Acta Pacis Westphalicae : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 7: 1647 - 1648 / Andreas Hausmann
118. Lamberg, Krane und Volmar an Ferdinand III Osnabrück 1648 Februar 10
Osnabrück 1648 Februar 10
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 55a (1648 II)fol. 25–27’, PS[1]fol. 50–51, PS[2]fol. 52–52’ =
Druckvorlage – Konzept: RK FrA Fasz. 92 XIV nr. 1959fol. 218–220, PS[1]fol. 221–222,
PS[2]fol. 223
Zusammenfassende Kopie: KHA A 4 nr. 1628/23 unfol. – Die Kopie faßt Teile der Rela-
tion sowie die im Protokoll geschilderte Übergabe der Art. I–V KEIPO6 an die Ges. der
prot. Rst. und Schwedens am 8. Februar 1648 zusammen. Sie bildet den Auftakt zu einer
Reihe weiterer derartiger Kopien (vgl. dazu bspw. APW [ II A 8 Nr. 32 Anm. 1 ] , [ Nr. 34 Anm. 2 ] , [ Nr. 37 Anm. 1 ] ).
Forderung der protestantischen Reichsstände nach Aushändigung der katholischen Erinne-
rungspunkte . Informationen über geplante Separatverhandlungen katholischer und pro-
testantischer Reichsstände; Aufforderung Kurmainz’ und Kurbayerns zur sofortigen Heraus-
gabe der Art. I–V KEIPO6 .
Beginn reichsständischer Separatverhandlungen, daraufhin Herausgabe der Art. I–V KEIPO6
(1648 II 8). Ablehnung eines Vorgriffs der Reichsstände durch die Katholischen; vermuteter
Widerstand Kurkölns gegen die Separatverhandlungen; reichsständische Vorwürfe an den
Kaiser betreffend seine Unterstützung für Spanien; Gerüchte über Gefangennahme Königs-
marcks . Rezepisse. Zurückhaltung gegenüber den kurbrandenburgischen Gesandten, deren
Beharren auf bereits verglichenen Punkten. Beobachtung der weiteren Verhandlungsfüh-
rung Leubers.
PS[1]: Unterredung Volmars mit Sayn-Wittgenstein: Beratungen am kurbrandenburgischen
Hof über die Amnestie und das Reichsreligionsrecht; Kritik an der kaiserlichen Haltung be-
treffend die Autonomie, die Parität der Assessoren am Reichskammergericht und die Armee-
satisfaktion Hessen-Kassels. Fortsetzung der Mission Blumenthals?
PS[2]: Raigersperger: keine weitere Beteiligung Leubers an den reichsständischen Separat-
verhandlungen , Bericht Leubers über Zustimmung Kursachsens und Kurbrandenburgs zu
KEIPO6 .
Eur Kayserlicher Mayestät haben wir in unserer negstvorgehender rela-
tion vom 6. diß allerunderthenigist angedeüttet, waßmaassen wir mit ex-
tradition dess corrigierten instrumenti pacis nothwendig bis uff der pro-
testierenden einfolgende antwortt über der catholischen gegenerclärung
Declarationes ultimae der Mehrheit der kath. Rst. vom 2. Februar 1648 ( [ Nr. 109 Beilage ]
[ [1]) ] .
wurden zuewartten müessen.
Nun seint aber ermelte protestierende eodem nachmittages vor uns er-
schinen und haben zwar sich vernemmen lassen, das sie ire deliberation
ins werckh zu sezen vorhabens, iedoch dabey begert, das wir inen vor-
derist etlich der catholischen gegenerclärung angehengte particularprae-
tensiones
Beilage [2]; s. auch die Erinnerungen einiger kath. Rst. (16 Punkte),s.l. [praes. 1648 Fe-
bruar 2] ( [ Nr. 109 Beilage [3]) ] .
extractu prothocolli gleich eingangs zu ersechen, [informiert] und dem-
nach anderst nit vermeint, dann sie wurden hierauf am nachgefolgten
freytag ir consultation vor handts nemmen.
