder in iure noch
15
facto gegründeten wider die evangelischen behelffen oder, wan es hoch kombt, daß
16
alte liedt wider anstimmen, es wolle eines und anders ihnen einzugehen wider ihr
17
gewissen lauffen, alß wan ihnen etwas newes angemuethet wurde und frey stünde, zu
18
willigen oder nicht, da die evangelische doch durchaus nichts mehr wegen der
19
geistlichen güetter und anders von den catholischen begehrten, alß daß darüber steiff
20
und vest gehalten werden solle, was bey regierung der in aller welt hochberüembten
21
bey den Römischen kaiser Caroli V. und Ferdinandi primi glorwürdigster gedechtnus,
22
reifflich erwogen und verglichen, die hochgeehrten vorfahren mit ihrem unsterbli-
23
chen nachruehmb zu erweiterung der ehre Gottes und seines heyligen, seeligmachen-
24
den wortts einmahl durch einhelligen schluß aller reichstende erlanget und der
25
religionsfriedt, dessen als eines augapfels zu schonen, ad literam außtruckhlich
26
besaget, welcher in den reichsabschieden anno 1557, 1559 und 1566

43
Vgl. Punkt 7 des Regensburger RA vom 16. März 1557 (Druck: Sammlung III S. 136–152,
44
hier S. 138), Punkt 5 des Augsburger RA vom 19. August 1559 (Druck: Ebenda S. 163–199,
45
hier S. 164) und Punkt 6 des Augsburger RA vom 30. Mai 1566 (Druck: Ebenda S. 211–244,
46
hier S. 213–214).
aufs newe von
27
allen reichsstenden widerholet und becrefftiget, auch deß außtruckhlichen inhalts ist,
28
wan schon wegen der religion kein generalconcilium, nationalversamblung, collo-
29
quien oder reichshandlungen erfolgen würde, alßdan nichtsdestoweniger den frie-
30
denstandt in allen oberzelten puncten und articuln bey cröfften biß zu entlicher
31
vergleichung der religion- und glaubenssachen stehen und bleiben und solchergestalt
32
und sonst in alle andere weege ein bestendiger, beharrlicher, unbedingter für und für
33
ewigwehrender friede aufgerichtet und beschlossen sein und bleiben solle, darbey es
34
anno 1555 ungeachtet der königlichen resolution und damahliger beypflichtung der
35
catholischen besage der übergebenen duplic unverendert bleiben müessen

47
Vgl. dazu den doppeldeutigen und in der Konsequenz paradoxen Art. [12] des ARF von 1555
48
September 25 (Druck: Brandi , ARF S. 48–49), der dem Frieden bis zur gebotenen
49
Wiedervereinigung Dauergeltung verlieh ( Heckel S. 115, 129), und dazu als Vorakten die
50
kg.liche Resolution von 1555 August 30 (Druck: Lehenmann I S. 32–36) sowie die Duplik
51
der Reichsstände von 1555 September 7 (Druck: Ebenda S. 39–43).
, und
36
keine temporalitet zulasse. Und obwohl anno 1555 die catholischen in daß concept
37
ieztgeregtes religionfriedens bey dem puncten der verruckhung der ordentlichen
38
residenzen die clausul „mit vorwissen und willen ihrer ordentlichen obrigkeit“ und
39
daß sie in den ganzen religionsfriedt weiter nicht willigen wolten, alß was sie

[p. 186] [scan. 262]


1
gewissens und ambts halben thuen könnten, zu bringen begehret, so seye doch in der
2
stende und zweifelsohne Euer Gnaden eigenen archiven die gründtliche nachrich-
3
tung , das es ihnen glat abgeschlagen und von den anderen stenden zu gemüeth
4
gefüehret worden, sie solten als fürsten, stende und mitglider des Reichs, deme sie
5
mit aiden und pflichten verwandt, ohne beschwerung ihres gewissens die gemaine
6
constitution deß religionfriedens bewilligen, und die clausul außen gelassen wor-
7
den

44
Vgl. Art. [4] und [12] des ARF (Druck: Brandi , ARF S. 44, 48–49) und dazu als Vorakten
45
das Bedenken des KFR, das vom FR mehrheitlich angenommen wurde, s. d. (Druck:
46
Lehenmann I S. 20–21), das Bedenken der weltlichen F.en im FR, praes. dem KFR 1555
47
Mai 21 (Druck: Ebenda S. 21–23), sowie das Bedenken der beiden oberen Kollegien von
48
1555 Juni 19 (Druck: Ebenda S. 24–26).
. Man wiste im Römischen Reich von keiner anderen ordentlichen obrigkeit.
8
Hetten die catholische stende nun damahls den religionfrieden unverleztes gewissens
9
und pflicht einzugehen kein bedenckhen getragen, so konnten sie sich iezo viel
10
weniger mit dem praetext aufhalten, da daß Pabstliche recht, darauf der catholischen
11
pflicht und gewissen sich allermeist gründet, wider den religionfriedt nicht mehr
12
angezogen werden möge und in eines ieden wihlkhur nicht stehe, etwas auss deme,
13
was wider Gottes wortt nicht laufft, vor eine gewissenssache eigenes gefallens in
14
praeiudicium tertii anzuziehen.

