Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
105. Trauttmansdorff, Nassau und Volmar an Ferdinand III Münster 1646 November 6
Münster 1646 November 6
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 52a fol. 77–77’, 88–90, praes. 1646 November 22 = Druckvorlage
– Kopie: KHA A 4 nr. 1628/42 unfol.; Giessen 207 nr. 365 p. 1375–1381; ÖstA Tirol
Fasz. 20f. p. 2583–2587 – Konzept: RK FrA Fasz. 92 XI nr. 1508 fol. 33–35.
Salvius in Münster bei den kaiserlichen Gesandten. Französische Gesandte: Sendung eines Boten
zum Kurfürsten von Brandenburg von seiten des Kurfürstenrats; Ausschluß des Herzogs von
Lothringen aus dem Friedensvertrag. Entscheidung der Reichsstände für eine Interzession
zugunsten Kurbrandenburgs bei den Schweden und gegen die Berücksichtigung Lothringens im
Friedensvertrag; Protest des lothringischen Gesandten gegen den Rat der Kaiserlichen; scharfe
französische Reaktion. Korrespondenz des französischen Königs mit dem Kaiser.
Auf nr. 75. Im übrigen berichten wir hiemit allerunderthenigist, das negstver-
wichnen freytag, den 2. diss, nachmittag der Schweedische plenipotentiarius
Joan Adler Salvius alher kommen, den wir, der graf von Nassau und Volmar,
weil ich, graf von Trautmanßdorf, meiner indisposition halber nit außkom-
men können, gleich folgenden tags besuecht und von demselben berichtet
worden, das die vom königlichen hof aus Schweeden erwarttete resolution
nunmehr angelangt und er sich derentwegen alher begeben het, umb die noch
unerlädigte articul vollendts abzuhandlen, gestalten auch zu eben disem ende
sein mitgesandter, der Oxenstirn, sich alsogleich mit ime auf die raiß begeben
hette, wo er nit von denn Churbrandenburgischen räthen einer resolution
von ihrem gnädigsten herrn, dem churfürsten, vertröstet worden und vorder-
ist derselben gern erwartten wollen, gestalten Eur Kayserliche Mayestät aus
beyligendem extractu prothocolli, litera A, was dabey hinc inde im discurs
vorgeloffen, und noch ferners gnädigst zu vernemmen haben werden, das
sich gestern abents zugleich beede herren mediatores bey uns eingefunden
und uns im namen der Franzößischen plenipotentiarien angebracht, nachde-
me sie den residenten de Saint Romain zu dem herrn churfürsten zu
Brandenburg abzuordnen und, das er sich mit seinem consens wegen
Pommern lenger nit aufhalten wolte, ermahnen ze lassen entschlossen, das
auch wir mit dem churfürstlichen collegio handlen wolten, ebenmässig aus
irem mittel bey seiner churfürstlichen durchlaucht erinnerung ze thuen.
Hingegen aber haben sie, mediatores, auch erzelt, waß ermelte Franzößische
plenipotentiarii wegen ausschliesßung dess herzogen zu Lothringen an uns
zu gelangen vorhabens, das demnach zwar erscheint, die sachen numehr
beedes, mit denn Schweeden sowol als denn Franzosen, zu einem schluss
kommen möchten.
Sovil aber die erinnerung bey dem churfürstlichen collegio anlangt, da haben
Eur Kayserliche Mayestät aus unseren vorigen relationibus neben anderm
allergnädigst anzuhören gehabt, das die Churbrandenburgische abgesandten
sich schon ein guete zeit bemühet, gemaine stände zu vermögen, das sie eine
intercession bey denn Schweedischen plenipotentiariis ablegen und selbige
von ihren übermässigen praetensionibus abzustehen ermahnen wolten. Und
obwol wir vermeint, es solte dises vorhaben, als darunter nur allerhandt
gefährliche, denn catholischen ständen selbst zu nachtl ausschlagende nach-
folg zu befahren stüende, genzlich aus dem weeg gehalten werden, so ist
iedoch auf dess herrn churfürsten diserorten verlautete ankunfft damit so
ferrn fürgeschritten worden, das die ständt sich entschlossen, solche interces-
sion , iedoch allein in genere, vor die handt ze nemmen, gleichwol vorderist
von uns durch ein deputation, so wir uff morndrigen vormittag beschaiden,
wie weit es in hoc puncto mit denn Schweeden kommen wer, zu erkundigen
da wir dann nit underlassen wollen, denn deputierten dasihenig vorzuhalten,
was diser intercession e diametro zuwider die Franzosen, wie obvermelt, an
uns heten gelangen lassen, nit zweiflende, die ständt hierauf ihre mainung zu
verenderen notwendig befinden werden.