Als wir aber verstendigt worden, das sie mit gedanckhen umbgehen,
durch etlich ires mittels ein besondere, und wie sy es nennen, geheime
conferentz mit etlich catholischen (so inen darzue anlaaß geben) anzutret-
ten , solche conferentz aber nit sowol zu erlangung dess fridens als die
catholischen widerumb aneinander zu hezen, ia gar uf eine Separation
von Eur Kayserlicher Mayestät zu verlaitten, angesechen, als haben wir
für ein unvermeidenliche nothurfft befunden, mit dem instrumento ohne
einigen fernern anstandt heraußzugehen und uf dise weiß solche confe-
rentz zu undterbrechen oder doch wenigist in seine rechte terminos zu
laitten.
Hierauf ich, Volmar, mich zu dem Churmainzischen directorio verfüegt,
demselben, wie auch dem Churbayrischen abgesandten , so sich gegen-
wärttig befunden, waßgestalten wir die extradition zu thuen bevelcht,
vorgehalten und ires raths begert
Außer Ernst waren noch die kurmainzischen Ges. Raigersperger, Meel und Krebs anwe-
send . Die Relation unterschlägt an dieser Stelle, daß die vier kath. Ges. gerade über den
kurbay. Vorschlag berieten, ohne Einbeziehung der Ksl. unmittelbar mit den verständi-
gungsbereiten prot. Rst. zu einer Einigung zu gelangen – dies geht erst aus dem beiliegen-
den Protokoll hervor (Text hier: APW [ III C 2/2, 970 Z. 39 – 972 Z. 2 ] ).
das wir mit der extradition zwar fürgehen, iedoch vor dißmal allein sovil
die amnestiam et gravamina berüerte, außhendigen solten, so haben wir
solches bei Eur Kayserlicher Mayestät auch umb sovil mehr verantwortt-
lich gehalten.
Nichtsdestoweniger ist gleich darauf am sambstag [8. Februar 1648], ohne
das uns die protestierenden einig wortt davon intimieren lassen, diser
conferentz ein anfang gemacht
Hierzu: Kurmainzisches Protokoll einer Konferenz zwischen Ges. kath. und prot. Rst. ,
[Osnabrück] 1648 Februar 8 ( APW [ II A 8 Nr. 10 Beilage B ] ). – Ein anderes, kürzeres
Protokoll dieser Konferenz ist gedruckt in Meiern IV, 945 ff. Teilnehmer der Konferenz
auf prot. Seite waren die Ges. Kursachsens (Leuber), Kurbg.s, Sachsen-Altenburgs
(Thumbshirn und Carpzov), Braunschweig-Lüneburgs und der Stadt Straßburg (Otto),
auf kath. Seite die Ges. Kurmainz’ (Raigersperger), Kurtriers (Anethan), Kurbayerns
(Ernst) sowie der Hst. Würzburg (Vorburg) und Bamberg (Göbel). Zu den Hintergründen
der rst. Separatverhandlungen vgl. den nebenbericht Volmars an Trauttmansdorff vom
gleichen Tage (Nr. 119). – Zur Person: Dr. Marcus Otto (1600–1674); 1645–1649 Ges. für
die Reichsstädte Straßburg, Landau, Speyer und Weißenburg (Elsaß) sowie für Johann
Kasimir von Salm, Wild- und Rheingf. in Kirburg (1577–1651); 1640 Rat und Advokat
der Stadt Straßburg ( Livet ; Lehsten II, 65f).
beygewesten catholischen deputatis uf unser beschechen anfragen für
thuenlich gehalten worden, mit bedeüter extradition lenger nit einzuhal-
ten , gestalten wir uns auch gleich am nachmittag zu denn Schweden ver-
füegt und inen die bestimbte zween articulos de amnestia et gravaminibus
in forma instrumenti ad instructionem correcti
ist gegen denn protestierenden, deren ausschutz wir zu uns erfordert hat-
ten , beschechen.
