Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
18. Trauttmansdorff an Lamberg und Krane Münster 1646 September 24
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Münster 1646 September 24
Kopie: RK FrA Fasz. 52a fol. 183–184’ = Druckvorlage; Giessen 207 nr. 296 p. 1125–1130
– Konzept: RK FrA Fasz. 92 X nr. 1446 fol. 353–354.
Verärgerung der schwedischen Gesandten über die französischen. Angebliches Einlenken Kur-
brandenburgs betreffend die Abtretung Pommerns auf Kosten der Erblande. Drohung mit der
Abreise Trauttmansdorffs bei den schwedischen, französischen und protestierenden Gesandten.
Abweisung jeder Forderung auf die kaiserlichen Erblande.
Mir ist in vertrawen, doch durch ein glaubwürdige person vorkomben, daß
die Schweedischen plenipotentiarii sich etwas malcontent wider die Franzo-
sen erzeigen sollen, fürgebend, sie hetten nunmehr ihr contentamento von
denn Kayserlichen erlangt unnd wolten auch anyezt die Schweeden und
protestierende zue sachen bereden, so ihnen nit zue thuen. Der krieg wehre
angefangen, umb die Teütsche libertet ze stabilieren, dieser finis wer nit
erhalten. Die cron Schweeden wurde von ganz Pommern nit weichen, sie
heten auch keinen andern befelch, sonnder müessten die sach an den
königlichen hof zu Stockholm gelangen lassen. Die Churbrandenburgischen
gesandte
Kurbrandenburg unterhielt je eine Gesandtschaft in Münster und Osnabrück. Leiter der
gesamten Delegation war Reichsgf. Johann VIII. von Sayn-Wittgenstein-Wittgenstein (1653)
von Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (1601–1657); 1633–1634 Mitglied des consilium forma-
tum des Heilbronner Bundes, 1642 in kurbg. Dienste, vor 1645 GR , 1649 Statthalter des Ft.s
Minden und der Gft. Ravensberg, 1652 Direktor des Wetterauer Gf.envereins, 1655
Statthalter der Mark Brandenburg ( ADB XLIII S. 619–623 ; Grossmann). Nach Osnabrück
waren zu dieser Zeit die Ges. Löben und Wesenbeck abgeordnet und sind wahrscheinlich an
dieser Stelle gemeint. – Fh. Johann Friedrich von Löben (1595–1667); 1642 Fh.; zuerst in
kursächsischen Diensten, 1632 (kurbg.) Verweser des Hgt.s Crossen und Züllichau, 1642 GR ,
1644 Hauptmann der Gft. Ruppin und des Landes Bellin; 1640 Ges. auf dem Nürnberger
Kf.entag, 1640–1641 auf dem Regensburger RT ( Walther S. 46–48; ADB XIX S. 39–40 ;
UA I S. 778–788; Becker S. 164). Löben hat auf dem WFK ein Diarium verfaßt ( APW III
A 1 S. LXX). – Matthäus Wesenbeck (1600–1659); 1650 Bestätigung eines Ritterdiploms;
1630 in kurbg. Dienste, 1639 Kriegsrat, Hof- und Kammergerichtsrat, 1645 GR , 1651
Kanzler des Ft.s Minden, 1656 wirklicher GR ; 1640–1641 pommerscher Ges. auf dem
Regensburger RT , 1643–1645 kurbg. und zeitweise auch pommerscher Ges. auf dem
Frankfurter Deputationstag, 1645–1649 ebenso auf dem WFK und 1649–1650 auf dem
Nürnberger Exekutionstag ( Zeiz S. 19–36; ADB XLII S. 758–761 ).
Für Münster waren zu dieser Zeit die Ges. Heiden, Portmann und Fromhold vorgesehen. – Fh.