15
Sonsten seindt Euer Gnaden hochwichtige motiven, warumb ehr ein gewisses
16
anerbiethen zu placidieren als sich dem ungewissen außgang frembder völckher
17
waffen zu vertrawen seye, billich in gebührenden respect zu halten. Were auch wohl
18
zu winschen gewesen, die reichsstende hetten strackhs anfenglich zu guetlichen
19
mitteln gegriffen und solche mechtige frembden völckher nicht auf des Reichs boden
20
kommen lassen.

21
Und obwohl der punct wegen der hohen immediaterz- und stiffter, so der geistliche
22
vorbehalt genennet würdt, der allerwichtigiste einer, auch von dern hochloblichen
23
vorfahren gnuegsamb behaubtet, daß die evangelische zum wenigsten eben so vil
24
rechts daran haben als die catholischen, dieweil aber aus dem religionfrieden
25
offenbahr, daß die stände beider religionen sich noch niemahls darüber haben
26
vergleichen können, so ist kein zweifel, es werden alle friedtliebende evangelisch
27
stende sich wegen solcher hohen stiffter wohl zu einer temporalitet auf gethane
28
vorschlege oder ander billiche maase verstehen, wan nur die catholische stende sich
29
zu einer gleichheit und reciprocation bequemmen, daß die künfftige fälle, wan ein
30
oder daß andere immediatstifft reformiert werden solte, darunter begriffen und
31
solche temporalitet nicht bloß auf die albereit reformierten stiffter restringiert und
32
darfür gehalten werden möchte, ob hette man sich dises allerwichtigisten puncts zu
33
ewigen zeiten begeben, were von der vorfahren dapfern resolutionen abgewichen und
34
wolte unserer wahren christlichen religion eine unaußleschliche mackel aufbürden
35
lassen, so gegen Gott und der wehrten posteritet schwerlich zu veranthworthen.

36
Nachdem auch am Kayserlichen hoff- und cammergericht zu Speyer offt sehr
37
wichtige sachen fürgehen, daran landt undt leüthen gelegen, so wolte die hohe
38
notturfft erfordern, daß zu verhüettung alles verdachts nicht allein umb derer aus
39
dem religionfriedt herrüehrenden, sonder auch aller anderer politischen sachen
40
willen beide hohe gerichte mit qualificierten assessorn undt reichshofräthen beeder
41
religionen in gleicher anzahl besezt, eben also auch mit den advocaten, agenten und
42
procuratorn, wie zu kaiser Maximiliani, Rudolphi und Matthiae zeiten gehalten

49
Nachdem im RA 1555 § 106 (1555 September 25; Druck: Zeumer II nr. 189, hier S. 361)
50
AC-Verwandte zum RKG zugelassen worden waren, hatte die Visitationskommission von
51
1560 darüber hinaus den Kammerrichter bei der Zusammensetzung der Senate in Prozessen
52
über den Religionsfrieden auf den Grundsatz der konfessionellen Parität verpflichtet. Diese
30
Verfahrensregelung ist wahrscheinlich in der Praxis eingehalten worden, doch blieb das RKG
31
insgesamt kath. bestimmt, namentlich der Posten des Kammerrichters und der zwei oder drei
32
Präsidenten. In der wechselnden Zahl der Assessoren verfügten die Kath. meist über die
33
qualifizierte Mehrheit ( Weber , Parität S. 121–122; Rabe S. 272–273). – Unter die zwölf bis
34
achtzehn oder mehr Räte des RHR , die vom Ks. allein ernannt wurden, waren von
35
Maximilian II. (1527–1576; 1562 Römischer Kg. und Kg. von Böhmen, 1563 Kg. von
36
Ungarn, 1564 Ks.) ( ADB XX S. 736–747 ), Rudolf II. (1552–1612; 1572 Kg. von Ungarn,
37
1575 Kg. von Böhmen, 1575 Römischer Kg., 1576 Ks.) ( Evans ; Vocelka ) und Mathias I.
38
(1557–1619; 1578 Generalstatthalter der Ndl., 1608–1618 Kg. von Ungarn, 1611–1617 Kg.
39
von Böhmen, 1612 Ks.) ( ADB XX S. 629–654 ) einige AC-Verwandte aufgenommen worden,
40
die Ferdinand II. (1578–1637; 1619 Ks.) übernahm, ohne selbst neue zu ernennen. Konfessio-
41
nelle Parität war hier jedoch nie erreicht worden, und von 1630 bis 1655 war der RHR sogar
42
rein kath. besetzt ( Gschliesser S. 69, 74–75, 514; Weber , Parität S. 126–127).
,
43
undt allweege bey absterben eines cammerrichters per vices eine abwechßlung eines