Welchergestalten nun solches verrichtet worden, was dabei vorgeloffen
und was wir auch darauf mit denn Churmainzischen, Trierischen und
Bayrischen, auch dem bischofflich Bambergischen und Würzburgischen
gesandten gehandlet und sie sich hinwiderumb gegen uns erclärt, das
geruehend Eur Kayserliche Mayestät aus angezognem prothocollo aller-
genedigist anzuhören.
Wir werden in vertrawen bericht, das bei diser erstern conferentz von
denn protestierenden begert worden, es solten dise catholischen sich im
namen irer gnädigsten herren principalen erclären, in allem, was noch
streittig, vorzugreiffen und sich der manutention offensive et defensive
mit jenen zu vergleichen, darzue sich gleichwol die catholischen noch
derzeit nit hetten verstehen wollen. Wir seint aber der hoffnung, es werde
sich dise conferentz nach nunmehr beschechner extradition in ein ander
modell versezen, sonderlich, weil die Churcölnische darwider allerhandt
einreden haben und disen angefangnen modum nit zum besten aufnem-
men werden .
Das wir dann in unserm vortrag an dise deputatos so umbständtliche
anzeig wegen der Spanischen und Franzößischen tractaten gethan, ist
darumb für nöthig erachtet worden, weil wir in geheimbd nachricht emp-
fangen , das dise conferentz vornemblich aus dem misstrauen entsprungen,
als wolten Eur Kayserliche Mayestät den friden mit Schweden allein denn
Spannischen zu gfallen aufhalten
Im Hinblick auf das Verhältnis zu Spanien hatte der Ks. seinem Botschafter in Madrid
wenige Wochen zuvor ausdrücklich versichert, daß wir niemahlß eines andern, als bei
ihrer liebden [Kg. Philipp IV. von Spanien] bestendigst zu stehen undt von deroselben
undt ihrn interesse unß nicht zue separiern, niemahln gesinnet geweßen undt noch [nicht
sind] (Ferdinand III. an Carretto, Prag 1648 Januar 3. Ausf.: StAbt Spanien Dipl. Kor-
respondenz Fasz. 42 [Ferdinand III. an Carretto]fol. 2–3 – Konzept: RK FrA Fasz. 56a
[1648 I]fol. 112–112’, 117. Zur Person: Francesco Carretto (gest. 1651), marchese di
Grana; 1641–1651 ksl. Botschafter in Spanien [ Schwarz , 213f]).
schen Spania und Franckreich erscheinte
Vgl. die letzte Relation Nassaus vom 7. Februar 1648 ( [ Nr. 116 ] ).
werden an solcher remonstration nit unrecht gethan haben.
Das aber die protestierenden vor dißmal so eilferttig verfahren, ist ver-
muettlich auch daher kommen, das inen am vergangnen freytag zeitung
einglangt, der Königsmarckh wer mit 16 regiment pferdt von Eur Kayser-
licher Mayestät kriegsvolckh geschlagen und selbst gefangen worden
darvon wir aber bis dato anderstwoher, als wie es die Schweden und pro-
testierenden selbst außgeben, kein nachricht haben.
Rezepisse auf zwei Weisungen vom 29. Januar 1648 (Nr.n 103 und 102)
Im Schreiben wird irrtümlich der Empfang der ksl. Weisungen vom 28. und 29. Januarii
bestätigt, tatsächlich waren jedoch beide Weisungen vom 29. Januar 1648. Vgl. auch den
korrekten Eintrag im Diarium Volmar vom 9. Februar 1648 (Text: APW [ III C 2/2, 981 Z. 14–29 ] ).
Dem Churbrandenburgischen haben wir bedenckhens getragen, die in-
struction zu communicieren, ehedann wir nachricht erlangten, ob der
von Blumenthal bey selbiger churfürstlicher durchlaucht angelangt wer
oder nit. Sonderlich weil wir vernommen, das sie ir absechen uf deß
Churbrandenburgischen obristcammerers, dess von Bürgsdorf, verrich-
tung bey Chursaxen halten
das sie bevelcht weren, darauf fest zu bestehen, das es alles bei dem, was
bey anweesenheit Eur Kayserlicher Mayestät geheimben raths und obri-
sten hofmeisters, dess hoch- und wolgebornen herrn Maximilian grafens
zu Trautmansßdorf etc., eingewilligt worden , verbleiben müest.