Was aber den herzogen von Lotringen betrifft, da erinneren wir uns
gehorsamist, waßgestalt Eur Kayserliche Mayestät uns mehrmaln allergnä-
digst bevolchen, seine fürstliche durchlaucht von disen fridenstractaten nit
ausschliessen ze lassen , wie wir dann auch biß daher darauf vestiglich
bestanden. Es verbleiben aber die Franzosen uf irer intention so halßstarrig
und unbeweglich, das wir besorgen, es möchte sich hieran das ganze
fridenswerckh aufstossen, neben deme in denn reichsräthen alberait hievor
die conclusa dahin gangen, das man sich [ durch ] dise particularsach am friden
im Reich nit hinderen noch aufhalten lassen solte
Vermutlich sind hier die Ga. des FR (s. d.; Druck: Meiern , APW II S. 509–520, 844–900,
hier S. 518) und des SR (s. d.; Druck: Ebenda S. 947–965, hier S. 947) zu den Repliken der
Kronen gemeint, die neben dem Ga. des KFR (s. d.; Druck: Ebenda S. 914–931) am 17./27.
April 1646 den ksl. Ges. übergeben worden waren (Druck des Protokolls dieser Konferenz:
APW III A 1 nr. 86). Der KFR hatte sich bis dahin immer vorbehaltlos für die Sache des Hg.s
von Lothringen ausgesprochen ( Fitte S. 63–65).
zweiflen, wann der Franzosen protesta newendingen in die reichsräthe
gebracht werden solte, das man uf die exclusion allerseits fallen möchte. Und
ob wir auch sowol vor uns selbst als nit weniger die herren mediatores bey
demienigen abgeordneten, so sich im namen herzog Francisci zue Lotringen
als bischoffs zu Verdun
verglaittung für herzog Carln zu denn allhiesigen congressibus sollicitiert
hatt, bewegliche erinnerung gethan, warumben seine fürstliche durchlaucht
sich auch denen zeiten in etwas wurde bequemmen müessen, so ist doch von
derselben biß dato einige zuverläsßliche erclärung nit zu erhalten gewesen,
sondern ermelter abgeordneter gestrigen tags mit hinderlassener protestation,
davon hiebey, literae B, C, abschrifften, widerumb hinweggezogen. Und
zeigen uns die mediatores ahn, das die Franzosen behaubten wollen, es hetten
sein, herzog Carls, fürstliche durchlaucht, weiln sie den letstern Parisischen
mit leiblichem aide beschwornen vergleich nit gehalten, ire landt und leütte
genzlich verwürckht. Sie wurden dahero alle dieihenige, welche ime mit
seinem kriegsvolckh undterschlaipf geben theten, für der cron Franckhreich
feinde halten und mit dennselben keinen friden machen können, solang seine
durchlaucht in waaffen stüende.
Endtlich berichten uns die mediatores, von denn Franzosen vernommen ze
haben, das von ihrem könig ein aigenhendig schreiben an Eur Kayserliche
Mayestät vorhanden, so auch das erste seye, welches er an einigen potentaten
abgehen lassen. Haben demnach von mir, grafen von Trautmanßdorf, zu
vernemmen begert, ob sie den hierzue verordneten edlman damit nunmehr an
Eur Mayestät Kayserlichen hof fortschickhen oder lenger zuewartten solten,
darauf ich inen anzeigen lassen, es werde von Eur Mayestät disem königli-
chen handtbriefl mit aller cortesia begegnet werden. Weil ich aber verhoffe,
der Hungarische reichstag wurde sich eheist enden und Eur Mayestät sich
widerumb aufwerts begeben, so were guet, das sie mit der absendung noch
ein tag etlich inhalten theten.
C Protest Rousselots im Namen Bf. Franz’ von Verdun, Münster 1646 November 2. Kopie: RK
FrA Fasz. 52a fol. 80–80’; KHA A 4 nr. 1628/42 unfol.; RK FrA Fasz. 94 II p. 371–373;
RK FrA Fasz. 98b fol. 11–11’; ebenda fol. 12–12’: StK FrA Ka. 8/1 fol. 15–15’; ebenda
fol. 16–16’; GehStReg Rep. N Ka. 96 Fasz. 68 pars 9 nr. 45 – Druck: DuMont /
Rousset III.1 S. 322–323.