[p. 187] [scan. 263]


1
catholischen und evangelischen angeordnet würde, wie Euer Gnaden selbst vor
2
dissem rüehmblich haben fürschlagen lassen

43
Schon bei den Verhandlungen des PF (1635 Mai 20/30; Druck: Londorp IV S. 458–470)
44
hatte Kursachsen – ohne Erfolg – für den RHR die paritätische Besetzung der Ratsstellen und
45
für das RKG die Parität bei den Präsidenten und Assessoren sowie die Alternation im
46
Kammerrichteramt verlangt ( Gschliesser S. 55; Weber , Parität S. 122–123, 127).
47
Summarisch wiederholt wurden diese Forderungen in den Vermittlungsvorschlägen der
48
kursächsischen Ges. betr. die Gravamina vom 13./23. Juni 1646 (Druck: Meiern , APW III
S. 188–189 ; vgl. Schreckenbach S. 39).
.

3
Was die landesfürstliche obrigkeit und darvon dependierende iura betrifft, wirdt
4
billich eine solche gleichheit zwischen den stenden beeder religionen gehalten, daß,
5
wofern nicht andere concessionen und pacta verbanden, alles, wessen sich ein theil in
6
seinen landen und stifftern gebraucht, dem andern auch gebühre. Und würde
7
unveranttwortlich sein, denselben ein wideriges durch kriegswaffen aufzutringen,
8
iedoch daß gleichwol die landsfürstliche obrigkeit nit wider den religionfriedt und
9
sonsten, zumahl bey anfallenden newen landen oder eines reichsstandt unverhoffter
10
enderung seiner religion zu weit und auf die gewissenzwingliche reformation oder
11
außschaffung der underthanen extendieret werde, inmassen wir dan nicht zweiflen,
12
Euer Gnaden werden an ihrem hohen wohlvermögenden orth steiff undt veste darob
13
halten und darneben aus sonderbahrem christlichen eyfer gegen unsere wahre
14
evangelische religion nit allein die catholische chur- und fürsten, sondern auch
15
zuforderst allerhochstgemelte Römisch Kayserliche majestät intercedendo dahin zu
16
bewegen sich bemüehen, daß sie in ihren eigenen erblanden und königreichen, so daß
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publicum exercitium zuvor noch niemahls gehabt, dasselbe auf der underthanen bitt
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und begehren, zum wenigsten nur an einem oder zweyen orth, in allergnädigster
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erwegung [ ziehen und, ] wan der Kayserliche hoffrath, wie obstehet, zur helffte mit
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evangelischen subiectis besezet werden solle, daß demselben solch publicum exerciti-
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um nit abzustrickhen sein werde, verstatten wolten.

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Was wir ferners zu beschleünigung des höchstnothwendigen edlen friedens werden
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cooperieren können, darzue erkennen wir uns als ein getrewer reichsfürst allerdings
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schuldig.

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[4] Die Hg.e von Braunschweig und Lüneburg an Kf. Johann Georg I. von Sachsen, s. l. 1646
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August 31/September 10. Kopie: RK FrA Fasz. 51b fol. 61–62’ = Druckvorlage;
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Giessen 208 nr. 26 p. 112–117.

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Auf ein kf.lich-sächsisches

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Vgl. Anm. 4.
und ein gleichlautendes ksl. Schreiben. Verweis auf ihre
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Antwort

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Vgl. nr. 81 Beilage [1].
an den Ks.

[p. 188] [scan. 264]


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Die prot. Stände auf dem WFK haben ihre Antwort auf die ksl. Vermittlungsvorschläge
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gemeinsam in Lengerich beraten und den Ges. des Ks.s und der Kronen übergeben. Daher
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muß die Antwort der kath. Stände abgewartet werden.

4
Wir bitten Euer Gnaden, beim Ks. und bei den kath. Ständen nachdrückliche Vorstellun-
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gen
zu machen, damit auch ihrestheils sich besser zum zweckhe geleget, sonderlich
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aber eine billichmässige aequalitet zwischen glidern eines reichs gestifftet und
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dadurch daß wahre band der einigkeit und rechtschaffenen vertrawens hinwider
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zusamengefüeget, verknipffet, auch bey der lieben posteritet erhalten und forthge-
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pflanzet werden möge.

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Sollte es nötig sein, werden wir unsere Ges. erneut instruieren, schnellstens zum Frieden zu
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kommen.

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