Was dess Chursäxischen ministri, Dr. Leübers, comportamenti anlangt,
darvon haben wür in negstvorgehender relation
Wie Anm. 2. Zur Instruktion für Leuber vgl. das PS der Relation vom 3. Februar 1648
( [ Nr. 109 ] ).
gung gethan, und würdt nun die aniezt fürgehende conferentz, bei wel-
cher er sich auch einstellen thut, mehrers weisen, ob er seines gnädigsten
herrns bevelch in allem nachgehen würdet.
Wür erwartten nun uf morndrigen tag, was uns die Schweden für ein ant-
wortt bringen werden, darbey wir auch sechen wollen, ob sie über den
assecurationspuncten zu einer cathegorischen erclärung zu vermögen.
PS[1] Diesen abendt hat herr graf von Witgenstain mich, Volmarn, be-
suecht unnd mir gesagt, daß er unnd seine mitgesandte von ihr churfürst-
licher durchlaucht zue Brandenburg befelcht wehren, über dasjenig, was
bißher super instrumento pacis bestritten worden , unnd nunmehr über
die außgehändigte zween articulos de amnistiae et gravaminibus ein
guetachten ze geben, dergleichen auch von denn Berlinischen räthen er-
fordert worden. Khöndten also noch derzeit kheinen consensum über be-
meldte articulos geben. Es wehren aber vornemblich drey puncten im
ganzen instrumento, darab seine churfürstliche durchlaucht sich beschwe-
ren wurden, alß erstlich die autonomia
Art. V § 12 KEIPO4A betr. das Religionsrecht der Mediatstände (auch Landsassen, Va-
sallen ) und Untertanen (Text: Meiern IV, 570 zweiter Absatz; später Art. V,30–37IPO
← § 47IPM).
allein umb daß tempus emigrandi
Art. V § 12 Absatz beginnend Illi denique KEIPO4A (Text: Meiern IV, 571 letzter Ab-
satz ; später Art. V,37IPO ← § 47IPM) bestimmte eine 15-jährige Auswanderungsfrist
für künftige Konvertiten. In *KEIPO5* und KEIPO6 war diese Fristenregelung gemäß
den Bestimmungen der Hauptinstruktion ausgelassen worden (vgl. zuletzt den ksl. Text-
vorschlag zur Autonomie im Reich, d.i. [ Nr. 99 Beilage 5) ] .
derentwegen eingelangte churfürstliche schraiben in originali vorgewisen,
in welchem sie zugeben, daß solche zeit uff drei jahr möge restringiert
werden
In den Declarationes ultimae der prot. Rst. vom 21. Januar 1648 war eine Frist von sechs
Jahren gefordert (Text: Meiern IV, 879 letzter Absatz).
[autem]“ „Illi vero“, „Hoc tamen non obstante“ sein verblaibens haben
Gemeint sind die Einschränkungen des landesherrlichen Reformationsrechts in Art. V § 12
KEIPO4A (Text: Meiern IV, 570 zweiter Absatz; später Art. V,31, 33–34IPO ← § 47
IPM), die vom Ks. abgelehnt wurden (vgl. [ Nr. 29 ab Anm. 104) ] .
wölcher mainung seinem vorgeben nach auch ihr churfürstliche durch-
laucht zu Saxen sein solle
In der Resolution Kf. Johann Georgs von Sachsen zu den ksl. Notae zum KEIPO4A (Nr.
[ 117 Beilage [2]) ] heißt es zu den gen. Bestimmungen: Stellen ihre churfürstliche durch-
laucht auf fernere handlung, haben ihre gedancken dero gesandten außführlichen zu er-
kennen gegeben ( RK FrA Fasz. 54ffol. 579’).