Friedrich von Heiden (Lebensdaten konnten nicht ermittelt werden); vor 1656–1685
klevisch-märkischer Regierungsrat; 1645–1649 Ges. auf dem WFK ( Hötzsch S. 43–45). –
Dr. Johann Portmann (Lebensdaten konnten nicht ermittelt werden); 1633 in kurbg. Dienste,
vor 1645 Geh. Regierungrat in Kleve, Hofgerichts- und Landkanzleirat, vor 1651 GR ; 1645
– mindestens 1646 November (vgl. APW III A 1 S. 673) Ges. auf dem WFK, 1653–1654 auf
dem Regensburger RT , 1654–1657 auf dem Frankfurter Deputationstag, 1657–1658 auf dem
Frankfurter Wahltag ( Repertorium S. 31, 34, 35; APW II C 2 S. 388 Anm. 2; Becker S.
165 Anm. 137). – Dr. Johann Fromholt (1602–1653); 1648 GR , 1650 Kanzler des Ft.s
Halberstadt; 1645–1649 Ges. auf dem WFK, 1653–1654 auf dem Regensburger RT ( UA IV
S. 349 Anm. 17; Repertorium S. 34; APW III A 1 S. 838 Anm. 1).
churfürsten vor sein recompens daß bisthumb Halberstatt, sodann die
fürstenthumb Großgloggaw, Sagan
Das schlesische Ft. Jägerndorf; 1523 durch Kauf an die Mgf.en von Brandenburg-Ansbach,
1603 aufgrund eines Erbvergleichs an die Kf.en von Brandenburg, 1621/1622 nach der
Ächtung des Mgf.en Johann Georg (1577–1624, Sohn des Kf.en Joachim Friedrich von
Brandenburg) vom Ks. der Familie von Liechtenstein zugewiesen. ( Territorien-Ploetz I S.
527, 604; HGBL II S. 432–433).
würde er wegen ganz Pommeren lenger nit difficultieren
Die kurbg. Auffassung dieser Zeit ist nicht richtig wiedergegeben: In der letzten Resolution
vom 8./18. August 1646 (Regest: UA IV S. 454) hatte der Kf. seine Ges. angewiesen, im
äußersten Fall auf Vorpommern bis zur Peene zu verzichten, dafür aber höhere Entschädi-
gungsforderungen, als hier aufgezählt, zu stellen. Dies hatten die kurbg. Ges. am 15./25.
August 1646 Salvius vorgetragen ( APW II C 2 S. 426 Z. 5–24).
ansehen nach die Franzößische plenipotentiarii unverrichter sachen wider-
umb zuruckkomben unnd sich diese tractaten noch in mehrern aufschub
unnd verlengerung ziehen werden.
Nun sez ich ausser zweifel, meine herrn werden nunmehr auch guetermaas-
sen penetriert haben, wohin diese conferenz der gegenparthey außschlagen
möcht. Dannenher unnd im fahl sie inmittelst nit andere und solche
sicherheit erlangt hetten, daß mann eines gueten außschlags vergwißt sein
köndt, so wehre ich einmal nit gemeint, mich hiesiger orthen mit aufzügli-
chen tractaten lenger ufhalten ze lassen. Wer also mein begehren, daß die
herrn beedes denn Französischen wie auch denn Schweedischen gesandten
unnd zuegleich denn protestierenden anzeigen wolten: Nachdem ich nun so
lange zeit allen müglichen fleiß angewendet, auf das der liebe frieden dermaln
erhebt werden möchte, nunmehr aber handtgreiflich verspühren unnd ver-
nemben müesste, daß mann das werckh noch in lengern aufschub sezen unnd
sich die Schweedischen plenipotentiarii erst umb weitere instruction nach
Stockholm ze schreiben vernehmben lassen wollen, so köndte ich mich
lenger nit mehr dieser orthen aufhalten, sondern were entschlossen, meinen
weeg eheister tagen widerumb zuruckh an Kayserlichen hof ze nehmen unnd
die weitere fortsezung dieser tractaten meinen collegis ze überlassen. Im fahl
meine herrn aber immittelst andere unnd bessere nachricht erlangt, auch
versicherte hoffnung hetten, daß die sachen sich zue einem endtlichen schluß
lenden möchten, so köndten sie mit dieser anzaig innhalten unnd mich
dessen vorderist berichten.
