Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
81. Ferdinand III. an Lamberg und Krane Preßburg 1646 Oktober 22
Preßburg 1646 Oktober 22
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 51b fol. 14–15’ = Druckvorlage – Kopie: TA Ka. 125 Bb 4c fol.
108–110; Giessen 207 nr. 367 p. 1385–1389 – Konzept: RK FrA Fasz. 51b fol. 12–12’,
17–18’.
GUTACHTEN : Vgl. nr. 80, hier fol. 30–32.
Ablehnung einer offiziellen schwedischen Interposition bei den Religionsverhandungen.
Auf nr. 49.
21 Nun lassen wir dasiehnige] Im Ga. heißt es dazu (fol. 30): Anlangendt die penetrierten
dissidia zwischen den Französischen und Schweedischen gesandten last man solliche uf
sein orth gestelt sein, thet aber in ordine ad pacem nix darauf bawen und find dise des
Salvii brauchende artificia also beschaffen, das ein undt anders wider ihr confoederation
und scopos, was ein yeder theil bewilligen und manteniern solle, allerdings lauffet.
meinung zwischen den Franzößischen und Schwedischen gesandten gewest
sein mag, an sein orth gestelt sein.
Waß aber der protestirenden gefüehrten discurs, bevorab diß betrifft, daß sie
so vermessen allegieren, alß wan die catholische in die Schwedische interpo-
sition in puncto gravaminum eingewilliget hetten, ein solches kombt unß
umb so viel mehr nachdenkhlicher für, weillen die gesambte regierende
herzogen zu Braunschweig
Regierende Hg.e von Braunschweig und Lüneburg waren zu diesem Zeitpunkt Hg. Friedrich
(1574–1648; 1636 F. in Lüneburg-Celle und 1643 in Harburg) ( Stammtafeln I Tafel 65),
Hg. August der Jüngere (1579–1666; 1634 F. in Wolfenbüttel und 1636 in Dannenberg)
( NDB I S. 445–446 ) und Hg. Christian Ludwig (1622–1665; 1641–1648 F. in Kalenberg
und 1648 in Lüneburg-Celle) ( ADB IV S. 163–164 ).
Dahero habt ihr gar wohl und recht gethan, das ihr dem protestirenden
außschues und doctor Lampadium, wie beschehen, beantworttet habt, dan es
sich ia in facto anderst nit, alß wie ihr vermeldet, befindet. Dan obschon die
Franzößischen sowohl alß Schweedische sein requiriert worden, das sie die
protestierende ad mitiora consilia auch ihresorths wolten disponieren, sie sich
auch, wie die vorige relationes mit sich bringen, darzue erbotten, so hat doch
solches nit den verstandt einer formalinterposition und arbitrii, wie solche
unnß von den ständen deferiert worden und ohnedas alß oberhaubt gebühren
thuet, es mögen doch die Schweden gleichwohl officia leisten zu güetlicher
transaction mit den protestierenden, die protestierende mit ihnen auch ad
partem communiciern, weil es ia nit zu verwehren. Daß aber neben unß die
Schweden hierin stehen und cointerpositores sein sollen, das ist weder
rathsamb noch thuenlich. Es wurden auch die catholischen nie darein
consentieren oder, da es geschehen, die
daraus die gravamina aber nur weniger accommodiert werden. So ist disem
Chursachssen selbst zuwider und maint, man soll die gravamina den fremb-
den cronen nit underwerffen. Dahero wir umb so viel weniger darein zu
consentieren haben, sondern seindt der meinung, das man in den schrankhen,
wie man bißhero verfahren und wie Chursachssen an die handt gibt,
verbleibe, nemblich das ein articul nach den andern überlegt werde, die
catholische und protestierende sich gegeneinander erklären und deren erklä-
rungen unsern Kayserlichen gesandten zustelten, die dan den entlichen
außschlag der sachen zu geben wurden haben, zumahlen ohnedas nit zu
glauben, das die protestierende ein mehr oder wenigers thuen werden, alß
was ihnen die Schwedische rathen, dahero sie doch in re ipsa nit außge-
schlossen seindt.
Ist demnach unnser gnedigister befelch, das ihr disem allem vleissig inhaerie-
ren
weillen, wie im anfang angedeütt, die herzogen von Braunschweig solcher
cointerposition auch anregung gethan, wie ihr auß ihrem an unß abgangenen
hiebey in originali mitkomenden schreiben zu ersehen, so haben wir dieselbi-
ge widerumb beantworttet, wie unser anders original und die beygeschlosse-
ne abschrifft zu ewerer nachrichtung mitbringen thuet, zu ewerer und unsers
obristen hoffmaisters discretion stellendt, im fahl diser punct nit albereit sein
erledigung erlangt, ob ihr solches besagten herzogen zu überschikhen.
[1] Die Hg.e von Braunschweig und Lüneburg an Ferdinand III., s. l. 1646 Juli 25/August 4.
Fehlt [Kopie: RK FrA Fasz. 52c II fol. 49–51’ = Druckvorlage; Giessen 207 nr. 368 p.
1389–1395].