Zum andern wegen der paritet beim Kayserlichen cammergericht
Die Frage der paritätischen Besetzung der Assessorenstellen am RKG wurde im
*KEIPO5* (Text: Meiern IV, 825 drittletzer Absatz) und Art. V § 20 KEIPO6 (Text:
ebenda , 695) auf den nächsten RT verschoben.
drittens wegen der fraw landtgrafin zue Hessen Cassel praetension
Gemeint ist die Hinzuziehung Kurbg.s zur Zahlung der Armeesatisfaktion an Hessen-
Kassel. Kurbg. hatte über seine Besitzungen im niederrheinisch-westfälischen Reichskreis
im Sommer 1647 an Hessen-Kassel kontribuiert und war gemäß KEIPO4A (Text:
Meiern IV, 587 , Absatz beginnend mit Quod vero, bestätigt in *KEIPO5* , d.i. ebenda ,
832 dritter-fünfter Absatz) zur Zahlung verpflichtet. Lgf.in Amalia Elisabeth von Hessen-
Kassel verzichtete jedoch seit Januar 1648 auf die kurbg. Kontributionen, wodurch Kurbg.
schließlich durch Verschiebung des Stichtags für die Festlegung der zur Zahlung ver-
pflichteten Rst. auf den 1. März 1648 seine Zahlungsbefreiung durchsetzen konnte (vgl.
Foerster , Ferdinand, 301, 350f).
Was den übrigen innhalt anlangte, werden ihre churfürstliche durchlaucht
sich gern mit Eur Mayestät conformieren.
Ich hab ihme geantwortet, sovil die autonomiam anlangen thet, hetten die
catholische sambtlich hoche ursach, sich dem vorigen auffsaz zu oppo-
nieren , allermaassen solches bey der handlung selbß denn protestierenden
mehrmahln umbständtlich were remonstriert worden. Also wurde es bey
der Kayserlichen resolution zu verblaiben haben.
Die paritet beim Kayserlichen cammergericht betreffend wolle sich ain-
mal khain catholischer standt darzue vermögen lassen.
Wegen der Hessen Casselischen praetensionum seyen wür gnuegsamb be-
felcht unnd erbiethig, sobaldt die zween articuli de amnistia et gravamini-
bus richtig, alßdann auch wegen der Casselischen praetensionum, sowol
die successionem Marpurgicam alß satisfactionem betreffend, Eur Kay-
serlicher Majestädt resolution zu eröffnen
Vgl. zuletzt die dezidierte Weisung bezüglich der hessen-kasselischen Streitfragen vom 8.
Februar 1648 ( [ Nr. 117 ] ).
churfürstliche durchlaucht content sein würden.
Er, herr graf, vermainte, wann mann je auff diese formb frid machen
müeßt, so wurde es doch khain recht vertrawen undter denn ständen ab-
geben unnd der frid nit lang bestehen khönden.
Ob nun bey so beschaffenen dingen Eur Kayserliche Majestädt den von Plu-
menthal sein raiß zue ihr churfürstlichen durchlaucht fortzesezen nöthig
erachten werden , stehet zu deroselben allergnädigistem wolgefallen.
PS[2] Als eben dise unsere gehorsamiste relation in außferttigung gestan-
den , werden wir vom Churmainzischen canzler berichtet, dz gleich
disen vormittag der Chursäxische gesandt, Dr. Leüber, zu ime kommen
und die conferentz aufgesagt, mit vermelden, er hete vermeint, dardurch
das fridenswerkh mehrers zu beförderen und etwan die protestierenden
zu fridlicheren consiliis zu disponieren. So müeste er aber vermerckhen,
das aus disem modo procedendi nur mehrer weitläufftigkeit, verbitterung
der gmüetter und weitaussechende separationes practiciert werden wol-
len , darzue sein gnädigster churfürst und herr keinesweeges verstehen
köndt noch wurde. Derentwegen ime auch nit gebürte, sich ferners dabey
finden ze lassen.