Ingleichen halte ich vonnöthen sein, das sie die Churbrandenburgische
gesandten vor sich erforderen unnd ihnen anzeigen, waßmaassen mir vor-
kommen wer, das sie gegen denn Schweeden, wie obvermeldt, hetten
verlauthen lassen. Nun wolte ich zwar an meinem orth gerne glauben, das die
Schweedischen plenipotentiarii vor sich dergleichen vorschlag theten. Da
aber solche von Churbrandenburg solten herkomben oder auch genemb
gehalten werden wollen, so hetten sie leicht zu gedenckhen, das es ihr
Keyserlicher mayestädt nit wenig frembd vorkhommen werde, angesehen sie
biß daher, wie noch, sich eüsserist bemüehet hette, die cron Schweeden von
solchen unmäsßigem beginnen abzehalten unnd die sachen dahien ze richten,
das ihrer churfürstlichen durchlaucht so viel landt unnd leüth nit entzogen
wurden. Die wusßten sich auch wol ze berichten, daß sie unnd ihre vorderen
anderst nit zue diesen Pommerischen unnd Jülichischen landen alß durch
nandt dem anderen [!] erlangte gnadenexspectanz komben wehren
Ks. Karl V. (1500–1558); 1506 Hg. von Burgund, 1516 Kg. von Spanien, 1519 Römischer
Kg., 1530–1556/58 Ks. ( NDB XI S. 191–211 ). – Ks. Ferdinand I. (1503–1564); 1526/1527
Kg. von Böhmen und Kg. von Ungarn, 1531 Römischer Kg., 1558 Ks. ( NDB V S. 81–83 ).
Karl V. hatte dem Hg. Wilhelm V. von Jülich-Kleve-Berg (1516–1592; 1539 Hg.) am 29.
Juli 1546 ein privilegium successionis erteilt (Druck: Teschenmacher II nr. 117 S.
169–170), das den Töchtern des Hg.s beim vorzeitigen und erbenlosen Tod der Söhne die
Nachfolge sicherte. Am 21. Juni 1559 hatte Ferdinand I. dem Hg. ein privilegium unionis
verliehen, das die Erbvereinigung der Hgt.er und Gft.en Jülich, Kleve, Mark und Berg und
Ravensberg bestätigte (Druck: Ebenda nr. 118 S. 171). Beide Privilegien wurden von Ks.
Maximilian II. (1527–1576; 1564 Ks.) am 21. April 1566 bestätigt (Druck: Ebenda nr.n
121 und 122 S. 175–179), das letztere am 10. März 1580 auch von Ks. Rudolf II.
(1552–1612; 1576 Ks.) (Druck: Ebenda nr. 124 S. 180–181). Von diesen Urkunden und von
dem Heiratsvertrag der ältesten Tochter Hg. Wihelms V., Marie Eleonore (1559–1608), mit
Hg. Albrecht Friedrich von Preußen (1553–1618) vom 14. Dezember 1572 (Druck: Ebenda
nr. 130 S. 189–192), in dem dieser das Nachfolgerecht vorbehalten worden war, leitete
Kurbrandenburg nach dem Tod des letzten Hg.s von Jülich-Kleve-Berg, Johann Wilhelm
(1562–1609; 1592 Hg.), seine Ansprüche ab ( Hassel; Schmidt).
der jezt regierenden Keyserlichen mayestädt mit keinem fuegen unnd billi-
cheit zuegemuetet werden köndte, daß sie dem herrn churfürsten dasjenig, so
ihme hieran durch frembde kriegsgewalt entzogen worden, auß anderen
ihren patrimonialkönigreich noch -fürstenthumb unnd -landen widerumb
ersezen solten. Ich wolte mich also versehen, sie, Churbrandenburgische
abgesandte, werden sich zue dergleichen unbillichen zuemuettung, dardurch
der frieden kheinesweegs zu erhalten sein werde, nit verlaitten lassen.