Auf das ksl. Schreiben vom 14. Juni 1646
Kopie: RK FrA Fasz. 51b fol. 72–73; Giessen 207 nr. 168 p. 660–663 – Druck: Meiern ,
APW III S. 306–307 .
wir gehorsambst nicht verhalten, daß wir, waß es mit besagter deputation eigentlich für
eine beschaffenheit habe, unß mit angelegenem vleiß bey unsern zu Oßnabrugg und
Münster sich befindenden abgesandten erkundiget und die bestendige nachricht erlan-
get
Vgl. das Rechtfertigungsschreiben von Lampadius, Osnabrück 1646 Juni 29/Juli 9 (Druck:
Meiern , APW III S. 317–319 ).
negotiis nicht ohngebräuchlich, aus mittel der anwesenden, sowohl catholischen alß
evangelischen theils, abgesandte eine deputation gemacht und gewisse stände, iedoch gar
nicht, wie Euer Kayserlicher Majestätt vorgebracht sein mag, ohne der übrigen
vorwissen, sondern mit deroselben belieben und genehmbhaltung, ia sogar auf Euer
Kayserlicher Majestätt abgesandten eigenes guetbefinden, verordnet, welche dasselbe,
was zu gütlicher vergleichung und hinlegung der eingerissenen mißhelligkeiten, restabi-
lierung gueter vertreüligkeit und widerbringung des betrangten vatterlandes hochnötti-
ger beruhigung iedes ortes fur diensam erachtet, soofft es die notturfft erfordert, bey
Euer Kayserlicher Majestätt fürnehmen gesandten und an andern gehörigen örttern
gebührlich vortragen möchten.
Daß nun nicht weniger die evangelische und protestirende alß catholische zu der
außwertigen cronen plenipotentiariis sich zu zeitten verfüegen und mit denselben sich
vernehmen müssen, auch mit Euer Kayserlicher Majestätt gesandten und der catholi-
schen stände approbation und beliebung, den königlich Schweedischen die Unterhand-
lung in puncto gravaminum von den evangelischen und protestierenden mit aufgetra-
gen , solches rühret ausser allen zweiffel dahero, weil die cronen in ihren propositionibus
die accommodierung deriehnigen reichsbeschwerungen, daraus der blutige krieg in
Teüdtschlandt entstanden, fürnemblich urgieren
In ihrer Proposition II vom 1./11. Juni 1645 hatten die schwed. Ges. die gütliche Schlichtung
der reichsständischen Religionsbeschwerden verlangt (Druck: Meiern , APW I S. 435–438 ,
hier S. 437). Hingegen hatten die frz. Ges. in ihrer Proposition II vom selben Tage (Druck:
Ebenda S. 443–445) diese Forderung nicht erhoben, sondern sie erst in ihre Replik vom
7. Januar 1646 aufgenommen (Druck der lat. Fassung der mündlichen Replik: Ebenda II
S. 200–203, hier S. 201).
mitbeliebung der so hoch desiderierte zweckh der allgemeinen beruhigung schwerlich
zu erhalten sein wirdt.
Es were zwar hoch zu wünschen, daß die stände vorlengst unter sich selbst das
zerfallene vertrawen wider aufgerichtet, zumahlen die fast auf allen reichstägen und
conventen von den evangelischen und protestierenden unaufhörlich und flehendtlich
gesuchte erledigung der geklagten gravaminum auf solche maße, wie es die reichsgeseze
erfordern, zu erhalten gestanden, und es niemahls dahin gerathen wäre, daß die frembde
cronen in die reichssachen sich gemischet hetten. Demnach es aber leyder dahin
außgeschlagen und für iezo in vielen andern terminis beruhet, so thuet es auch numehr
in der stände mächten allein nicht bestehen, friede und ruhe in dem Reich wider
aufzurichten und in denen sachen, dabey die cronen sich interessiert halten, ohne deren
vorwissen einen endlichen schlues zu machen. Es wirdt aber ein yeder billig dabey seine
Euer Kayserlicher Majestätt und dem Heyligen Römischen Reich geleistete pflicht nicht
ausser acht, sondern das heyl und die wollfahrt des Heiligen Reichs das höchste geseze
und fürnembste ziel seiner actionen allemahl sein lassen müssen. Wir versichern, daß wir
jederzeit für einen sicheren und beständigen Frieden im Reich arbeiten werden. Damit man
aber auch an catholischer seitten bey abhandelung der gravaminum sich dermahleins zur
billigkeit bequeme und den evangelischen ständen das werkh nicht zu schwer machen,
sondern zu einer durchgehenden aequalität und gleichheit unter beiderseits religionsver-
wandten alß gliedern eines Reichs, welche das einige bewerteste band wahrer einigkeit
und beständiger ruhe ist, sich verstehen und zu keiner ungleicheit unter ermelten beiden
ständen, daraus alles mißtrawen und verderbliches unheil herfließet, weitere ursache
geben möge, also bitten wir Euer Majestät, die kath. Stände zu einer solchen Resolution zu
bringen. Dadurch werden sich Euer Majestät unsterblich verdient machen.