Er hete sich in dem außgeliferten instrumento ersechen und könte nit an-
derst befinden, dann das seine churfürstliche durchlaucht damit allerdings
zufriden sein werde. Eben dergleichen hete er auch von denn Churbran-
denburgischen vernommen, und werde der freyherr von Löwen solches
gleich iezt dem Churbayrischen gsandten anzeigen, dann sie besorgten,
sie möchten durch fortsezung diser angefangenen conferentz uns ursach
geben, darvonzuziechen, so er gegen seinen gnädigsten herrn nit verant-
wortten könte. Hete auch gebetten, dise seine erclärung uns wissend zu
machen, und ine, das er sich bei diser conferentz iemals befunden, bei uns
bestermaassen zu entschuldigen.
Wir wollen demnach verhoffen, es werden auch übrige protestierende
sich nunmehr eines andern besinnen.
Beilage [1] zu Nr. 118
Protokoll,s.l. 1648 Februar 6, 7, 8, 9. Kopie: RK FrA Fasz. 55a (1648 II)fol. 28–46’
Druck: APW III C 2/2, 968 Z. 1 – 981 Z. 13.
6. Februar 1648. Unterredung mit einer Deputation der protestantischen Reichsstände über
die Declarationes ultimae der katholischen Reichsstände. Auf Wunsch der Protestanten tra-
gen ihnen die Kaiserlichen die Partikularforderungen der katholischen Reichsstände vor und
weisen Kritik der Protestanten wegen neuer, unangemessener Forderungen und Klauseln so-
wie der Behandlung allgemeiner Reichsangelegenheiten in den katholischen Declarationes
zurück. Außerdem entkräften die Kaiserlichen die Vermutung, daß die Declarationes auf
der Stimmenmehrheit der Partei um Wartenberg basieren, mit dem Hinweis, daß diese Er-
klärungen von den katholischen Kurfürsten und anderen friedenswilligen katholischen
Reichsständen getragen werden. Langenbeck und Thumbshirn kritisieren die Politik Kur-
fürst Johann Georgs von Sachsen. Die Kaiserlichen lehnen es ab, die Partikularforderungen
der katholischen Reichsstände ohne Rücksprache mit diesen schriftlich auszuhändigen.
7. Februar 1648. Volmar begibt sich zu den Kurmainzischen und findet dort neben deren
Gesandten auch den kurbayerischen Gesandten Ernst vor. Raigersperger berichtet, daß Kur-
bayern vorschlägt, ohne weiteres Warten auf den KEIPO6 unmittelbar mit den protestanti-
schen Reichsständen zu verhandeln; über die Formalitäten werde gerade beraten. Volmar
erläutert den Anwesenden, warum die Kaiserlichen den KEIPO6 bislang nicht herausgege-
ben haben. Die reichsständischen Gesandten raten, nicht auf eine neuerliche Erklärung der
Protestanten zu warten und den KEIPO6 schnellstmöglich herauszugeben, sich dabei jedoch
auf die Artikel betreffend die Amnestie und das Reichsreligionsrecht zu beschränken.
8. Februar 1648. Die Sachsen-Altenburgischen bleiben trotz Einbestellung zu Verhandlun-
gen aus. Meel und Krebs berichten, das sich auf seiten der Protestanten Kursachsen, Kur-
brandenburg , Braunschweig-Lüneburg, ein gräflicher Stand und die Reichsstadt Straßburg,
auf Seiten der Katholischen Kurmainz, -trier, -bayern, Würzburg und Bamberg zu interkon-
fessionellen Verhandlungen zusammengefunden haben. Volmar befürchtet eine Hinterlist
Schwedens und hofft, daß die Verhandlungen in Abwesenheit vieler katholischer Reichs-
stände (vor allem Kurkölns) nicht auf den Kopf gestellt werden. Außerdem weist er auf die
gestrige Absprache hin, daß die Kaiserlichen heute den KEIPO6 aushändigen.
Volmar berichtet den Deputierten der katholischen Reichsstände (s. Anm. 10) über das Ge-
spräch mit Meel und Krebs. Diese versichern Volmar, daß es durch die reichsständischen Ver-
handlungen nicht zu einem Vorgriff über den Kopf des Kaisers hinweg kommen soll und daß
geplant ist, die Kaiserlichen stets über den aktuellen Stand der Verhandlungen in Kenntnis zu
setzen. Bei der Vormittagssitzung sei nur über den Verhandlungsmodus beraten werden,
Sachfragen sollen erst am Nachmittag verhandelt werden. Die Deputierten ermuntern Vol-
mar , Art. I–V KEIPO6 trotz der laufenden Verhandlungen der Reichsstände herauszugeben,
und bitten um Geheimhaltung der Verhandlungen, da die Protestanten diese nach eigener
Aussage vor den Schweden geheim halten wollen. Volmar kündigt die Herausgabe der ge-
nannten Artikel des KEIPO6 an, will dabei jedoch nicht an den KEIPO4A gebunden sein.
Da Salvius am Morgen wieder aus Münster zurückgekehrt ist, begeben sich die Kaiserlichen
zu den Schweden und übergeben die Artikel I–V KEIPO6 betreffend u.a. die Amnestie und
das Reichsreligionsrecht. Wenn diese beiden Punkte beschlossen sind, sollen auch die übrigen
Punkte verglichen und nach geschlossenem Frieden die Frage der schwedischen Armeesatis-
faktion in die Reichsräte gebracht werden. Sollten die Schweden jedoch nicht in die ausgehän-
digten Artikel einwilligen, wollen die Kaiserlichen an das bisher Verhandelte nicht mehr ge-
bunden sein. Oxenstierna und Salvius wissen von den Verhandlungen der Reichsstände und
hoffen, daß sie die herausgegebenen Teile des Gesamtentwurfs unverändert annehmen kön-
nen , wollen ihrerseits auch an nichts mehr gebunden sein, wenn die Kaiserlichen von dem
bisher Verglichenen abrücken. Salvius moniert nach einer ersten Durchsicht die Auslassung
der Regelungen über den Status Augsburgs und die Parität am Reichskammergericht; die auf-
kommende Diskussion über Augsburg wird jedoch von den Kaiserlichen unterbunden.
Um 17 Uhr werden einer Deputation der protestantischen Reichsstände ebenfalls die Artikel
I–V KEIOP6 übergeben. Anschließend berichten die Kurmainzischen Volmar von dem Ver-
lauf der Verhandlungen mit den Protestanten.
9. Februar 1648. Die Kaiserlichen übergeben den katholischen Gesandten bei den reichsstän-
dischen Verhandlungen (s. Anm. 10) ein Protokoll über die gestrige Aushändigung der Ar-
tikel I–V KEIPO6 und erfordern ihrerseits ein Protokoll über den Verlauf der reichsstän-
dischen Verhandlungen am gestrigen Tage. Die Kaiserlichen fassen den Verlauf der Ver-
handlungen seit Herbst 1647 zusammen, um den unbedingten Friedenswillen des Kaisers
zu dokumentieren. Sie kritisieren die reichsständischen Separatverhandlungen, insbesondere
die Beteiligung Kurbayerns, und plädieren für einen engen Zusammenhalt von Kaiserlichen
und Katholischen. Außerdem betonen sie erneut den Friedenswillen des Kaisers und legen
ausführlich dar, daß dieser nicht im Sinn habe, die Verhandlungen wegen Spanien zu ver-
zögen . Die Katholischen sollen die Kaiserlichen informieren, bevor sie in den Verhandlungen
mit den Protestanten etwas nachgeben. Die Katholischen betonen, daß dem Kaiser nicht vor-
gegriffen werden soll, Kurköln wurde bereits angeschrieben, seine Gesandten wieder nach
Osnabrück zu schicken.
Beilage [2] zu Nr. 118
Erinnerungen einiger katholischer Reichsstände (14 Punkte),s.l. 1648 Februar 10. Kopie: RK
FrA Fasz. 55a (1648 II)fol. 48–48’.
Ein zwei Punkte mehr umfassendes Exemplar der kath. Erinnerungspunkte lag bereits der
Relation vom 3. Februar 1648 bei (vgl. [ Nr. 109 Anm. 21 ] ). Im Vergleich zu diesem fehlen
hier die Erinnerungen betr. Pfalz-Sulzbach sowie die Autonomie im Reich.